Warnschild mit einem Ausrufezeichen und darunter dem Schriftzug Lieferengpässe

Lieferengpässe behindern nach wie vor die Produktion. (Bild: pusteflower9024 - stock.adobe.com)

Die deutsche Industrie hatte im August aufgrund anhaltender Lieferengpässe Schwierigkeiten, mit der hohen Nachfrage Schritt zu halten. Die Zuwächse in der Produktion blieben deutlich unter denen des Auftragseingangs. Zudem ging die Zuversicht der Industrieunternehmen hinsichtlich des zukünftigen Wachstums leicht zurück, was vor allem am zunehmenden Preisdruck lag.

Das zeigt der saisonbereinigte IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI), der im August um 3,3 Punkte sank. Mit 62,6 Punkten (Juli 65,9) notierte der deutsche PMI aber auch im August komfortabel in der Wachstumszone und deutlich über der Referenzlinie von 50 Punkten.

„Corona bleibt weiterhin ein Thema, das sich sowohl auf das Wachstum als auch auf die Inflation auswirkt. Beides hat zuletzt etwas von der sehr guten Stimmung genommen“, kommentiert Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, die aktuellen EMI-Daten.

Der Nachfrageboom nach Wegfall der Restriktionen treffe auf ein immer noch begrenztes Angebot: Fehlende Container, Lastwagen oder Halbleiter seien in diesem Kontext zu nennen. Entsprechend stiegen die Preise. Das Wachstum in der Industrie könnte höher sein, wenn die Lieferengpässe nicht zu Produktionsverzögerungen führen würden. „Mittelfristig ist jedoch davon auszugehen, dass diese Lieferschwierigkeiten sich auch wieder lösen. Der historisch hohe Auftragsbestand sichert somit schon das Wachstum bis ins Jahr 2022 hinein“, so die Helaba-Bankdirektorin.

„Es zeigt sich, dass die ersten Schritte des konjunkturellen Aufholprozesses leichter und schneller gegangen werden konnten, als dies bei den nächsten und letzten Schritten der Fall sein wird“, sagt Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Eine erschwerende Begleiterscheinung zeige sich zunehmend in der Verfügbarkeit und den Preisen von Vorleistungsgütern und Rohstoffen. Die Unternehmen deuteten an, dass es zwar weiter aufwärts gehe, aber langsamer als in den vergangenen Monaten.

Zur jüngsten Entwicklung des EMI teilt Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Managing Director Industrials, Automotive & Services der IKB Deutsche Industriebank AG, mit: „Die knappe Marktversorgung hat bei den meisten Rohstoffen auch im August angehalten. Erste Entspannungssignale gab es jedoch auf der Vormaterialseite von Stahl. Die Spotmarktnotierungen für Eisenerz in China sanken im Monatsdurchschnitt um gut ein Viertel gegenüber dem Juliniveau. Eine sich normalisierende brasilianische Erzförderung hat dazu beigetragen. Da auch die Schrottpreise leicht nachgaben, hat der Druck auf die Stahlpreise etwas nachgelassen. Die Ankündigung der OPEC, die Fördermenge ab Oktober 2021 nochmals auszuweiten, dürfte ebenfalls preisstabilisierend wirken.“

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Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick

Produktion: Nach Bereinigung saisonaler Faktoren verlangsamte sich das Produktionswachstum im verarbeitenden Gewerbe erneut. Der Index Produktion notierte zwar weiterhin komfortabel über der Referenzlinie von 50,0 Punkten, rutschte aber um mehr als fünf Punkte auf den niedrigsten Stand seit einem Jahr ab. Geringere Zuwächse wurden in allen Teilbereichen der Industrie verzeichnet. Laut Umfrageteilnehmern führten vor allem die Lieferengpässe zu Produktionsausfällen oder Produktionsunterbrechungen.

Auftragseingang: Die Nachfrage blieb auch im August hoch und bescherte den Herstellern wieder reichlich Neuaufträge. Die Zuwachsrate schwächte sich gegenüber Juli zwar leicht ab, gehörte aber immer noch zu den stärksten in der Umfragegeschichte seit 1996. Bemerkenswert ist, dass der Index Auftragseingang mehr als sechs Punkte über dem Index Produktion notiert – ein neuer Rekord.

Auftragseingang Export: Der Aufschwung im Export büßte erneute etwas an Dynamik ein. Nach dem Rekordhoch im März verlangsamte sich das Wachstum zum vierten Mal in den letzten fünf Monaten auf den niedrigsten Wert seit Januar. Der Vorleistungsgüterbereich trotzte dem Trend und verzeichnete das größte Plus der drei von der Umfrage erfassten Teilsektoren.

Geschäftserwartungen: Die Umfrageergebnisse signalisieren eine weitere leichte Eintrübung des Optimismus hinsichtlich der Geschäftstätigkeit binnen Jahresfrist. Demnach fiel die Zuversicht auf den niedrigsten Stand seit Oktober letzten Jahres, liegt damit aber immer noch über dem langjährigen Mittel (seit Juli 2012). Die massiven Lieferengpässe und der damit verbundene Preisdruck dürften das Wachstum bremsen, so die Befürchtungen vieler Umfrageteilnehmer.

Beschäftigung: Die Bemühungen vieler Industrieunternehmen, vor dem Hintergrund der boomenden Nachfrage die Kapazitäten zu erweitern, führten im August zum sechsten Anstieg der Beschäftigung in Folge. Die Zuwachsrate blieb zwar auf sehr hohem Niveau, ging im Vergleich zum Rekordhoch vom Juli aber auf den tiefsten Wert seit vier Monaten zurück. Der kräftigste Jobaufbau wurde abermals im Investitionsgüterbereich verbucht, gefolgt vom Vorleistungsgüterbereich.

Einkaufspreise: Der Kostendruck in der Industrie bleibt weiter hoch. Zwar schwächte sich die Inflationsrate der Einkaufspreise gegenüber dem Allzeithoch vom Juli minimal ab, es war dennoch der dritthöchste Wert seit Beginn der Datenerfassung. Zahlreiche Umfrageteilnehmer meldeten, dass sich vor allem Aluminium, Elektronik, Kunststoffe, Stahl und Holz abermals verteuert haben.

Verkaufspreise: Auch die Verkaufspreise zogen wieder kräftig an und spiegelten damit die stetig steigenden Kosten wider. Nachdem der Index Verkaufspreise in den letzten fünf Monaten jeweils neue Höchststände erreicht hatte, gab er im August leicht nach. Dennoch war die jüngste Steigerung die dritthöchste in der Umfragegeschichte (seit 2002). Am deutlichsten hoben die Hersteller von Vorleistungsgütern ihre Preise an.

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