Instandhaltung und Wartung.

Instandhaltung und Wartung gelten als Randthemen und werden vernachlässigt. (Bild: industrieblick – stock.adobe.com)

Die Industrie in Deutschland nimmt die Instandhaltung und Wartung moderner Maschinen und Anlagen nach wie vor als Herausforderung wahr. Das Thema ist komplex und führte so erst zu Missverständnissen, die sich im Laufe der Zeit zu handfesten Vorurteilen entwickelten.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Der rasante technologische Fortschritt und die Digitalisierung resultieren in hochspezialisierter Maschinerie, die sich in eine vernetze Umgebung einfügen muss. Gleichzeitig mangelt es aber an geschultem Personal und die wachsenden Datenmengen und damit verbundenen steigenden Sicherheitsstandards und Compliance-Anforderungen erhöhen zusätzlich die Arbeitslast in den Unternehmen. Und über allem hängen Wettbewerbsfähigkeit und der Kostendruck wie ein Damoklesschwert.

Jan Pakusa.
Jan Pakusa, Produktmanager Power Supplies / Test & Measurement bei Reichelt Elektronik. (Bild: Reichelt Elektronik)

„Obwohl die Optimierung verschiedener Prozesse die Herausforderungen für die Industrie mildern kann, bleiben dennoch eine Vielzahl von Vorurteilen bestehen. Sie führen dazu, dass Instandhaltung und Wartung als Randthemen gelten und vernachlässigt werden. Es gilt, diese Kurzsichtigkeit zu überwinden, Mythen zu entkräften und somit eine langanhaltende Steigerung der Effizienz und Zuverlässigkeit von Maschinen und Anlagen zu gewährleisten“, kommentiert Jan Pakusa, Produktmanager Power Supplies / Test & Measurement bei Reichelt Elektronik.

1. Wartung muss als Problembehandlung durchgeführt werden

Wartungen sollten als Teil des Instandhaltungsprozesses regelmäßig stattfinden. Durch Predictive Maintenance (präventive Wartung) wird der künftige Wartungsbedarf prognostiziert. Sensoren in den Maschinen sowie Anlagen sammeln Daten an einem zentralen Ort, beispielsweise auf einer Cloud-Plattform, wo sie mithilfe von Algorithmen und Künstlicher Intelligenz (KI) einer umfassenden Analyse unterzogen werden. Durch die frühzeitige Identifizierung von potenziellen Problemen lassen sich Ausfallzeiten minimieren, die Effizienz steigern und die Lebensdauer einer Maschine verlängern. Dies trägt dazu bei, den reibungslosen Betrieb kritischer Anlagen sicherzustellen.

2. Wartung schafft keinen Wert und verursacht nur Ausgaben

Genau das Gegenteil ist der Fall: Eine effektive Instandhaltung und Wartung führt zur Verbesserung der Anlagenverfügbarkeit und Gesamteffizienz. Ausfälle und teure Reparaturen werden vermieden und die kontinuierliche Funktionsfähigkeit der Anlage sichergestellt. Die Lebensdauer wird verlängert und somit ist es auch seltener notwendig neue Hardware anzuschaffen. Gut gewartete Maschinen arbeiten effizienter und verbrauchen weniger Energie. Die Kosten dafür und auch der ökologische Fußabdruck verringern sich. Die Qualität der hergestellten Produkte oder erbrachten Dienstleistungen bleibt erhalten, was die Kundenzufriedenheit fördert. Potenzielle Risiken für Mitarbeiter und Umwelt werden reduziert und Sicherheitsstandards eingehalten.

3. Digitalisierte Maschinen oder Anlagen benötigen keine Wartung

Digitale Maschinen und Anlagen benötigen trotz ihrer fortschrittlichen Technologie ebenso regelmäßige Wartung wie herkömmliche Maschinen. Die physischen Komponenten unterliegen weiterhin Abnutzung und Verschleiß, Software und Algorithmen benötigen Aktualisierungen. Die Sensoren und die Hardware sind verschiedenen Umgebungsbedingungen ausgesetzt, wie z.B. großer Hitze, und müssen daher geprüft werden. Diese frühzeitige Problemerkennung gewährleistet den reibungslosen, sicheren Betrieb und die langfristige Leistungsfähigkeit der Technik.

4. Für professionelle Wartung braucht man kein geschultes Personal

Komplexe Maschinen und Anlagen erfordern spezifisches Fachwissen, um sie sicher und effektiv zu warten. Geschultes Personal versteht die technischen Details, Betriebsprozesse und Sicherheitsrichtlinien, die notwendig sind. Sie können potenzielle Probleme abwägen und frühzeitig erkennen, angemessene Wartungsverfahren anwenden und etwaige Reparaturen korrekt durchführen. Ohne das entsprechende Fachwissen besteht die Gefahr von Fehlern, unsachgemäßer Handhabung oder gar Unfällen, die zu Ausfällen, erhöhten Kosten und unerwünschten Betriebsunterbrechungen führen können.

5. Die Produktion steht während der Wartung komplett still, oder bricht sogar ein

Effiziente Wartungsarbeiten an Maschinen und Anlagen ohne umfassende Produktionsunterbrechung erfordern eine detaillierte Planung und den Einsatz gezielter Strategien. Dazu zählen:

  • Wartungsfenster während geringer Auslastungszeiten einzuplanen,
  • individuelle Reparaturen an bestimmten Komponenten während des laufenden Betriebs durchzuführen,
  • parallele Systeme und Redundanzen nutzen,
  • Wartungstechniken wie In-Place-Reparaturen anwenden,
  • spezialisierten Wartungscrews zu schulen,
  • Echtzeitüberwachungssystemen zur frühzeitigen Problemerkennung zu implementieren.

"Die wachsenden Herausforderungen in der Instandhaltung und Wartung kann die deutsche Industrie bewältigen, indem sie einerseits in gezielte Fortbildung und andererseits in die modernsten Technologien investiert. Die Schulungen vermitteln den Mitarbeiter das erforderliche Fachwissen sowie den Umgang mit hochspezialisierten Anlagen. KI und maschinelles Lernen sorgen für die effiziente Verarbeitung der wachsenden Datenmengen und sind in der Lage, präzise Vorhersagen für den Wartungsbedarf zu treffen“, fasst Pakusa zusammen.

Portrait Dörte Neitzel Redakteurin Technik+Einkauf
(Bild: mi connect)

Die Autorin: Dörte Neitzel

Dörte Neitzel ist Wissens- und Infografik-Junkie vom Dienst. Dinge und Zusammenhänge zu erklären ist ihr Ding, daher beschreibt sie sich selbst auch gern als Erklärbärin mit Hang zur Wirtschaft – was einem lange zurückliegenden VWL-Studium geschuldet ist. Nach einigen Stationen im Fachjournalismus lebt sie dieses Faible bevorzugt auf der Webseite der TECHNIK+EINKAUF aus und taucht besonders gern ab in die Themen Rohstoffe und erneuerbare Energien.

Privat ist Südfrankreich für sie zur zweiten Heimat geworden, alternativ ist sie in der heimischen Werkstatt beim Schleifen, Ölen und Malern alter Möbel zu finden oder in südbayerischen Berg-und-See-Gefilden mit Hund im Gepäck unterwegs.

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