Stahlrohre von Benteler

Benteler Steel/Tube will seine Lieferketten resilienter machen. (Bild: prachid - stock.adobe.com)

Benteler Steel/Tube will seine Stahlrohre auf höchstem Niveau produzieren. An diesem Ziel ist der Einkauf maßgeblich beteiligt. Doch wie schafft die Einkaufsorganisation einen solchen Kraftakt? Basierend auf einem Maßnahmenpaket aus 2019 setzt der Stahlhersteller auf drei Ziele - und nimmt dabei viele seiner Mitarbeiter in die Pflicht.

„Unser Ziel ist vor allem, starke und langfristige Partnerschaften mit Schlüssellieferanten aufzubauen und kontinuierlich die Einkaufspreise und das Working Capital der Division zu optimieren“, erklärt Robert Snijder, Vice President Procurement, Benteler Steel/Tube.

3 Ziele für einen erfolgreichen Einkauf

Als entscheidend für den Erfolg des Einkaufs hat Benteler Steel/Tube bereits 2019 fünf Pfeiler definiert und 2020 umgesetzt:

  • Kategoriespezifische Einkaufsstrategien,
  • Entwicklung und Integration von Schlüssellieferanten,
  • innovative Tools & Methoden,
  • schlanke Prozesse mit klaren Verantwortlichkeiten sowie
  • einer engen, abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit innerhalb der Division und darüber hinaus.

Drei Ziele stehen bei den Veränderungen im Fokus: Zum einen eine Leistungskultur mit unternehmerischer Verantwortung eines jeden Einzelnen zu etablieren. Hierzu zählt, nach überdurchschnittlichen Ergebnissen in der Abteilung zu streben – gestärkt durch disruptives Denken und innovative Einkaufsmethoden, wie beispielsweise 360°-Workshops oder Verhandlungsevents mit Lieferanten.

Ein Ergebnis eines Workshops war beispielsweise die Idee, Verpackungsarten zu standardisieren. Das ermöglicht dem Lieferanten, die Produktion auf weniger Varianten zu optimieren und dadurch die Kosten pro Einheit zu senken.

Zweitens die Einkaufskosten durch Preisreduktion und Cost-Out-Maßnahmen (Maßnahmen zur Kostenoptimierung) unabhängig von Marktpreisentwicklungen nachhaltig zu senken.

Als drittes Ziel hat sich Benteler Steel/Tube vorgenommen, das Betriebskapital zu optimieren. Das Unternehmen plant hierfür, die Zahlungsziele konsequent zu verlängern, Supply Chain Finance (Reversed Factoring) stärker zu nutzen und die Einführung von Konsignationslagern zu erreichen.

Kostenstrukturen langfristig verbessern

„Bei sämtlichen Initiativen ist entscheidend, divisionsinterdisziplinäre sowie -interkulturelle Teams zu bilden, um erfolgskritische Kompetenzen und Blickwinkel zu vereinen“, betont der Einkaufsexperte Snijder. „Zudem ist es wichtig, möglichst viele Mitarbeiter*innen aktiv einzubinden, um das Verständnis und die Bereitschaft für die notwendigen Veränderungen zu fördern.“

Gleichzeitig gilt: Der Einkauf von Benteler Steel/Tube steuert zwar sämtliche Initiativen, arbeitet aber intensiv mit anderen Bereichen zusammen, insbesondere mit der Produktion. Dabei hilft es dem Unternehmen, sich vorausschauend auf mögliche Lieferkettenunterbrechungen mithilfe von Szenarien systematisch vorzubereiten.

Die Veränderungen im Einkauf finden im Rahmen eines Kulturwandels und einer Restrukturierung insgesamt statt. Für den Einkauf gilt dabei: Kostenstrukturen nachhaltig zu verbessern und im Einklang mit der Unternehmensstrategie Kernlieferanten zu identifizieren beziehungsweise die Zusammenarbeit mit bestehenden Zulieferern weiterzuentwickeln.

Weltweite Einkaufsstandards

„Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, musste die strategische Einkaufskompetenz gewinnbringend in die bestehenden, dezentralen Lieferketten eingebracht werden“, so Snijder. Hierbei wurden, wo möglich, Synergien genutzt. Sichtbar wird dies unter anderem durch die Einführung von weltweiten Einkaufsstandards wie beispielsweise für Knüppel, dem Vormaterial in der Stahlrohrproduktion.

Diese Synergien ermöglichen Benteler Steel/Tube eine verbesserte Position bei Verhandlungen mit Lieferanten, was wiederum merkbare Kostenersparnisse nach sich zieht.

Coronakrise fordert den Einkauf

Mit dem Ausbruch der Coronakrise 2020 stand Benteler Steel/Tube, wie viele andere Unternehmen auch, ganz plötzlich vor weiteren Herausforderungen. Auch hier haben die frühzeitig gesetzten Restrukturierungsmaßnahmen geholfen: Das Unternehmen hat sich als systemrelevanter, starker Industriepartner für die Automobil- und Energiebranche sowie für die Industrie erwiesen.

Dennoch musste Benteler Steel/Tube einen starken Auftragsrückgang hinnehmen, sowohl beim Absatz nahtloser als auch geschweißter Stahlrohre. Bis die Produktion das Niveau von vor Covid-19 erreicht, ist es noch ein weiter Weg.

Gleichzeitig hat die Krise gezeigt, wie wichtig ein funktionierender Einkauf ist. Um die Lieferketten in den noch andauernden unsicheren Zeiten sicherzustellen, hat Benteler Steel/Tube deshalb ein weiteres Maßnahmenpaket umgesetzt:

Regelmäßige Kommunikation: Lieferanten und Dienstleistungsanbieter sind über aktuell geltende Benteler-Richtlinien und -Vorschriften informiert, die sich auf ihre Lieferung oder Dienstleistung auswirken könnten

Risikoanalyse der Lieferkette: Gründliche Analyse des Risikos einer Fortsetzung der Versorgung, sowohl auf der Produktions- als auch auf der Transportseite, und anschließende Festlegung von Notfallplänen

Produktionsplanung: Tägliche Besprechungen mit Serienlieferanten zum Herunterfahren und Hochfahren der Produktionsvolumina

Gemeinsam mit Lieferanten werden Produktvarianten minimiert sowie Methoden eingesetzt, um im Störfall bedarfsgerecht und flexibel reagieren zu können und so Engpasssituationen vorzubeugen.

In Zeiten von Corona wird deutlich, wie wichtig lokal ansässige Partner sind, um Lieferketten aufrechterhalten zu können. Gleichzeitig setzt Benteler Steel/Tube mittelfristig darauf, mehr Lieferanten mittels "Best Cost Country" ins Boot zu holen. Diese sollten ebenfalls kurzfristig und mit hohen Qualitäts- und Servicestandards liefern können.

Bearbeitet von Dörte Neitzel

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