Seltene Erden sind eigentlich 17 einzelne Rohstoffe, darunter Neodym, Lanthan oder Erbium. Sie werden für zahlreiche Schlüsseltechnologien wie Katalysatoren, Energiesparlampen, Smartphones oder auch Laser benötigt. Doch die Versorgung mit neuen Rohstoffen ist tricky, denn die meisten Vorkommen werden in China abgebaut (89 Prozent). Export-Beschränkungen könnten daher die hiesigen
Schlüsseltechnologien massiv in Mitleidenschaft ziehen. So wird das Recycling der Materialien immer wichtiger.
Veränderte Viren docken an Metallen an
Forscher des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) haben nun ein Verfahren entwickelt, wie Rohstoffe aus Elektronikschrott besser recycelt werden können. Sie setzen auf sogenannte Bakteriophagen, also spezielle Viren.
Bakteriophagen bestehen aus einem Kopf mit Nukleinsäuren in einer Proteinhülle und einem Injektionsapparat. An diese Struktur haben die Forscher kurze Proteinstücke aus Aminosäuren (Proteine) gehängt. So können sich die veränderten Bakteriophagen – je nach Protein – mit einem spezifischen Metall verbinden. Sie fungieren quasi als Bio-Angel. Die Verbindung der beiden wird anschließend ausgewaschen.
Die Methode ist nicht unbekannt, sie wird in der Biochemie genutzt und ist als Phagen-Display bekannt. Sie wurde in diesem Jahr mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.
Seltene Erden aus Energiesparlampen recyceln
Mit dem neuen Verfahren aus Dresden lassen sich Verbindungen Seltener Erden zum Beispiel aus Energiesparlampen gewinnen, unter anderem Lanthan, Cer und Terbium. Aber auch andere wichtige Metalle wie Kupfer und Gold oder Plastik können gewonnen, sortiert und wiederverwendet werden.
Zunächst wird das Leuchtpulver chemisch so aufbereitet, dass es sich in Wasser löst. Anschließend werden Phagen mit einer passenden Oberflächenstruktur hinzugegeben. Diese sind an magnetische Kügelchen geheftet. Seltene Erden binden sich an die Phagen, während andere Schwer- oder Leichtmetalle in der Lösung verbleiben. Anschließend fischen die Forscher die Kügelchen inklusive Phagen und Metalle mit einem Magneten aus der Brühe heraus. So entstehen hochreine Metalle.
Viren auch im Bergbau denkbar
Weitere Einsatzmöglichkeiten können sich die Forscher auch im Bergbau vorstellen. Aktuell werden Seltene Erden mit starken Säuren extrahiert, was zahlreiche Umweltprobleme nach sich zieht. Auch hier sehen die HZDR-Forscher eine Alternative, um mithilfe von Phagen Seltene Erden aus zerkleinertem Gestein zu extrahieren.
Auch vollgelaufene Abraumhalden können so zu wertvollen Rohstoffvorkommen werden: Phagen mit spezifischen Protein-Bindungsstellen lassen sich – statt an Magneten – an Styroporkügelchen verankern und unter Wasser freisetzen. Auf ihrem Weg zur Wasseroberfläche binden sie selbst kleinste Mengen wertvoller Metalle aus der Grube und lassen sich danach leicht einsammeln.
Bei dem Verfahren handelt es sich jedoch noch um Grundlagenforschung. „Unsere Forschung steht noch am Anfang und eine praktische Anwendung wird noch einige Zeit auf sich warten lassen. Unser Ziel ist es, mit unserer innovativen Technologieplattform das Recycling erheblich zu verbessern“, so Biologin Dr. Franziska Lederer vom HZDR.
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