Wer heute die Anschaffung eines Flurförderzeugs oder gar einer ganzen Flotte plant, dem bietet sich eine große Vielfalt an unterschiedlichsten Fahrzeugmodellen und Optionen. Dabei gilt, je besser das Gerät für die vorgegebene Materialflussaufgabe passt, desto produktiver wird der Bediener damit arbeiten können.
Der VDMA hat in seiner Reichweitenstudie Maschinenbau aus dem Jahr 2011 ein Fünf-Phasen-Modell für Beschaffungsentscheidungen unter seinen Mitgliedsunternehmen ermittelt. Während sich die Entscheidungsträger in Phase eins eher allgemein informieren, ändert sich dies in Phase zwei, wenn es einen konkreten Beschaffungsbedarf gibt. Dann werden nähere Informationen über Produkte und Anbieter eingeholt. In Phase drei erfolgt die Festlegung, welche Marken in Frage kommen, Phase vier umfasst ein letztes Abwägen und die endgültige Entscheidung. Nach der Beschaffung beginnt die fünfte Phase, in der die getroffene Entscheidung überprüft wird. Die größte Bedeutung im Einkaufsprozess eines Flurförderzeuges kommt dabei den Phasen zwei und drei zu. Denn hier geht es nicht nur um die Auswahl von Staplern sowie Lager- und Systemtechnikgeräten nach Art, Ausstattung und Umfang, sondern auch um die Frage nach der Finanzierungsart oder die Organisation von Wartung und Service.
Bei der Heidelberger Druckmaschinen AG am Standort Wiesloch/Walldorf hat man Standards sowohl für den Beschaffungsprozess von Flurförderzeugen als auch für die Geräte selbst festgelegt. Letzteres deshalb, um sie entsprechend der benötigten Kapazitäten untereinander austauschen zu können und den Fahrern die Bedienung zu erleichtern. Bei Heidelberg gehört zu dieser definierten Grundausstattung beispielsweise eine Zugangskontrolle über den Werksausweis der Fahrer, denn seitdem ging die Zahl der Gewaltschäden spürbar zurück. Deshalb kommen nur Anbieter, die diese Option liefern können, in die engere Wahl. Als weitere Kriterien haben der technische Einkäufer, Henri Hauser, und seine Kollegen aus der Logistik und Instandhaltung die Marktpräsenz des Anbieters, einen 24-Stunden-Service sowie den Beitrag zu nachhaltigem Umweltschutz definiert. Zudem achten die Verantwortlichen darauf, dass die Geräte dem aktuellen Stand der Technik entsprechen und die betrieblichen Vorgaben bezüglich Ergonomie und Arbeitsschutz erfüllen. Dazu gehören luftgefederte Sitze oder eine Kabine mit Heizung für Stapler im Außeneinsatz. Jeder Fahrzeugbestellung liegt eine Variantenliste zugrunde, die zusammen mit dem Verkaufsberater des Flurförderzeug-Händlers erarbeitet wurde. Erfasst sind dort auch Zusatzausrüstung wie beispielsweise Abweiser für Pendeltüren, um Beschädigungen am Stapler zu verhindern, sowie Kotflügel zum Schutz vor Spritzwasser oder eine an die StVZO angelehnte Fahrzeugbeleuchtung. Zudem verfügen die Dieselstapler schon seit Jahren standardmäßig über Partikelfilter.
Eine Buying Group bereitet auch im Logistikzentrum Nord der Lorenz Snack-World in Hankensbüttel bei Wolfsburg die Entscheidung über die Anschaffung neuer Fahrzeuge vor, das letzte Wort hat die Geschäftsleitung. Die Vorarbeiten für den im letzten Jahr abgeschlossenen Full-Service-Vertrag mit Fahrzeugen, wie Schubmast- und Elektrogegengewichtstapler, Niederhubwagen und Mittelhubkommissionierer, begannen ein Jahr zuvor mit der Anfrage von Prospekten und Angeboten bei ausgewählten Herstellern sowie der Erstkontaktaufnahme zu den Vertriebsbeauftragten. Vorgegeben waren detaillierte Fahrzeugspezifikationen. Daran anschließend starteten Workshops mit Teilnehmern aus unterschiedlichen Fachbereichen, darunter auch Staplerfahrer. Sie ermittelten positive und negative Punkte für die einzelnen Produkte und besuchen dazu auch Referenzkunden der verschiedenen Hersteller. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, dass es weitere Kunden aus der Region gibt. Denn aufgrund der hohen jährlichen Betriebsstundenzahl der Geräte wollte man sichergehen, dass der Service zuverlässig funktioniert. Die Ergebnisse nach Fahrzeug und Hersteller wurden allesamt in einer großen Matrix festgehalten. Dann ging es an die Auswahl.
Mehr als die Hälfte aller in Deutschland veräußerten Stapler sind gemietet, geleast oder basieren auf einem Rentalvertrag, der neben der Finanzierung den kompletten Wartungs- und Reparaturservice mit festen All-in-Raten umfasst. Die Gründe liegen zum einen in steigenden Liquiditätsspielräumen, sicher kalkulierbaren, als Betriebsausgaben abzugsfähigen Raten, nicht berührten Kreditlinien sowie einer definierten Einsatzfähigkeit der Geräte und der Möglichkeit, die Vorhaltung von Stand-by-Geräten vertraglich zu regeln. Da nach Ablauf des in der Regel drei bis fünf Jahre laufenden Rental-Vertrages die Fahrzeuge ausgetauscht werden, entspricht die Flotte dem jeweils aktuellsten Stand der Technik und sorgt für höchste Wirtschaftlichkeit. Die Wahl der Ausstattung sollte mit Bedacht getroffen werden, denn die meisten Flurförderzeughersteller fertigen mittlerweile ausschließlich nach Kundenauftrag. Das heißt, ist der Stapler oder das Lagertechnikgerät erst einmal produziert, sind nachträgliche Änderungen nur mit großem Aufwand möglich. Deshalb lohnt es sich, vor jeder Bestellung genau zu prüfen, ob die Fahrzeugkonfiguration tatsächlich den betrieblichen Anforderungen entspricht und auch Batteriekapazitäten und Ladestationen für Elektrogeräte ausreichend berechnet sind.
Und natürlich spielt auch das Thema Kosten eine wichtige Rolle. Dabei denken viele Anwender bereits langfristig und wissen, dass die Anschaffungskosten über die gesamte Einsatzzeit gesehen kaum zu Buche schlagen. Entscheidend sind die laufenden Kosten für Energie und Service sowie insbesondere die Personalkosten, welche rund 80 % der Gesamtkosten ausmachen. Zusammen mit der Produktivität des Staplers entscheidet dies am Ende über die tatsächliche Effizienz der Flurförderzeuge.
Autoren: Heike Oder (Linde Material Handling), Kathrin Irmer
Checkliste für den Einkauf von Flurförderzeugen
Welche Fahrzeuge nach Art und Umfang werden benötigt? | |
Ist Beratung in Form von Materialflussanalysen oder Einsatzplanung erforderlich? | |
Sind Kauf oder Finanzierung geplant? | |
Welche Vertragsoptionen gibt es? | |
Bekomme ich alle Fahrzeuge aus einer Hand? | |
Können gewünschte Sonderlösungen umgesetzt werden? | |
Soll die Dosierpumpe über eine integrierte Zeitsteuerung oder Timer verfügen? | |
Gibt es einen zuverlässigen, schnellen und kompetenten Service? | |
Gewährt der Vertrag genügend Flexibilität? | |
Wie hoch ist die Produktivität der Geräte über die Einsatzzeit und wie hoch sind die Gesamtkosten (Anschaffungskosten, Energiekosten, Personalkosten, Service- und Wartungsaufwand)? | |
Gibt es die Möglichkeit der laufenden Einsatzoptimierung? |
Drei Fragen an Henri Hauser, Heidelberger Druckmaschinen AG
Was unterscheidet die Anschaffung eines Flurförderzeuges von anderen technischen Produkten?
Das Einkaufsverhalten bei Flurförderzeugen hat sich sehr stark an andere technische Produkte angeglichen und zwar dahingehend, dass die Ansprüche hinsichtlich Ergonomie, Energieeffizienz und Life-Cycle-Costs heute viel höher sind, als noch vor einigen Jahren.
Wo sehen Sie das größte Einsparpotenzial bei der Anschaffung von Flurförderzeugen?
Zum einen wird Energie immer teurer, so dass es lohnt, auf den Verbrauch der Geräte zu achten. Zudem legen wir bei Heidelberg Wert auf eine möglichst große Varianz des Flurförderzeug-Programms, denn mit einer passgenauen Ausstattung kaufen wir nur das, was wir wirklich brauchen.
Welchen Fehler sollte man bei der Anschaffung von Flurförderzeugen vermeiden?
Auf keinen Fall sollte man nur die Anschaffungskosten berücksichtigen, sondern den Kalkulationen die Life-Cycle-Costs zugrunde legen. Zudem sollte man den Stapler nicht isoliert für nur eine Aufgabe ausstatten, sondern darauf achten, dass er auch in anderen Lagerbereichen oder bei sich ändernden Prozessen flexibel eingesetzt werden kann.
Einkaufsführer in Zusammenarbeit mit: Linde Material Handling
Die Linde Material Handling GmbH, ein Unternehmen der Kion Group AG, ist einer der weltweit führenden Hersteller von Gabelstaplern und Lagertechnikgeräten und Marktführer in Europa. Zudem bietet das Unternehmen sein Know-how aus der jahrzehntelangen Entwicklung und Fertigung von elektrischen Antriebssystemen auch externen Kunden für vielfältige Anwendungen an. Als international agierendes Unternehmen unterhält Linde Material Handling Produktions- und Montagewerke in allen wichtigen Regionen weltweit. Im Geschäftsjahr 2012 erzielte Linde Material Handling mit rund 13 100 Mitarbeitern einen Umsatz von 3,132 Mrd Euro.