Raffineriegelände

Raffinerie: Mehr als nur Benzinhersteller. Wer sind die größten in Deutschland? (Bild: TTstudio - stock.adobe.com)

Eine Raffinerie ist eine Fabrik die aus Erdöl neue Stoffe gewinnt. Zwar ist der Weg aus dem fossilen Zeitalter geebnet, dennoch werden Erdölprodukte weiterhin eine große Rolle spielen. Daher bleiben Raffinerien wichtige Anlagen für die deutsche und europäische Industrie. Allerdings sind sie sehr energieintensive Anlagen.

So produzieren deutsche Raffinerien produzieren eine Vielzahl von Stoffen, die in verschiedenen Branchen und Bereichen eingesetzt werden. Das sind beispielsweise:

  • Rohbenzin als Ausgangsstoff für die Herstellung von Benzin verwendet
  • Otto- und Dieselkraftstoffe als Treibstoffe für Fahrzeuge
  • Heizöle und Heizölkomponenten für die Beheizung von Gebäuden und industriellen Anwendungen
  • Kerosin als Treibstoff für die Luftfahrtindustrie
  • Chemische Grundstoffe, die als Ausgangsstoffe für die Herstellung von Kunststoffen, Farben, Lacken und anderen chemischen Produkten dienen

Besonders die chemischen Grundstoffe dürften im Zuge der Elektrifizierung vieler Lebensbereiche und dem damit verbundenen Verzicht von fossilen Treibstoffen, zum immer wichtigeren Standbein werden. Produziert werden unter anderem:

  • Ethylen: Ausgangsstoff für die Herstellung von Kunststoffen wie Polyethylen
  • Propylen: zur Herstellung von Kunststoffen, Farben und Lacken
  • Butadien: zur Herstellung von synthetischem Kautschuk und anderen Polymeren
  • Benzol: Ausgangsstoff für die Herstellung von Kunststoffen, Farben und Lacken
  • Toluol: Ausgangsstoff für die Herstellung von Lösungsmitteln, Farben und Lacken
  • Xylole: zur Herstellung von Kunststoffen, Farben und Lacken

Welche Raffinerie welche Grundstoffe produziert, hängt ab von der jeweiligen Anlage und den eingesetzten Technologien.

Die größten Raffinerien in Deutschland

Das Ranking zeigt die zehn größten Rohöl-Raffinerien in Deutschland nach der Menge des von ihr raffiniertens Rohöls im Jahr 2020, also dem ersten Corona-Jahr, an.

1. Miro (Mineralölraffinerie Oberrhein)

Im Jahr 2020 war die Miro die größte Raffinerie Deutschlands mit einer raffinierten Erdölmenge von 14,9 Millionen Tonnen.  Das 458 Hektar große Raffineriegelände liegt in Karlsruhe am Oberrhein, das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben knapp 1.100 Mitarbeiter. Gesellschafter sind Phillips 66, Esso, Rosneft und Shell. Produziert wird Benzin, Diesel, Heizöl, Propylen und Bitumen. Die Tanklagerkapazitäten liegen bei 730.000 Kubikmetern.

Sein Rohöl bezieht Miro hauptsächlich aus Osteuropa, Zentralasien und Afrika. Geliefert wird es per Pipeline (TAL - Transalpine Ölleitung) mit Anlandung in Triest. Die Kapazitäten der Verarbeitungsanlagen gibt Miro wie folgt an:

  • Rohöldestillation: 14,9 Millionen Tonnen
  • Vakuumdestillation: 7,2 Millionen Tonnen
  • Entschwefelungsanlagen: 4,3 Millionen Tonnen für Benzine, 10,8 Millionen Tonnen für Gasöle
  • Reformeranlagen: 2,4 Millionen Tonnen
  • Katalytische Crackanlage: 4,5 Millionen Tonnen
  • Coker: 1,9 Millionen Tonnen
  • Dampferzeugung: 600 bis 800 Tonnen pro Stunde
  • Stromerzeugung: 60 bis 80 Megawatt

Gegründet wurde die Miro in 1996 als Fusion der Oberrheinischen Mineralölwerke (OMW) mit der Esso-Raffinerie in Karlsruhe. Die Wurzeln gehen aber zurück auf die 1960er-Jahre.

Kreisverkehr bei Miro
Kreisverkehr bei der Miro mit Produktanzeige. (Bild: Von Ikar.us - Eigenes Werk, CC BY 3.0 de)

2. Ruhr Öl

Die Raffinerie von Ruhr Öl kommt im Jahr 2020 auf den zweiten Platz unter den größten Raffinerien Deutschlands mit 12,8 Millionen Tonnen raffiniertem Rohöl. Damit produziert sie an ihrer Kapazitätsgrenze. Die Gelsenkirchener Raffinerie beschäftigt in ihren drei Werken in Gelsenkirchen-Hassel, Horst und Scholven rund 1.735 Mitarbeiter. Eigner ist BP. Insgesamt gibt es drei Destillationsanlagen und fünf Konversionsanlagen: einen Hydrocracker, eine FCC-Anlage, ein Coker, einen Visbreaker und eine Schwerölvergasung. Schwerpunkt der Produktion der petrochemischen Grundstoffe ist das Werk Scholven.

Produziert werden Heizöl (8,7%), Kraftstoffe (61,2%), petrochemische (22,2%) und sonstige (7,9%) Produkte. Genau sind das:

  • Kerosin: 900.000 Tonnen
  • Benzin: 1,9 Millionen Tonnen
  • Diesel: 4,2 Millionen Tonnen
  • Heizöl: 950.000 Tonnen
  • Bitumen:  350.000 Tonnen
  • Petrolkoks: 450.000 Tonnen
  • Ethylen: 1,05 Millionen Tonnen
  • Propylen: 530.000 Tonnen
  • C4-Schnitt: 550.000 Tonnen
  • Xylol: 260.000 Tonnen
  • Cumol: 420.000 Tonnen
  • Methanol: 280.000 Tonnen

In Bottrop, am Rhein-Herne-Kanal liegt das Tanklager für Zwischen- und Endprodukte. Diese werden per Schiff weitertransportiert.

Mitarbeiter mit einem Korb verschiedener Proben nach der Rohöldestillation in der Ruhr Öl Raffinerie Gelsenkirchen-Scholven.
Mitarbeiter mit einem Korb verschiedener Proben nach der Rohöldestillation in der Ruhr Öl Raffinerie Gelsenkirchen-Scholven. (Bild: BP)

3. Total Mitteldeutschland

Die Raffinerie des französischen Mineralölkonzerns Total Energies liegt in Leuna und brachte es 2020 auf eine Raffinerieleistung von 12 Millionen Tonnen, was der Kapazitätsgrenze entspricht. Sie wurde nach dem Mauerfall von Elf Aquitaine errichtet und ging 1997 in Betrieb. Heute versorgt sie vor allem in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen Tankstellen mit Treibstoff. Zum Produktangebot gehören Diesel, Bitumen, Heizöl, Schweröl, Kerosin, Benzin, LPG, Naphta und Methanol. Die Raffinerie ist Deutschlands größte Methanol-Produktionsstätte. Rund 700 Mitarbeiter arbeiten auf dem 320 Hektar großen Gelände in Leuna.

Raffinerie Total Mitteldeutschland
Raffinerie Total Mitteldeutschland auf dem dritten Platz der größten Raffinerien Deutschlands. (Bild: Michael - stock.adobe.com)

4. PCK Schwedt

Die Raffinerie PCK Schwedt gelangte mit den Sanktionen gegen Russland in die Schlagzeilen. Zum einen ist einer der Anteilseigner Rosneft, zum anderen bezog sie ihr Rohöl vornehmlich aus Russland über die Druschba-Pipeline.. Im Jahr 2020 verarbeitete der Betrieb rund 11,48 Millionen Tonnen Rohöl, bei einer Kapazität von gut 12 Millionen Tonnen. Das Werk versorgt Berlin und Brandenburg mit Benzin, Diesel, Heizöl und Kerosin. Weiters produziert die Raffinerie Flüssiggas, Bitumen, Schwefel, Aromate (Benzol, Toluol, Xylole) und Energie (Dampf und Strom).

Anteilseigner sind Shell (37,5 Prozent) und Rosneft Deutschland (37,5 Prozent) sowie die AET Raffineriebeteiligungs-Gesellschaft (25 Prozent). An letzterer sind die Unternehmen Rosneft Refining & Marketing sowie Eni Deutschland beteiligt. Rosneft Deutschland sowie Rosneft Refining & Marketing wurde von der Bundesregierung im September 2022 unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur gestellt. Damit soll eine mögliche Gefährdung der Energieversorgung vermieden werden, da Rosneft eines der größten erdölverarbeitenden Unternehmen in Deutschland ist. Auch sollen Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Treuhandverwaltung zuletzt im März 2023 für weitere sechs Monate bis zum 10. September 2023 verlängert. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klage von Rosneft dagegen abgewiesen.

Gelände der PCK Raffinerie Schwedt aus der Vogelperspektive
Gelände der PCK Raffinerie aus der Vogelperspektive: die viertgrößte Raffinerie Deutschlands liegt in Schwedt. (Bild: PCK Raffinerie)

5. Bayernoil

Bayerns größte Raffinerie liegt in Vohburg und Neustadt an der Donau, deutschlandweit liegt sie auf dem fünften Platz mit einer raffinierten Menge von 10,3 Millionen Tonnen. Betrieben wird sie von Bayernoil. Die Raffineriegesellschaft entstand im Jahr 1998 durch die Fusion der Raffineriegesellschaft Vohburg-Ingolstadt und der Erdölraffinerie Neustadt. Anteilseigner sind die Schweizer Varo Energy (51,43 Prozent), Rosneft Deutschland (28,57 Prozent) sowie Eni Deutschland (20 Prozent). Auch hier übernimmt die Bundesnetzagentur bis auf weiteres die Treunhandschaft über den Anteil von Rosneft Deutschland.

In Vohburg produziert Bayernoil Flüssiggas und Naphta als Grundstoffe für die Petrochemie, Kraftstoffe, Heizöl und Schweröl sowie Bitumen. Darüber hinaus erzeugt der Betreiber (grauen) Wasserstoff mittels Elektrolyse. Dieser wird als Prozesswasserstoff selbst verbraucht oder an Tankstellen geliefert. Beliefert werden beide Werke über die Transalpine Pipeline (TAL) mit Rohöl, das im italienischen Triest anlandet. 2019 gab es in Vohburg einen verheerenden Brand auf dem Raffineriegelände durch einen Reaktorriss. Die Produktionsanlagen wurden aber wieder aufgebaut.

6. Rheinland Godorf

Deutschlands sechstgrößte Raffinerie wird von Shell betrieben und steht in Godorf im Energy and Chemicals Park Rheinland. Sie schaffte 2020 rund 9,3 Millionen Tonnen Raffinade-Öl. Ihr Werk tut sie seit 1960 mit einem Jahresdurchsatz von vier Millionen Tonnen Rohöl. Auf der Produktpalette stehen

  • Propan und Butan
  • Benzin und Diesel
  • Kerosin
  • Heizöle
  • Bitumen
  • Schwefel
  • Ethen und Propen
  • n-Butene
  • Benzol, Toluol, Xylole (Aromaten)
  • Dimethylether
  • Methanol
  • Naphta
  • Hydrowax.

Beliefert wird die Raffinerie über den Ölhafen Rotterdam per Pipeline. Für den Transport zu den Kunden nutzt der Betreiber sowohl den Binnenhafen Köln, als auch eine Pipeline (Rhein-Main-Rohrleitung, CEPS) sowie Bahn und Straße.

Rheinland Raffinerie Werk Wesseling.
Rheinland Raffinerie Werk Wesseling. (Bild: Von Martin Falbisoner - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0)

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7. Rheinland Wesseling

Etwas weiter südlich des Godorfer Werks liegt das Werk Wesseling mit einer Produktion von 7,3 Millionen Tonnen. Es wird ebenfalls von Shell betrieben. Mit Rohöl wird das Werk zudem über die Nord-West-Ölleitung aus Wilhelmshaven versorgt - zusätzlich zur Rotterdam-Pipeline. Rechnet man beide Werke zusammen, entstünde die größte gemeinsame Raffinerie mit rund 16 Millionen Tonnen Kapazität.

In Wesseling soll die Rohölverarbeitung bis 2025 beendet werden, stattdessen setzt der Betreiber auf die Wasserstoffproduktion. Im Juli 2021 ging bereits ein Wasserstoff-Elektrolyseur in Betrieb. Bis zu 1.300 Tonnen grüner Wasserstoff sollen dann entstehen.

8. Holborn Europa

Die Holborn Europa Raffinerie in Hamburg kommt mit 5,15 Millionen Tonnen auf den achten Platz. Auf dem fast 100 Hektar großen Gelände produziert die Raffinerie schwerpunktmäßig Benzin und Mitteldestillate. Neben Benzin, Diesel und Heizöl erzeugt Horborn Schiffskraftstoff, Flüssiggas und Cyclohexan. Aus Hamburg kommt nach eigenen Angaben ein Fünftel der deutschen Cyclohexanproduktion - ein Grundstoff für beispielsweise Nylon. 300 Mitarbeiter sind dort beschäftigt.

9. Gunvor Ingolstadt

Mit fünf Millionen Tonnen schafft es die Raffinerie Gunvor Ingolstadt auf den neunten Platz der größten Raffinerien in Deutschland. Die Raffinerie verfügt über zwei separate Rohölverarbeitungswege mit atmosphärischer Destillation und Vakuum-Destillation sowie eine katalytische Crackanlage. Anfang der 2000er-Jahre wurde die Raffinerie mit einer Wasserstoff-Erzeugung und zusätzlichen Entschwefelungsreaktoren nachgerüstet. Produziert wird hier Benzin, Diesel, Heizöl und Kerosin sowie Schwefel.

10. Emsland

BP betreibt in Lingen die mit 4,7 Millionen Tonnen Kapazität eher kleine Raffinerie Emsland. Seit 1953 produziert die Raffinerie mit seinen heute rund 750 Mitarbeitern unterschiedliche Produkte. Dafür verarbeitet sie etwa 3,8 Millionen Tonnen ausländisches Rohöl und rund 800.000 Tonnen deutsches Rohöl. Produziert werden Flüssiggase (LPG, Autogas), Benzin, Diesel, Kerosin, Heizöl sowie n-Paraffine, Kalzinat und Schwefel.

Welche Länder haben den größten Raffinerie-Output?

Deutschland liegt mit einer Raffinerieleistung von rund 2.100 Barrel pro Tag im Mittelfeld unter den 16 Ländern mit einer Raffinerieleistung von mindestens einer Million Barrel Erdöl pro Tag. Der Anteil Deutschlands betrug 2022 rund 2,1 Prozent an der weltweiten Raffinerieleistung. 2022 Wuchs dieses Volumen um 0,4 Prozent. Weltweit nahm die Raffinerieleistung gegenüber dem Vorjahr um 3,1 Prozent zu, auf 81,9 Milliarden Barrel pro Tag! Am stärksten war der Zuwachs in den europäischen Ländern und Nordamerika mit jeweils 5,8 Prozent bzw. 5,3 Prozent.

Länder mit dem größten Raffinerie-Output in 2022

Welche Länder haben die größten Raffinerie-Kapazitäten?

Weltweit gab es im Jahr 2021 es 24 Länder, die eine Raffinerie-Kapazität von mehr als einer Million Barrel pro Tag besaßen. Deutschland liegt dabei im guten Mittelfeld mit 2,121 Millionen. Allerdings schöpften nicht alle Länder diese Kapazitäten im Jahr 2021 auch voll aus.

Portrait Dörte Neitzel Redakteurin Technik+Einkauf
(Bild: mi connect)

Die Autorin: Dörte Neitzel

Dörte Neitzel ist Wissens- und Infografik-Junkie vom Dienst. Dinge und Zusammenhänge zu erklären ist ihr Ding, daher beschreibt sie sich selbst auch gern als Erklärbärin mit Hang zur Wirtschaft – was einem lange zurückliegenden VWL-Studium geschuldet ist. Nach einigen Stationen im Fachjournalismus lebt sie dieses Faible bevorzugt auf der Webseite der TECHNIK+EINKAUF aus und taucht besonders gern ab in die Themen Rohstoffe und erneuerbare Energien.

Privat ist Südfrankreich für sie zur zweiten Heimat geworden, alternativ ist sie in der heimischen Werkstatt beim Schleifen, Ölen und Malern alter Möbel zu finden oder in südbayerischen Berg-und-See-Gefilden mit Hund im Gepäck unterwegs.

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