Der Müllberg ist riesig. Allein im Jahr 2020 summierte sich der angefallene Müll an Kunststoffverpackungen bei gewerblichen und industriellen Nutzern in Deutschland auf rund 330.000 Tonnen. Nach Angaben der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung haben sich die gesamten Verpackungsabfälle aus Kunststoffen in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt.
Den Preis für diese Entwicklung zahlt die Umwelt. Denn ausgehend von einer Lebenszyklusanalyse berichtet das Zentrum für Internationales Umweltrecht (CIEL), dass 2019 weltweit rund 850 Millionen Tonnen Treibhausgase bei der Herstellung und Verbrennung von Plastik freigesetzt wurden.
Trotz der enormen Umweltbelastung ist ein Verzicht auf das kostengünstige, leichte und robuste Verpackungsmaterial allerdings undenkbar. „Bei Alternativen zum ressourcenintensiven Virgin Plastic muss allerdings beachtet werden, dass der Gesetzgeber für die unterschiedlichen Gebinde abhängig vom jeweiligen Füllgut variierende Anforderungen vorschreibt und insbesondere biobasierte Materialien aufgrund der geringeren Verfügbarkeit und kleineren Produktionsvolumina bislang oft kostenintensiver sind“, erklärt Jörg Holzmann, Business Development Manager bei der Rixius AG. Das Unternehmen stellt Behältnisse wie Glas- und Kunststoffflaschen her.
Was ist Virgin Plastic?
Virgin plastic, also wörtlich übersetzt "jungfräuliches Plastik", wird komplett neu hergestellt und beinhaltet kein recyceltes Material. Bei seiner Produktion wird mittlerweile häufiger Ethan eingesetzt. Der Rohstoff wird unter anderem beim beim Fracking aus Schiefergas gewonnen. Im Produktionsprozess ist es die rentablere und günstigere Alternative als das traditionell verwendete Rohbenzin (Naphta).
Bioplastik vereint viele Vorteile
Im Vergleich zu Virgin-Materialien, die vollständig aus synthetischen Polymeren und Kunstharzen bestehen, schonen Biokunststoffe die bereits knappen fossilen Ressourcen und verfügen über eine deutlich bessere CO2-Bilanz. Denn in den natürlichen Rohstoffen wird genau die Menge an klimawirksamem CO2 gebunden, welche die als Materialgrundlage verwendete Pflanze zum Wachsen benötigt. „Dieselbe Menge des Treib-hausgases wird auch bei einer energetischen oder – sofern möglich – biogenen Verwertung wieder in die Atmosphäre entlassen, weshalb Biopolymere als klimaneutral gelten, während eine Verbrennung fossiler Rohstoffe zusätzlich große Mengen an Emissionen freisetzt“, betont der Experte.
Für einige Einsatzbereiche wird als Alternative gerne auf Glas ausgewichen, das ebenfalls eine bessere Ökobilanz als herkömmliche Kunststoffe aufweist. Das Material ist zwar hygienisch und gut zu recyceln, die Bruchgefahr und das größere Gewicht sind gegenüber biobasierten Polymeren jedoch im Nachteil, weshalb es sich nicht für jede Anwendung eignet. Denn wie bei den meisten Materialien und Einsatzwecken müssen auch bei Glas stets die individuellen Vor- und Nachteile abgewogen werden. Die große Dichte sorgt darüber hinaus für einen höheren CO2-Ausstoß beim Transport, der neben Beschaffung, Herstellung und Entsorgung maßgeblich für eine aussagekräftige Lebenszyklusanalyse ist.
Nachhaltige End-of-Life-Szenarien
Derzeit wird außerdem viel auf herkömmliche Rezyklate aus erdölbasierten Kunststoffen zurückgegriffen. Sowohl rPET (recyceltes Polyethylenterephthalat) und rHDPE (recyceltes High-Density-Polyethylen) als auch rPP (recyceltes Polypropylen) sowie rPS (recyceltes Polystyrol) eignen sich aufgrund ihrer hohen chemischen Beständigkeit und Strapazierfähigkeit für vielerlei Arten an Chemikalien, die etwa in industriell verwendeten Putzmitteln enthalten sind oder der Herstellung unterschiedlicher Produkte beigefügt werden.
Hinsichtlich der Anwendungsmöglichkeiten besteht in der Regel kein Unterschied zu Virgin-Materialien. Allerdings wird die Sammlung sowohl von Post Consumer Recyclat (PCR) als auch von Post Industrial Recyclat (PIR) aus herkömmlichen Kunststoffen mit dem Wandel hin zu nachhaltigeren Verpackungsmaterialien zukünftig immer aufwendiger, da es sich auch hierbei um endliche Ressourcen handelt. „Produkte aus umweltfreundlichen Rohstoffen, wie wir sie im Rahmen unserer ‚Save-the-Nature‘-Programms anbieten, behalten also auch im Vergleich mit herkömmlichen Rezyklaten die Oberhand“, sagt Holzmann.
Intelligentes Ressourcenmanagement dank Kreislaufwirtschaft
Man unterscheidet grundsätzlich zwischen biobasierten und biologisch abbaubaren Kunststoffen. Letztere können unter bestimmten Bedingungen kompostierbar sein, wie zum Beispiel die Materialien BRX und FLEX von Rixius. Dafür müssen industrielle Verwertungsanlagen allerdings entsprechend ausgelegt sein, um die notwendigen Bedingungen wie eine hohe Umgebungstemperatur, Feuchtigkeit und einen bestimmten pH-Wert herstellen zu können.
Der Kunststoff-Compound BRX beispielsweise besteht aus nachwachsenden Rohstoffen sowie natürlicher Polymilchsäure (PLA) und eignet sich für Spritzguss- oder Spritzblasprozesse. Bei dem Biopolymer FLEX handelt es sich dagegen um ein neuentwickeltes PLA-Blend, zum Beispiel auf der Basis von Mais, Zucker oder Rizinusöl, das sich problemlos auf
herkömmlichen Blasformanlagen verarbeiten lässt – eine maschinelle Umrüstung zur Produktion biologisch abbaubarer Kunststoffprodukte ist nicht mehr erforderlich. „In vielen Fällen ist es ökologisch jedoch sinnvoller, die Biopolymere in geschlossenen Kreisläufen wiederzuverwerten“, sagt der Experte dazu. „Denn bei diesen Materialien lassen sich sowohl der gespeicherte Kohlenstoff als auch die enthaltene Energie recyceln, sodass dank einer intelligenten Ressourcennutzung eine hohe Wertschöpfung möglich wird.“
Kunststoffe, die zwar die Vorteile einer biobasierten Herstellung aufweisen, nicht aber biologisch abbaubar oder gar kompostierbar sind, zeichnen sich dabei durch ihre Robustheit aus: Sie können länger genutzt werden, bevor sie als Rohstoff wieder zurück ins Recyclingsystem geführt werden. Zudem halten sie aggressiveren Chemikalien Stand. So beträgt der Anteil nachwachsender Ressourcen bei Materialgruppe ARX von Rixius, deren Varianten sich für wiederverwendbare PE-Blasform- und PP-Spritzguss-Produkte eignen, beispielsweise mindestens 94 Prozent.
Die Alternativen zu PE und PP binden in nur einem Kilogramm ihres Granulats etwa 2,97 beziehungsweise 2,36 kg atmosphärisches CO2 und können – wie ihre fossilen Verwandten – mithilfe von Masterbatches eingefärbt werden. „Biobasierte Polymere weisen alle Vorteile fossiler Kunststoffverbindungen auf“, betont Holzmann.
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