Haufen von leeren Einweg-Plastikflaschen

Einweg-Plastikflaschen fallen künftig unter die EU-Abgabe, wenn sie nicht recycelt werden. (Bild: abimagestudio/Adobestock)

Ab dem 1. Januar 2021 soll es so weit sein: Dann soll pro Kilogramm nicht recyceltem Plastik eine Abgabe von 80 Eurocent fällig werden. Das Geld soll in den EU-Haushalt fließen.

Die Abgabe ist Teil des Corona-Hilfspakets, das die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel in Brüssel beschlossen haben. Sie soll helfen, die enormen Kosten zu decken. Allerdings muss der Vorschlag noch vom EU-Parlament und den nationalen Parlamenten abgesegnet werden.

Gezahlt würde die Abgabe dann von den EU-Staaten. Es wird aber erwartet, dass sich die Regierungen das Geld von den Unternehmen zurückholen. Wie das Portal Politico berechnet hat, wäre Deutschland mit 1,325 Milliarden Euro einer der größten Zahler nach Frankreich mit 1,37 Milliarden Euro und Italien mit 836 Millionen Euro. EU-weit würden gut 5,9 Milliarden Euro zusammenkommen.

Korrekturmechanismus für ärmere Länder

Bei der Berechnung der Länderabgabe wird eine Formel angewendet. Diese wurde zwar bislang noch nicht veröffentlicht, Politico gegenüber wurde sie jedoch nach eigenen Angaben bestätigt. Danach wären ursprünglich 6,6 Milliarden Euro ins EU-Budget geflossen. Durch einen Korrekturmechanismus werden es jetzt rund 700 Millionen weniger.

Dieser Korrekturmechanismus wird auf Länder angewendet, deren Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt unter dem EU-Durchschnitt liegt. Dabei ist die Abgabe allerdings nicht nur als "Strafe" gedacht, sie soll vor allem das Recycling von Altplastik ankurbeln. Die entsprechenden Technologien für diesen Kreislauf gibt es bereits.

Voraussichtliche Höhe der Plastikabgabe in den EU-Ländern
So viel müssen die EU-Länder voraussichtlich für nicht-recyceltes Plastik ab 2021 zahlen. (Grafik: Dörte Neitzel, Daten: Politico.eu)

Gegenwind aus der Wirtschaft

Die Wirtschaft kritisierte unterdessen den Vorstoß der EU. Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) betitelte die geplante Abgabe als "Gift für Wohlstand und Beschäftigung".

Er monierte, dass die Abgabe sowohl Unternehmen als auch den Standort über Gebühr belasten und das dringend notwendige Wachstum in der EU bremsen würde. Kunststoffe seien beispielsweise in der Medizin unersetzlich, die Steuer würde bestimmte Materialien diskriminieren, aber nicht das Problem der Plastikberge beheben.

„Die Wirkungsziele der Kreislaufwirtschaft und das gewünschte Mittelaufkommen einer Plastiksteuer zur Haushaltsfinanzierung passen nicht zusammen“, bemängelt Lang. „Denn mehr Recycling würde die Einnahmen reduzieren." Das sei keine solide Haushaltspolitik.

Zustimmung von Umweltverbänden

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace äußerte sich dagegen wohlwollend. „Wer nicht recyclefähige Verpackungen herstellt, muss künftig für die daraus entstehenden Umweltschäden zur Kasse gebeten werden - mittelfristig gehören sie komplett vom Markt“, so Greenpeace-Expertin Viola Wohlgemuth auf Wiwo.de.

Und auch einige Unternehmen sind der EU-Vorgabe gegenüber aufgeschlossen. So unterstützt Reinhard Schneider, Geschäftsführer des Chemieunternehmens Werner & Merz eine entsprechende Abgabe. Sein Unternehmen ist für die Marke "Frosch" bekannt.

Schneider hält die geplante Plastikabgabe für eine „längst überfällig zur Entlastung der Umwelt“. Es handle sich um keine zusätzliche Steuer, sondern bislang sei das Fehlen der Abgabe eine „versteckte Subvention“ gewesen, da auf andere Erdölprodukte Steuern bereits erhoben würden. „Ich bin froh, wenn europaweit eine Regelung in Kraft tritt, die diese umweltschädlichste Umgangsart mit dem Plastik nicht mehr so attraktiv macht“, zitiert Deutschlandfunkkultur.de den Manager.

Niedrige Recycling-Quote von Kunststoffen

Kunststoffe haben von allen Verpackungsmaterialien den geringsten Anteil am Recycling. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums fielen im Jahr 2017 rund 6,15 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle an. Nur knappe 46 Prozent (2,8 Millionen Tonnen) davon wurden wieder stofflich verwertet, also recycelt. Rund 53 Prozent wurden verbrannt.Das ist bislang die billigste Methode.

Zum Vergleich: Beim Papier liegt die Altpapierverwertungsquote im Jahr 2018 laut Umweltbundesamt (UBA) bei 85,9 Prozent. Für das Jahr 2016 weist das UBA für Glas eine ähnlich hohe Verwertungsquote von 85,5 Prozent aus. Sie lag zwei Jahre zuvor allerdings auch schon einmal bei 89 Prozent.

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