Teile eines zerbrochenen Katalysators

Stücke von Katalysatoren. (Bild: adam88x - stock.adobe.com)

Haben Sie ausreichend Platz in Ihrem Kleiderschrank? Falls ja, können Sie darin nicht nur den neuen Anzug oder das zusätzliche Paar Jeans unterbringen, sondern theoretisch auch einen gewaltigen Schatz.

Denn die 25 Tonnen Rhodium, die weltweit jedes Jahr abgebaut werden, haben ein Volumen von gerade mal zwei Kubikmetern. Das ist genau so viel, wie in einen durchschnittlichen Kleiderschrank passt. Die Menge des Edelmetalls, das Sie dort lagern könnten, wäre nach dem aktuellen Preis von 130.436,86 Euro pro Kilo (Stand: 29. Februar 2024) mehr als 13,229 Billionen Euro wert.

Was ist Rhodium?

Rhodium gehört wie Platin und Palladium zu den Platinmetallen. Das Metall ist silberweiß, stark glänzend und sehr hart. Die herausragendsten Eigenschaften sind:

  • eine besonders hohe Strom- und Wärmeleitfähigkeit,
  • eine hohe Beständigkeit,
  • ein besonders hoher Schmelzpunkt.

Zum Vergleich: Rhodium schmilzt bei mehr als 1.900 Grad, beim sehr hitzebeständigen Platin sind es 1.772 Grad. Es wird daher vor allem festigkeitssteigender Katalysator in Platin- und Palladiumlegierungen, die unter anderem in Zündkerzen, Heizspiralen und vor allem in Auto-Katalysatoren genutzt. In den USA entfallen beinahe 85 Prozent des gesamten Rhodium-Verbrauchs auf Kraftfahrzeug-Katalysatoren.

Rhodium ist resistent gegen Mineralsäuren, auch heißes Königswasser kann Rhodiumpulver nur langsam auflösen. Das sind klassische Edelmetalleigenschaften.

Wo kommt Rhodium her?

Drei Länder liefern den Großteil des Rohstoffs Rhodium: Südafrika, Russland und Simbabwe. Es ist eines der edelsten und seltensten Metalle der Welt und fällt ausschließlich als Nebenprodukt beim Abbau von Platin und Palladium sowie sehr selten auch bei der Förderung von Nickel oder Kupfer an. Eigene Minen für Rhodium gibt es nicht.

Da die Bushveld-Igneous-Formation in Südafrika mit einer Ost-West-Ausdehnung von 450 Kilometern und einer Länge von 350 Kilometern von Nord nach Süd die größte Lagerstätte von Platin ist, stammen rund 82 Prozent des weltweit geförderten Rhodiums aus dem Land am Kap. Weitere acht Prozent des Angebots kommen aus Russland, sechs Prozent aus Simbabwe. Wenn 96 Prozent der globalen Fördermenge eines Rohstoffs aus nur drei Staaten stammen, ist die Versorgungssicherheit prekär.

In Deutschland verarbeitet in erster Linie Degussa Rhodium zu Barren. In der Industrie ist Rhodiumpulver gefragt, es lässt sich leichter verarbeiten.

Diese Länder produzieren Rhodium

Tabelle über die Rhodiumproduktion nach Ländern von 2018 bis 2023
(Bild: TECHNIK+EINKAUF mit Daten von Matthey PGM Market Report 2023)

Welche Unternehmen produzieren das meiste Rhodium?

Fünf Bergbaukonzerne kontrollieren 84 Prozent des Weltmarkts. Dabei beherrscht allein der größte Anbieter, die britische Anglo American plc, ein Drittel des Marktes. Auf Platz zwei folgt mit einem Weltmarktanteil von gut 21 Prozent die südafrikanische Impala Platinum Holdings Ltd., auf den Rängen drei, vier und fünf die südafrikanische Sibanye-Stillwater, Northham Platinum sowie die Norilsk Nickel Mining & Metallurgical Company aus Russland.

Die sind die größten Unternehmen im Abbau von Platingruppenmetallen (PGM), zu denen auch Rhodium gehört. Rhodium wird dabei nicht gesondert ausgewiesen. Die 2020er-Produktionsdaten für PGM lauten:

  1. Anglo American: 2,05 Millionen Unzen
  2. Impala Platinum: 1,31 Millionen Unzen
  3. Sibanye-Stillwater: 1,08 Millionen Unzen
  4. Northam Platinum: 900.000 Unzen
  5. Norilsk Nickel: 700.000 Unzen

Die Unternehmen, die im südafrikanischen Bushveld-Komplex Minen besitzen (Anglo American, Impala und Sibanye-Stillwater), ranken in diesen Top 5 am höchsten.

Welche Unternehmen produzieren Rhodium-Legierungen?

Rhodiumlegierungen sind wichtige Werkstoffe in der verarbeitenden Industrie. Sie kommen in einer Vielzahl von Anwendungen wie Autokatalysatoren, elektrischen Kontakten und Schmuck zur Anwendung. Im Folgenden beschreiben wir die zehn wichtigsten Unternehmen für Rhodiumlegierungen:

BASF ist einer der führenden Hersteller von Rhodiumlegierungen. Das Unternehmen stellt Rhodiumlegierungen für den Einsatz in Autokatalysatoren und anderen industriellen Anwendungen her.

Johnson Matthey stellt Edelmetallprodukte her, darunter Rhodiumlegierungen. Das Unternehmen ist seit mehr als 200 Jahren tätig und stellt Rhodiumlegierungen her, die in der Automobilindustrie, der Elektronik und der Medizintechnik eingesetzt werden.

Heraeus Holding ist ein weltweiter Hersteller von Edelmetallprodukten, unter anderem auch von Rhodiumlegierungen. Das Unternehmen blickt auf eine über 160-jährige Geschichte in der Branche zurück und hat sich als Lieferant von Rhodiumlegierungen etabliert. Heraeus raffiniert in Hanau PGM, unter anderem von Northam Platinum.

Umicore produziert ebenfalls Rhodiumlegierungen für die Automobilindustrie und andere industrielle Anwendungen. Umicores Edemetallraffinerie liegt in Hoboken, Belgien.

Tanaka Holdings produziert zahlreiche Rhodiumverbindungen wie Rhodiumoxid, Rhodiumchlorid, Rhodiumsulfat und Rhodiumnitrat - vor allem als Pulver.

Anglo American Platinum holt Platingruppenmetalle nicht nur aus der Erde, sondern raffiniert sie - unter anderem zu Rhodiumlegierungen.

Metalor Technologies ist ein Schweizer Edelmetallverarbeiter, der zur japanischen Tanaka-Kikinzoku-Gruppe gehört. Seine Metalle bezieht das Unternehmen ausschließlich aus dem industriellen Bergbau, da es sich seit 2019 komplett aus dem artisanalen Bergbau zurückgezogen hat - mit Verweis auf die Einhaltung von Compliance-Regeln.

Technic ist seit 75 Jahren in der Branche aktiv und fertigt zahlreiche Rhodiumprodukte für unterschiedliche Zwecke. Seinen Sitz hat das Unternehmen in Rhode Island, USA.

American Elements mit Sitz in South Glens Falls, New York hat sich auf die Produktion von Edelmetalllegierungen spezialisiert, darunter Rhodiumlegierung für zahlreiche Industriezweige wie Elekto, Auto und Luftfahrt.

Ames Goldsmith ist über seine Marke Colonial Metals im Geschäft mit Rhodiumlegierungen. Sein Hauptsitz hat es in Elkton, Maryland (USA) mit Vertriebsposten in Großbritannien (Manchester) und Asien.

Was macht die Beschaffung von Rhodium so schwierig?

Diese Konzerne verhandeln die Preise für Rhodium direkt mit ihren Abnehmern. Deshalb ist der Weltmarkt für das Edelmetall intransparent und sehr volatil. Schon kleinste Änderungen der Nachfrage lösen Preissprünge auf dem Markt aus.

Da sich Rhodium in vielen Anwendungen zudem nur schwer oder gar nicht ersetzen lässt, ist es einer der am schwierigsten zu beschaffenden Rohstoffe. Das weiß-grau glänzende Metall ist nicht nur härter als Platin oder Palladium und damit extrem widerstandsfähig gegen Verschleiß. Es ist zugleich auch zäh sowie dehnbar und gut zu schmieden, leitet erstklassig Strom und Wärme und hat ein sehr hohes Reflexionsvermögen. Außerdem reagiert es kaum mit Säuren, hat dafür aber eine sehr hohe katalytische Aktivität.

Preisentwicklung Rhodium

Der Preis für Rhodium ist hochvolatil. Der Rhodium-Markt ist zudem deutlich kleiner als zum Beispiel der für Palladium. Schon auf geringe Änderungen von Angebot oder Nachfrage können also starke Preisschwankungen folgen.

Dabei wird der Preis durch industrielle Nachfrager bestimmt, nicht durch Händler oder Investoren. Insgesamt zeigt die Preisentwicklung aber aufwärts: Seit 2008 hat sich der Rhodium-Preis vervielfacht. Kurz vor dem Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008 kam es zu einem Preis-Peak. Eine Feinunze Rhodium kostete im Juni 2008 mehr als 10.000 US-Dollar (ca. 6.500 Euro). Es folgte im Zuge der folgenden weltweiten Wirtschaftskrise ein Absturz auf bis zu 1.000 US-Dollar (ca. 750 Euro) im November desselben Jahres.

Erst ab 2017 verzeichneet der Rhodiumpreis wieder einen stetigen Anstieg. Bis Ende 2019 stieg der Preis recht moderat von etwa 650 auf um die 2.500 US-Dollar Euro an. Ein Grund dafür waren unter anderem die strengeren Emissionsgrenzen für Kraftfahrzeuge weltweit. Rhodium wird hauptsächlich bei der Herstellung von Autokatalysatoren verwendet.

Ab Januar 2020 startete dann jedoch eine fast unglaubliche Rallye auf 13.000 US-Dollar. Dann kam Corona und brachte den Preis kurzfristig zum Absturz. Allerdings markierte 7.000 US-Dollar bereits die Grenze. Ab Sommer 2020 startete eine zweite Preisexplosion auf zwischenzeitlich bis zu 29.500 US-Dollar. Aktuell (Februar 2024) liegt der Preis wieder bei 4.500 US-Dollar pro Feinunze.

Die stürmische Entwicklung resultiert vor allem aus dem knappen Angebot. Zudem kommen geografische Risiken hinzu, da sich die Produktion in wenigen Ländern zusammenballt. Einige der größten Rhodium-Förderer kommen aus Südafrika bzw. betreiben dort Bergbau. Das Förderumfeld ist sehr instabil. Häufige Stromausfälle unterbrechen die Förderung. Auch Russland ist ein großer PGM- und damit Rhodium-Lieferant - mit einer noch größeren politischen Instabilität.

Zudem haben Einkäufer ihre Strategie angepasst: Sie kaufen den knappen Rohstoff in Zeiten der Schwächephasen der Automobilindustrie und stocken ihre Bestände antizyklisch auf. Viele Abnehmer hatten etwa Käufe für 2021 bereits vorgezogen.

Wie teuer ist Rhodium?

Liniendiagramm mit dem Rhodiumpreis seit 2016 bis Februar 2024
(Bild: TECHNIK+EINKAUF mit Daten von Onvista)

Wieviel Rhodium steckt in Katalysatoren?

Da Rhodium Stickoxide in harmlosen Stickstoff und Wasser zerlegen kann, nutzt die Autoindustrie das Edelmetall für ihre Keramikfilter in Katalysatoren. Etwa drei Gramm Rhodium, Platin und Palladium verbauen die Fahrzeughersteller in den Reinigungsanlagen.

Rund 85 Prozent des weltweit jedes Jahr abgebauten Rhodiums verbrauchten daher Automobilkonzerne im Jahr 2023 – Tendenz steigend. Vor allem aufgrund der Skandale um schmutzige Diesel und der Forderung nach strengeren Grenzwerten für die Emissionen der Fahrzeuge.

Knappe acht Prozent des globalen Rhodiumangebots nimmt die chemische Industrie ab. Sie stellt damit Katalysatoren her, die etwa in Raffinerien oder bei der Produktion von Salpeter-, Blau- oder Essigsäure sowie zur Reinigung von Industrieabgasen benötigt werden.

Glasproduzenten verbrauchen mittlerweile nur noch rund ein halbes Prozent des verfügbaren Rhodiums. Das war mal anders: Bis zur Coronapandemie lag der Anteil zwischen fünf und zehn Prozent. Das Rhodium wird benötigt, um damit die Oberflächen von Öfen, Leitungen, Rühren und Düsen zu beschichten, die den hohen Temperaturen geschmolzenen Glases standhalten. Rhodium selbst schmilzt erst bei 1.964 Grad Celsius.

Geringe Mengen des Edelmetalls kommen zudem in der Elektronikindustrie sowie der Schmuckherstellung zum Einsatz.

So viel Rhodium fragen die Industriezweige nach

Tabelle mit der Nachfrage nach Rhodium aufgeteilt auf Industriezweige - von 2018 bis 2023
(Bild: TECHNIK+EINKAUF mit Daten von Matthey PGM Market Report 2023)

Hohe Recyclingquoten entlasten den Markt

Aufgrund seines hohen Reflexionsvermögens und seines brillanten, weißen Glanzes ist Rhodium beispielsweise beliebter Werkstoff für Trauringe. Auch die Kronjuwelen des britischen Königs Charles III. sind mit Rhodium beschichtet.

Ob die Juweliere Zepter und Krone des britischen Monarchen dabei mit primärem oder wiederverwertetem Edelmetall rhodiniert haben, ist indes nicht bekannt. Die Krone der Queen wurde allerdings bereits 1937, die Zepter der britischen Monarchen schon im 17. Jahrhundert angefertigt.

Ganz auszuschließen ist es nicht, dass es sich um Recyclingmaterial gehandelt haben könnte. Immerhin liegt die Wiederverwertungsquote bei Rhodium mit 50 bis 60 Prozent im Schnitt sehr hoch. An der Gesamtproduktion hat recyceltes Rhodium einen Anteil von etwa einem Drittel.

Nach Angaben des weltweit führenden Herstellers von Katalysatoren zur Abgasreinigung, Johnson Matthey mit Sitz in London, boten Recyclingunternehmen zwischen 2018 und 2023 zwischen 369.000 und 331.000 Unzen wiederverwertetes Rhodium an. Dieses Angebot stammte dabei vollständig aus dem Recycling von Autokatalysatoren.

Neben wirtschaftlichen Gründen gibt es einen auch handfesten ökologischen Grund für das Recycling von Rhodium. So müssen zur Gewinnung von einem Gramm Platingruppenmetalle bis zu 300 Kilo Gestein abgebaut werden. Dies erreicht man umwelt- und ressourcenschonender bereits durch einen drei Kilo schweren Katalysator. Die Gesamtmenge des recyclingfähigen Platins liegt pro Katalysator ungefähr bei zwei bis vier Gramm.

Lohnender Diebstahl von Katalysatoren

Zur Hochzeit des Rhodiumpreises zwischen 2020 und 2022 hatten diese Tatsache auch Diebe entdeckt. Es wurde en vogue, Katalysatoren aus Autos zu stehlen. Zwar wurde der Katalysator-Klau statistisch nicht erfasst, die Polizei registrierte allerdings eine steigende Zahl der entsprechenden Delikte. Besonders viele Edelmetalle stecken übrigens in Benzin-Katalysatoren und hier sind vor allem die alten Modelle "beliebt". Denn zum einen enthalten die antiken Abgasreiniger bis zu vier Mal mehr Edelmetalle als neuere und zum anderen sind sie - anders als bei neuen Autos - nicht im Motorraum, sondern im Unterboden verbaut - und damit leicht zugänglich.

Einkauf Rohstoff Rhodium

Tabelle mit allen wichtigen im Text genannten Fakten zu Rhodium als Kurzübersicht
(Bild: TECHNIK+EINKAUF mit Daten BGR, USGS und eigene Recherchen)
Portrait Dörte Neitzel Redakteurin Technik+Einkauf
(Bild: mi connect)

Die Autorin: Dörte Neitzel

Dörte Neitzel ist Wissens- und Infografik-Junkie vom Dienst. Dinge und Zusammenhänge zu erklären ist ihr Ding, daher beschreibt sie sich selbst auch gern als Erklärbärin mit Hang zur Wirtschaft – was einem lange zurückliegenden VWL-Studium geschuldet ist. Nach einigen Stationen im Fachjournalismus lebt sie dieses Faible bevorzugt auf der Webseite der TECHNIK+EINKAUF aus und taucht besonders gern ab in die Themen Rohstoffe und erneuerbare Energien.

Privat ist Südfrankreich für sie zur zweiten Heimat geworden, alternativ ist sie in der heimischen Werkstatt beim Schleifen, Ölen und Malern alter Möbel zu finden oder in südbayerischen Berg-und-See-Gefilden mit Hund im Gepäck unterwegs.

Kritische Rohstoffe: Der große Überblick

Salzsee Salar de Uyuni -
Salar de Uyuni (Bild: Gerd Mischler)

Sie wollen alles zum Thema kritische Rohstoffe wissen? In unserem großen Überblick erfahren Sie, welche es gibt, warum sie kritisch sind und welche Industriebranchen sie einsetzen - und bei einem Mangel am stärksten betroffen sind. Plus: Rohstoff-Steckbriefe und ein aktueller Rohstoff-Ticker.

Hier kommen Sie zum großen Überblick "Kritische Rohstoffe"

Immer informiert mit den Newsletter von TECHNIK+EINKAUF

Hat Ihnen gefallen, was Sie gerade gelesen haben? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Zwei Mal pro Woche halten wir Sie auf dem Laufenden über Neuigkeiten, Trends und Wissen rund um den technischen Einkauf - kostenlos!

Newsletter hier bestellen!

Sie möchten gerne weiterlesen?