Säulendiagramm, dass den Abschwung der deutschen Industrie symbolisiert

Deutsche Industrie im Rückwärtsgang. (Bild: Pixabay)

Der saisonbereinigte PMI – eine Momentaufnahme des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland, abgeleitet aus den Indikatoren für Auftragseingang, Produktion, Beschäftigung, Lieferzeiten und Vormaterialbeständen – ist im Oktober mit 42,1 gegenüber dem Vormonat zwar um 0,4 Punkte gestiegen.

Allerdings notiert der PMI trotz dieser leichten Verbesserung weiterhin nahe dem Zehnjahrestief, das im Juni 2009 erreicht worden war. Gleichzeitig bewegt sich der wichtige Frühindikator für die Entwicklung des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland bereits den zehnten Monat in Folge unter der magischen 50-Punkte-Referenzlinie, ab der wirtschaftliches Wachstum signalisiert wird, teilte der englische Finanzdienstleister IHS Markit mit.

 Wie die jüngsten EMI-Umfrageergebnisse von IHS Markit und BME zeigen, gingen im Oktober sowohl Produktion als auch Neuaufträge abermals zurück, wenngleich langsamer als zuletzt.

„Die deutsche Industrie befindet sich weiter in der Rezession. Unklar ist nur, ob das Verarbeitende Gewerbe bereits seinen Tiefpunkt erreicht hat“, betonte BME-Hauptgeschäftsführer Dr. Silvius Grobosch.

„Nach einer langen Durststrecke zeigen sich erste Stabilisierungstendenzen in der deutschen Industrie. Sollte es jetzt noch zu einer Vereinbarung zwischen den USA und China im Handelsstreit kommen, wären die Chancen auf eine Aufwärtsentwicklung im nächsten Jahr hoch“, kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, die aktuellen EMI-Daten.

„Das deutsche Wachstum für das dritte Quartal sollte wieder unter der Nulllinie liegen. Die Industrie bremst immer noch stark“, sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank.

Neue Handelsabkommen auf die Tagesordnung

 „Der im Oktober marginal angestiegene EMI kann nicht über die deutlich angespannte konjunkturelle Lage hinwegtäuschen. Dafür sprechen die neusten Zahlen der DIHK-Konjunkturumfrage vom Herbst 2019“, teilte Katharina Huhn, Leiterin des Referats Konjunktur, Wachstum, Unternehmensbefragungen im DIHK. Die 28.000 Unternehmensantworten bestätigten, dass die vorherrschende Unsicherheit bestehen bleibe. So häufig wie noch nie seit Erhebungsbeginn 2010 sähen die Unternehmen wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen als Risiko für ihre Geschäftsentwicklung.

„Laut EMI lief es im Investitionsgüterbereich, zu dem Maschinenbau und Fahrzeugbau gehören, vergleichsweise am schlechtesten. Sinkende Lieferzeiten und Einkaufspreise sprechen für ein weiterhin schwaches Nachfrageniveau“, so Huhn weiter. Damit blieben, auch mit einer leichten Verbesserung des EMI, die Geschäftsaussichten eingetrübt. Die Unternehmen stünden international, aufgrund der anhaltenden geringen Exporterwartungen vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen.

Die Bundesregierung sollte deshalb nach Huhns Meinung dringend agieren. „Wir vermissen etwa eine Initiative zur Wiederbelebung der WTO. Außerdem sind neue Handelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten oder Vietnam gerade für die exportorientierten deutschen Unternehmen ein wichtiger Schritt hin zu mehr Zuverlässigkeit im Welthandel“, betonte die DIHK-Konjunkturexpertin in ihrem Statement für den BME.

Produktionsanlage Lyondellbasell
Produktionsanlage Lyondellbasell (Bild: Lyondellbasell)

Divergierende Rohstoffpreise

Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise sagte Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Managing Director Industrials, Automotive & Services der IKB Deutsche Industriebank AG: „Trotz einer leichten Belebung des EMI zeigen die Rohstoffpreise eine stark divergierende Entwicklung.

Während etwa die Standardstahlsorten auf dem europäischen Markt einen kräftigen Rückgang verzeichneten, wurden auf dem US-amerikanischen Markt schon wieder deutliche Preisanhebungen vorgenommen. Bei den rostfreien Güten gaben die Basispreise in Europa zwar leicht nach, die Legierungszuschläge bleiben jedoch fest bzw. wurden leicht angehoben.

Letzteres ist vor allem in der Nickelpreisentwicklung begründet. Auch bei einigen NE-Metallen gab es leichte Preisanhebungen. Eine nachhaltige Erholung dürfte erst im Verlauf des ersten Halbjahres 2020 erfolgen. Ebenso sehen wir die Rohölnotierungen vorerst fester: Die Intervention in Syrien strahlt hierauf aus. Der Grenzübergangspreis für Erdgas hat ebenfalls weiteres Potenzial nach oben.“

Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick

Industrieproduktion: Die Produktionsraten im Verarbeitenden Gewerbe wurden im Oktober ein weiteres Mal merklich gedrosselt. Zwar verbesserte sich der saisonbereinigte Teilindex etwas gegenüber dem 86-Monatstief vom September, notierte aber dennoch auf einem der niedrigsten Stände seit 2009. Dabei wurden in allen drei Teilbereichen der Industrie (Konsumgüter, Vorleistungsgüter und Investitionsgüter) ähnlich kräftige Rückgangsraten gemessen.

Auftragseingang insgesamt/Export: Die branchenweite Nachfrageflaute setzte sich mit dem 13. Minus beim Auftragseingang in Folge auch im Oktober fort. Immerhin verbesserte sich der entsprechende Teilindex im Vergleich zu September – als der niedrigste Wert seit April 2009 gemessen wurde – auf den höchsten Stand seit vier Monaten. Nach wie vor beklagt eine Vielzahl der Umfrageteilnehmer die anhaltende Unsicherheit und damit verbundene Zurückhaltung vieler Kunden bei der Vergabe von Neuaufträgen und Tätigung von Investitionen.

Der saisonbereinigte Teilindex Exportaufträge erholte sich im Oktober zwar weiter vom Zehnjahrestief im Juli, blieb aber dennoch tief im roten Bereich. Die Rückgangsrate lag in etwa auf dem Niveau des Gesamt-Auftragseingangs. Einige der befragten Einkaufsmanager meldeten geringere Umsätze mit internationalen Kunden aus der Automobilindustrie. Ebenfalls häufig erwähnt wurde die allgemein schwächere Nachfrage in den asiatischen Märkten.

Beschäftigung: Die zunehmend schlechtere Auftragslage schlägt auch auf den Arbeitsmarkt durch. Im Oktober hat der Stellenabbau im Verarbeitenden Gewerbe nochmals an Tempo zugenommen und fiel so schnell aus wie seit fast zehn Jahren nicht mehr. Allerdings ist man von dem Ausmaß des Beschäftigungsabbaus, das während der globalen Finanzkrise herrschte, noch weit entfernt. Firmen, die ein Minus bei der Beschäftigung meldeten, begründeten dies häufig mit dem Abbau von befristeten Arbeitskräften und Leiharbeitern. Darüber hinaus wiesen mehrere Umfrageteilnehmer auf die Einführung von Kurzarbeit im Unternehmen hin.

Einkaufs-/Verkaufspreise: Der saisonbereinigte Teilindex Einkaufspreise rutschte im Oktober noch tiefer in den roten Bereich und signalisierte damit einen stärkeren Rückgang der durchschnittlichen Einkaufspreise. Demnach ist der aktuelle Wert der niedrigste seit März 2016. Zu den Artikeln, die am häufigsten als billiger gemeldet wurden, zählten unter anderem Metallkomponenten, Stahl und Kunststoffe. In den meisten Fällen resultierte die Verbilligung aus dem Überangebot am Markt.

Viele Hersteller gaben ihre Kosteneinsparungen oft in Form von geringeren Verkaufspreisen weiter. Daneben gewährten einige Unternehmen vor dem Hintergrund des harten Wettbewerbs, ihren Kunden Rabatt. Es war bereits der vierte Monat in Folge, in dem ein Rückgang der durchschnittlichen Verkaufspreise verzeichnet wurde. Mehr noch, der Rückgang beschleunigte sich abermals und fiel so kräftig aus wie seit November 2009 nicht mehr.

Jahresausblick: Die Anzahl der Hersteller, die binnen Jahresfrist mit Geschäftseinbußen rechnen, überstieg auch im Oktober die Zahl derer, die Wachstum erwarten. Immerhin verbesserte sich der entsprechende Teilindex weiter vom Umfragetief im August auf den nun höchsten Wert seit Juni. Nach wie vor trüben vor allem der Brexit, die Handelskonflikte, die Abkühlung der Binnen- und Weltkonjunktur sowie die Probleme in der Automobilindustrie die Zuversicht vieler Industrieunternehmen.

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