Einkäufer sind überwiegend Abwickler, arbeiten also fast ausschließlich operativ. Im Schnitt haben weniger als 15 Prozent der Mitarbeiter im Einkauf eine strategische Funktion inne, wie die Studie zeigt.
Effiziente Abläufe im Einkauf macht schlank
Das Ergebnis überrascht, liegt doch in diesem Bereich ein enormes Spar- und Verbesserungspotenzial. Dies gilt insbesondere für die Industrie mit ihren oftmals komplexen Aufträgen und den stark variierenden Kundenwünschen. Ineffizienzen im Einkauf schlagen sich hier besonders nieder – zum einen in höheren Beschaffungskosten, zum anderen in Qualitätsmängeln oder einer Nichteinhaltung des Liefertermins.
Die Konsequenz für die Unternehmen lautet: Eine Einkaufsstrategie muss mehr sein als ein Lippenbekenntnis. Die Industriebetriebe sind in der Pflicht, diese mit Leben zu füllen. Den Schlüssel zu effizienten Prozessen sowie Abläufen finden sie im Konzept des schlanken Einkaufs oder Lean Purchasing. Vom Grundsatz her ist Lean Management dabei für die Unternehmen nichts Neues, sondern seit Jahrzehnten in den Produktionsabteilungen erfolgreich etabliert. Auch im Einkauf können Unternehmen wertschöpfungsorientiert arbeiten.
Warengruppen strategisch betrachten
Ein Hebel dazu bietet beispielsweise die Klassifizierung von Materialien, Sach- und Dienstleistungen in Warengruppen. Den Unternehmen ist die strategische Bedeutung von Warengruppen durchaus bewusst. Mehr als jedes zweite Industrieunternehmen hat bis zu 50 Warengruppen – 36% davon werden als strategisch betrachtet. Tatsächlich jedoch bearbeiten die Befragten nur einen kleinen Teil dieser strategischen Warengruppen auch wirklich gemäß ihrer Bedeutung: Lediglich 11 Prozent werden entsprechend behandelt.
Im Idealfall sollte ein Unternehmen seine Warengruppenstrategie von der Einkaufsstrategie ableiten. Die Praxis sieht jedoch anders aus. Gerade einmal knapp die Hälfte aller befragten Firmen gibt an, die Warengruppenstrategie immer (18%) oder zumindest oft (28%) an die Einkaufsziele anzupassen.
Lieferanten strategisch auswählen
Ein zentraler Stellhebel für den erfolgreichen Einkauf ist die strategisch richtige Auswahl der Lieferanten. Die Staufen-Studie zeigt, dass die Unternehmen den größten Anteil ihrer Güter bei Zulieferern in Westeuropa kaufen. Dies erscheint zwar eigentlich als vorbildlich, denn aus der Lean-Perspektive sind kurze Transportwege zum Lieferanten sehr wichtig. Allerdings stehen hinter dieser Entscheidung keine Gesamtkostenbetrachtungen. Nicht einmal jeder zweite Befragte berechnet die sogenannten Total Cost of Ownership detailliert – das gilt unabhängig von der Unternehmensgröße. Die meisten Firmen kaufen in Europa ein, weil es für sie schlicht einfacher ist, also beispielsweise keine Sprachbarrieren bestehen.
Sind die richtigen Lieferanten ausgewählt, gilt es, sie gezielt zu entwickeln und frühzeitig in die Produktentwicklung einzubeziehen. Wie das perfekt funktionieren kann, zeigt ein Blick auf Toyota. Der Automobilkonzern integriert seine Zulieferer seit mehr als 75 Jahren im Sinne einer Partnerschaft.
Europa zieht nach
Inzwischen folgen immer mehr Unternehmen auch aus Europa dem Beispiel aus Nippon. So hat die Flugzeugschmiede Airbus in ihrem Produktbereich Kabinen elf Lieferanten in fünf Ländern weltweit bereichsübergreifend bewertet. Anhand der dabei identifizierten über 700 kritischen Befunde hat der Konzern Seminare zur Entwicklung seiner Zulieferer eingeführt – im Fachjargon Production Readiness Workshops (PRW). Zusätzlich hat das Luftfahrtunternehmen ein Schulungs- und Qualifizierungsprogramm für seine Mitarbeiter erstellt. Auf dieser Basis arbeiten beide Seiten besser und effizienter miteinander.
Unternehmen, die das Konzept des schlanken Einkaufs durchsetzen wollen, sollten deshalb systematisch und weltweit die besten Zulieferer suchen und dem strategischen Thema Lieferperformance einen hohen Stellenwert bei der turnusmäßigen, sogenannten Regelkommunikation geben. Noch ist dies in der Industrie nicht der Fall.
Immerhin: Die Industrieunternehmen erkennen zunehmend, dass Einkauf mehr sein sollte als die reine Beschaffung von Gütern und Leistungen. Es ist nun an den Verantwortlichen, die strategischen Themen stärker in den Geschäftsalltag ihrer Einkaufsteams zu integrieren und damit das Unternehmen zu stärken.