Tunnelbohrmaschinen (TBM, auf englisch tunnel boring machines) sind technische Meisterwerke und in der Beschaffung klassische A-Teile. Sie spielen eine entscheidende Rolle beim Bau von Untergrundinfrastrukturen und werden oft als „Maulwürfe“ bezeichnet. Sie ermöglichen den Bau von Tunneln in dicht besiedelten städtischen Gebieten und herausfordernden geologischen Bedingungen, wo herkömmliche Methoden nicht ausreichen würden. Die TBM bohren sich durch Fels und Erde, während sie gleichzeitig die Tunnelwandung errichten, was die Sicherheit und Effizienz der Bauprojekte erheblich steigert.
Der Einsatz von TBMs hat weltweit große Projekte ermöglicht, darunter der Gotthard-Basistunnel in der Schweiz, der längste Eisenbahntunnel der Welt, und das ehrgeizige Crossrail-Projekt in London, das das Verkehrsnetz der Stadt revolutioniert. Auch in Doha wurden TBM für den Bau eines modernen U-Bahn-Systems eingesetzt, das den öffentlichen Nahverkehr verbessert. Die Maschinen sind äußerst vielseitig, da sie in verschiedenen geologischen Bedingungen und für unterschiedliche Tunnelarten, von Verkehrswegen bis hin zu Versorgungstunneln, eingesetzt werden können. Sie werden allerdings passgenau für die jeweilige Projekt angefertigt.
Wie viel kostet ein Tunnelbohrer?
Die Kosten für eine Tunnelbohrmaschine (TBM) können je nach Größe, Spezifikationen und Einsatzbedingungen erheblich variieren. Im Allgemeinen liegt der Preis für eine große Tunnelbohrmaschine zwischen 10 und 50 Millionen Euro. Beispielsweise hat die TBM „Bertha“, die für das Alaskan Way Viaduct Replacement Tunnel-Projekt in Seattle eingesetzt wurde, etwa 80 Millionen US-Dollar (ca. 70 Millionen Euro) gekostet.
Die Kosten setzen sich aus verschiedenen Faktoren zusammen, darunter:
- Größe und Durchmesser: Größere Maschinen mit größerem Durchmesser kosten mehr.
- Leistung und Technologie: High-Tech-Features und leistungsstarke Motoren erhöhen den Preis. Maschinen wie die von Herrenknecht für große Infrastrukturprojekte sind entsprechend teurer.
- Einsatzort und Einsatzbedingungen: Spezielle Anforderungen an den Baugrund oder die Projektumgebung können die Kosten weiter erhöhen.
- Betriebs- und Wartungskosten: Zusätzlich zu den Anschaffungskosten fallen erhebliche Betriebs- und Wartungskosten an.
Diese Maschinen sind zentrale Investitionen für große Infrastrukturprojekte wie U-Bahnen, Straßentunnel und Kanalisationen, die einen effizienten und präzisen Tunnelbau ermöglichen. Einige Maschinen werden danach für weitere Projekte wiederverwertet.
Wie viele Meter schafft eine Tunnelbohrmaschine pro Tag?
Eine Tunnelbohrmaschine (TBM) kann je nach Geologie und spezifischen Projektanforderungen unterschiedlich viele Meter pro Tag schaffen. Typischerweise liegt die Vortriebsgeschwindigkeit einer TBM zwischen 10 und 20 Metern pro Tag.
Für einige Projekte, wie beispielsweise den Brennerbasistunnel oder den Gotthard-Basistunnel, können moderne TBMs unter idealen Bedingungen sogar bis zu 40 Meter pro Tag erreichen. Allerdings hängt die tatsächliche Leistung von vielen Faktoren ab, darunter die Härte des Gesteins, die Effizienz des Abtransports des Ausbruchmaterials und die eingesetzte Technologie
Wer stellt Tunnelbohrmaschinen her?
Tunnelbohrmaschinen werden von mehreren spezialisierten Unternehmen weltweit hergestellt. Hier sind einige der bekanntesten Hersteller:
Herrenknecht AG: Ein deutscher Hersteller, der weltweit führend im Bau von Tunnelbohrmaschinen ist. Herrenknecht stellt Maschinen für verschiedene Tunnelbauprojekte her, einschließlich Verkehrs- und Versorgungstunneln sowie Tunnel für den Bergbau.
The Robbins Company: Ein amerikanisches Unternehmen, das sich auf den Bau von TBMs spezialisiert hat. Robbins ist bekannt für seine innovativen Technologien und hat zahlreiche Projekte weltweit durchgeführt.
Hitachi Zosen Corporation: Ein japanischer Hersteller, der Tunnelbohrmaschinen für eine Vielzahl von Projekten liefert, einschließlich U-Bahn- und Verkehrstunnelbauprojekte.
China Railway Construction Heavy Industry Co., Ltd. (CRCHI): Ein chinesischer Hersteller, der ebenfalls große TBMs herstellt und an vielen Infrastrukturprojekten weltweit beteiligt ist.
Terratec Ltd: Ein australisch-asiatisches Unternehmen, das auf die Herstellung von TBMs und anderen unterirdischen Baumaschinen spezialisiert ist.
Aker Solutions (ehemals Aker Wirth GmbH): Ein weiterer deutscher Hersteller mit Sitz in Erkelenz
Diese Unternehmen liefern TBMs für eine Vielzahl von Projekten, darunter U-Bahn-Bauten, Straßentunnel und andere unterirdische Bauvorhaben. Manche Hersteller konzentrieren sich auf bestimmte Arten von Tunnelbohrmaschinen oder spezifische Einsatzbereiche. Es ist wichtig zu beachten, dass die Wahl des Herstellers oft von den spezifischen Anforderungen des Projekts, den geologischen Bedingungen und den technischen Spezifikationen abhängt.
Welche Tunnel hat Herrenknecht gebohrt?
Der deutsche Hersteller von Tunnelbohrmaschinen Herrenknecht hat an zahlreichen bedeutenden Tunnelprojekten weltweit mitgewirkt. Einige der prestigeträchtigsten sind:
Brenner Basistunnel: Herrenknecht liefert insgesamt acht Tunnelbohrmaschinen für dieses Rekordprojekt, das mit 64 km die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt werden soll. Eine Doppelschild-Tunnelbohrmaschine mit 10,37 m Durchmesser wurde kürzlich für das Baulos H53 Pfons-Brenner präsentiert.
Grand Paris Express: Für dieses Großprojekt zur Erweiterung des Pariser Metronetzes liefert Herrenknecht 22 Tunnelbohrmaschinen.
Sydney Metro: Herrenknecht stellt 15 Maschinen für den Ausbau der U-Bahn in Sydney bereit.
Wiener U-Bahn: Für die Verlängerung der U-Bahnlinie 2 in Wien lieferte Herrenknecht eine EPB-Schild-Maschine (Earth Pressure Balance Shield) mit 6,84 m Durchmesser. Diese wird 2,1 km Tunnel unter der Innenstadt bohren.
Bahnstrecke Lyon-Turin: Herrenknecht lieferte eine große Tunnelbohrmaschine für dieses milliardenschwere Eisenbahnprojekt zwischen Frankreich und Italien.
Insgesamt haben Tunnelbohrmaschinen von Herrenknecht bereits in über 1.300 Projekten mehr als 3.000 km Tunnel für U-Bahnsysteme weltweit gebohrt. Herrenknecht ist aber auch in den Bereichen Utility Tunnelling (also beispielsweise Abwasserkanäle), Mining (unterirdische Bergwerke) und Exploration (Tiefbohranlagen) unterwegs.
Wie schwer ist eine Tunnelbohrmaschine?
Tunnelbohrmaschinen können extrem schwer sein, wobei das Gewicht je nach Größe und Einsatzbereich stark variiert. So wurde beispielsweise für den Bau der vierten Röhre des Hamburger Elbtunnels die Schildvortriebsmaschine TRUDE eingesetzt, die 2.000 Tonnen wog. 2.400 Tonnen bringt die Tunnelbohrmaschine Lilia auf die Waage, die Herrenknecht für den Brennerbasistunnel geliefert hat.
Die Tunnelbohrmaschinen Great Wall und Jinghua in China wogen sogar 4.500 bzw. 4.300 Tonnen.
Wie viele PS hat eine Tunnelbohrmaschine?
Die Antriebssysteme sind so konzipiert, dass sie hohe Drehmomente übertragen können, geräuscharm arbeiten und robust genug sind, um den harten Bedingungen im Tunnelbau standzuhalten. Große Tunnelbohrmaschinen können mehr als 5.700 PS erreichen. Diese erreichen sie durch eine Kombination aus elektrischem und hydraulischem Antrieb.
Elektromotoren: Wassermantelgekühlte Drehstrom-Asynchronmotoren werden häufig eingesetzt. Diese haben typischerweise eine Leistung von 37 bis 2.500 kW und sind in verschiedenen Polzahlen und Bauformen verfügbar. Der Schneidradantrieb bzw. Bohrkopfantrieb ist das Herzstück der Tunnelbohrmaschine. Er besteht aus mehreren Elektromotoren, die über Planetengetriebe mit dem Schneidrad verbunden sind. Diese Motoren können ein Antriebsmoment von über 3.000.000 Nm erzeugen.
Hydraulische Antriebe: Neben den elektrischen Motoren kommen auch hydraulische Antriebe zum Einsatz, insbesondere für den Vorschub der Maschine und andere Funktionen.
Sowohl die Motoren als auch die Getriebe sind oft mit einer integrierten Wasserkühlung ausgestattet. Dies ist besonders wichtig, da unter Tage die Abwärme der Motoren nur schwer abgeführt werden kann.
Die Autorin: Dörte Neitzel
Dörte Neitzel ist Wissens- und Infografik-Junkie vom Dienst. Dinge und Zusammenhänge zu erklären ist ihr Ding, daher beschreibt sie sich selbst auch gern als Erklärbärin mit Hang zur Wirtschaft – was einem lange zurückliegenden VWL-Studium geschuldet ist. Nach einigen Stationen im Fachjournalismus lebt sie dieses Faible bevorzugt auf der Webseite der TECHNIK+EINKAUF aus und taucht besonders gern ab in die Themen Rohstoffe und erneuerbare Energien.
Privat ist Südfrankreich für sie zur zweiten Heimat geworden, alternativ ist sie in der heimischen Werkstatt beim Schleifen, Ölen und Malern alter Möbel zu finden oder in südbayerischen Berg-und-See-Gefilden mit Hund im Gepäck unterwegs.
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Die größten Tunnelbohrmaschinen der Welt
- S-880
- Shanhe
- Big Bertha
- Great Wall
- Jinghua
- Santa Lucia
- Martina
- TRUDE
- S-534
- S-1012
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Quelle: eigene Recherchen