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Thule Air Base in Pittufik, Grönland. (Bild: Defenseimagery.mil, VIRIN DF-ST-90-10597 / Wikimedia)

"Grönland ist ein wunderbarer Ort. Wir brauchen es für die internationale Sicherheit, und ich bin sicher, dass Dänemark mitmachen wird.“ Das sind die Worte Donald Trumps kurz nach seiner zweiten Amtseinführung im Weißen Haus am 20. Januar 2025. Und Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Fredriksen muss sich eingestehen: Der 47. US-Präsident meint es Ernst, wenn er davon spricht, die Kontrolle über die größte Insel der Welt haben zu wollen.

Warum will Trump Grönland haben?

Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Trump davon gesprochen, Grönland kaufen zu wollen. Damit rückt Grönland erneut in den Fokus der geopolitischen Interessen der USA. Der US-Präsident hat sein Interesse an einem möglichen Kauf der Insel bekräftigt.

Doch was macht Grönland so bedeutend für die Vereinigten Staaten? "Aus Gründen der nationalen Sicherheit und der Freiheit in der Welt sind die Vereinigten Staaten von Amerika der Ansicht, dass der Besitz und die Kontrolle von Grönland eine absolute Notwendigkeit ist", erklärte Trump im Dezember, und legte Anfang Januar direkt noch einmal nach: "Die Leute wissen wirklich nicht, ob Dänemark ein rechtliches Anrecht darauf hat, aber wenn sie es haben, sollten sie es aufgeben, weil wir es für die nationale Sicherheit brauchen.“ Um sein Ziel zu erreichen, schockierte Trump mit der Aussage, dass er auch den Einsatz militärischer oder wirtschaftlicher Zwangsmaßnahmen nicht ausschließe.

Die Antwort der Frage nach dem Warum liegt dabei in einer Mischung aus geo-strategischer und damit militärischer Bedeutung sowie den Bodenschätzen.

Grönlands geopolitische und militärische Schlüsselrolle

Grönland ist flächenmäßig die größte Insel der Welt. Mit ihren rund 57.000 Einwohnern, gehört sie seit mehr als 600 Jahren politisch zu Dänemark, das europäische Land unterstützt Grönland in Außen- und Sicherheitsfragen, ist seit den 1980er-Jahren aber weitgehend autonom. Ihre Lage im Nordatlantik – in der Arktis und nahe an Russland – macht sie zu einem geopolitischen Schwergewicht. Bereits während des Kalten Krieges bot der damalige Präsident Harry Truman 100 Millionen US-Dollar in Gold für die Insel.

Die USA betreiben im Süden Grönlands die Pituffik Space Base, auch Thule Air Base genannt. Das ist ein Luftwaffenstützpunkt inklusive Frühwarnsysteme zur Erkennung von ballistischen Raketenstarts, etwa aus Russland.

Rohstoffe: Grönland ist die Schatzkammer der Arktis

Für Trump, den „Deal-Maker“ ist ein weiterer Grund mindestens ebenso wichtig: Grönland beherbergt große Rohstoffvorkommen. Das Center for Minerals and Materials (MiMa) der Geological Survey of Denmark and Greenland (GEUS) hat im Jahr 2023 einen Bericht über das Rohstoffpotenzial Grönlands veröffentlicht.

Laut dieser Studie befinden sich unter dem Eispanzer der Insel erhebliche Rohstoffreserven. Das MiMa bewertet in seiner Studie insgesamt 38 Rohstoffe, von denen die überwiegende Mehrheit ein „mittleres bis hohes Rohstoffpotenzial“ in Grönland aufweist. 25 der 34 kritischen Rohstoffe der EU sind auf Grönland zu finden. „Der Bericht zeigt, dass Grönland über ein großes ungenutztes Potenzial an kritischen Rohstoffen verfügt - darunter Seltenerdmetalle, Graphit, Niob, Platingruppenmetalle, Molybdän, Tantal und Titan, die alle bereits jetzt oder in Zukunft für den grünen Übergang wichtig sind“, sagt Jakob Kløve Keiding, Leiter des MiMa und Mitautor der Studie. Daneben seien auch nicht-mineralische Vorkommen wie Erdgas, Erdöl, Diamanten und Uran vorhanden.

Grönland weise eine lange und vielseitige geologische Entwicklung auf, die mit Ländern wie Kanada und Australien vergleichbar sei, in denen es einen umfangreichen Bergbau gibt. „Aber im Gegensatz zu diesen Ländern ist der Bergbau in Grönland nur an wenigen Stellen konzentriert und in bescheidenem Umfang betrieben worden“, so Keiding. Allerdings würden die Vorkommen durch den Klimawandel immer leichter zugänglich.

Auch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hat das Rohstoffpotenzial Grönlands erforscht. Bereits 2010 veröffentlichte die entsprechende Studie. Danach besitzt Grönland mit Kringlerne das derzeit größte Vorkommen an Schweren Seltenen Erden und mit Kvanefjeld das drittgrößte Seltene-Erden-Vorkommen der Welt. „Die gesamten grönländischen Vorräte an Seltenen Erden reichen aus, um den gegenwärtigen Weltbedarf für 150 Jahre zu decken“, sagt Dr. Harald Elsner, Wirtschaftsgeologe und Seltene-Erden-Experte der BGR.

Metalle, Industrieminerale und Steine in Grönland

Die BGR-Studie unterscheidet die vorhandenen Rohstoffe nach Metallen, Industriemineralen und Steinen.

An Metallen sind vorhanden: Gold, Platingruppenmetalle (PGM), Eisen, Blei, Zink und Silber sowie Kupfer, Molybdän, Wolfram und Beryllium, Zinn, Wismut, Niob und Tantal, Seltene Erden, Chrom, Nickel und Uran. Zu den vorhandenen Industriemineralien zählen Kryolith, Fluorit, Baryt, Coelestin, Graphit, Olivin, Phlogopit, Schwerminerale und Zirkon. An Steinen haben die BGR-Experten Vorkommen von Marmor, Diamanten und farbige Schmucksteine identifiziert.

Laut BGR verfügt Grönland über ein – auch im Weltmaßstab – sehr großes Rohstoffpotenzial. Sie stuft drei Vorkommen als „Giant“ oder sogar „Supergiant“ ein. Bei einer weiteren Klimaerwärmung, verbunden mit einer Freilegung zusätzlicher, bis dato unbekannter Rohstoffvorkommen, könnte Grönland langfristig zu einem sehr wichtigen Rohstofflieferanten, der Bedeutung nach ähnlich Australien, Kanada, Südafrika oder Russland, aufsteigen.

Wo gibt es Bergbau in Grönland?

Der Bergbau Grönlands ruht seit 2010 weitgehend. 1990 schloss der bisher letzte Abbau auf Blei, Zink und Silber, 2008 der letzte und bisher einzige auf Gold und 2010 ein hoffnungsvoll gestarteter Großtagebau auf Olivin für die Feuerfestindustrie.

Der Grund: Zwar ist das Rohstoffpotenzial riesig halten sich viele Unternehmen aufgrund der logistischen Herausforderungen und klimatischen Bedingungen zurück. „So befinden sich alle Vorkommen fernab jeder Infrastruktur und es gibt Vorkommen zwischen Gletschern oder noch teils unter Inlandeis. Das führt automatisch zu hohen Explorations-, Erschließungs- und Abbaukosten“, verdeutlicht Elsner, Autor der Studie. Hinzu kommen fehlendes Fachpersonal, hohe Energiekosten (arktischer Diesel) sowie ökologische Risiken. Beispielsweise ist das Seltene-Erden-Erz in Kvanefjeld, im Süden der Insel, stark radioaktiv. Die BGR rechnete bereits 2010 aufgrund der fehlenden Infrastruktur mit Erschließungskosten von bis zu 2,3 Milliarden US-Dollar – eine Summe, die mittlerweile sehr viel höher liegen dürfte.

Anders sieht es beim Vorkommen TANBREEZ (nach den enthaltenen Rohstoffen TAntal, NioB, Rare Earth Elements und Zirconium) aus. Es liegt näher an der Küste und ist kaum radioaktiv. Das australische Unternehmen Critical Metals Corp hat sich einen Anteil an der Lagerstätte gesichert. Wann der Abbau startet, steht noch nicht fest.

Denn die Förderung der Bodenschätze stößt häufig auf Hindernisse: Bürokratische Hürden, der Widerstand der indigenen Bevölkerung und Umweltauflagen. Das bremst die Entwicklung des Bergbausektors, auch wenn Minengesellschaften Abbaugenehmigungen für bestimmte Gebiete Grönlands erhalten haben. Der Abbau von Uran sowie die Förderung der Öl- und Gasvorkommen sind aus Umweltschutzgründen verboten.

Seltene Erden aus „Heimatproduktion“?

China dominiert die Produktion von Seltenen Erden und beginnt zudem ihren Export einzuschränken. Der Handelsstreit lässt die USA in Sachen Seltene Erden also bei einer weiteren Eskalation, wie Trump sie plant oder in Kauf nimmt, blank dastehen. Würde sich die USA also Grönland aneignen oder – wie mit Palau oder den Marshall Inseln – als frei assoziiertes Land zusammenarbeiten, wäre das auf dem Rohstoffsektor ein großer strategischer Vorteil für die Vereinigten Staaten.

Portrait Dörte Neitzel Redakteurin Technik+Einkauf
(Bild: mi connect)

Die Autorin: Dörte Neitzel

Dörte Neitzel ist Wissens- und Infografik-Junkie vom Dienst. Dinge und Zusammenhänge zu erklären ist ihr Ding, daher beschreibt sie sich selbst auch gern als Erklärbärin mit Hang zur Wirtschaft – was einem lange zurückliegenden VWL-Studium geschuldet ist. Nach einigen Stationen im Fachjournalismus lebt sie dieses Faible bevorzugt auf der Webseite der TECHNIK+EINKAUF aus und taucht besonders gern ab in die Themen Rohstoffe und erneuerbare Energien.

Privat ist Südfrankreich für sie zur zweiten Heimat geworden, alternativ ist sie in der heimischen Werkstatt beim Schleifen, Ölen und Malern alter Möbel zu finden oder in südbayerischen Berg-und-See-Gefilden mit Hund im Gepäck unterwegs.

Grönlands Zukunft als US-Staat?

Im Frühjahr 2025 wird in Grönland ein neues Parlament gewählt, wobei die Unabhängigkeit von Dänemark ein zentrales Wahlkampfthema sein wird. Ein Referendum könnte diese sehr schnell Wirklichkeit werden lassen. Seit 2009 hat das Land die Möglichkeit dazu.

Aber auch ohne Unabhängigkeit könnte Grönland eine engere Anbindung an die USA bekommen. Der dänische Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen gab bereits zu, dass Dänemark das riesige Gebiet nicht allein überwachen könne. „Es gibt keine konkreten Pläne, aber wir werden mit den USA zusammenarbeiten“, so der Politiker. Inzwischen habe Dänemark Donald Trump sogar die Bereitschaft signalisiert, über militärische und wirtschaftliche Vereinbarungen im Zusammenhang mit Grönland zu sprechen, zitiert die Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires. Es gehe dabei „nicht um einen Deal zum Kauf Grönlands“, zitiert die Nachrichtenagentur einen hochrangigen dänischen Beamten. „Aber wenn Sie irgendwelche Wünsche oder Bitten an uns haben, mehr zu tun, lassen Sie uns zusammensetzen und darüber reden.“

Und was sagen die Einwohner Grönlands? Deren Regierungschef drückt sich unmissverständlich aus: „Wir wollen keine Dänen sein. Wir wollen keine Amerikaner sein. Wir wollen selbstverständlich Grönländer sein“, so Múte B. Egede. „Wir sind nicht zu verkaufen und werden niemals zu verkaufen sein. Wir dürfen unseren langen Kampf um Freiheit nicht verlieren.“ Daher werde nur das grönländische Volk über Grönlands Zukunft entscheiden. Das sei „natürlich der Ausgangspunkt aller Zusammenarbeit, die wir haben“, betont Egede.

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