Rohstoff Platin in Form von Barren

Platin zählt zu den Edelmetallen, obwohl es streng genommen keins ist. (Bild: alexlmx - stock.adobe.com)

Der 19. September 2015 war für mehr als 6.000 Bergleute in südafrikanischen Platin-Minen ein Schicksalstag. An jenem Tag kam heraus, dass die Vorstände des deutschen Volkswagenkonzerns jahrelang die Käufer ihrer Diesel-Pkw betrogen hatten. In den ersten sechs Monaten des Skandals stürzte der Preis für eine Unze des Rohstoffs, den die Kumpel abbauen, um fast 400 Euro auf einen Tiefststand von nur noch etwas mehr als 750 Euro.

Diesen hat die Notierung für das Edelmetall inzwischen zwar überwunden. Dennoch bleibt der Preis für das Edelmetall sehr volatil. Im Zuge des Ukraine-Kriegs fiel er erneut stark ab, auf bis zu 875 US-Dollar pro Feinunze.

Zusammen mit der südafrikanischen Impala Platinum Holdings Ltd. bauen Anglo American und Sibanye-Sillwater (inklusive Lonmin) fast zwei Drittel der rund 180 Tonnen Platin ab, die Rohstoffkonzerne jedes Jahr weltweit fördern. Weitere 11,2 Prozent steuert auf Rang vier die russische Norilsk Nickel Mining & Metallurgical Company bei, gefolgt von der südafrikanischen Northam Platinum Ltd. Mit 3,2 Prozent. Damit stammen mehr als drei Viertel des globalen Platinangebots von nur fünf Anbietern.

Rohstoff Platin reinigt in Katalysatoren die Abgase von Dieselmotoren

Sie alle haben den Großteil ihrer Fördermengen bislang an die Automobilindustrie verkauft. Diese verarbeitet 36 Prozent des Angebots am Rohstoff Platin zu Katalysatoren für Dieselmotoren. Da Platin erst bei 3.827 Grad Celsius schmilzt, sehr korrosionsbeständig und widerstandsfähig gegen Schwefel, Phosphor und Blei ist und eine hohe katalytische Aktivität besitzt, eignet es sich wie andere Elemente der Platinmetallgruppe hervorragend zur Abgasreinigung. Ersetzen könnten es Automobilbauer allenfalls durch Palladium. Davon bräuchten sie jedoch bis zu 20 Gramm, um das gleiche Reinigungsergebnis zu erzielen wie mit sechs Gramm Platin.

Da in Europa bis zum Beginn des Dieselskandals jedes zweite neuzugelassene Fahrzeug von einem Selbstzündungsmotor angetrieben wurde und Automobilkonzerne lange gehofft hatten, die Antriebstechnologie auch in Asien und Nordeuropa durchsetzen zu können, war die europäische Automobilindustrie bislang der wichtigste Kunde für die Betreiber von Platin-Minen. Allerdings ging der Marktanteil für Diesel-Pkw einer Studie der niederländischen ABN-Amro-Bank zufolge in Europa 2016 um acht Prozent zurück. In Frankreich sank er sogar von über 70 Prozent vor dem Dieselskandal auf heute unter 30 Prozent.

Fast 100 Prozent der globalen Platin-Reserven lagern in Südafrika

Schlechte Zeiten also für die Rohstoffkonzerne, die im südlichen Afrika und Russland Platin abbauen. Hier lagern Angaben der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) zufolge 97 Prozent der globalen Reserven in Höhe von 86.110 Tonnen. Gut 95 Prozent davon finden sich in der größten Lagerstätte von Platinerzen, dem Bushveld-Komplex in Südafrika. Dieser erstreckt sich im Nordosten des Landes über 450 Kilometer in Ost-West- und 350 Kilometer in nord-südlicher Richtung. Kein Wunder, dass auch gut 73 Prozent der globalen Jahresförderung an Platin aus dem Land am Kap stammen.

Weitere 13 Prozent steuert Russland bei, gut sechs Prozent Südafrikas Nachbar Simbabwe. Knapp vier Prozent des Angebots stammten aus Kanada. Während die Staaten im südlichen Afrika das Edelmetall direkt abbauen, gewinnen es Norilsk Nickel im nördlichen Ural sowie die kanadischen Anbieter gemeinsam mit Rhodium als Beiprodukt der Nickel– und Kupfer-Förderung.

Automobilindustrie und Schmuckhersteller lieben Platin

Neben der Automobilindustrie schätzen vor allem Juweliere, Unternehmen der chemischen,  petrochemischen und elektrotechnischen Industrie, Medizintechniker und die Finanzwelt die Eigenschaften des grau-weißen, stark glänzenden Metalls. Platin, dessen Name von der Verkleinerungsform „Platina“ für das spanische Wort für Silber, „Plata“, herkommt, lässt sich gut schweißen, schmieden und dehnen.

Zugleich leitet das Edelmetall, das die spanischen Konquistadoren aus Unkenntnis für die unbedeutende kleine Schwester von Silber hielten, sehr gut Wärme und Strom, ist extrem selten und damit wertvoll und mit einer Dichte von 21,45 Gramm pro Kubikzentimeter eines der dichtesten Metalle.

Juweliere, die mit gut 34 Prozent fast so viel des verfügbaren Angebots abnehmen wie die Automobilindustrie, schätzen dabei vor allem die Werthaltigkeit und den weißen Glanz von Platin, der es zur begehrten Alternative zu Weißgold macht.

Platin als Rohstoff für Katalysatoren in der (petro-)chemischen Industrie

Die chemische und petrochemische Industrie, die zusammen gut acht Prozent des angebotenen Platins verarbeiten, stellen damit vor allem Katalysatoren für die Abgasreinigung, Hydrierungs-, Dehydrierungs- und Oxidationsprozesse bei der Erdölverarbeitung sowie Platin-Rhenium-Kontaktnetzwerke her. An diesen oxidieren bei der Salpetersäure und Blausäureproduktion Ammoniak und Methan.

Elektrotechniker produzieren mit 2,5 Prozent der Jahresförderung von Platin Sensoren, Luftmassenmesser und Thermometer für extreme Temperaturbereiche zwischen minus 200 und plus 800 Grad Celsius her. Eine ähnlich große Menge des Edelmetalls verarbeiten Unternehmen aus der Medizintechnik zu Implantaten, Legierungen für Zahnkronen, Kathetern und Stents, aber auch zu Elektroden für Diagnosegeräte, Herzschrittmacher und Hörprothesen.

Dabei schätzen sie die mechanischen Eigenschaften von Platin ebenso wie seine Widerstandsfähigkeit gegen Korrosion und hohe Verträglichkeit für den Körper. Glasproduzenten verbrauchen schließlich etwa 1,5 Prozent des verfügbaren Platins, um damit die Oberflächen von Öfen, Leitungen, Rührern und Düsen zu beschichten, die den hohen Temperaturen geschmolzenen Glases standhalten. Vor allem bei der Herstellung von Düsen, mit denen sich Glasfasern extrudieren lassen, kommt das Edelmetall zum Einsatz. Außerdem produziert die Glasindustrie mit Platin optische Gläser und Gläser für LCD-Bildschirme.

Gute Substituierbarkeit und Recycling entlasten den Platin-Markt

In vielen dieser Anwendungen kann der Rohstoff Platin dabei durch andere Elemente der Platinmetallgruppe, also Palladium, Rhodium, Iridium, Ruthenium und Osmium, ersetzt werden. Allerdings ist dies wie bei einem Austausch von Platin durch Palladium in Dieselkatalysatoren teurer oder führt wie bei der Herstellung von Hochleistungsgläsern zu schlechteren Produkten. Da hier der Einsatz von beispielsweise Rhodium einen Farbstich erzeugt.

Dennoch ist die Versorgung mit Platin abgesehen von der hohen Länder- und Anbieterkonzentration nicht kritisch, da sich große Mengen des Edelmetalls wiederverwerten lassen. Insgesamt wurden nach Angaben des weltweit führenden Herstellers von Katalysatoren zur Abgasreinigung, Johnson Matthey 2014 fast zwei Drittel des in Katalysatoren verarbeiteten Platins und 38,9 Prozent des Schmucks aus dem Edelmetall recycelt.

Einkauf Platin
Beschreibung
  • chemisches Element ‚Pt‘ mit der Ordnungszahl 78
  • Platin ist ein weiß-graues, stark glänzendes Edelmetall
  • Platin ist extem korrosionsbeständig, widerstandsfähig gegen Schwefel, Phosphor und Blei ist und hat eine hohe katalytische Aktivität
  • Zugleich lässt sich Platin gut schmieden, schweißen und dehnen und zeichnet sich durch eine sehr gute elektrische und thermische Leifähigkeit aus
  • Platin schmilzt erst bei 3.827 Grad Celsius und ist mit 21,45 Gramm pro Kubikzentimeter eines der dichtesten Metalle
Verwendung (einzelne Anteile unbekannt)
  • Dieselkatalysatoren
  • Schmuck
  • Kapitalanlage
  • Katalysatoren in der chemischen und petrochemischen Industrie
  • Elektrotechnik
  • Medizintechnik
  • Glasindustrie
Größte Förderländer von Platin 2022
  • Südafrika (130.000 Kilo)
  • Simbabwe (15.000 Kilo)
  • Russland (19.000 Kilo)
Größte platinfördernde Unternehmen
  • Anglo American
  • Impala Platinum Holding
  • Sibanye-Stillwater & Lonmin
Vorhandene Reserven Platingruppenmetalle 2022 70.000 Tonnen
Vorhandene Ressourcen Platingruppenmetalle 2022 100.000 Tonnen
Globaler Abbau von Platin
im Jahr 2021
180 Tonnen
Statische Reichweite der
vorhandenen Reserven
500 Jahre
Statische Reichweite der
vorhandenen Ressourcen
k.A.
Recyclingquote 35 Prozent vor allem aus Dieselkatalysatoren und Schmuck
Substituierbarkeit Grundsätzlich können die Elemente der Platinmetallgruppe in vielen Anwendungen untereinander ausgetauscht werden. Allerdings führt dies zu Leistungseinbußen bei den Endprodukten.

Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, US Geological Survey

*Reserven = aktuell bekannte, mit der vorhandenen Technologie rentabel ausbeutbare Vorkommen
**Ressourcen = aktuell bekannte, aber noch nicht rentabel ausbeutbare Vorkommen

Kritische Rohstoffe: Der große Überblick

Salzsee Salar de Uyuni -
Salar de Uyuni (Bild: Gerd Mischler)

Sie wollen alles zum Thema kritische Rohstoffe wissen? In unserem großen Überblick erfahren Sie, welche es gibt, warum sie kritisch sind und welche Industriebranchen sie einsetzen - und bei einem Mangel am stärksten betroffen sind. Plus: Rohstoff-Steckbriefe und ein aktueller Rohstoff-Ticker.

Hier kommen Sie zum großen Überblick "Kritische Rohstoffe"

Immer informiert mit den Newsletter von TECHNIK+EINKAUF

Hat Ihnen gefallen, was Sie gerade gelesen haben? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Zwei Mal pro Woche halten wir Sie auf dem Laufenden über Neuigkeiten, Trends und Wissen rund um den technischen Einkauf - kostenlos!

Newsletter hier bestellen!

Sie möchten gerne weiterlesen?