Die Materialkosten zu trimmen ist eine klassische Aufgabe von Einkäufern. Und das über Generationen hinweg. Eigentlich sollte das mittlerweile eine leichte Übung sein. Ist es aber nicht.
Mache beißen sich daran die Zähne aus, andere vernachlässigen ihre Hausaufgaben – beides fahrlässig. Denn weil sich der Einkauf nicht selten lieber um die Beschaffung der attraktiven A-Materialien kümmert, verpuffen Potenziale auf dem Sektor der C-Teile und B-Teile.
Das gilt auch für Unternehmen, die stolz sind auf ihre hart erarbeitete Transparenz ihrer Lieferkette rühmen. Hut ab, wer hier bereits einen großen Schritt geschafft hat. Wer darüber aber andere Bereiche seiner Hausaufgaben vernachlässigt, kann sich eigentlich nicht allzu vollmundig als „wertschöpfend“ bezeichnen.
Dabei ist die konsequente Beschaffung des indirekten Materials alles andere als unsexy. Technische Tools helfen, Licht in dunkle Ecken zu bringen. Es kann so einfach sein, die Bilanz unerwartet und vergleichsweise kostengünstig aufzufrischen.
ABC-Analyse: Warum B-Teile und C-Teile oft hintenüber fallen
A-Teile machen in der Regel 70 bis 80 Prozent der Materialkosten aus und stehen darum auch im Mittelpunkt der Einkaufsarbeit. Man kennt die Beschaffungsmärkte genau und weiß, welche Folgekosten das A-Material durch Cost-of-Quality verursachen.
Die 20 bis 30 Wertprozente der B- und C-Materialien haben vielfach keine Priorität. Zum einen aufgrund der immensen Vielfalt benötigter Teile, zum anderen wegen der Vielschichtigkeit der Beschaffungsmärkte.
Wie viel Bedarf gibt es überhaupt?
In der Regel herrscht kaum Transparenz hinsichtlich der Bedarfe der vielen zu versorgenden Kollegen in den diversen Abteilungen.
Wer kennt schon genau die Spezifikation seiner Packmittel? Wer hat alle wesentlichen Informationen ausschreibungsfähig aufbereitet? Wer kann sein Kunststoffgleitlager materialseitig so genau spezifizieren, dass die führenden europäischen Hersteller in einer Ausschreibung um den Auftrag „ringen“?
Maverick Buying birgt Risiken
Der Bereich indirekte Materialien erfordert Aufmerksamkeit, Aufwand und – ja – Durchsetzungsvermögen.
Maverick Buying birgt unabhängig von der erreichten Quote nicht kalkulierbare Abwicklungs-, Gewährleistungs- und Compliance-Risiken. Wer seinen internen Bedarfsträgern weiterhin durchgehen lässt oder besser: erlaubt, Bedarfe auf eigene Faust zu „regeln“ („Der Einkäufer versteht eh nicht genau, was ich brauche“), sollte erst einmal seine eigene Mannschaft in Schuss bringen.
Der Einkauf muss (technische) Kenntnisse und Verständnis für Produkte, Komponenten und Verwendungszecke beweisen, bevor sich die leidige Maverick-Buying-Quote durch entsprechende Maßnahmen (mit Überwachungs- und Sanktionsmechanismen) signifikant und belegbar senken lässt.
Bei so manchem Einkaufsleiter gilt eine auf 20 Prozent gedrückte Quote schon als beachtlicher Erfolg – aber: Da geht noch mehr! Lieferanten sind allein schon deshalb zu Zugeständnissen bereit, wenn bei Preisgesprächen mit ihrem „bekannten und beliebten“ Bedarfsträger jetzt auch ein Einkäufer mit im Zimmer oder Web-Meeting sitzt.
Markt per Business Intelligence scannen
Bevor der Einkauf sich aber in Lieferantengespräche begibt, sollte man sich einen Überblick über Markt, Anbieter und Preise verschaffen, das aber wohlgemerkt systemunterstützt. Einkäufer verschaffen sich Transparenz durch Nutzung von Lösungen, die auf Business Intelligence (BI) beruhen.
Was sollten solche Systeme können? Beispiel ist die 4EBIT-Suite.
- Klassifizierung aller Bedarfe
- Anreicherung der Daten durch Auslesen von Rechnungsinformationen
- Nutzung des Lieferantenwissens zur Stammdatenanreicherung
Daraus lassen sich Beschaffungsstrategien für einzelne Warengruppen entwickeln:
- Identifikation geeigneter Beschaffungsmärkte
- Auswahl der richtigen Distributionsstufe
- Identifikation geeigneter Partner (passende Größe, richtige Philosophie, Wille zu gemeinsamem Wachstum, geeignete Kostenstruktur, Innovationskraft)
Und nun folgt sauberes Handwerk: Ausschreibung, Qualifizierung von Lieferanten und neuen Artikeln, Ramp-up mit den neuen Partnern, Implementierung digitaler Prozesse von Forecasting über Bestellung bis Rechnungsabwicklung.
Immer informiert mit den Newsletter von TECHNIK+EINKAUF
Hat Ihnen gefallen, was Sie gerade gelesen haben? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Zwei Mal pro Woche halten wir Sie auf dem Laufenden über Neuigkeiten, Trends und Wissen rund um den technischen Einkauf - kostenlos!
Beispiel: Büromöbelproduzent aus Baden-Württemberg
Das Unternehmen hat seine Materialquote selbstkritisch hinterfragt. Die Analyse der A-Teile ergab eine hohe Wettbewerbsfähigkeit. Bei den B- Teilen und C-Teilen zeigte das Benchmarking hingegen bemerkenswerte Potenziale auf.
Das daraufhin gestartete Optimierungsprojekt begann mit der Analyse der Beschaffungsdaten. Die nächsten Schritte waren:
- Klassifizierung und Anreicherung der beschafften Artikel
- Strukturierung in Beschaffungswarengruppen
- Identifikation der für eine Einkaufsoptimierung geeigneten formfallenden Teile (Druckguss- und Spritzguss) und Packmittel
- Analyse von Dienstleistungen auf Kostenpotenziale: wie externe Bearbeitung (Schwerpunkt Oberfläche)
- Wertanalyse wichtiger Teile und Dienstleistungen
- Ausschreibung
- Freifahren neuer Lieferanten
- Verhandlungen mit Bestandslieferanten
Ergebnis: In Summe konnten die Einkäufer, durch temporären externen Support gestärkt, Einsparungen von mehr als 15 Prozent auf die aktuellen Stückkosten der untersuchten Bereiche erzielen.
Da diese rund 20 Prozent der Materialkostenquote umfassten, ergab sich also eine Reduzierung der Materialquote um 3%. Insgesamt verbesserte sich die EBIT-Quote um beachtliche 1,5 Prozent.
Fazit: Es lohnt sich also, die B-Teile und C-Teile gezielt zu managen. Respektable Ergebnisse lassen sich freilich erst dann erzielen, wenn Warengruppen-Know-how, Business Intelligence und temporäre zusätzliche Ressourcen richtig eingesetzt werden.