Zwischen Pandemie, Krieg in Europa und der nächsten Krise gefühlt um die Ecke lauernd, stellen sich viele Logistiker die Frage: Wie geht es jetzt weiter? Fest steht: Das globale Zusammenspiel der Wirtschaft ist fragiler als viele hofften. Um hier nicht planlos dazustehen, braucht es mehr Flexibilität in der Logistik – auf allen Seiten.
Wer globalen Handel betreibt, hatte in den letzten zwei Jahren vermutlich wenig guten Schlaf und zählte statt Schäfchen wohl eher die angestauten Überseefrachter an internationalen Häfen. Derartige Bilder häuften sich zunächst mit der Corona-Pandemie und anschließend mit der Ever Given im Suezkanal, dem Ukrainekrieg und dem Lockdown in Shanghai. Und sie warfen die Frage auf: Werden sich die internationalen Lieferketten jemals wieder erholen? Oder ist das jetzt das neue Normal?
Vielleicht sollten wir uns aber eine andere Frage stellen. Nämlich die, wie abhängig wir von vorhersehbaren globalen Lieferketten sein wollen. Auch Konjunktur-Experten, wie Ifo-Analyst Timo Wollmershäuser sind sich zunehmend einig: Für den Auftragsstau ist kein rasches Ende in Sicht und auf eine rasche Lösung, die uns zum Zustand “von damals” bringt, können wir lange warten.
Handelskettenprobleme flexibel lösen
Ist dies das Ende der Globalisierung? Das wäre zu einfach. Denn auch in der Vergangenheit fand die Wirtschaft neue, effiziente Wege, um Waren von A nach B zu bekommen. Und was Effizienz angeht, sind wir heute im digitalisierten Informationszeitalter besser aufgestellt denn je. Auch, wenn gerade ein paar Dinge aus den Fugen geraten, lassen sich auf der Grundlage von Daten weiterhin gute Entscheidungen treffen.
Auf einer soliden Datengrundlage können komplexe Modelle berechnet werden, die dabei helfen zu prognostizieren, welche Auswirkungen betriebliche Entscheidungen auf das gesamte Unternehmensgefüge inklusive der Lieferkette haben könnten.
Stehen Händler nun vor einer Herausforderung – zum Beispiel einer Rohstoffknappheit bei einem Zulieferer – können sie mithilfe von Echtzeit-Datenanalysen feststellen, welche Auswirkung dies auf die gesamte Lieferkette bis hin zu den Endkunden hat. So sollten Führungskräfte verschiedene Szenarien durchspielen, um eine fundierte Entscheidung in Angesicht einer unübersichtlichen Lage zu treffen. Auch bei anhaltenden Verzögerungen, Rückständen oder Engpässen lassen sich kurzfristige Herausforderungen durch strategisches Handeln meistern. Herausforderungen wie:
- "Kann ich es mir leisten, auf den Luft- oder Zugweg auszuweichen?"
- “Wie schnell kann ich wechseln — zum Beispiel, indem ich einen eigenen Container kaufe, meine Fracht zu einem anderen Hafen schicke oder von einem Lieferanten an einem weniger belasteten Standort beziehe?"
- "Wie schnell kann ich Auftragsänderungen an Lieferanten und Partner weitergeben, sodass diese bessere Versandentscheidungen treffen können?"
Daten sind Rudeltiere
Die gute Nachricht: In den allermeisten Unternehmen sind diese Daten bereits da – sie müssen nur bereit zur Weiterverarbeitung sein. Die schlechte Nachricht: Oft entstehen die Planungen der unterschiedlichen Abteilungen in voneinander getrennten Excel-Tabellen. Controlling, Logistik, Vertrieb und die Personalabteilung sind allesamt Silos, die voneinander getrennt auf einem persönlichen Datenschatz sitzen.
Doch wie Rudeltiere sind Daten gesellig und entfalten erst im Zusammenspiel miteinander ihren vollen Nutzen zur dynamischen Planung. Wer also seine verfügbaren Datenquellen miteinander verknüpft, profitiert davon, die Auswirkungen von Änderungen an einem Ende der Wertschöpfungskette auf das andere Ende kalkulieren zu können.
Ein solcher, in Echtzeit in der Cloud gesammelter Single-Point-of-Truth (frei übersetzt “einzige Quelle der Wahrheit”) hat das Potenzial, ganze Geschäftsprozesse zu optimieren. Alle Daten sind bereits an einem Ort und müssen im Falle einer Veränderung nicht aus allen Richtungen zusammengebracht werden. Das schafft für alle Entscheidungsträger entlang der Handelskette eine enorme Flexibilität.
In drei Schritten zur flexiblen Planung
Wie also können Unternehmen und Händler ihre Lieferketten flexibilisieren?
1. Daten vereinheitlichen und verbinden: Die besten Daten nützen nichts, wenn sie nicht auch mit Mehrwert genutzt werden. Datengetriebene Unternehmen haben nachweislich eine bessere Performance. Daten sollten immer als gemeinsames Gut gesehen und entsprechend schnell und sauber geteilt werden – niemand sollte versuchen, Herrschaftswissen zu sammeln.
2. Planungen verkürzen: In der heutigen Situation müssen Planungszyklen kürzer ausfallen. Ein Commitment von zwölf oder gar 24 Monaten im Voraus, ohne Plan B, ist nicht mehr zeitgemäß. Sinnvoller ist, mindestens quartalsweise, wenn nicht sogar monatlich, Planungen anzupassen. Diese Planung dient auch dazu, bestehende Abläufe zu hinterfragen und möglichst viele Faktoren, teils auch außerhalb des Unternehmens, einzubeziehen.
3. Durch Szenarien-Berechnungen flexibel bleiben: Die beste Planung ist nur so gut, wie die Datengrundlage, auf der sie getroffen wird. Verschiedene Möglichkeiten, die Einfluss auf das Geschäft haben können, sollten daher mit einfachen Wegen wie Wenn-Dann-Analysen im Auge behalten werden. So lassen sich gute Entscheidungen auf Basis von guten Prognosen treffen.
Fazit: Flexible Lieferketten sind reißfester
In einigen Jahren werden wir uns fragen, wie eine Lieferkette so fragil aufgebaut sein konnte, dass ein einziges feststeckendes Schiff im Suezkanal ganze Fabriken lahmgelegt hat. Unternehmen, die schon heute ihre Lieferketten digitalisieren und flexibler aufstellen, werden als Vorreiter die Art und Weise prägen, wie wir morgen Geschäfte machen.
Ein umfangreicher und zuverlässiger Umgang mit Daten wird das Schmieröl sein, welches die Lieferketten von morgen am Laufen hält.
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