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(Bild: Alexander/AdobeStock)

5G ist die eierlegende Wollmilchsau des Mobilfunks. Die neue Übertragungstechnologie kann einfach alles: Mit ihr lassen sich bis zu zehn Gigabyte (GB) pro Sekunde übertragen.

Der heutige Mobilfunkstandard, LTE, schafft gerademal 0,1 GB. Die Übertragungsrate in 5G-Netzen verdoppelt sich sogar nochmals, sobald die Bundesnetzagentur das 26-Gigaherz-Band freigibt.

5G überträgt Daten fast in Echtzeit

Doch schon jetzt sind mit 5G Latenzzeiten von deutlich unter zehn Millisekunden möglich. Das Netz der Zukunft übermittelt Daten somit fast in Echtzeit. Zugleich transportiert es erheblich größere Mengen an Informationen als der Vorgänger.

Seine Kapazität ist bis zu tausend Mal größer als die des LTE-Netzes. Somit können über 5G mehr Nutzer jeweils größere Datenmengen austauschen.

Another Slice?

Netzbetreiber können im Netz der Zukunft zudem Bandbreiten splitten. Dadurch entstehen sogenannte „Slices“. Mit ihnen lassen sich im selben Frequenzbereich unterschiedliche „Teilnetze“ betreiben und mit genau den Eigenschaften ausstatten, die bestimmte Anwendungen erfordern.

Nicht zuletzt laufen 5G-Netze äußerst stabil und zeichnen sich durch eine extrem hohe Verfügbarkeit aus.

Grundlage für die Fabrik der Zukunft

„5G hat dadurch für die Industrie eine überragende Bedeutung. Es kann der Ausgangspunkt für eine vollkommen neue Fabrikwelt sein, in der Maschinen und Geräte mit dem Internet verbunden sind und in Echtzeit kommunizieren“, erklärte der Präsident des Zentralverbands der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie, Michael Ziesemer, zum Auftakt der Hannover Messe 2019.

In Verbindung mit Künstlicher Intelligenz erlaubt der Mobilfunkstandard den Betrieb von Fabriken, in denen sich Roboter und Menschen frei durch den Raum bewegen und immer genau dort arbeiten, wo sie gerade gebraucht werden. „Denn mit extrem niedrigen Latenzzeiten bei gleichzeitig sehr hoher Verfügbarkeit kann der per 5G angebundene Roboter auf den Menschen in Echtzeit reagieren“, erklärt Jan-Peter Kahlen-Meyer, Leiter des Entwicklungszentrums von Ericsson in Aachen.

Mobilfunkinfrastruktur für das Internet der Dinge

Weil Maschinen mit 5G nicht mehr verkabelt werden müssen, bleibt zudem mehr Platz für Sensoren. Die von ihnen gesendeten Daten werten KI-Systeme aus. So können sie Maschinen den Input zurückgeben, den diese brauchen, um Prozesse schneller, ressourcenschonender und in besserer Qualität auszuführen.

Da 5G dieses Zusammenspiel zuverlässig und fast in Echtzeit ermöglicht, ist die Technologie das Adersystem, das Industrie 4.0 erst wirklich möglich macht.

5G macht Lieferketten in Echtzeit transparent

Ebenso unverzichtbar ist der Mobilfunkstandard für die Kommunikation autonomer Fahrzeuge untereinander und mit der sie umgebenden Infrastruktur – egal, ob auf öffentlichen Straßen oder im Werksverkehr.

Einkäufer und ihre Partner können mit 5G Lieferungen in Echtzeit verfolgen, Wareneingänge sofort quittieren und im Fall eines während des Transports eintretenden Schadens, Ersatz bestellen, noch bevor die schadhafte Lieferung das Werk erreicht.

Netzbetreiber ziehen Endkunden vor

Kein Wunder, dass laut einer Studie von Gartner zwei von drei Unternehmen 5G schon 2020 nutzen wollen. Allerdings, so die Analysten, befriedigen die 5G-Netze, mit deren Aufbau Mobilfunker gerade beginnen, die Bedürfnisse von Unternehmen so schnell noch nicht zur Gänze.

Um ihre Ausgaben für eine 5G-Lizenz schnell wieder hereinzuholen, konzentrieren sich die Netzbetreiber zunächst auf Dienstleistungen für Endkunden, erwartet Gartner. „Kurz- bis mittelfristig können sich Unternehmen, die 5G nutzen wollen, daher nicht vollständig auf öffentliche Mobilfunknetze verlassen“, warnt Sylvain Fabre, Senior Research Director bei Gartner.

Konzerne installieren eigene 5G-Netze

Konzerne wie ABB, BASF, Bosch, Sennheiser, Siemens oder Daimler haben das erkannt. Sie wollen eigene 5G-Netze auf ihren Werksgeländen installieren.

Audi baut in seinem Entwicklungszentrum in Gaimersheim mit Ericsson derzeit eine werkseigene Funkzelle auf. Der Hamburger Hafen und Bosch setzen betriebsinterne 5G-Netze mit Technik von Nokia auf.

Antragsverfahren für werkseigene Frequenzen startet im Herbst

Für lokal begrenzte, private Netze stellt die Bundesnetzagentur ein Viertel der in Deutschland verfügbaren Frequenzen zur Verfügung.

„Die Frequenzen werden nicht versteigert sondern interessierten Parteien auf Antrag zugeteilt. Die Antragsberechtigung kann sich aus dem Eigentum an dem Grundstück sowie aus einem sonstigen Nutzungsrecht wie Miete, Pacht oder Beauftragung ergeben. Das Antragsverfahren soll in der zweiten Jahreshälfte 2019 beginnen“, erklärt die Agentur dazu.

Wie hoch die bei dem Verfahren anfallenden Gebühren und der eventuell für die Nutzung einer Frequenz zu leistende Beitrag sein werden, steht noch nicht fest.

Firmennetze bieten mehr Sicherheit

Auch wenn es mittelständische Betriebe überfordert, selbst 5G-Infrastruktur aufzubauen und zu betreiben, sollten sie sich dennoch mit dieser Möglichkeit beschäftigen. Denn in einem Firmennetz kommunizieren ihre Produktionsanlagen in Echtzeit und sind zugleich vor Angriffen aus dem öffentlichen Netz geschützt. Und das ist eine zunehmend ernstere Gefahr.

Denn anders als andere Staaten konnte sich die Bundesregierung nicht dazu durchringen, Anbieter von 5G-Technik wie Huawei und ZTE per Gesetz vom Aufbau des deutschen Netzes auszuschließen. Die Gesetze der Volksrepublik verpflichten chinesische Unternehmen jedoch, der Regierung zuzuarbeiten, wenn diese das verlangt.

Deshalb besteht die Gefahr, dass über 5G-Technik von Huawei Daten aus dem deutschen Netz nach Peking abfließen. „Unternehmen, die eigene 5G-Netze aufbauen, haben dagegen die Möglichkeit, komplett auf Komponenten von Huawei zu verzichten und ihre Infrastruktur mit absolut sicheren und kontrollierbaren Schnittstellen vor Eindringlingen zu schützen“, erklärt Dr. Christian Rusche, Industrie- und Wettbewerbsökonom am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln.

5G bringt neue Beschaffungsprojekte

Bei der Suche nach Möglichkeiten zum Aufbau werkseigener 5G-Funkzellen, ist die Fähigkeit des Einkaufs gefragt, sich in unübersichtlichen Märkten Durchblick zu verschaffen. Denn es wird eine Vielzahl von Betreibermodellen geben. So haben Netzbetreiber angekündigt, Werksnetze für Unternehmen aufzubauen und zu betreiben.

In diesen Markt wollen auch Maschinenbauer einsteigen, die 5G-fähige Anlagen anbieten. Gemeinsam mit den Produzenten der Netzwerktechnik, die sie einsetzen, planen sie Kunden den Betrieb von firmeninternen 5G-Netzen als Dienstleistung anzubieten.

Einkauf muss IT-Infrastruktur für 5G aufbauen

Auch sonst kommen auf Einkäufer durch 5G zahlreiche neue Beschaffungsprojekte zu. Denn die über das neue Netz übertragenen Daten wollen auch verarbeitet werden. Dafür braucht es eigene Algorithmen, neue Verschlüsselungstechnologien wie beispielsweise Blockchain dezentrale Server auf dem Werksgelände sowie unternehmensinterne Clouds.

Nur wenn Unternehmen ihre über 5G übertragenen Daten auch in leistungsfähigen Systemen weiterverarbeiten, können sie jedoch sicher sein, dass sie die Vorteile nicht wieder verlieren, die ihnen das superschnelle Wunderkind der Lüfte bietet.

Autor: Gerd Meyring

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