Vertrag_pixabay-raxpixel_web

(Bild: Pixabay)

Der einfache Weg führt nicht immer zum besten Ziel. Schon gar nicht im Einkauf. Wer, seinen kompletten Bedarf bei einem einzigen Lieferanten deckt (Single Sourcing), muss zwar nur mit einem Partner verhandeln, kann eine langfristige und vertrauensvolle Beziehung zu diesem aufbauen, muss sich meist jedoch auf den Preis einlassen, den der Zulieferer verlangt. Das lohnt nur beim Einkauf von strategisch wichtigen Teilen.

Allerdings machen sich Einkäufer beim Single Sourcing extrem von einem Lieferanten abhängig. Fällt dieser aus, steht auch die eigene Produktion. Die meisten Einkaufsrichtlinien verlangen daher, wenigstens eine alternative Bezugsquelle zur Hand zu haben.

Multisourcing: Für C-Teile hui, für A-Teile pfui

Noch besser ist es, wenn sich Teile und Materialien von einer Vielzahl von Lieferanten beziehen lassen. Eine Multisourcing-Strategie lässt sich zwar meist nur bei der Beschaffung von in hohem Maße standardisierten Teilen umsetzen. Dann allerdings können Einkäufer ihren Bedarf beim jeweils günstigsten Anbieter decken und ihre Einstandspreise senken. Indem sie Preise und Konditionen vergleichen und Zulieferer dies wissen lassen, schüren sie Wettbewerb im Lieferantenfeld und sorgen langfristig dafür, dass die Preise niedrig bleiben, die Qualität aber gleichzeitig steigt.

Wer nicht nur bei Zulieferern vor Ort sondern auch international sourct, kann sich zugleich die Lohnkostenunterschiede auf den einzelnen Beschaffungsmärkten zu nutze machen. Der Zugriff auf eine Vielzahl von Lieferanten erlaubt es zudem, flexibel zu reagieren, wenn der eigene Bedarf kurzfristig größer ist als erwartet. Außerdem sinkt das Risiko, durch den Ausfall eines Zulieferers selbst in Lieferschwierigkeiten zu geraten. Jeder zweite vom B2B-Marktplatz Wer liefert was jüngst zu den von ihm bevorzugten Beschaffungsstrategien befragte Einkäufer setzt deshalb am liebsten auf Multisourcing.

Multisourcing multipliziert den Aufwand für den Einkauf

Doch was in der Theorie schillert, hat in der Praxis oft Macken. Da sie bei der Mehrquellenbeschaffung mit vielen Lieferanten über Preise und Konditionen verhandeln müssen, ist der Aufwand für Einkäufer beim Multisourcing erheblich größer als bei der Zusammenarbeit mit nur einem Partner.

Die Kosten der Beschaffungsabteilung sind somit höher als beim Single Sourcing. Zumal Einkäufer nur dann wissen, welche Anbieter zu einem bestimmten Zeitpunkt die besten Konditionen bieten, wenn sie ihre Beschaffungsmärkte kontinuierlich beobachten und hervorragend kennen.

Multisourcing führt nicht immer zum besten Preis

Da Unternehmen ihren Bedarf bei der Mehrquellenbeschaffung zudem auf mehrere Zulieferer verteilen, ist das Einkaufsvolumen bei jedem einzelnen Lieferanten kleiner. Preisnachlässe und bessere Lieferkonditionen lassen sich somit oft schwerer durchsetzen.

Auf Märkten, auf denen Lieferanten in Abhängigkeit von ihren Kunden geraten, besteht zudem die Gefahr, dass sie aufgrund zu kleiner Auftragsvolumina keine Skaleneffekte erzielen können. Spielräume für Preisnachlässe können sie dann nur erschließen, wenn sie ihre eigene Marge angreifen. Einkäufer laufen so Gefahr, das Lieferantenfeld durch ihre Marktmacht zu verkleinern.

Vorsicht: Multiplikatoreffekte in Krisensituationen

Kritisch kann Multisourcing für Unternehmen ausgerechnet auch in Krisensituationen werden, haben Wissenschaftler an der US-amerikanischen Stanford Graduate School of Business und der European Business School herausgefunden.

Da nicht nur ein einzelnes Unternehmen auf mehrere Beschaffungsquellen setzt, sondern auch seine Wettbewerber und Lieferanten für die gleichen Teile oft in derselben Region sitzen, führen Zwischenfälle wie der Tsunami in Japan im März 2011 oder die Flutkatastrophe in Thailand im Oktober des selben Jahres dazu, dass Multisourcing in solchen Krisen keinen Schutz mehr bietet. Die letzten in einem Cluster noch lieferfähigen Anbieter schaffen es dann kaum, den Bedarf aller auf sie angewiesenen Kunden zu befriedigen.

Multisourcing systematisch umsetzen

Wer auf Multisourcing setzt, muss die Strategie daher sehr überlegt implementieren und die mit ihr verbundenen Risiken kontinuierlich im Auge behalten. Dazu empfiehlt es sich zunächst den eigenen Bedarf in Warengruppen zu gliedern und diese falls möglich einzelnen Kundengruppen zuzuordnen. So gewinnen Einkäufer einen besseren Überblick darüber, welche Teile und Materialien überhaupt für eine Beschaffung aus mehreren Quellen geeignet sind.

Im nächsten Schritt sollten sie sich einen Überblick über sämtliche Lieferanten verschaffen, die als Partner in Frage kommen. Auf die Longlist sollten auch alle relevanten Informationen zu den von diesen Zulieferern genutzten Fertigungstechnologien, ihren Produktionsstandorten, Preisen sowie dem bei einer Belieferung durch sie entstehenden Logistikaufwand.

Einkaufsvolumina überlegt verteilen

Mit diesen Informationen lassen sich in Frage kommende Partner danach einteilen, welche eigenen Fertigungsstandorte sie beliefern sollen, ob sie den Grundbedarf, oder Spitzen abdecken sollen, und welcher Anteil des Einkaufsvolumens an sie vergeben werden soll.

Für die Erfinder des Multisourcing in der Automobilindustrie galt lange Zeit die Regel, den Auftrag so groß zu gestalten, dass ein Verlust die Existenz des Lieferanten bedroht, gleichzeitig aber nicht mehr als ein Drittel des eigenen Bedarfs bei ihm einzukaufen und nicht mehr als 50 Prozent der Fertigungskapazitäten des Zulieferers zu beanspruchen. So können Einkäufer in Verhandlungen Druck erzeugen und gleichzeitig ihr Risiko streuen. Auf diesem Weg erreichen sie sicher ein gutes Ergebnis.

Sie möchten gerne weiterlesen?