Waren auf dem Seeweg zu versenden, ist aktuell kompliziert. Denn Containerfracht ist derzeit besonders teuer. Das liegt vor allem daran, dass Container per se rar geworden sind. Oft hängen sie in Häfen fest, weil sie nicht entladen werden können. Die Folgen des ersten Corona-Lockdowns in Asien, den USA und Europa sind immer noch nicht komplett aufgeholt. Alternativ fehlen Rückfrachten, wo entladen wurde, und Reeder schicken ungern leere Container auf die Reise zurück. Im Oktober 2021 galt der Hafen von Los Angeles, USA, als ein Schwarzes Loch für Container - das Abladen und Weiterverschicken ins Landesinnere stockte und die Schiffe standen im Pazifik Schlange.
Wie der Freightos Baltic Index zeigt, kostet die Buchung eines 40-Fuß-Containers im globalen Schnitt derzeit 9.9.232 US-Dollar (KW16). Anfang September 2021 waren es sogar 11.100 US-Dollar. Vor etwas über zwei Jahren mussten hierfür lediglich 1.350 US-Dollar aufgewendet werden (21.2.2020) – eine Steigerung um mehr als das Siebenfache.
Der Freightos Baltic Index ist ein täglicher Frachtcontainerindex, der von Baltic Exchange und Freightos erhoben wird. Der Index misst die globalen Containerfrachtraten, maßgeblich sind dabei die Spotraten für 40-Fuß-Container. Insgesamt sind zwölf Frachtrouten unter Beobachtung.
Route von China nach Europa und USA am teuersten
Wie die Auswertung zeigt, ist der Warenversand von China in Richtung USA und nach Europa besonders kostenintensiv. Hintergrund: Nach dem Ende der Lockdowns führte eine Mischung aus stark anspringender Nachfrage und extrem knappen Kapazitäten bei Containern zu der Preisexplosion.
In umgekehrter Richtung, also von Europa in Richtung Asien, kosten die Frachten dagegen nur einen Bruchteil.
Die weltweite Containertransportmenge ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Im Jahr 2015 belief sich die weltweite Containertransportmenge auf rund 136 Millionen TEU. Laut Prognosen sollen es im Jahr 2022 etwa 161 Millionen TEU sein. Im Jahr 2020 ging die Containertransportmenge jedoch coronabedingt leicht zurück. Regional betrachtet sind die Verkehre zwischen Nordamerika und Europa am stärksten zurückgegangen.
Frachtraten in KW 16/22 für ausgewählte Routen
- China - USA (Ost): 17.150 US-Dollar
- China - USA (Westküste): 15.764 US-Dollar
- China - Mittelmeer: 12.592 US-Dollar
- China - Nordeuropa: 11.882 US-Dollar
- Europa - Südamerika (West): 8.220 US-Dollar
- Nordeuropa - USA (Ost): 7.957 US-Dollar
- USA (Ost) - Nordeuropa: 666 US-Dollar
- Nordeuropa - China: 777 US-Dollar
- Mittelmeer - China: 1.364 US-Dollar
Experten rechnen nicht damit, dass die Frachtkosten für den Seetransport auf absehbare Zeit wieder auf das Vor-Corona-Niveau sinken. Die Nachfrage nach Gütern, die vor allem per Schiff transportiert werden, hat während der Pandemie stark zugenommen. Auch sind viele Läger von Produzenten, Händlern und Zulieferern immer noch leer, diese harren noch der Auffüllung. Das dürfte noch Monate dauern.
Die Nachfrageseite wird zudem durch milliardenschwere Infrastrukturpakete der Regierungen weltweit befeuert. Und die Angebotsseite? Gerade in China ist es schwer einzuschätzen, wie sich die Pandemie entwickelt und welche weiteren Maßnahmen die Regierung ergreift. Die Regierung verfolgt bislang ihre rigide Null-Covid-Strategie weiter. So sind die Folgen des aktuellen Lockdowns in Shanghai noch nicht absehbar. Immerhin ist das der größte Containerhafen der Welt - im Hafengebiet von Shanghai wurden 2021 mehr als 47 Millionen Standardcontainer umgeschlagen, mehr als an jedem anderen Ort der Welt. Laut dem Datenanbieter VesselsValue stehen mehr als 300 Frachtschiffe vor dem Hafengebiet der chinesischen Wirtschaftsmetropole im Stau, um be- oder entladen zu werden.
Der Anteil der Güter auf Schiffen, die sich zurzeit nicht bewegen, liegt mit knapp zwölf Prozent schon jetzt fast so hoch wie zu Spitzenzeiten 2021, wie das "Handelsblatt" unter Berufung auf Daten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) berichtet.
Mangelware Container
Darüber hinaus bleiben Container nach wie vor Mangelware. Vielleicht nicht so sehr wie zu Hochzeiten der Krise, aber dennoch fehlen sie meist dort, wo sie aktuell gebraucht werden. Leerfahrten sind die Folge, deren Kosten wiederum auf die nächste Fahrt umgelegt wird. Auch die Produktion neuer Container wurde bislang vernachlässigt. Von den pro Jahr gefertigten etwa vier Millionen Containern war der Großteil als Ersatz für ausgemusterte Boxen gedacht. Der Bestand blieb nahezu unverändert.
Logistik-Experten wie Prof. Joachim G. Schäfer raten daher, dass sich Beschaffer auf ein "New Normal" einstellen, das sich deutlich von dem Zustand vor der Pandemie unterscheidet. Wie schnell sich dieses neue Gleichgewicht einstellen wird, darauf ist aber auch er gespannt.
Die Autorin: Dörte Neitzel
Dörte Neitzel ist Wissens- und Infografik-Junkie vom Dienst. Dinge und Zusammenhänge zu erklären ist ihr Ding, daher beschreibt sie sich selbst auch gern als Erklärbärin mit Hang zur Wirtschaft – was einem lange zurückliegenden VWL-Studium geschuldet ist. Nach einigen Stationen im Fachjournalismus lebt sie dieses Faible bevorzugt auf der Webseite der TECHNIK+EINKAUF aus und taucht besonders gern ab in die Themen Rohstoffe und erneuerbare Energien.
Privat ist Südfrankreich für sie zur zweiten Heimat geworden, alternativ ist sie in der heimischen Werkstatt beim Schleifen, Ölen und Malern alter Möbel zu finden oder in südbayerischen Berg-und-See-Gefilden mit Hund im Gepäck unterwegs.
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