Druckluft ist ein extrem teurer Energieträger: Von der zur Erzeugung aufgewendeten elektrischen Energie bleiben am Ende weniger als zehn Prozent Nutzenergie übrig. Energiefresser lauern dabei nicht nur im Leitungssystem. Bereits ganz am Anfang werden bei der Verdichtung der Luft knapp 90 % der am Kompressor eingesetzten Energie in Abwärme gewandelt.
Entsprechend machen Anschaffung und Wartung einer Druckluftanlage zusammen in der Regel weniger als ein Viertel ihrer Lebenszykluskosten aus, während – je nach Nutzungsgrad – zwischen 60 und 90 % auf die laufenden Energiekosten entfallen. Davon lassen sich jedoch zwischen fünf und 50 % einsparen und das zum Teil mit wenig Aufwand.
„Schon bei der Auswahl von Druckluft- und Pneumatik-Komponenten und Überprüfung der aktuellen Druckluftversorgung kann man viel dafür tun, weniger Energie zu verbrauchen“, ist Jochen Zwicker vom Leinfeldener Pneumatikspezialisten Mader überzeugt.
„Teilweise lassen sich schon durch einfache Maßnahmen wie Mitarbeitersensibilisierung, Leckageortung und Druckabsenkung Einsparungen erzielen“, stellt auch Thomas Kaczinsky immer wieder fest. Als Projektingenieur für Energieeffizienz bei der Limón GmbH, Kassel, unterstützt Kaczinsky Industrieunternehmen bei der Identifikation, Umsetzung und Bewertung von Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz.
Vermeiden oder optimieren
In Sachen Druckluft rät er seinen Kunden, zuerst an der Verwendung anzusetzen: „Hier geht es hauptsächlich um Vermeidung oder Optimierung, danach sollte die Verteilung betrachtet werden und zum Schluss die Erzeugung.“ Seiner Erfahrung nach bringen folgende Maßnahmen am meisten: Druck absenken, Leckagen suchen und beheben, Wärmerückgewinnung am Kompressor, Mitarbeiter sensibilisieren und – wo möglich – Druckluft durch elektrische Antriebe ersetzen.
Wie lange es dauert, bis sich einzelne Maßnahmen rechnen, ist sehr unterschiedlich. „Organisatorische Regelungen führen oft sofort zu Einsparungen. Bei Investitionen, wie etwa die Anschaffung neuer Kompressoren, liegt die Amortisationszeit bei zirka vier bis fünf Jahren“, so Kaczinsky.
Das Bewusstsein, ein relativ teures und energieintensives Medium zu nutzen, sei zwar noch nicht überall angekommen, doch das ändere sich allmählich: „Es werden immer mehr Maßnahmen ergriffen und umgesetzt“, beobachtet Kaczinsky. Auch solche, die einen längeren Atem erfordern.
Spar-Tipp 1: Druck anpassen
„Wie hoch ist der Systemdruck?“, ist eine Frage, die die Druckluft-Experten von Mader ihren Kunden bei Energieeffizienzanalysen regelmäßig stellen. Ihre Erkenntnis: Systemdrücke von acht bis zehn bar sind nach wie vor weit verbreitet. „Und das obwohl moderne Anlagen und Geräte oft mit sechs bar auskommen würden“, sagt Jochen Zwicker. Ein um ein bar höherer Systemdruck erfordert jedoch bereits sechs Prozent mehr Energie. Also: Druckniveau anpassen!
„Echtes Einsparpotenzial“ sieht Zwicker zudem bei der individuellen Druckregelung. Während der allgemeine Leitungsdruck sich üblicherweise am Bedarf des größten Abnehmers orientiert, kommen manche Arbeitsplätze und Geräte mit weniger Druck aus. Eine individuelle Regelung mit Druckreglern lohnt sich aber auch aus anderen Gründen. „Vielfach schont man damit die angeschlossenen Verbraucher und verlängert deren Lebensdauer“, so Zwicker.
Spar-Tipp 2: Druckluft ersetzen
Es muss nicht immer Druckluft sein. Zwar gibt es zahlreiche Prozesse und Anwendungen, für die Druckluft unverzichtbar ist. Doch Greifer oder Handwerkzeuge wie Schrauber können oft ebenso gut elektrisch betrieben werden. Sind sie häufig im Einsatz, wiegen die – in Einzelfällen um bis zu 90 % – geringeren Betriebskosten den höheren Invest meist in kurzer Zeit wieder auf. Manche Substitutionslösungen rechnen sich sogar sofort, beispielsweise für die Reinigung von Arbeitsplätzen. Hier lässt sich die Druckluftpistole in der Regel problemlos durch einen Handfeger ersetzen.
Spar-Tipp 3: Leckagen bekämpfen
„Wenn es schon zischt und pfeift, ist die Leckage verhältnismäßig groß“, warnt Jochen Zwicker. Bereits Leckagen mit einem Durchmesser von zwei Millimetern verursachen jährliche Energiekosten von 1 700 Euro (Betriebsdruck: 7 bar; Stromkosten: 0,10 €/kWh), haben die Experten bei Mader ausgerechnet. Ob Luft entweicht und wie groß der Druckluftverlust durch Leckagen ist, kann über Druckluftverbrauchsmessungen ermittelt werden. In größeren Produktionen kann die Anschaffung eines Ortungsgeräts sinnvoll sein, welches mittels Ultraschall Leckagen im Druckluftnetz aufzeigt. „Eine regelmäßige Prüfung ist auf jeden Fall notwendig, denn Leckagen treten immer wieder auf“, betont Thomas Kaczinsky von Limón. Er rät zudem, anfällige Technologien wie Schnellkupplungen für Druckluft-Werkzeuge zu vermeiden, möglichst schon bei der Planung eines Druckluftnetzes die Anzahl kritischer Komponenten wie T-Stücke, Krümmer, Bögen, Rohrverbindungen etc. klein zu halten und die Mitarbeiter zu sensibilisieren, damit Lecks unverzüglich gemeldet und beseitigt werden.