Flagge Südkorea

Die koreanische Kultur ist zutiefst durch die Lehre Konfuzius geprägt. Diese philosophische Deutung der Welt beschreibt die Stellung des Einzelnen zu seinen Mitmenschen anhand von Werten wie Treue und Loyalität gegenüber der sozialen Gruppe sowie Respekt vor Älteren und Vorgesetzten.

Konfuzius und die Macht der Gruppe

Harte Arbeit und Bildung gelten als ehrenhafte Wege zum Erfolg. In der konfuzianistischen Gesellschaft Koreas gehört der Einzelne mehreren Großgruppen an, deren Mitglieder eine gemeinsame Erfahrung teilen. Solche Gruppen können die Absolventen der gleichen Hochschule, die Mitarbeiter des gleichen Unternehmens oder die Bewohner des gleichen Hauses sein. Die Familie ist die wichtigste Gruppe, der der Einzelne verpflichtet ist.

Geschäfte machen Koreaner vorzugsweise mit Mitgliedern der Gruppe, der sie selbst angehören. Als Ausländer haben Sie somit noch vor der ersten Verhandlung eine große Herausforderung zu meistern: Um überhaupt zu einem möglichen Geschäftspartner zu werden, müssen Sie einem Koreaner zunächst beweisen, dass dieser nicht sein Gesicht verliert oder an seiner Verantwortung gegenüber den anderen Mitgliedern der Gruppe scheitert, wenn er Sie in Kontakt mit seinem Unternehmen bringt.

Werden Sie zum Beziehungsmanager

Persönliche Beziehungen sind im Land der Morgenstille somit der Schlüssel zum geschäftlichen Erfolg. Allerdings können Sie diese Beziehungen anfänglich auch „leihen“, indem Sie einen professionellen koreanischen Vermittler engagieren. Dieser öffnet Ihnen die Türen zu Unternehmen und Behörden.

Wenn Sie Ihr „liaison officer“ anderen Koreanern vorstellt, werden sie diese ausgiebig befragen – nach Ihrem Alter, Verdienst, Ihren Familienverhältnissen und Ihrer Religion. Fast nichts ist dabei tabu. Befriedigen Sie die Neugier Ihrer Gesprächspartner. Diese sind ernsthaft an Ihnen interessiert und wollen mehr über Ihr Alter und Ihren Status erfahren, um Ihnen den nötigen Respekt zollen zu können.

Sobald Sie eigene Beziehungen aufgebaut haben, sollten Sie diese intensiv pflegen. Besuchen Sie Geschäftspartner jedes Mal, wenn Sie in Südkorea sind. Außerdem gilt: Die richtigen Geschenke erhalten die Freundschaft. Große Freude wecken Sie mit hochwertigen Alkoholika, einem Füller, Porzellan oder einer klassischen CD.

Zu teuer sollten die Präsente allerdings nicht sein. Denn Koreaner fühlen sich verpflichtet, sich mit einem gleichwertigen Geschenk zu revanchieren. Packen Sie Geschenke jedoch unbedingt ein – auch wenn es als unhöflich gilt, sie in Anwesenheit des Schenkenden auszupacken. Vergessen Sie außerdem nicht, dass sich Koreaner auch an hohen Feiertagen wie dem koreanischen Erntedankfest „Chuseok“, zu Beginn des Mondjahres und an Weihnachten beschenken.

„Kinbun“, das Gesicht eines Menschen ist unantastbar

Wer im Land der Morgenstille die Harmonie der Gruppe stört, zu der er gehört, verliert sein Gesicht. Das gilt auch für Verhandlungen. Meinungsverschiedenheiten tragen Koreaner deshalb unter keinen Umständen offen aus.

Bleiben Sie deshalb selbst dann ruhig und freundlich, wenn Sie der Vertreter eines koreanischen Zulieferers verärgert hat. Denn Koreaner kritisieren oder widersprechen sich niemals vor anderen. Damit würden sie Ihrem Gegenüber signalisieren, dass dieses sich nicht so verhalten hat, wie es die Harmonie der Gruppe erfordert.

Lassen sich daher auch Sie nicht anmerken, wenn Sie etwas in Verhandlungen verärgert oder frustriert – ein dickes Fettnäpfchen wäre der erhobene Zeigefniger. Ihr Gegenüber würde ihr Gesicht verlieren. Das Geschäft wäre geplatzt.

Zwischen den Zeilen ist viel Raum – Kommunikation auf Koreanisch

Eine klare Ab- oder Zusage werden Sie von einem Koreaner nie bekommen. Denn durch ein direktes „Nein“ verlieren in der südkoreanischen Gesellschaft alle an einem Gespräch beteiligten Personen ihr Gesicht. Wer die offene Abfuhr erhält, wird in seiner Würde und seinen Gefühlen verletzt. Wer das „Nein“ ausspricht, stört dadurch die Harmonie der Gruppe.

Klare Absagen verpacken Koreaner daher immer in Floskeln wie „Ich werde es versuchen“ oder „wir werden Ihren Vorschlag prüfen“. Koreaner legen sich aber auch nicht gerne auf ein klares „Ja“ fest. Oft drücken Sie mit dem Wort nur aus, dass Sie die Äußerung eines Gesprächspartners vernommen haben, oder sagen „Ja“, um nicht unhöflich zu sein.

Für Verhandlungen im Land der Morgenstille gilt deshalb: Hören Sie sehr genau zu. Versuchen Sie aus den indirekten Äußerungen herauszuhören, was Ihr Geschäftspartner Ihnen sagen möchte. Bringen Sie Koreaner am besten gar nicht erst in die Verlegenheit, Fragen mit einem eindeutig „Ja“ oder „Nein“ beantworten zu müssen. 

Seien Sie bescheiden

Eines geht im Land der Morgenstille gar nicht: ein Überschuss an Emotionen. Da Bescheidenheit und Geduld die Harmonie in der Gruppe sichern, sind sie die wichtigsten Tugenden für Koreaner. Zu lautes, forderndes und kumpelhaftes Auftreten stoßen dagegen ab.

Allerdings gibt es Ausnahmen: So ist es akzeptiert, dass Manager in Verhandlungen emotional werden. Wenn Sie Ihr Unternehmen vorstellen, sollten Sie außerdem beachten, dass Koreaner mit den Größenordnungen des deutschen Mittelstandes nichts anfangen können. Sie sind an gewaltige Konzerne wie Samsung oder Hyundai gewöhnt und mit 2.000 Mitarbeitern nicht zu beeindrucken.

Verweisen Sie deshalb lieber darauf, dass Sie Weltmarktführer in Ihrer Branche sind und welche internationalen Konzerne Sie zu Ihren Kunden zählen. 

“hwal“ – Die Kunst des Verbeugens

Die Begrüßung macht den Fremden zum Bekannten. Deshalb hat sie in Korea eine viel größere Bedeutung als im Westen. Zwar ist es im Geschäftsleben inzwischen üblich, sich die Hand zu geben. Traditionell jedoch verbeugen sich Koreaner, wenn sie sich begrüßen.

Dabei drückt die Tiefe des Bücklings aus, wieviel Respekt Sie Ihrem Gesprächspartner entgegenbringen. Oft folgt ein weicher Händedruck auf die Verbeugung. Warten Sie jedoch ab, ob Ihnen ein Koreaner, der älter ist oder in der Unternehmenshierarchie höher steht als Sie, die Hand reicht.

Schauen Sie Ihrem Gegenüber beim Handschlag unbedingt in die Augen. So drücken Sie Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und echtes Interesse an Ihrem Gesprächspartner aus.

Verbeugung auf Koreanisch
Die perfekte Verbeugung spielt in Korea eine große Rolle um den gebührenden Respekt zu bezeugen. (Bild: ake1150-adobestock.com)

Beachten Sie von Anfang an die Hierarchien

Erfolgreiche Verhandlungen sind in Südkorea nur unter Partnern möglich, die in ihren Unternehmen auf der gleichen hierarchischen Ebene stehen. Vielleicht erreichen Sie als Einkaufsleiter also ein zufriedenstellendes Ergebnis, wenn Sie mit dem Verkaufsleiter des koreanischen Lieferanten sprechen.

Soll aus einer Lieferbeziehung jedoch eine langfristige Zusammenarbeit werden, muss der koreanische Geschäftsführer schon mit dem deutschen Unternehmensleiter sprechen.

Überlegen Sie genau, welche Funktionsbezeichnung Sie verwenden, wenn Sie mit koreanischen Unternehmen Kontakt aufnehmen. Denn Titel sind im Land der Morgenstille kein schmückendes Beiwerk. Sie zeigen an, wo sie in der Hierarchie stehen und haben Einfluss darauf, wer im koreanischen Unternehmen mit Ihnen sprechen wird.

Bringen Sie zu Verhandlungen viel Ausdauer mit

Koreaner treffen neue Geschäftspartner immer und immer wieder, bevor sie ein Geschäft abschließen. Bei den ersten Begegnungen geht es dabei ausschließlich darum, sich zu beschnuppern und kennenzulernen – nicht um das Geschäft. Hinterlassen Sie dabei unbedingt einen makellosen Eindruck. Denn Koreaner legen sehr viel Wert auf das, was sie sehen und bilden sich schon aufgrund des Erscheinungsbildes ein Urteil über eine Person. Dieses steht dann fest und beeinflusst den Verlauf der weiteren Gespräche maßgeblich.

Die Treffen folgen in der Regel zwar zahlreichen Ritualen, aber nur selten einer klar erkennbaren Agenda. So geht nichts, ohne, dass Ihnen zunächst „Tee“ angeboten würde. Nehmen Sie das Angebot an, auch wenn Sie Ihre Tasse danach nicht anrühren.

anfänglichen Small Talk, springen Koreaner beim Gespräch über den eigentlichen Verhandlungsgegenstand dann ohne erkennbaren Zusammenhang von einem Punkt zum anderen. Sie kehren immer wieder zu Fragen zurück, die sie bereits zuvor mit Ihnen besprochen haben. Das wirkt chaotisch, hat für Koreaner aber durchaus Struktur. Denn sie betrachten nicht einen Punkt nach dem anderen, sondern den Zusammenhang, der zwischen allen Aspekten eines Themas besteht.

Lassen Sie sich davon nicht irritieren. Weisen Sie allenfalls höflich auf die Punkte hin, die aus Ihrer Sicht Vorrang haben. Geben Sie Ihren Gesprächspartnern ausreichend Zeit, um auszusprechen und hören Sie zu.

Stellen Sie sich darauf ein, dass Koreaner hart im Verhandeln sind und Spaß am Feilschen haben. In der Regel machen Geschäftsleute auf der koreanischen Halbinsel zu Verhandlungsbeginn ein Angebot, das viel Raum für Zugeständnisse lässt. Tun Sie das gleiche, machen Sie aber keineswegs zu früh Konzessionen. Denn wer zu weich ist, gilt in Korea als unprofessionell. Gehen Sie deshalb mit einer klaren und unverrückbaren Preisvorstellung in Verhandlungen und bereiten Sie die Zugeständnisse vor, die Sie ihrem Gesprächspartner machen können, ohne dabei selbst etwas aufgeben zu müssen.

Aus der Verbeugung mit der sich Ihre Gesprächspartner nach den Gesprächen von Ihnen verabschieden, können Sie Rückschlüsse darauf ziehen, wie gut die Verhandlung aus Sicht der Koreaner gelaufen ist. Ein ausgeprägter Bückling deutet auf Zufriedenheit hin, ein bloßes Kopfnicken auf das Gegenteil. 

Singen Sie sich zum Erfolg

Den Durchbruch bei Verhandlungen erreichen Sie oft nicht am Konferenztisch, sondern beim anschließenden gemeinsamen Essen und Zug durch die Karaoke-Bars. Koreaner pflegen in Restaurants und Bars ihre Beziehungsnetzwerke und entscheiden, ob Sie sie für ehrenhaft und vertrauenswürdig halten. Nur wenn die Antwort positiv ausfällt, kommt das Geschäft zustande. Dann lassen sich abseits des Konferenzraums jedoch auch Probleme lösen, die zunächst unlösbar zu sein schienen.

Auch die endgültige Entscheidung fällt nicht selten bei einer feuchtfröhlichen Runde in der Karaokebar. Selbstverständlich stellen dabei auch Sie Ihr Talent unter Beweis. Machen Sie allerdings keine Zusagen, die Sie nicht ernst meinen. Koreaner nehmen Sie auch nach dem Konsum großer Mengen Alkohols beim Wort.

Statistisch gesehen trinken Koreaner übrigens mehr Alkohol als die Bürger jedes anderen Landes. Wenn Sie nicht mittrinken wollen, haben Sie nur zwei Ausreden zur Verfügung: Ihre Gesundheit und Ihre Religion

Buchen Sie einen kompetenten Dolmetscher

Verhandeln Sie in Korea nie ohne Dolmetscher. Zwar sprechen viele junge Südkoreaner gut Englisch. Ihre meist älteren Vorgesetzten beherrschen die Sprache hingegen oft nicht. Sie jedoch treffen die Entscheidungen.

Lassen Sie sich deshalb einen Dolmetscher empfehlen, dem sie vertrauen können. Dieser sollte nicht nur Deutsch und Koreanisch muttersprachlich beherrschen, sondern auf Wirtschaftsthemen und technische Übersetzungen spezialisiert sein.

Damit Sie Ihr Übersetzer korrekt widergeben kann, sollten Sie sich bemühen, während der Verhandlung auch auf Deutsch knapp und klar zu formulieren. So beugen Sie Übersetzungsfehlern vor. Machen Sie außerdem häufig Sprechpausen, damit Ihr Dolmetscher das Gesagte möglichst genau übersetzen kann.

Fassen auch Sie selbst das, was Sie gesagt haben immer wieder zusammen und fragen Sie nach, ob ihre koreanischen Partner Sie verstanden haben. Koreaner würden nie von sich aus zugeben, wenn dem nicht so wäre.

Ihren Dolmetscher werden Sie übrigens spätestens dann dringend brauchen, wenn Sie mit Südkoreanern über große Zahlen sprechen. Denn diese wenden das Dezimalsystem nur bis zur Zahl 10.000 an. Danach multiplizieren sie die 10.000, um den entsprechenden Betrag auszudrücken. Statt fünf Millionen sagen sie also „500 Zehntausend“. Um Missverständnisse zu vermeiden, schreiben Sie große Zahlen am besten auf.

Nicht nur Ihr Dolmetscher vor Ort wird Ihnen helfen, sich im Land der Morgenstille verständlich auszudrücken. Bringen Sie auch ins Koreanische übersetzte Unterlagen über Ihr Unternehmen und Ihre Produkte mit. Mit hochwertigen Übersetzungen zeigen Sie Koreanern zudem, dass Sie an langfristigen Beziehungen interessiert sind. 

Gehen Sie respektvoll mit Visitenkarten um

Bringen Sie viele Visitenkarten mit. Denn diese verteilen koreanische Geschäftspartner bei jeder Gelegenheit. Lassen Sie Ihre Karte zweisprachig auf Deutsch und Koreanisch und auf hochwertigem Papier drucken. Visitenkarten dienen in Korea dazu, die Stellung des Gesprächspartners in der Hierarchie seines Unternehmens zu ermitteln.

Angaben wie „Manager“, „Salesmanager“, „Technical Support“ oder „Ingenieur FH“ helfen Koreanern dabei allerdings nicht weiter. Auf ihren Visitenkarten finden sich Angaben wie „President“, „General Manager“ oder „Head of…“, die helfen jemanden in der Hierarchie einzuordnen.

Überreichen Sie Ihre Visitenkarte immer mit zwei Händen. Achten Sie darauf, dass die koreanische Seite ihrem Gesprächspartner zugewandt ist. Halten Sie die Karte so herum, dass der Empfänger sie lesen kann.

Behandeln Sie Karten, die Sie selbst erhalten, mit äußerstem Respekt. Sie sind das „Gesicht“ Ihres Gesprächspartners. Nehmen Sie Visitenkarten mit beiden Händen entgegen. Studieren Sie die Karte mit angemessener Aufmerksamkeit. Lassen Sie sie auf gar keinen Fall sofort in einer Tasche verschwinden oder notieren Sie etwas auf der Karte. Legen Sie die Karten, die Sie erhalten haben, während der Verhandlung vor sich auf den Tisch.

Machen Sie sich das koreanische Rechtsverständnis zu Nutze

Grundsätzlich hat das vertrauens- und respektvolle Verhältnis zu Ihnen für Koreaner mehr Bedeutung als jeder Vertrag. Dennoch sind schriftliche Vereinbarungen im Geschäftsleben auf der koreanischen Halbinsel kein überflüssiges Beiwerk, sondern juristische Grundlage jeder Zusammenarbeit.

Allerdings handhaben Koreaner Verträge flexibel und passen sie an, wenn sich Rahmenbedingungen ändern. Dieses Prinzip sollten Sie sich auch zu eigen machen. Denn wenn Sie einen guten Vertrag abgeschlossen haben, liegt es an Ihnen, ob Sie später Zugeständnisse machen wollen oder nicht.

Da sich die Väter des koreanischen Zivilrechts am deutschen Vorbild orientierten, kommt deutschen Kaufleuten im Rechtsverkehr in Südkorea vieles bekannt vor. Ebenso hilfreich ist es in Streitfällen, dass koreanische Richter stolz auf ihre Unabhängigkeit sind und Prozesse nur etwa halb so lange dauern wie in Deutschland.

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