Mexico Maya Tempel Sonnenuntergang

Einkauf in Mexiko: Tipps für die Auswahl des Zulieferers (Bild: Adobe Stock/ Jose Ignacio Soto)

Durch die Kolonnadengänge des mexikanischen Präsidentenpalastes weht bald ein frischer Wind. Denn am 1. Juli wählen die Mexikaner einen neuen Staatschef. Da diesem nach der Verfassung des mittelamerikanischen Landes nur eine Amtszeit zusteht, steht schon heute fest: Amtsinhaber Enrique Peña Nieto zieht im Sommer aus dem Palacio Nacional aus.
Egal, wem er die Schlüssel des Palastes übergibt, sein Nachfolger wird Staatschef der zweitgrößten Volkswirtschaft Südamerikas.

Elektroindustrie ist wichtigste Exportbranche

Mexikos Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs dem Internationalen Währungsfonds zufolge 2017 um gut zwei Prozent auf 1 142 Milliarden US-Dollar. Fast 40 Prozent davon erwirtschafteten die Mexikaner im Ausland. Die wichtigste Exportbranche ist mit über einem Viertel der Ausfuhren die Elektroindustrie. Sie stellt vor allem Kühlschränke, Wasch- und Spülmaschinen her. Zudem exportiert kein Staat mehr Flachbildschirme als Mexiko. „Das Land hat zudem eine wachstumsstarke Aeronautikbranche, die etwa Bombardier in Kanada und Kunden in Spanien beliefert“, erklärt Martin Bodewig, Mexikoexperte bei der Unternehmensberatung Roland Berger.

Einkauf in Mexiko

Einkauf in Mexiko. Bild: TonelloPhotography/Shutterstock.com

Autoindustrie ganz vorne

Die wichtigste Branche des Landes ist dagegen aber die Autoindustrie. Sie erwirtschaftet drei Prozent des BIP – vor allem im Export in die USA. Seit das nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA 1994 die Zollschranken zwischen den beiden Staaten beseitigte, gehen acht von zehn in Mexiko hergestellten PKW in die Vereinigten Staaten. Außerdem beliefern mexikanische Zulieferer fast jeden Autobauer in den USA.

Auch viele in den Staaten ansässige Automobilzulieferer selbst kaufen südlich des Rio Grande ein. „Ein Drittel unseres Einkaufsvolumens bei mexikanischen Lieferanten geht an unsere Werke in den USA“, berichtet etwa Elizabeth Umberson. Sie leitet bei ZF Friedrichshafen die Materialwirtschaft in der Region Nordamerika. In Mexiko beschafft sie vor allem Guss- und Stahlteile.„Auch in der Metallbearbeitung und im Kunststoffspritzguss sind mexikanische Lieferanten stark“, berichtet Roland-Berger-Experte Bodewig. „Das gleiche gilt für Kabelbäume, elektronische Komponenten sowie Montagearbeiten und Bauteile, deren Finish viel Handarbeit erfordert“, ergänzt Florian Steinmeyer, Korrespondent von Germany Trade and Invest (GTAI) in Mexiko.

Manko: Komplexe Bauteile

Doch nicht alles ist so einfach zu beschaffen. Es gibt auch gewisse Angebotsnöte, die man beachten muss. „Was schwer zu finden ist, sind die Magnesiumbauteile und Elektromotoren, die wir für unsere Premiumfahrzeuge brauchen“, räumt Arturo Achard, Einkaufsdirektor von Audi México, ein. Beim Aufbau der Beschaffung für das 2016 in Puebla eröffnete Audi-Werk habe er auch die Erfahrung gemacht, dass es in Mexiko kaum Hersteller von Werkzeugen zur Fertigung komplexer Bauteile gebe. „Einen Großteil der Serienwerkzeuge, die wir in Mexiko einsetzen, kaufen wir daher in Europa und China“, berichtet Achard.

Derartige Lücken können mexikanische Zulieferer so bald nicht schließen, befürchtet Automobilexperte Bodewig. „Die mexikanische Autoindustrie bleibt daher von den Investitionen internationaler Zulieferer abhängig“, schätzt er. „Von unseren 20 wichtigsten Lieferanten in Mexiko sind 18 internationale, vor Ort ansässige Konzerne“, bestätigt auch ZF-Materialmanagerin Umberson. Ihre Zulieferer schätzen in Mexiko besonders die niedrigen Arbeitskosten. Mit nur 4,40 US-Dollar pro Stunde liegen diese im Schnitt weit unter dem Niveau in China oder Osteuropa. Auch der gegenüber dem Dollar um 40 Prozent unterbewertete Peso und die niedrigen Energiepreise machen das Land zu einem günstigen Beschaffungsmarkt.

Qualitätsstandards noch Achillesferse

Allerdings arbeiten in Mexiko noch immer viele, kleine Unternehmen mit veralteter Technik und können weder mit den Qualitätsstandards noch der Produktivität der großen im Land ansässigen Zulieferkonzerne mithalten. Einzelne Betriebe holen aber auf, beobachtet Bodewig von Roland Berger. „Da die meisten Tier-2-Lieferanten in Mexiko inzwischen nach internationalen Standards zertifiziert sind, ist auch bei deren Zulieferern das Bewusstsein dafür entstanden, welche Qualität internationale Kunden erwarten“, sagt Bodewig. „Damit mexikanische Lieferanten diese Erwartungen erfüllen können, müssen Einkäufer sie jedoch intensiv betreuen“, schränkt GTAI-Experte Steinmeyer ein.

Das war auch für Audi wichtig, als das Unternehmen 2012 beschloss, als erster Hersteller Premiumautos in Mexiko zu bauen. Die Zentrale in Ingolstadt setzte daher ein Lieferantenentwicklungsprogramm auf, mit dem die Einkäufer in Mexiko sowohl internationale wie mexikanische Zulieferer von deren Einkauf über ihre Qualitätssicherung und Entwicklung bis hin zur Logistik betreuten. Mit eigenen Bausteinen sicherte Audi zudem die Qualität seiner Lieferanten in Bereichen wie der Lackierung, Blechverarbeitung oder dem Guss.

3 Kriterien für die Auswahl mexikanischer Zulieferer

„Bei der Auswahl mexikanischer Lieferanten sollten Einkäufer auch darauf achten, wie diese ihre Mitarbeiter ausbilden und an sich binden“, empfiehlt Automobilexperte Bodewig. Denn immer mehr Unternehmen hätten damit zu kämpfen, dass auch einfache Arbeiter kündigen, wenn ihnen andere Arbeitgeber nur wenig mehr zahlen. Gleichzeitig versorge das staatliche Ausbildungswesen den Arbeitsmarkt aber nicht mit genug Fachkräften. „Unternehmen müssen Arbeiter daher oft aufwendig on the Job ausbilden“, weiß Bodewig. GTAI-Korrespondent Steinmeyer rät zudem, nach den Beziehungen mexikanischer Zulieferer zu den Gewerkschaften zu fragen. „Diese haben in Mexiko so großen Einfluss, dass sie Unternehmen den Betrieb lahmlegen können“, erklärt Steinmeyer.

Da Mexiko 81 Prozent seiner Exporte in die USA liefert, sollten Einkäufer zudem prüfen, ob Wechselkursschwankungen des Peso gegenüber dem Dollar die Finanzierungsstruktur mexikanischer Partner ins Wanken bringen können. Heftige Währungsturbulenzen könnte der weitere Verlauf der Verhandlungen über die Zukunft der NAFTA auslösen. Zuletzt setzte US-Präsident Donald Trump Mexiko unter Druck, als er im März Strafzölle auf Stahl ankündigte. Mexiko ist der größte Stahllieferant der USA.

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