Beim Stanzen und beim Feinschneiden entstehen im Komplettschnitt oder mittels Folgeverbundtechnologie Stanz- und Feinschneideteile. Die dazugehörigen Werkzeuge sind hoch komplex und beinhalten viele unterschiedliche Arbeitsschritte, die präzise aufeinander abgestimmt sind. Ehe es jedoch zum Bau der jeweiligen Werkzeuge kommen kann, bedarf es seitens des Herstellers ebenso präziser Überlegungen und Abwägungen.
Würde man hier nicht größtmögliche Sorgfalt walten lassen, könnten die Folgen verheerend sein – im schlimmsten Fall sogar lebensbedrohlich, werden die fertig gestanzten und feingeschnittenen Teile doch unter anderem in Bremssysteme oder medizinische Geräte eingebaut. Was also im Vorfeld des Produktionsprozesses neben aller Material- und Teileplanung erforderlich ist, ist ein intensiver Austausch mit dem Kunden.
Kommunikation über Einkaufsportale nicht immer ideal
Denn genau dieser Austausch, diese Kommunikation ist nicht erwünscht, sie wird regelrecht unterbunden. Der Grund: Man möchte Prozesse – auch und gerade Einkaufsprozesse – neutral gestalten. Angebote sollen objektiv vergleichbar sein, bei der Angebotsabgabe sollen alle Anbieter die gleichen Chancen haben. Hersteller sollen nicht nur deshalb einen Fertigungsauftrag erhalten, weil das womöglich „immer schon so war“.
Diese Überlegungen haben in Teilen sicher ihre Berechtigung, allerdings betrachtet Hans-Rudolf Haefeli, Inhaber und CEO der etampa AG, Schweizer Präzisionshersteller im Bereich Stanzen und Feinschneiden, die Angelegenheit etwas differenzierter: „Wir verstehen den Grundgedanken hinter dieser Neutralität. Aber speziell in der Phase der Auftragsausschreibungen ist der persönliche Kontakt zu den Einkäufern oftmals unerlässlich. Es gibt zu viele Themen, die hinterfragt und abgeglichen werden müssen, um den Kunden optimal beraten und bedienen zu können.“
Ausschreibende Unternehmen brauchen mehr Fachwissen
Damit spricht der CEO vielen Herstellern aus der Seele, denn nicht immer haben die ausschreibenden Unternehmen genügend Fachwissen, um eine Produktionssituation umfassend beurteilen zu können. Mehr noch: Es geschieht immer wieder, dass die schriftlich niedergelegten Anforderungen an die anzubietenden Produkte nicht eindeutig, missverständlich, zum Teil sogar widersprüchlich sind.
Haefeli: „In solchen Fällen brauche ich zwingend ein Gegenüber, dem ich die Problematik erklären kann. Nicht selten sollen wir Stähle anbieten, die sich nicht wie gewünscht biegen lassen, oder deren Materialdicke nicht mit der Applikation zusammenpassen. Und ebenfalls nicht selten haben wir bereits bei der ersten Durchsicht der gestellten Anforderungen eine Idee, wie wir die angefragte Produktion deutlich kostengünstiger, schneller oder nachhaltiger herstellen können, als dies in der Ausschreibung vermerkt ist. Und dann brauche ich einfach einen Gesprächspartner, mit dem ich mich austauschen kann.“ Die Gewinner seien bei dieser Vorgehensweise eindeutig die Kunden, denn durch die Kommunikation mit dem Hersteller stellen sie sicher, dass sie keine Chancen vergeben.
Standardisierte Portale können dies nicht vermitteln – Beratung und Expertise lassen sich schlecht automatisieren. Das Zauberwort heißt also „Kommunikation“ – der lachende Dritte muss dabei immer der Anwender sein.
5 Punkte, wie die Kommunikation mit Portal funktioniert
1. Der Einkauf des ausschreibenden Unternehmens sollte den Lieferanten eine Frist setzen, bis zu deren Ablauf sie mögliche Rückfragen stellen und den Dialog aufnehmen können.
2. Die Hersteller sollten sich die Ausschreibung und die dazugehörige Zeichnung sehr genau anschauen und etwaige Rückfragen sehr präzise formulieren.
3. Der Hersteller sollte begründen, warum er vor Angebotsabgabe eine Rücksprache wünscht und welche Vorteile eine weitere Klärung für das ausschreibende Unternehmen haben könnte.
4. Bei Anerkennung des Rücksprachewunsches muss der Einkäufer bereit sein, die Fachleute seines Unternehmens mit dem Hersteller zusammenzubringen.
5. Die Rückfrage als Chance begreifen: Die Einkäufer sollten eine Rückfrage seitens eines Herstellers nicht als lästig empfinden, sondern eher im Gegenteil als deutliches Zeichen dafür werten, dass der Hersteller a) die Anfrage sehr ernst nimmt und dass er b) dem Anbieter damit Überlegungen und Wege aufzeigen könnte, an die er selbst bislang nicht gedacht hat.
Autor: Ute Zimmermann