Zukunftsforscher sprechen von einem Megatrend der Hyperkonnektivität. Können Sie erläutern, was damit gemeint ist?
Platzgummer: Hyperkonnektivität geht weit über die Kommunikation zwischen technischen Systemen hinaus. Es geht nicht einfach darum, dass ein ERP-System eines Einkäufers mit dem ERP-System eines Lieferanten kommuniziert. Vielmehr bedeutet Hyperkonnektivität die umfassende Vernetzung von Menschen und Prozessen in allen Formen – sei es in technischen, sozialen oder persönlichen Netzwerken.
Wie verändert diese Vernetzung die Kommunikation in Unternehmen?
Platzgummer: Die Kommunikation wird vielschichtiger und direkter. Denken Sie darüber nach, wo Jugendliche heutzutage nach einem bestimmten Produkt suchen: Sie durchsuchen keine Zeitungen oder besuchen Messen, sondern nutzen soziale Medien. Unternehmen müssen dort präsent sein, wo ihre Zielgruppen sind, um direktes Feedback zu erhalten und auf Marktbedürfnisse sofort reagieren zu können. Soziale Medien bieten die Möglichkeit, in Echtzeit auf Kundenanfragen und -probleme zu reagieren, was die Kundenzufriedenheit erhöht.
Was bedeutet das für die Industrie?
Platzgummer: Hyperkonnektivität bedeutet, dass sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen intensiv darüber nachdenken müssen, mit wem und wie sie kommunizieren. Bei BE-terna unterstützen wir Unternehmen dabei, Business-Applikationen zu implementieren, die diese vernetzte Kommunikation und die damit verbundenen Prozesse abbilden. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil für den zukünftigen Geschäftserfolg. Unternehmen müssen flexibel und anpassungsfähig sein, um in diesem zunehmend vernetzten Umfeld bestehen zu können.
Welche Rolle spielt dabei die künstliche Intelligenz (KI)?
Platzgummer: Viele betrachten künstliche Intelligenz derzeit lediglich als eine verbesserte Suchmaschine. Doch das ist nur ein kleiner Teilbereich von KI, insbesondere der großen Sprachmodelle. Diese Modelle können Sprache interpretieren, verstehen und sogar generieren. KI umfasst jedoch ein viel breiteres Spektrum. Sie liefert Unternehmen aufgewertete Informationen als Grundlage für Entscheidungen. KI-Systeme nutzen komplexe Datenmodelle, um Informationen aus Lieferketten zu analysieren, wie aktuelle Materialkosten, Lieferbedingungen in verschiedenen Ländern und wichtige Logistikwege.
Unternehmer können also mit Unterstützung von KI den Markt besser einschätzen und fundiertere Entscheidungen treffen?
Platzgummer: Ja, absolut. KI kann dabei helfen, komplexe Marktdaten zu analysieren und Entscheidungen zu erleichtern. Es gibt jedoch auch Ängste, dass KI Arbeitsplätze ersetzen könnte. Ich sehe das anders: KI wird neue Tätigkeiten schaffen. Im Einkauf beispielsweise wird die Aufgabe darin bestehen, KI-Modelle zu trainieren und zu entscheiden, welche Parameter wichtig sind – sei es der beste Preis oder die höchste Qualität. Dadurch entfällt die manuelle Durchsicht unzähliger Excel-Dateien, und der Einkauf kann sich auf strategischere Aufgaben konzentrieren.
Verändert das auch die Arbeit der Einkäufer?
Platzgummer: Definitiv. Die Möglichkeiten, die KI bietet, sind enorm, insbesondere im Hinblick auf die Hyperkonnektivität, die wir schon angesprochen haben. Im Einkauf können beispielsweise wesentlich mehr Lieferanten gleichzeitig abgefragt werden. Dadurch kann viel Zeit eingespart werden, die Einkäufer für ihre Kernkompetenzen nutzen können. Den Menschen wird die KI aber nicht ersetzen, denn es gibt durchaus Grenzen. Vielmehr erweitert KI seine Fähigkeiten. Der smarte Assistent muss trainiert werden und es müssen Parameter vorgegeben und überwacht werden. Das heißt, Aufgaben und Verantwortlichkeiten werden sich ändern, der Arbeitsplatz bleibt jedoch.
Als einer der Top-Microsoft-Partner weltweit, wie sehen Sie die zukünftige technische Entwicklung und welche konkreten Innovationen sind von Microsoft zu erwarten?
Platzgummer: Microsoft investiert stark in Innovationen und integriert immer mehr KI-Funktionalitäten in seine Lösungen. Alle Anwendungen wie Outlook, Excel und Word werden mit einem virtuellen Assistenten namens Copilot ausgestattet, der Mitarbeitende bei technischen Fragen und Aufgaben unterstützt. Beispielsweise kann die KI bereits heute automatisiert E-Mails beantworten, indem Sie einfach sagen: "Verfasse bitte eine höfliche Absage." Diese Funktion bietet eine effiziente Unterstützung im Arbeitsalltag und wird zukünftig noch weiter ausgebaut. Unternehmen müssen sich zwangsläufig mit diesen Technologien auseinandersetzen, und unsere Aufgabe ist es, die Vorteile zu erklären und Ängste abzubauen.
Welche Zukunft sehen Sie für automatisierte Prozesse im Einkauf?
Platzgummer: Ich möchte Ihnen noch eine Vision mitgeben. Stellen Sie sich vor, in Ihrer Einkaufsabteilung schickt Ihr KI-Assistent Bestellanfragen an mehrere Lieferanten aus, bewertet diese basierend auf von Ihnen festgelegten Kriterien und bestellt dann automatisch beim selektierten Lieferanten. Bei diesem Lieferanten nimmt dessen KI diese Bestellung entgegen, generiert den Produktionsauftrag und informiert Ihre KI, dass die Produktion läuft und wann der Liefertermin ist. KI spricht mit KI – kein menschliches Eingreifen nötig, lediglich Kontroll- und Freigabeprozesse werden von Menschen durchgeführt. Wir bewegen uns in Richtung einer Zukunft, in der Geschäftsprozesse vollständig von künstlicher Intelligenz abgebildet werden können. Bereits heute sind Menschen, Geräte, Systeme und Organisationen eng vernetzt. In Zukunft wird die Interaktion, besonders bei Routinetätigkeiten, zunehmend von Mensch-zu-Mensch auf Maschine-zu-Maschine übergehen, während der Mensch weiterhin ein zentraler Akteur in diesem Netzwerk bleibt.