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(Bild: Freedom Studio/Shutterstock)

Die Performance des Einkaufs wird an zahlreichen Indikatoren festgemacht. Neben Einsparungen, Qualität und Versorgung geht es um Produktivität, Standardisierung und Digitalisierung der Beschaffungsprozesse. Hinzu kommen Innovationskraft und Zuverlässigkeit des Liefernetzwerks sowie die crossfunktionale Zusammenarbeit. Wo die eigene Organisation bei diesen und anderen KPIs steht, zeigt der BME-Benchmark „Top-Kennzahlen im Einkauf“.

Kennzahlen sind das Herzstück des Controllings

Wertsteigernder Einkauf hängt von vielen Faktoren ab, deshalb werden für den Benchmark auch 25 verschiedene Kennzahlen erhoben. Je nach Datenlage ist mit der Erfassung dieser Vielzahl an Messgrößen für die Unternehmen mitunter ein erheblicher Aufwand verbunden. Längst nicht alle können auf die Zahlen per Knopfdruck zugreifen.

Für ein aussagekräftiges Controlling und eine wirksame Steuerung ist es jedoch entscheidend, Veränderungen kontinuierlich zu dokumentieren und jederzeit Klarheit über die Datenlage zu haben. Wer den Benchmark und seine KPI als Werkzeug nutzen will, sollte seine eigenen Daten also im Griff haben.

Kennzahlen im Einkauf als Ganzes betrachten

Einzelne Kennzahlen für sich alleine zu betrachten, macht wenig Sinn. „Viele Faktoren bedingen sich gegenseitig“, betont Andreas Hermann, Leiter Benchmark-Services beim BME. Das bedeutet auch, dass kleinere Ausschläge mitunter vernachlässigt werden können. Entscheidend ist die Entwicklung über die Zeit. In der Gesamtbetrachtung, die der BME seit nunmehr zwölf Jahren macht, lässt sich sehr gut verfolgen, wie sich Einkaufsorganisationen entwickeln.

„Der Trend geht klar zur hybriden Organisationsform“, erklärt Andreas Hermann. Neben einem zentralen, über Rahmenverträge gesteuerten Einkauf mit einem ausgeprägten Lieferantenmanagement, nutzen Unternehmen also ebenso die Vorteile des dezentralen Einkaufs.

So schneidet der Einkauf ab

Wie sehen die wichtigsten KPI und ihre Werte aus? Wie gut schneidet der Einkauf ab und was hat sich verändert? Hier ein Überblick über die Top-Kennzahlen des BME 2018:

  • Einkaufskosten: Die auf das Beschaffungsvolumen bezogenen Einkaufskosten sind ein Indikator für Prozesseffizienz und Prozesskosten. Der aktuelle Wert liegt bei 1,7 Prozent. Er ist über die letzten drei Perioden leicht angestiegen, was dem Personalzuwachs im Einkauf geschuldet ist.
  • Einkaufsvolumen je Mitarbeiter: Im Durchschnitt beschafft ein Einkäufer heute Waren und Dienstleistungen für knapp 10 Millionen Euro. Das Volumen geht seit Jahren leicht zurück, was ebenfalls mit dem Personalzuwachs für Projekteinkauf, Controlling und Governance zusammenhängt.
  • Kosten je Bestellvorgang: Nachdem diese Messgröße für operative Effizienz lange bei deutlich über 100 Euro lag, hat sich der Wert jetzt bei knapp unter 100 Euro eingependelt. Über einen längeren Zeitraum betrachtet zeigt sich, dass der Einkauf die geforderten Produktivitätsfortschritte durch die Automatisierung erreicht hat.
  • Durch den Einkauf verantwortetes Einkaufsvolumen: Ein Großteil des Beschaffungsvolumens läuft heute über den Einkauf. Dennoch bleibt nach wie vor ein stabiler Rest, die eisern am Einkauf vorbeiläuft. Was überrascht: Kleine Unternehmen haben nur eine unwesentlich höhere Maverick-Buying-Quote als große Firmen. Im Umkehrschluss bedeutet das: Groß und Klein haben noch einiges zu tun – oder sie entscheiden aus Gründen der Flexibilität bewusst, gewisse Volumina am Einkauf vorbeilaufen zu lassen.
  • Einkaufsvolumen durch langfristige Verträge: Viele Bestellvorgänge werden heute noch manuell abgewickelt und der Anteil der Bestellungen, die automatisiert ausgelöst werden, stagniert.
  • Weiterbildungskosten: Obwohl die Mitarbeiterqualifizierung eine der dringlichsten Aufgaben ist, weil sich Anforderungen und Jobprofile im Einkauf massiv ändern werden, stagnieren die Ausgaben für Weiterbildung.
  • Liefertermintreue, Reklamationsquote: Die wichtigsten Kenngrößen für die Performance des Einkaufs verbessern sich erneut. Die Liefertermintreue ist hoch, die Reklamationsquote niedrig.
  • Abrufquote aus Rahmenverträgen und Katalogen: Mittlerweile wird knapp die Hälfte der Bestellungen aus Rahmenverträgen und Katalogen abgerufen.
  • Zahlungsziel und Skonto: 30 Tage beträgt das durchschnittliche Zahlungsziel in den letzten beiden Jahren. Das über Skonto abgewickelte Volumen bleibt bei 35 Prozent.
  • Verhandlungspreis vs. Angebotspreis: Die Differenz zwischen Vergabe- und durchschnittlichem Angebotspreis gilt vielen als „die“ Messgröße für die Einkaufsleistung. Dennoch spiegelt sich ihn ihr allein die Differenz zwischen den von Lieferanten genannten Verhandlungspreisen und dem Verhandlungsergebnis. Ob zum Marktpreis gekauft wurde, wird nicht deutlich.

Andreas Hermann fasst zusammen: „Die Werte bestätigen, dass der Einkauf sich weiter professionalisiert und auf dem richtigen Weg ist.“ Dennoch, schränkt er ein, ist angesichts anhaltend guter Konjunktur der Fokus auf Prozessverbesserung etwas in den Hintergrund getreten: „Im Moment steht bei vielen die Versorgungssicherheit an erster Stelle.“

Stiefkind indirekter Einkauf

Ein großes Potenzial sieht Hermann bei den indirekten Materialien. „Da ist der Einkauf bei einigen Warengruppen wenig eingebunden“, bemängelt er und nennt die Klassiker Versicherungen, Kreativ- und Beratungsleistungen sowie Flottenmanagement.

Mit dem technischen Einkauf zeigt sich der KPI-Spezialist zufrieden. Aus gutem Grund: Die Early-Involvement-Quote liegt beim Produktionsmaterial bei satten 86 Prozent. Die allermeisten Unternehmen binden den Einkauf früh in die Produktentstehung ein, Konzerne noch etwas besser als der Mittelstand.

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