
Graphit ist nicht nur in Stiften zu finden (Bild: Pixabay/Bluesnap)
Wenigstens 8.000 Menschen kamen in den vergangenen dreißig Jahren durch Graphit ums Leben. Denn als Anatoli Stepanowitsch Djatlow am 29. April 1986 im russischen Kernkraftwerk Tschernobyl einen vollständigen Stromausfall simulierte, verstieß er gegen grundlegende Sicherheitsvorschriften und verursachte so die Explosion des Meilers und den Brand des dort als Moderator eingesetzten Graphits.
Das Mineral reduziert in bestimmten Reaktoren die Bewegungsenergie der bei der Kernspaltung freigesetzten Neutronen und dient so unter anderem dem Strahlenschutz. Weil das Graphit bei der Katastrophe in Tschernobyl trotz seines mit 3.750 Grad Celsius extrem hohen Schmelzpunktes verbrannte, konnte es diese Aufgabe nicht mehr erfüllen. Dreißig Menschen starben deshalb während des GAUs, wenigstens 8.000 seitdem an durch die freigesetzte Radioaktivität verursachtem Schilddrüsenkrebs. Graphitbrände in Atomkraftwerken hatten auch schon vor der Katastrophe in der Ukraine Menschenleben gefordert. So starben in Folge des Graphitbrands im britischen Sellafield 1957 über 240 Menschen an Lungenkrebs.
Obwohl das schwarze, fettige und sehr weiche Element somit als Moderator in der Kerntechnik verbrannt ist, können Unternehmen in vielen anderen Bereichen nach wie vor nicht auf Graphit verzichten.
Graphit ist reiner Kohlenstoff
Das Element ist neben Diamant und Fulleren die dritte stabile Form von Kohlenstoff. Es zeichnet sich nicht nur durch seine extreme Hitzebeständigkeit und Widerstandskraft gegen Säuren und Laugen aus, sondern eignet sich auch hervorragend als Schmiermittel, ist elektrisch leitfähig und lässt sich synthetisch aus Pech- und Petrolkoksen herstellen.
Künstliches Graphit, wie es unter anderem Zulieferer wie die Wiesbadener SGL Carbon Group herstellen, verarbeiten Unternehmen in der Elektroindustrie unter anderem zu Kraftstoffzellen, Kohlebürsten für Elektromotoren und Elektroden für Lichtbogenlampen und -öfen für die Stahlproduktion. Dabei gehen pro Tonne erzeugten Stahls im Schnitt 1,1 Kilogramm der eingesetzten Elektrode verloren.
Graphit wichtig bei Stahlproduktion
Aufgrund seiner Hitzebeständigkeit stellt die Stahlindustrie mit Graphit auch Schmelztiegel sowie Gussformen her und kleidet damit Öfen aus. Außerdem reichert sie mit dem Rohstoff Stahl an, damit sich diese bei der Herstellung leichter härten lassen. Für diese Anwendungen verwenden Stahlkocher in der Regel natürliches Graphit. Insgesamt verarbeitet die Stahlindustrie rund 70 Prozent der auf dem Weltmarkt angebotenen Mengen des Halbmetalls.
Im Maschinenbau und der Automobilindustrie finden etwa 20 Prozent des verfügbaren Graphits bei der Produktion von Bremsbelägen, als Trockenschmiermittel oder Werkstoff zur Herstellung von selbstschmierenden Lagern und Dichtungen Verwendung. Wobei Bremsbeläge heute fast ausschließlich aus recyceltem Graphit bestehen.
Der Reinheitsgrad macht den Unterschied
Ausschließlich reinstes natürliches Graphit verarbeiten hingegen die Hersteller von Batterien und Lithium-Ionen-Akkumulatoren zu den Anoden ihrer Energiespeicher. Pro Kilowattstunde Leistung, die eine Batterie etwa in einem Elektro-Fahrzeug erbringt, brauchen sie 1,1 Kilogramm des schwarzen Minerals. Damit verbauen die Hersteller bis zu zehn Mal soviel Graphit wie Lithium.
Für diesen Einsatz eignet sich jedoch nur etwa ein Achtel der 1,2 Millionen Tonnen natürlichen Graphits, die Minenbetreiber weltweit jedes Jahr aus dem Boden holen. Dies könnte für deutsche Einkäufer in Zukunft zu einem Problem werden. Denn während es für Anwendungen in der Stahl- und Automobilindustrie auch künftig ein ausreichend großes Angebot an dem Rohstoff geben wird, könnte die Versorgung mit reinstem Naturgraphit kritisch werden. Zum einen wird sich die Nachfrage nach dem Werkstoff in den kommenden zehn Jahren verdoppeln. Das hat die auf die Batteriebranche spezialisierte französische Unternehmensberatung Avicenne errechnet. Zum anderen kontrolliert China 65 Prozent des Marktes für Naturgraphit.
Da die Volksrepublik chinesischen Herstellern von Lithium-Ionen-Batterien einen Wettbewerbsvorteil verschaffen will, hat sie die Ausfuhr von Graphit zudem mit einer 20-prozentigen Exportsteuer belegt. Zusätzlich fallen 17 Prozent Wertsteuer an. Dies macht reines Graphit für Einkäufer aus anderen Ländern erheblich teurer und schwerer zu bekommen.

Graphitversorgung ist für viele Branchen nur mäßig kritisch
Entspannter können hingegen Beschaffungsprofis in der Stahl- und Automobilindustrie sein. Immerhin lässt sich das Graphit, das sie benötigen oft auch künstlich herstellen. Außerdem können sie den Stoff auch in anderen Staaten sourcen. So kommen mit 170.000 Tonnen immerhin 14,2 Prozent des weltweit angebotenen Graphits aus Indien. Brasilien steuert mit 80.000 Tonnen 6,7 Prozent bei, die Türkei mit 32.000 Tonnen immerhin noch 2,7 Prozent. Kanada und Mexiko liefern jeweils rund 1,8 Prozent des Angebots. Selbst in Deutschland fördert die Graphit Kropfmühl GmbH im Bergwerk Kropfmühl im Bayerischen Wald seit 2012 wieder mehrere hundert Tonnen Graphit pro Jahr.
Keinen Anlass zur Sorge bieten auch die weltweit vorhandenen Reserven des Rohstoffs in Höhe von 250 Millionen Tonnen. Bei der aktuellen globalen Jahresförderung wären sie erst in 208 Jahren erschöpft. Die Ressourcen schätzen die Geologen des Geological Survey der Vereinigten Staaten sogar auf über 800 Millionen Tonnen. Diese haben eine Reichweite von 666 Jahren.
Länder mit den größten Graphitvorkommen
Anders als beim Abbau des Halbmetalls belegt die Volksrepublik in der Liste der graphitreichsten Staaten nicht den ersten Platz. Über die größten Vorkommen verfügt mit 90 Millionen Tonnen die Türkei. Das sind 36 Prozent der globalen Reserven. In Brasilien lagern mit 72 Millionen Tonnen 28,8 Prozent der Reserven. Erst auf Rang drei folgt mit 55 Millionen Tonnen China. Damit verfügt das Reich der Mitte nur über gut ein Fünftel der weltweiten bereits heute wirtschaftlich erschließbaren Vorkommen. Auf den Plätzen vier und fünf folgen Mozambik mit 13 Millionen Tonnen und Indien mit acht Millionen Tonnen Graphit.
Diese Reihenfolge könnte jedoch schon bald umstellungsbedürftig sein. Denn noch nicht gesicherten Berichten zufolge haben Geologen in Mozambik über 25 Millionen Tonnen Graphit entdeckt. Als eines der ersten Unternehmen will die bayerische Graphit Kropfmühl GmbH diese Vorkommen ausbeuten
Einkauf Rohstoff Graphit
Beschreibung | · Als eine stabile Form von Kohlenstoff ist Graphit aus Sicht der Chemie das Element „C“. Dieses hat die Ordnungszahl 6. · Graphit selbst ist ein sehr weiches, schwarzes mineralisches Halbmetall, das sowohl Eigenschaften von Metallen wie von nichtmetallischen Stoffen aufweist · Es ist widerstandsfähig gegen Säuren und Laugen sowie extrem hitzebeständig. Graphit schmilzt erst bei 3750 Grad. · Der Rohstoff lässt sich synthetisch aus Pech- und Petrolkoksen herstellen |
Verwendung | · Feuerfest- und Gussindustrie sowie Hochofenbau (40%) · Zusatzstoff der Stahlherstellung (30%) · Herstellung von Bremsbelägen, Kohlebürsten für Elektromotoren und Bleistiften (10%) · Produktion von Batterien und Akkus (10%)· Trockenschmiermittel (10 Prozent) |
Größte Förderländer von Graphit |
· China (65%) · Indien (14,2%) · Brasilien (3,3%) · Türkei (2,7%) · Nordkorea (2,5%) |
Größte graphitfördernde Unternehmen | chinesische Staatsunternehmen (68%) · Sozialisitische Republik Nordkorea (13%) · Nacional de Grafite (7%) · Vietnam Youngsun Tungsten Industry Co. (2,2%) · Grafite do Brasil (2%) · Timical Ltd. (2%) |
Vorhandene Reserven* | 250 Mio. Tonnen |
Vorhandene Ressourcen** | 800 Mio. Tonnen |
Statistische Reichweite der Reserven | 208 Jahre |
Statistische Reichweite der Ressourcen | 666 Jahre |
Recyclingquote | Da sich Graphit auch synthetisch herstellen lässt, wird es so gut wie nicht recycelt. |
Substituierbarkeit | Graphit lässt sich kaum ersetzen. Dies ist auch nicht nötig, da synthetisches Graphit oft an Stelle von natürlichem Graphit treten kann. In einzelnen Anwendungen lässt sich das Halbmetall durch Koks und Molybdän-Disulfid substituieren. |
Jahresabbau von Graphit 2016 weltweit | 1,2 Mio. Tonnen |
Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, US Geological Survey
*Reserven = aktuell bekannte, mit der vorhandenen Technologie rentabel ausbeutbare Vorkommen
**Ressourcen = aktuell bekannte, aber noch nicht rentabel ausbeutbare Vorkommen
Das sind die größten Bergbaufirmen

Platz 10: Norilsk Nickel - Josef Stalin beschloss 1935, ein Kombinat zu gründen, um auf der Taimyrhalbinsel in Sibirien Kupfer und Nickel abzubauen. Zwei Jahrzehnte schürften Gulag-Häftlinge die Rohstoffe. Heute setzt das ehemalige Kombinat über acht Milliarden US-Dollar um und ist der größte Rohstoffkonzern Russlands. Norilsk Nickel fördert zudem Metalle wie Palladium, Rhodium, Iridium und Kobalt sowie Gold, Silber und Platin. Minen in: Russland, Finnland, Südafrika. (Bild: Евгений Мирошниченко/AdobeStock)

Platz 8: Alcoa Corporation - Die US-amerikanische Alcoa Corporation betreibt sieben Bauxitminen sowie 14 Hütten und Raffinerien, in denen sie das Erz jedes Jahr zu rund 2,4 Millionen Tonnen Aluminium verarbeitet. Damit ist der Konzern der zweitgrößte Anbieter von Aluminium auf dem Weltmarkt nach der russischen RUSAL. Das fast 130 Jahre alte Unternehmen setzt jährlich gut neun Milliarden US-Dollar um. Minen in: Australien, Brasilien, Guinea, Surinam, Saudi Arabien. (Bild: Alcoa)

Platz 7: Anglo American - In den 100 Jahren seit seiner Gründung als Goldbergwerk hat sich Anglo American zu einem weltweit führenden Anbieter von Edel- und Sondermetallen wie Platin, Kupfer, Mangan oder Niobium entwickelt. Durch seine Mehrheitsbeteiligung an DeBeers ist der Konzern auch weltgrößter Anbieter von Diamanten. Mit diesen Rohstoffen sowie Eisenerz und Kohle erlöst das Unternehmen gut 23 Milliarden US-Dollar im Jahr. Minen in: Kanada, Kolumbien, Brasilien, Peru, Chile, Australien, Namibia, Südafrika, Botswana, Südafrika, Finland. (Bild: Pixabay)

Platz 6: China Shenhua Energy - Die China Shenhua Energy Company ist der größte Kohlekonzern Chinas. Neben Kohleminen und Eisenbahnlinien betreibt der Konzern zwei Häfen und elf Kohlekraftwerke mit einer Leistung von fast zwölf Gigawatt. Die Volksrepublik kann auf diesen Beitrag zu ihrer Energieversorgung nicht verzichten. Sie gewinnt fast zwei Drittel ihres Stroms mit klimaschädlichen Kohlekraftwerken. (Bild: Pixabay)

Platz 5: Vale - Vor zehn Jahren privatisierte der brasilianische Staat die 1942 gegründet Companhia Vale do Rio Doce. Die daraus entstandene Vale SA ist der größte Bergbaukonzern sowie eines der führenden Logistikunternehmen im rohstoffreichen Land am Zuckerhut. Mit Bergwerken, in denen Kohle, Kobalt, Kupfer, Mangan, Eisenerz, Nickel, Platin gefördert wird, einer Eisenbahnlinie, einer Reederei und diversen Hafenterminals setzt Vale rund 27,5 Milliarden US-Dollar im Jahr um. (Bild: Pixabay)

Platz 4: Rio Tinto - Im Jahr 1873 kauften britische Investoren die Kupferbergwerke Minas de Riotinto in Südspanien und gründeten die Rio Tinto plc. Heute setzt der Konzern mit Kupfer, Kohle, Eisenerz, Titan, Diamanten und Uran über 33 Milliarden US-Dollar im Jahr um. Seit der Übernahme des kanadischen Aluminiumproduzent, Alcan, 2007, ist Rio Tinto auch der weltweit drittgrößte Hersteller des Leichtmetalls. (Bild: Rio Tinto)

Platz 3: BHP Billiton - Im Jahr 2001 schlossen sich die britische Billiton und die bereits 1885 gegründete australische Broken Hill Proprietary Company, BHP, zum heute drittgrößten Rohstoffkonzern der Welt zusammen. Mit Eisenerz, Kohle, Kupfer, Zink, Nickel und Öl setzt das Unternehmen gut 38 Milliarden US-Dollar um. Der Name Billiton leitet sich von der zinnreichen indonesischen Insel Belitung ab. (Bild: BHP Billiton)

Platz 2: Coal India - Kein Unternehmen baut weltweit mehr Kohle ab als Coal India Ltd. Der Konzern entstand 1975, als die indische Regierung die Kohlebergwerke des Subkontinents verstaatlichte. Heute fördert Coal India den klimaschädlichen Rohstoff in Indien und Mosambik und setzte damit 2016 rund 114 Milliarden Euro um. (Bild: Pixabay)

Platz 1: Glencore - Die Global Energy Commodity and Resources, Glencore plc, mit Sitz im Schweizer Baar und St. Hellier im Steuerparadies Jersey ist mit einem Umsatz von knapp 153 Milliarden US-Dollar das größte Unternehmen der Schweiz und der größte Rohstoffkonzern der Welt. Glencore fördert, verhüttet und handelt unter anderem mit Kupfer, Zink, Nickel, Eisenerz, Kohle und Erdöl. (Bild: Anton/AdobeStock)
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