RWE-Kraftwerk Niederaußem

Kohlekraftwerke sorgten lange Zeit für die sogenannte Grundversorgung Deutschlands mit Strom. Bis 2038 soll sich das ändern. Doch welche Kohlekraftwerke sind aktuell die größten hierzulande? (Bild: Stodtmeister - Wikimedia (CC BY 3.0))

2023 war ein Rekordjahr für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen. Mit 56 Prozent wurde noch nie zuvor so viel Strom nachhaltig produziert. Das zeigen Daten des Statistischen Bundesamtes Destatis.

Gleichzeitig verzeichnete die Erzeugung und Einspeisung von Strom aus Kohlekraftwerken einen deutlichen Rückgang um 30,8 Prozent. Das entspricht dem Niveau der 1960er-Jahre. Den Daten zufolge sank der Anteil des Kohlestroms an der Gesamterzeugung auf 26,1 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 waren es noch 33,2 Prozent. Kohle war demnach im Jahr 2023 noch der zweitwichtigste Energieträger für die Stromerzeugung in Deutschland.

Die Stromeinspeisung aus Kohle war bereits zwischen 2018 und 2020 rückläufig. Allerdings erreichte sie im Jahr 2022 fast wieder das Niveau von 2018. Im Juni 2023 untertraf der Anteil des Kohlestroms sogar den bisherigen Tiefststand vom April 2020.

Lesen Sie, welche Kohlekraftwerke in Deutschland die größten ihrer Klasse sind. Unser Ranking basiert auf Daten der Bundesnetzagentur vom November 2023. Seitdem erfolgte Stilllegungen sind also nicht erfasst. Basis der Reihenfolge ist die installierte Bruttoleistung in Megawatt (MW).

39,603 GW betrug im November 2023 laut Bundesnetzagentur die gesamte installierte Bruttokapazität deutscher Kohlekraftwerke - darunter sind sind viele kleine Kraftwerke. Auch Netzreserven sind damit eingerechnet. Dass immer noch so viele Kohlekraftwerke am Netz sind, hat seinen Grund in der Gaskrise 2021/2022 im Zuge des russischen Überfalls auf die Ukraine. Statt Erdgas wurde mehr Stein- und Braunkohle verfeuert, um die Energieversorgung von Industrie und Haushalten sicherzustellen.

Nach ursprünglicher Planung des Kohleausstiegs sollten im Jahr 2022 nur noch rund 30 GW installierte Leistung vorhanden sein - je hälftig aufgeteilt zwischen Stein- und Braunkohlekraftwerken.

Kohleausstieg Deutschland bis 2038
So sah der Plan der Bundesregierung für den Kohleausstieg ursprünglich aus. Die Gaskrise wirbelte den Zeitplan durcheinander. 2024 soll der Pfad aber wieder erreicht sein. (Bild: TECHNIK+EINKAUF mit Daten des BMUV)

Bis wann steigt Deutschland aus der Kohleverstromung aus?

Laut Bundesumweltministerium soll Deutschland bis spätestens 2038, möglichst aber schon 2035, aus der Kohleverstromung aussteigen. Das Gesetz wurde am 3. Juli 2020 von Bundestag und Bundesrat beschlossen haben und trat am 14. August 2020 in Kraft. Dadurch wird der Kohleausstieg strukturpolitisch flankiert, indem die betroffenen Regionen auf die Zeit nach der Kohleförderung und -stromerzeugung vorbereitet werden.

Seit 2020 werden schrittweise Braunkohle-Kraftwerke stillgelegt. Darüber hinaus wurden bislang sechs Ausschreibungsrunden für die Abschaltung von Steinkohlekraftwerken durchgeführt.

Jeweils 2026, 2029 und 2032 wird überprüft, ob das Enddatum für alle Stilllegungen von Braun- und Steinkohlekraftwerken, die für die Zeit nach 2030 vorgesehenen sind, um jeweils drei Jahre vorgezogen und damit das Ausstiegsjahr 2035 erreicht werden kann. Erfolgt diese Entscheidung rechtzeitig – so ist es mit den Betreibern der Braunkohlekraftwerke vereinbart – kann der frühere Kohleausstieg ohne weitere Entschädigungen erfolgen.

Bedeutung der Kohle in Deutschland

90 Prozent der Braunkohleförderung wird zu Strom und Fernwärme. Aus Sicht des Bundesverbands Braunkohle wird der Energieträger bis 2038 bedeutsam für die Energieversorgung und die Entwicklung in den Revieren bleiben. Reviere im Rheinland tragen 49,6 Prozent zur gesamten Braunkohleförderung bei. Die Lausitz hat einen Anteil von 37 Prozent und Mitteldeutschland macht einen Anteil von 13,4 Prozent. Im Jahr 2021 wurden deutschlandweit rund126,3 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert. Aus den 113,6 Millionen Tonnen, die für die Verstromung genutzt wurden, entstanden 102,2 TWh Strom laut Statistik der Kohlewirtschaft e.V.

Hauptverbraucher von Steinkohle sind in Deutschland die Kraftwerke und die Stahlindustrie. Im Jahr 2018, also noch bevor der Kohleausstieg beschlossen wurde, entfielen auf die Kraftwerke rund 58 Prozent des Gesamtverbrauchs an Steinkohle, auf die Stahlindustrie rund 39 Prozent, auf das sonstige produzierende Gewerbe und auf den Hausbrand und Kleinverbraucher etwa 3 Prozent.

Die einheimische Steinkohlenförderung wurde Ende 2018 mit der Schließung der letzten beiden Bergwerke Prosper-Haniel und Ibbenbüren eingestellt. Seitdem sind Kraftwerke und Stahlkocher auf Einfuhren angewiesen. Die Kohleimporte betrugen 2018 laut Destatis rund 37,9 Millionen Tonnen.

Kohleimporte nach Deutschland

Im Jahr 2023 importierte Deutschland 27,175 Millionen Tonnen Steinkohle. Der Löwenanteil davon kam aus den USA (9 Millionen Tonnen), danach folgt Australien (8,5 Millionen Tonnen) und Kolumbien (5 Millionen Tonnen).

Portrait Dörte Neitzel Redakteurin Technik+Einkauf
(Bild: mi connect)

Die Autorin: Dörte Neitzel

Dörte Neitzel ist Wissens- und Infografik-Junkie vom Dienst. Dinge und Zusammenhänge zu erklären ist ihr Ding, daher beschreibt sie sich selbst auch gern als Erklärbärin mit Hang zur Wirtschaft – was einem lange zurückliegenden VWL-Studium geschuldet ist. Nach einigen Stationen im Fachjournalismus lebt sie dieses Faible bevorzugt auf der Webseite der TECHNIK+EINKAUF aus und taucht besonders gern ab in die Themen Rohstoffe und erneuerbare Energien.

Privat ist Südfrankreich für sie zur zweiten Heimat geworden, alternativ ist sie in der heimischen Werkstatt beim Schleifen, Ölen und Malern alter Möbel zu finden oder in südbayerischen Berg-und-See-Gefilden mit Hund im Gepäck unterwegs.

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