Ein Stau vom italiensich-österreichischen Grenzübergang bis runter nach Bozen - so sah es noch vor ein paar Tagen auf der Brennerautobahn Richtung Norden aus. Die Lkw-Abfertigung verlief nur schleppend, die Wartezeit für die Brummifahrer summierte sich zeitweise auf bis zu vier Stunden. Laut Thomas Baumgartner, Präsident der italienischen Frächtervereinigung Anita, koste die Verzögerung rund 450 Euro pro Fahrt. Bei 100.000 Lkw im Monat seien das für den Transport von Waren aus Italien im Monat Mehrkosten von 45 Millionen Euro.
Auch an der polnischen Grenze geriet der Verkehr aufgrund der Corona-bedingten Grenzkontrollen ins Stocken und produzierte kilometerlange Staus. Die umfangreichen Grenzkontrollen im eigentlich kontrollfreien Schengenraum dürften nach Einschätzung von EU-Kommissarin Adina Valean sogar noch ausgeweitet werden. Sie rechne nicht damit, dass die Länder die Kontrollen an den Grenzen kurzfristig wieder einstellten, sagte die Verkehrskommissarin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Im Gegenteil. Ich denke, es ist nur eine Frage der Zeit bis alle Staaten Grenzkontrollen einführen, ob wir das nun mögen oder nicht.“
Green Lanes für reibungslosen Lkw-Verkehr
Um den Warenverkehr und damit die Grundversorgung der Bevölkerung zu sichern, hat die EU-Kommission jetzt reagiert. Sie veröffentlichte praktische Hinweise für das Grenzmanagement. Die Leitlinien fordern die EU-Mitgliedstaaten auf, unverzüglich alle relevanten Übergangsstellen an Binnengrenzen innerhalb des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V-Netz) als sogenannte “Green Lane”-Übergangsstellen zu benennen. Diese sollten für alle Frachtfahrzeuge offen sein – unabhängig von den transportierten Waren.
An den “Green Lane”-Grenzübergangsstellen sollten die Kontrollen auf das unbedingt Notwendige beschränkt werden. Sie sollen so durchgeführt werden, dass die Fahrer ihre Fahrzeuge nicht verlassen müssen und selbst nur minimalen Kontrollen unterzogen werden. Beispielsweise sollen sie lediglich nach ihrem Personalausweis und Führerschein gefragt werden und erforderlichenfalls ein Schreiben ihres Arbeitgebers vorlegen können. Dokumente sollen auch elektronisch übermittelt oder vorgezeigt werden können. Insgesamt solle der Grenzübertritt einschließlich aller Überprüfungen und Gesundheitskontrollen nicht länger als 15 Minuten dauern.
Diese Grundsätze sollen nicht nur für EU-Bürger gelten sondern auch auf Angehörige von Drittstaaten angewandt werden, wenn dies erforderlich ist. Alles mit dem Ziel, den freien Warenverkehr innerhalb der EU und in die EU sicherzustellen. Zudem forderte die EU-Kommissarin die Mitgliedstaaten dringend auf, alle derzeit geltenden Straßenverkehrsbeschränkungen – etwa am Wochenende, nachts oder für bestimmte Sektoren – vorübergehend auszusetzen.