Mann vor Laptop

Wie können Unternehmen herausfinden, wo Emissionen entstehen und mit welchem Aufwand sie zu reduzieren sind? (Bild: miha creative - stock.adobe.com)

Einschlägige Experten sind sich sicher, dass die Treibhausgasemissionen in Zukunft in den Unternehmensprozessen den gleichen Stellenwert einnehmen werden wie heute die Finanzen. Daher ist es von großer Bedeutung, das Thema im Top-Management zu verankern. Diese sollte sich zunächst entsprechend positionieren und einen Projektplan aufstellen, in dem die Verantwortlichen und Beteiligten, der zeitliche Ablauf und das Ziel bzw. die Zwischenziele definiert werden.

Managementsysteme orientieren sich häufig am sogenannten PDCA-Zyklus: Plan, Do, Check, Act. Dies gilt auch für die Entwicklung einer Klimastrategie. Grundlage einer Klimastrategie ist der ermittelte Carbon Footprint. Die Integration der Klimastrategie in die strategische Ausrichtung des Unternehmens ist dabei unerlässlich.

Bilanzierung der THG-Emissionen

Zu den ersten Schritten beim Aufbau eines Energie- und Klimamanagementsystems gehört die Erfassung der aktuellen THG-Bilanzen. Bei dieser Bilanzierung ist grundsätzlich zwischen Produkt- und Organisationsbilanzen zu unterscheiden. Denn eine THG-Bilanz als Grundlage für Maßnahmen zur Erreichung der THG-Neutralität kann sowohl auf Produkt- als auch auf Organisationsebene erstellt werden.

Grundsätzlich enthält eine Produktökobilanz auch Informationen über die Klimawirkungen entlang des Produktlebensweges. „Entsprechende Analysen sind aufwändiger, geben aber auch Aufschluss über andere Umweltwirkungskategorien, die im Einzelfall wichtiger sein können als die Umweltwirkungskategorie Klimawandel“, erklärt Dr. Christian Haubach, Leiter des Instituts für Industrial Ecology (INEC) an der Hochschule Pforzheim.

Die seit 2010 bestehende Einrichtung arbeitet auf dem Gebiet der ökologischen und ökonomischen Optimierung von Produktlebenswegen und betrieblichen Produktionsprozessen mit dem Ziel, knappe Ressourcen effizient zu nutzen. Je nachdem, ob man sich für Produkt- oder Organisationsbilanzen entscheidet, ergeben sich unterschiedliche Ergebnisse.

  • Die Ermittlung der Ökobilanz (Life Cycle Assessment, LCA) bzw. des Product Carbon Footprint (PCF) bezieht sich in der Regel auf den gesamten Lebensweg eines Produktes, unabhängig davon, wo und wann Emissionen entstehen. Dieser Lebenswegansatz steht im Mittelpunkt der Methoden des LCA nach DIN EN ISO 14040 und 14044 und des PCF nach DIN EN ISO 14067.
  • Die ISO 14064 legt Grundsätze für die Treibhausgasbilanzierung von Organisationen fest. Die ISO-Norm lässt laut Experte Haubach viele Gestaltungsmöglichkeiten zu. Dabei sollte die Berichtsgrenze immer die wesentlichen THG-Emissionen der Organisation umfassen und sich zudem am Zweck der THG-Bilanzierung orientieren.

Energiemanagement als Zwischenschritt

Gut aufgestellt sind nach Einschätzung der Experten alle Unternehmen, die mit einem Energie- oder Umweltmanagementsystem nach DIN EN ISO 50001:2018 bereits strategisch in Energiefragen agieren. „Der Schritt zum Klimamanagementsystem ist dann nicht mehr weit und kann ohne kostspielige Umwege effizient gegangen werden“, heißt es im ‚Leitfaden vom Energie- zum Klimamanagement‘, den die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) sowie die Zertifizierungsstelle GUTcert und der Energie- und Klimamanagementlösungsanbieter Ökotec herausgegeben haben.

Die ISO 50001 gibt den Rahmen für die Zertifizierung eines Energiemanagementsystems vor. Ob eine Zertifizierung angestrebt wird, hängt in der Regel von den entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen ab, beispielsweise inwieweit die Zertifizierung zur Reduzierung der EEG-Umlage oder der Strom-/Energiesteuer genutzt werden kann.

Die ISO 50001 fordert ein Energiemonitoringsystem. Bei der Dimensionierung eines solchen Energiemonitoringsystems stellt sich regelmäßig die Frage nach dem Investitionsaufwand. Für ein Investitionsvolumen von maximal drei Prozent der jährlichen Energiekosten ist ein leistungsfähiges Datenerfassungssystem darstellbar, hat das Unternehmen MVV Energie in der Broschüre ‚Energiemonitoring leicht gemacht‘ ermittelt.

Bei der Identifikation und Festlegung der Messstellen sollte immer zwischen Messaufwand und Einflusspotenzial abgewogen werden, empfehlen die MVV-Experten. So lasse sich beispielsweise eine Stromverbrauchsmessung am Druckluftkompressor in der Regel relativ schnell installieren und liefere oft sehr aufschlussreiche Erkenntnisse über das Betriebsverhalten und entsprechende Einflusspotenziale.

Vom reinen Energiemanagement zum Nachhaltigkeitsmanagement

Die Verantwortung für die Energiedatenerfassung sollte bei einer bestimmten Person oder Abteilung liegen. Für ein strukturiertes Vorgehen zur Identifikation sinnvoller Messstellen empfiehlt MVV einen Top-Down-Ansatz. Dabei wird der Energiefluss im Unternehmen von der Einspeisung bis zum Endverbrauch verfolgt. Einsparpotenziale können aus verschiedenen Perspektiven bewertet werden. Im Strombereich kann eine Betrachtung nach Leistung (bezogen auf die Spitzenleistung) oder nach elektrischer Arbeit bezogen auf den Verbrauch, insbesondere den Grundlastverbrauch, erfolgen.

Langfristig sollten Unternehmen noch einen Schritt weiter gehen, empfiehlt der Bundesverband der Energie-Abnehmer (VEA). Denn neben ökologischen Aspekten spielen auch soziale und ökonomische Faktoren in einem Nachhaltigkeitsmanagementsystem eine Rolle. „Die Integration aller drei Säulen der Nachhaltigkeit (Umwelt, Soziales & Ökonomie) in die langfristige Ausrichtung eines Unternehmens stärkt die Wettbewerbsfähigkeit enorm und bereitet die Unternehmen schon heute auf zukünftige Anforderungen z.B. von Kundenseite vor“, so der VEA. In diese Richtung geht auch ein Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der CSR-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive).

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