Zwei Männer , die sich an ihren Laptops gegenüber sitzen, auf dem einen steht der Schriftzug Machine Learning

Pocess Mining untersucht jeden einzelnen Prozessschritt im Hinblick auf sein Ziel. (Bild: everythingpossible - stock.adobe.com)

Die meisten Betriebssysteme erfassen jedes Detail darüber, was in den Unternehmens-Prozessen passiert. Mit Process Mining können jeder Schritt dieser Prozesse überprüft und Abweichungen vom erwarteten Pfad angezeigt werden.

Mark Twain scheint gewusst zu haben, was in Unternehmen heutzutage große Kosten verursacht: „Kaum verloren wir das Ziel aus den Augen, verdoppelten wir unsere Anstrengungen“.

Ziele, auf die nicht stringent und abteilungsübergreifend hingearbeitet wird, und Reibungen in den Prozessen erhöhen die Komplexität und erschweren die Arbeit. Die Folge: vermeidbare Mehrkosten. Doch wie können Unternehmensprozesse zielfokussiert optimiert werden?

Prozessoptimierung digital

Process Mining hat sich in den vergangenen Jahren als Grundlagentechnologie etabliert, um alle Unternehmensabläufe datenbasiert zu visualisieren und zu analysieren. Dadurch lassen sich Reibungsverluste aufzeigen und adressieren.

Die Deutsche Telekom Service Europe zum Beispiel konnte durch diesen Ansatz im Jahr 2019 mehr als 10 Millionen Euro im Bereich Beschaffung einsparen. Doch nicht allein im Aufdecken von Reibungsverlusten liegt der Reiz der Process-Mining-Technologie.

Mit der neuesten Weiterentwicklung von Anbieter Celonis, den "Operational Apps", verändert Process Mining die Arbeitsweise in Unternehmen grundlegend. Alle am Prozess Beteiligten, egal ob in der Supply Chain oder im Einkauf, sei es die Führungsebene, der lokale Manager, oder der Mitarbeiter, arbeiten somit auf dieselben Ziele hin.

Was ist Process Mining?

Process Mining bündelt verschiedene Techniken, um reale Geschäftsprozesse zu visualisieren, zu überwachen und zu verbessern. Dabei liefert die Technologie objektive, datenbasierte und aus tatsächlich ablaufenden Vorgängen abgeleitete Einsichten.

Die Grundlage sind Informationen aus den sogenannten Event Logs, die in den gängigen IT-Systemen wie SAP, Oracle oder Salesforce verfügbar sind. Spezialisierte Algorithmen identifizieren dabei Trends, Muster und Details von Abläufen.

Machine Learning und Künstliche Intelligenz liefern auf Basis der Daten Handlungsempfehlungen, die die Effizienz der Prozesse optimieren sollen. Dank Echtzeit-Datenkonnektivität werden die Informationen ohne Verzögerung extrahiert und analysiert.

Indem Daten aus den Transaktionssystemen zusammengeführt und in ihrer tatsächlichen Form abgebildet werden, macht es Process Mining möglich, Unternehmensprozesse ganzheitlich zu verstehen.

Mehr Transparenz: Ziele und Prioritäten festlegen

Doch modernes Process Mininung ist mehr als nur Analyse. Denn die "Operational Apps" beispielsweise für Materialmanagement für die Supply Chain oder für die Kreditorenbuchhaltung ermöglichen es allen an einem Prozess beteiligten Mitarbeitern, ergebnisorientiert zu arbeiten.

Im ersten Schritt legen Führungskräfte dafür ihre Ziele und Prioritäten in Form von KPIs fest. Um die gewünschten Ergebnisse zu erreichen, spürt die Process-Mining-Technologie Reibungsverluste in den Prozessen auf, liefert basierend auf KI und Machine Learning Handlungsempfehlungen in Echtzeit und sorgt so für intelligent gesteuerte Prozesse.

Erkenntnisse aus den real ablaufenden Prozessen werden in Echtzeit in gezielte Aufgaben übersetzt. Anwender aktivieren die Handlungen durch einen Knopfdruck oder die Systeme stoßen sie ohne menschliches Zutun selbst an. So werden aus analytischen Daten operative Handlungen, die der Erreichung vorab definierter Unternehmensziele dienen.

Beispiel: Weg zur resilienten Supply Chain

Digitale Lieferketten sind komplex, vernetzt und unübersichtlich - latente und fehlerhafte Daten sind dabei laut Gartner ein riesiges Problem. Verantwortlichen fällt es daher meist sehr schwer, aus den vorhandenen Daten effektives operatives Handeln abzuleiten.

Dabei ließe sich so das Risiko für das Gesamtgeschäft, das von Ausfällen oder Verzögerungen in der Lieferkette beeinträchtigt wird, deutlich minimieren. Mit der sogenannten "Operational App für Materialmanagement für die Supply Chain" können Unternehmen ihre Lieferketten an ihren aktuellen strategischen Zielen ausrichten.

Ist anfangs vielleicht die Reduzierung des Umsatzrisikos eine große Herausforderung, kann bei Bedarf innerhalb kürzester Zeit die Optimierung des Materialmanagements priorisiert werden. Rollenbasierte Dashboards helfen dabei, alle Ebenen vom Management bis hin zum Lagermitarbeiter, einzubeziehen, sodass alle auf dieselben Ziele hinarbeiten.

Im Hintergrund spürt Process Mining die am meisten gefährdeten Regionen und Materialgruppen auf. Durch den Abgleich von Bestand mit Kundenbestellungen deckt die Technologie die Lücke in den Planungsannahmen auf – zum Beispiel in Form von ungenauen Vorlaufzeiten, die zu verspäteten Bestellungen und niedrigen Beständen führen.

Um dieses Problem zu adressieren, generiert Process Mining genauere Vorlaufzeiten und schätzt die Wahrscheinlichkeit einer pünktlichen Lieferung für jede einzelne Bestellung. Die gewählte Vorlaufzeit im ERP-System wird automatisch aktualisiert, sodass die laufende Planung genauere Vorlaufzeiten widerspiegelt und gewährleistet, dass die richtigen Materialmengen auf Lager sind.

Um für eine bessere Auftragserfüllung zu sorgen, empfiehlt die Process-Mining-Software schließlich eine Bestandsneuverteilung zwischen den Standorten. So wird sichergestellt, dass alles genau dort ist, wo es benötigt wird.

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4 Schritte: Wie gelingt der Start mit Process Mining?

Viele Anwender starten mit einem einzelnen Prozess, bevor sie Process Mining in größerem Stil in ihrem Unternehmen ausrollen. Als guter Startpunkt bietet sich zum Beispiel der Purchase-to-Pay-Prozess an. Aber auch Materialmanagement, Accounts Payable oder IT-Service-Prozesse eignen sich gut für ein Pilot-Projekt.

Folgende vier Schritte haben sich in der Praxis bewährt:

  • Ein klares Ziel definieren: Um den maximalen Output zu generieren, muss am Anfang klar festgelegt werden, welches Ergebnis im Rahmen des Process-Mining-Projekts angestrebt wird und welche Bereiche optimiert werden sollen. Ohne klares Ziel liefert die Technologie nicht die optimalen Unternehmensergebnisse.
  • Kollegen ins Boot holen: Projektverantwortliche sollten alle Kollegen mit ins Boot holen. Denn das Aufdecken von Optimierungspotenzial kann auch auf Gegenwind stoßen. Wichtig ist, für diese Phase Zeit einzuplanen und Kollegen genau über das Vorgehen und die Ziele zu informieren sowie ihre Bedenken ernst zu nehmen.
  • Geschultes Team einsetzen: Process Mining ist keine komplexe Technologie. Dennoch muss sie am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und von qualifizierten Mitarbeitern angewendet werden. Gerade bei komplexen Datenumgebungen beansprucht das Einspeisen der Daten eine gewisse Zeit. Projektverantwortliche sollten sich hierüber im Klaren sein. Ein geschultes Team im Unternehmen trägt in hohem Maße zur Optimierung der mit Process Mining erzielten Ergebnisse bei.
  • Effektiv handeln: Process Mining zeigt Reibungsverluste in den Prozessen auf und gibt Hinweise, wie diese gelöst werden können. Aber natürlich kann die Technologie nicht alle Probleme im Alleingang lösen. Das heißt, das Engagement jedes Anwenders – vom Lagermitarbeiter bis hin zum Manager – ist kontinuierlich gefragt.
    Egal ob im Einkauf, in der Logistik oder in anderen Unternehmensbereichen, Process Mining hebt die Datenschätze und verändert die operativen Abläufe zielgerichtet.

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