Wenigstens 8.000 Menschen kamen in den vergangenen dreißig Jahren durch Graphit ums Leben. Denn als Anatoli Stepanowitsch Djatlow am 29. April 1986 im russischen Kernkraftwerk Tschernobyl einen vollständigen Stromausfall simulierte, verstieß er gegen grundlegende Sicherheitsvorschriften und verursachte so die Explosion des Meilers und den Brand des dort als Moderator eingesetzten Graphits.
Das Mineral reduziert in bestimmten Reaktoren die Bewegungsenergie der bei der Kernspaltung freigesetzten Neutronen und dient so unter anderem dem Strahlenschutz. Weil das Graphit bei der Katastrophe in Tschernobyl trotz seines mit 3.750 Grad Celsius extrem hohen Schmelzpunktes verbrannte, konnte es diese Aufgabe nicht mehr erfüllen. Dreißig Menschen starben deshalb während des GAUs, wenigstens 8.000 seitdem an durch die freigesetzte Radioaktivität verursachtem Schilddrüsenkrebs.
Graphitbrände in Atomkraftwerken hatten auch schon vor der Katastrophe in der Ukraine Menschenleben gefordert. So starben in Folge des Graphitbrands im britischen Sellafield 1957 über 240 Menschen an Lungenkrebs. Obwohl das schwarze, fettige und sehr weiche Element somit als Moderator in der Kerntechnik verbrannt ist, können Unternehmen in vielen anderen Bereichen nach wie vor nicht auf Graphit verzichten. Als natürliches Graphit steht es auf der EU-Liste der kritischen Rohstoffe.
Wo wird das meiste Graphit produziert?
Was ist Graphit?
Graphit ist eine allotrope Form des Kohlenstoffes. Das Element ist neben Diamant und Fulleren die dritte stabile Form von Kohlenstoff. Es zeichnet sich nicht nur durch seine extreme Hitzebeständigkeit und Widerstandskraft gegen Säuren und Laugen aus, sondern eignet sich auch hervorragend als Schmiermittel und ist elektrisch leitfähig. Zu unterscheiden ist natürliches Graphit und künstliches Graphit. Letzteres lässt sich aus Pech- und Petrolkoksen herstellen.
Allotrop heißt, Graphit tritt im gleichen Aggregatzustand in zwei oder mehr Strukturformen auf, die sich physikalisch und in ihrer chemischen Reaktionsbereitschaft voneinander unterscheiden. Das ist zum einen das aus einem Bergwerk stammende Graphiterz und zum anderen das aus kohlenstoffhaltigen Ausgangsmaterialien synthetisch hergestellte Graphit. Es ist eine Erscheinungsform von Kohlenstoff und damit eins der häufigsten Elemente auf der Welt. Graphit kommt in Kristallform vor, die glänzend oder matt sein können. Die Farbe ist zwischen Grau und Schwarz angesiedelt.
Der Name Graphit ist altgriechisch und bedeutet so wie wie schreiben. Beispielsweise hinterlässt das Mineral auf rauen Oberflächen oder Papier durch Abreibung der einzelnen Kristallblättchen leicht eine graue Ablagerung. Bleistifte machen sich dieses Prinzip zunutze.
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Anwendungen: Wofür wird Graphit benötigt?
Synthetisches Graphit, wie es unter anderem Zulieferer wie die Wiesbadener SGL Carbon Group herstellen, verarbeiten Unternehmen in der Elektroindustrie unter anderem zu Kraftstoffzellen, Kohlebürsten für Elektromotoren und Elektroden für Lichtbogenlampen und -öfen für die Stahlproduktion. Dabei gehen pro Tonne erzeugten Stahls im Schnitt 1,1 Kilogramm der eingesetzten Elektrode verloren.
Aufgrund seiner Hitzebeständigkeit stellt die Stahlindustrie mit Graphit auch Schmelztiegel sowie Gussformen her und kleidet damit Öfen aus - sogenannte Feuerfestmaterialien. Außerdem reichert sie mit dem Rohstoff Stahl an, damit sich diese bei der Herstellung leichter härten lassen. Für diese Anwendungen verwenden Stahlkocher in der Regel natürliches Graphit. Insgesamt verwendet die Stahlindustrie rund 70 Prozent der auf dem Weltmarkt angebotenen Mengen des Halbmetalls.
Im Maschinenbau und der Automobilindustrie finden etwa 20 Prozent des verfügbaren Graphits bei der Produktion von Bremsbelägen, als Trockenschmiermittel oder Werkstoff zur Herstellung von selbstschmierenden Lagern und Dichtungen Verwendung. Wobei Bremsbeläge heute fast ausschließlich aus recyceltem Graphit bestehen.
Wie viel Graphit importiert Deutschland?
Der Reinheitsgrad macht den Unterschied
Ausschließlich reinstes natürliches Graphit verarbeiten die Hersteller von Batterien und Lithium-Ionen-Akkumulatoren zu den Anoden ihrer Energiespeicher. Pro Kilowattstunde Leistung, die eine Batterie etwa in einem Elektro-Fahrzeug erbringt, benötigen sie 1,1 Kilogramm des schwarzen Minerals. Damit verbauen die Hersteller bis zu zehnmal soviel Graphit wie Lithium.
Für diesen Einsatz eignet sich jedoch nur etwa ein Achtel der 1,2 Millionen Tonnen natürlichen Graphits, die Minenbetreiber weltweit jedes Jahr aus dem Boden holen. Dies könnte für deutsche Einkäufer in Zukunft zu einem Problem werden. Denn während es für Anwendungen in der Stahl- und Automobilindustrie auch künftig ein ausreichend großes Angebot an dem Rohstoff geben wird, könnte die Versorgung mit reinstem Naturgraphit kritisch werden.
So geht die auf die Batteriebranche spezialisierte französische Unternehmensberatung Avicenne davon aus, dass sich der Bedarf an Graphit in den kommenden zehn Jahren verdoppeln wird. Die Deutsche Rohstoffagentur DERA hat sogar eine jährliche Steigerungsrate von 37 Prozent bis 2030 errechnet. Darüber hinaus besteht bei Graphit ein hohes Länderrisiko, denn China produziert laut DERA etwa 74 Prozent des Naturgraphits und 49 Prozent des synthetischen Graphits.
Da die Volksrepublik chinesischen Herstellern von Lithium-Ionen-Batterien einen Wettbewerbsvorteil verschaffen will, hat sie die Ausfuhr von Graphit zudem mit einer 20-prozentigen Exportsteuer belegt. Zusätzlich fallen 17 Prozent Wertsteuer an. Dies macht reines Graphit für Einkäufer aus anderen Ländern erheblich teurer und schwerer zu bekommen.
Graphitversorgung ist für viele Branchen nur mäßig kritisch
Eigentlich bieten die weltweit vorhandenen Reserven des Rohstoffs in Höhe von 280 Millionen Tonnen (Stand: Januar 2024) keinen Anlass zur Sorge. Bei der aktuellen globalen Jahresförderung wären sie erst in 208 Jahren erschöpft. Die Ressourcen schätzen die Geologen des Geological Survey der Vereinigten Staaten sogar auf über 800 Millionen Tonnen. Diese hätten eine Reichweite von 666 Jahren.
Trotzdem schätzt die Europäische Union natürliches Graphit als kritischen Rohstoff ein. Grund dafür ist eine sehr hohe Länderkonzentration auf China. Seit geraumer Zeit ist China bei der Produktion von Naturgraphit marktbeherrschend.
Entspannt können Beschaffungsprofis dagegen in der Stahl- und Automobilindustrie sein. Immerhin lässt sich das Graphit, das sie benötigen, oft auch künstlich herstellen. Selbst in Deutschland fördert die Graphit Kropfmühl GmbH im Bergwerk Kropfmühl im Bayerischen Wald seit 2012 wieder mehrere hundert Tonnen Graphit pro Jahr.
Länder mit den größten Graphitreserven
Wie beim Abbau des Halbmetalls belegt die Volksrepublik China auch in der Liste der graphitreichsten Staaten den ersten Platz mit 78 Millionen Tonnen. Über die zweitgrößten Vorkommen verfügt mit 74 Millionen Tonnen Brasilien, gefolgt von Mosambique mit 25 Millionen Tonnen. Aber auch auf Madagaskar, in Tansania und in der Türkei lagern maßgebliche Graphit-Reserven.
Auf den Plätzen vier und fünf folgen Madagaskar und Mosambique mit 25 bzw. 26 Millionen Tonnen. Auch Tansania hat mit 18 Millionen Tonnen nennenswerte Reserven.
Wo gibt es die meisten Graphit-Reserven?
Welche Unternehmen fördern Graphit?
China ist weltgrößter Produzent von Graphit - sowohl bei der Förderung von natürlichem Graphit als auch in der Veredlung des Rohstoffs. Das Land steht für mehr als drei Viertel des natürlichen und knapp die Hälfte des synthetisch hergestellten Graphits. Einer der größten Graphitproduzenten in der Volksrepublik ist die China Carbon Graphite Group (ehemals Achievers Magazine). Sie stellt Graphen, Graphenoxid und Graphit-Bipolarplattenprodukten her. Sitz des Unternehmens ist Shanghai.
Wichtige westliche Graphithersteller sind Syrah Resources (Australien), Archer Materials (Australien), Northern Graphite (Australien) und Canada Carbon (Kanada).
Wie viel kostet Graphit?
Einkauf Rohstoff Graphit
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