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Am 6. März 2015 hat der Bundesrat einen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) erarbeiteten Gesetzentwurf zur Teilumsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie (2012/27/EU) gebilligt: die Neufassung des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G), mit konkreten Auswirkungen für Unternehmen. Betroffen von der Gesetzes-Novelle sind alle Firmen, die nicht als kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) im Sinne der EU-Definition gelten. Dies ist der Fall, wenn mindestens eines der drei nachfolgenden Kriterien zutrifft:

1. Die Mitarbeiterzahl beträgt mindestens 250 Personen.

2. Der Jahresumsatz liegt bei mindestens 50 Mio Euro beziehungsweise die Jahresbilanzsumme bei mindestens 43 Mio Euro.

3. Die finanzielle Beteiligung an anderen Firmen übersteigt im Fall von Partnerunternehmen 25 beziehungsweise 50 % im Fall von verbundenen Unternehmen.

Energie-Audit soll Energieverbrauch transparent machen

Nach aktuellen Schätzungen erfüllen zwischen 50 000 und 120 000 Unternehmen in Deutschland mindestens eines der drei genannten Kriterien. Auf sie kommen mit den jetzt geforderten Energieaudits neue Herausforderungen und nicht zuletzt auch zusätzliche Kosten zu. Durch die Audits soll den Unternehmen ein Instrument an die Hand gegeben werden, ihren Energieverbrauch zu analysieren und bewusste Entscheidungen über die Umsetzung von Effizienzmaßnahmen zu treffen. Das Energieaudit muss dabei den Anforderungen aus der DIN 16247-1 genügen, die eine Bestandaufnahme aller eingesetzten Energieträger und Energieverbraucher inklusive Vor-Ort-Begehungen an allen Standorten vorsieht. Das Audit kann sowohl von externen Beratern oder Dienstleistern als auch von unternehmenseigenem Personal durchgeführt werden.

Zusätzliche Kosten für Energie-Audits

Das BMWi prognostiziert durchschnittliche Kosten von 4 000 Euro pro Audit bei einer Spanne von etwa 2 400 bis 8 000 Euro. Bei Unternehmen mit einer Vielzahl von Standorten könnte eine qualifizierte Auditierung deutlich teurer werden. Im Gesetzentwurf werden jährliche Kosten von circa 112 Mio Euro für die deutsche Wirtschaft durch die Energieaudits erwartet. Außerdem entstehen dem Bund Kosten von circa 2,3 Mio Euro. Zudem ist zum Stichtag 5. Dezember 2015 mit Engpässen bei der Auditierung zu rechnen.

Energiemonitoring

Unternehmen, die über ein Energiemanagementsystem nach ISO 50001 verfügen, werden von der Pflicht zur Durchführung von Energieaudits freigestellt. Die technische Grundlage dafür sind Energiemonitoringsysteme mit Messgeräten und Software.

Ausnahme für Unternehmen mit Energiemanagement

Das Gesetz sieht jedoch Ausnahmen vor: Unternehmen, die über ein Energiemanagementsystem nach DIN EN ISO 50001 oder auch ein Umweltmanagementsystem nach EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) verfügen, werden von der Pflicht zur Durchführung von Energieaudits freigestellt. Dies betrifft zum Beispiel energieintensive Betriebe, die solche Systeme implementiert haben, um die besondere Ausgleichsregelung des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) oder die Steuerentlastungsmöglichkeit im Energie- und Stromsteuergesetz, den sogenannten Spitzenausgleich, in Anspruch nehmen zu können. Attraktiv ist diese Regelung aber auch für solche Firmen, die entsprechende Systeme gerade erst einführen. Sie bekommen zur Umsetzung bis Anfang 2017 Zeit und unterliegen bis dahin der Auditierungspflicht selbst dann nicht, wenn die Maßnahmen doch nicht umgesetzt werden sollten.

Von Energiepolitik bis Zertifizierung

„Die Umsetzung eines Energiemanagements gemäß DIN EN ISO 50001 lohnt sich für ein Unternehmen auf jeden Fall“, sagt Dieter Tobisch, Business Development für Energiemonitoring bei Siemens. Allerdings seien dabei mehrere Schritte erforderlich: von der Entwicklung einer betrieblichen Energiepolitik bis zur abschließenden Zer­tifizierung. Dabei müssten die Maßnahmen in den Be­reichen Energiebeschaffung, -versorgung und -nutzung sorg­fältig aufeinander abgestimmt sein. „Aus diesem Grund ist ein ganzheitlicher Ansatz notwendig, der vor allem das Top-Management fordert: Der bewusste und sorgfältige Umgang mit Energie muss für alle Mitarbeiter in den Unternehmen selbstverständlich sein“, so Tobisch weiter.

Energieverbrauch erfassen, analysieren und Maßnahmen ergreifen

Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Optimierung ist ein kontinuierlicher Prozess, der fortlaufend die Energieverbräuche erfasst, verschiedene Effizienzmaßnahmen entwickelt und das optimale Konzept umsetzt. Er muss von der Konzeptentwicklung bis hin zur Implementierung und zum Betrieb einer effizienten Energieversorgung alle Unternehmensebenen mit einbeziehen – von der Management- bis zur Feldebene. Und schließlich muss er Trans­parenz über den gesamten Lebenszyklus von Produkten schaffen, zum Beispiel durch permanente Datenerfassung und Visualisierung aller Energieflüsse. So lassen sich Potenziale identifizieren, mit denen die Energiekosten nachhaltig gesenkt werden können. Die Verbesserung der Energiedatentransparenz wird damit zu einer zentralen Aufgabe bei der Umsetzung eines Energiemanagements. Nur wenn Energiedaten in ausreichender Menge vorhanden sind und an sinnvollen Stellen erfasst werden, können die gewonnenen Erkenntnisse zu konkreten Einsparmaßnahmen führen und zur Optimierung der Energieeffizienz beitragen. Und nur wenn die erfassten Daten systematisch ausgewertet und zu Datenwissen werden, können Einsparmöglichkeiten identifiziert und erfolgreich umgesetzte Maßnahmen anschließend verifiziert werden.

Energiemonitoring ist Voraussetzung für Energiemanagement

Technische Lösungen wie ein detailliertes Energiemonitoring sind ein wichtiger Baustein, um mehr Energieeffizienz zu erreichen. „Siemens beispielsweise bietet für diese Aufgabe mit der Software Powermanager sowie Messgeräten aus dem Sentron-Portfolio ein leistungsfähiges Energiemonitoring-System an“, berichtet Tobisch. Das komplette Paket mit Software, Messgeräten und Schaltern wurde vom TÜV Rheinland auf Konformität zur Unterstützung eines Energiemanagementsystems gemäß ISO 50001 zertifiziert. Die Messung von elektrischen Energiedaten wie Spannungen, Strömen, Leistungen, Energiewerten und Frequenzen erfolgt in der Regel direkt über Messgeräte der 7KM PAC-Reihe. Weitere Messdaten lassen sich über einen generischen Modbus in das Monitoringsystem einbinden.

PC, Software und Internet für das Energie-Monitoring

Das Monitoring der erfassten Energieströme erfolgt über die Software Powermanager. Sie überwacht und archiviert die von den Geräten erfassten elektrischen Kenngrößen wie Spannungen, Ströme, Leistungen, Energiewerte und Frequenzen. Dabei ist es unerheblich, ob die Daten aus einem Messgerät, aus einem kommunikationsfähigen Kompaktleistungsschalter oder aus einem vorhandenen Zähler stammen. Hardwareseitig benötigt der Powermanager lediglich einen Windows-PC und ein LAN-Netzwerk für Ethernet (Modbus TCP). Auf dem PC werden die Leistungsmittelwerte der überwachten Kenngrößen in Ganglinienform angezeigt und können miteinander verglichen werden. So lassen sich beispielsweise Lastgänge verschiedener Fertigungslinien oder Firmenstandorte gegenüberstellen. Ebenso werden Störungen in der Energieverteilung angezeigt, auf die sofort reagiert werden kann. Die Darstellung der Berichte ist in Form von vorinstallierten Vorlagen möglich, zum Beispiel mit Kostenstellenzuordnung, im Messwertevergleich oder als Dauerlinie.

Mit der Neufassung des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G) kommen auf bis zu 120 000 größere Unternehmen in Deutschland neue Anforderungen zu: Sie müssen sich bis zum 5. Dezember 2015 und danach alle vier Jahre einem Energieaudit unterziehen. Diese Pflicht entfällt bei Umsetzung eines Energiemanagements nach ISO 50001. Die technische Voraussetzung dafür bildet ein systematisches Energiemonitoring.

Autor: Sebastian Winklmann, Marketing Manager für Energiemonitoringsysteme, Siemens AG, Business Unit Low Voltage & Products

Foto: shutterstock.com – 3RUS

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