Ein Mercedes-Stern in Grauguss? Unvorstellbar! Ähnlich undenkbar wäre es, wenn Jaguar über die Kühlergrills seiner Sportwägen eine springende Raubkatze in schwarzem Kunststoff statt verchromten Edelstahl montieren würde. Chrom muss es sein!
Da Chrom auch Zierleisten und die Einfassungen von Armaturenbrettern in kühler Eleganz erstrahlen lässt, geben selbst Fahrer von Mittelklasse-Pkw oft vierstellige Beträge für Chrompakete als Sonderausstattung für ihre Fahrzeuge aus. Doch woher kommt der Rohstoff für unsere Industrie? Und für welche Zwecke wird Chrom noch verwendet?
Was ist Chrom?
Chrom ist ein chemisches Element mit dem Symbol Cr und der Ordnungszahl 24, zugehörig zu den Übergangsmetallen und platziert in der 6. Nebengruppe des Periodensystems. Es wurde historisch durch die Entdeckung von Bleichromat-Mineralien im 18. Jahrhundert bekannt und ist für seine vielfältigen Farbverbindungen bekannt, die häufig als Pigmente in Farben und Lacken verwendet werden.
Als Metall ist Chrom silberweiß, korrosions- und anlaufbeständig, hart, aber im Urzustand zäh, gleichzeitig aber form- und schmiedbar. In seinen Verbindungen tritt Chrom häufig in den Oxidationsstufen +2, +3 und +6 auf. Die +3-Stufe ist dabei die stabilste. Chrom(II) ist instabil und reagiert schnell mit Sauerstoff aus der Luft, während Chrom(VI) in Form von Chromat oder Dichromat als starkes Oxidationsmittel eingesetzt wird. Letzteres ist zudem giftig und krebserregend.
Entdeckt wurde eine Chromverbindung erstmals 1761 von Johann Gottlob Lehmann im Ural. Er nannte es Rotbleierz, da er es als eine Verbindung von Blei, Eisen und Selen ansah.
In welchen Ländern wird das meiste Chrom abgebaut?
Wo wird am meisten Chrom produziert?
Südafrika ist das Land, das in den Jahren 2021 und 20222 am meisten Chrom aus den Bergwerken gefördert hat. Rund 18,6 Millionen Tonnen waren es 2021, etwas weniger (18 Millionen Tonnen) ein Jahr später. Die Türkei liegt auf dem zweiten Platz mit rund 6,9 Millionen Tonnen, also weniger als der Hälfte, gefolgt von Kasachstan mit etwa 6,5 Millionen Tonnen. Indien und Finnland liegen dahinter mit jeweils 4,2 bzw. 2,2 Millionen Tonnen. Aus weiteren Ländern kommen noch einmal rund 3,5 Millionen Tonnen hinzu, sodass die produzierte Menge an Chrom aus Minenproduktion 2021 bei 42,2 Millionen Tonnen und 2022 bei 41 Millionen Tonnen lag.
Die Reserven gibt die United States Geological Survey in ihrer Mineral Commoditiy Summaries 2023 mit 560 Millionen Tonnen an. Statistisch reichen sie also bei einem gleichbleibenden Bedarf von 41 Millionen Tonnen etwas über 13 Jahre. Die meisten davon befinden sich in Kasachstan (230 Millionen Tonnen), in Südafrika (200 Millionen Tonnen) sowie in Indien (100 Millionen Tonnen).
Die weltweiten Ressourcen, also die heute noch nicht wirtschaftlich ausbeutbaren Vorkommen, gibt die USGS mit 12 Milliarden Tonnen an - genug also für die nächsten 292 Jahre. Diese Ressourcen sind - wie die Reserven - geografisch sehr ungleich verteilt, etwa 95 Prozent konzentrieren sich in Kasachstan und Südafrika.
Wer exportiert und wer importiert das meiste Chrom?
Im Jahr 2021 war Südafrika das weltweit größte Exportland von Chrom - die Ausfuhrmenge des Metalls lag bei mehr als 13,6 Millionen Tonnen. Den zweiten Platz unter den Exporteuren belegte die Türkei (1,456 Millionen Tonnen).
Das größte Importland von Chrom war im selben Jahr China, das rund 15 Millionen Tonnen einführte, weit vor der Nummer Zwei Russland mit 0,442 Millionen Tonnen. Deutschland liegt mit 0,13 Millionen Tonnen auf dem vierten Platz der Chromimporteure. Deutlich wird: Besonders die Länder mit einer hohen Stahlproduktion importieren viel Chrom.
Wie heißen die größten Chromhersteller?
Laut Mordor Intelligence sind das die Top-Chrom-Produzenten - sortiert nach Alphabet:
Al Tamman Indsil FerroChrome: Al Tamman Indsil Ferrochrome ist ein 50:50-Joint-Venture zwischen der Muscat Overseas Group aus Oman und der Indsil Group aus Indien. Dessen Anlage hat eine installierte Kapazität zur Herstellung von 75.000 Tonnen Ferrochrom pro Jahr. Im Jahr 2013 nahm das Unternehmen den ersten Ferrochrom-Schmelzofen in Oman in Betrieb, indem zwei Öfen mit einer Kapazität von jeweils 24 MVA als Teil der ersten Projektphase installiert wurden. ATIFC ist die erste Ferrolegierungsproduktionsanlage im Sultanat Oman und der erste Ferrochrom-Schmelzofen in den Golfstaaten.
Assmang Proprietary: Assmang ist ein Joint Venture von African Rainbow Minerals und Assore mit Sitz in Südafrika. Das Unternehmen hat eine Eisenerz- und eine Mangan-Division. Projekte gibt es in Südafrika und Malaysia.
Glencore: Die Schweizer betreiben eine Ferrochrom-Anlage in Südafrika. 1.488 Tonnen Ferrochrom betrug die Produktion 2022. Das Unternehmen hat eine 79,5%ige Beteiligung am Glencore-Merafe Chrome Venture und betreibt Bergbau sowie eine Schmelzanlage.
Hernic Ferrochrome: Das Unternehmen aus Südafrika betreibt zwei Chromerz-Minen mit einem Output von 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr und vier Ferrochrom-Hochöfen mit einer Kapazität von 420.000 Tonnen pro Jahr.
International Ferro Metals: International Ferro Metals (IFL), ein australischer Ferrochrom-Produzent in Südafrika. Die Firma wurde 2002 gegründet, größten Einzelaktionär ist die Jiuquan Iron and Steel (Group) Company (JISCO) mit etwa 26,1 Prozent. Eine Produktionsanlage steht in Buffelsfontein, Südafrika.
Odisha Mining: Die Odisha Mining Corporation Limited (OMC) ist ein staatliches Unternehmen, das 1956 als Joint Venture zwischen der Regierung von Odisha und der Regierung von Indien gegründet wurde.
Tenaris: Tenaris ist ein italienisches Bergwerksunternehmen mit Hauptsitz in Luxemburg. Das Unternehmen ist eng mit dem argentinischen Konzern Techint verbunden, der indirekt über 60 Prozent der Anteile an Tenaris hält. Tenaris stellt verschiedene Stahlsorten her und beliefert Kunden in der Automobil- und Erdölindustrie sowie im Kraftwerks- und Pipelinebau.
Yildirim Holding: Yilmaden Holding ist die Metall- und Bergbausparte der Yildirim Group und betreibt Projekte in sieben verschiedenen Ländern. Yilmaden ist nach eigenen Angaben der zweitgrößte Produzent von hochkohlenstoffhaltigem Ferrochrom und zum viertgrößter Akteur in der Chromindustrie.
Für welche Anwendungen braucht die Industrie Chrom?
Nicht nur dekorative Funktion hat das Element dagegen in der Stahlindustrie. Diese verarbeitet nach Angaben der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover gut 90 Prozent des weltweit gewonnenen Chroms zu Legierungen, um höchst verschleißfeste und hitzebeständige Edelstähle herzustellen. Etwa ein Viertel dieser Stähle verarbeiten Maschinenbaubetriebe, 13 Prozent die Bauindustrie und zehn Prozent davon die Automobilproduzenten dann weiter.
Die Automobilindustrie nutzt Chrom jedoch auch direkt – etwa für die Hartverchromung von Aluminiumzylindern im Motorenbau, oder um in Katalysatoren chemische Prozesse zu beschleunigen. Geringe Mengen des Elements finden zudem in der chemischen Industrie Verwendung, die damit Farbpigmente herstellt, sowie in der Lederverarbeitung. Dort ist Chromgerbung das wichtigste Verfahren, um Häute haltbar zu machen.
In der Metallverarbeitung lässt sich Chrom durch keinen anderen Rohstoff ersetzen! Die Europäische Kommission hat das Element daher auf die Liste der für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie bedeutendsten Rohstoffe gesetzt. Dabei sind es weniger die weltweiten Chromvorkommen, die Unternehmen in Europa Probleme bereiten könnten, als vielmehr die Konzentration dieser Lagerstätten auf einige wenige Staaten.
Übersicht: Hier wird Chrom benötigt:
- Edelstahlproduktion: Chrom ist ein Schlüsselelement in der Herstellung von Edelstahl, da es dem Stahl Korrosions- und Oxidationsbeständigkeit verleiht.
- Metallveredelung: Chrom wird für die Verchromung von Metallteilen verwendet, um deren Haltbarkeit, Korrosionsbeständigkeit und ästhetisches Aussehen zu verbessern.
- Legierungselement: In der Metallurgie wird Chrom häufig als Legierungselement für die Herstellung verschiedener Stahlsorten und anderer Legierungen verwendet, um deren Festigkeit und Hitzebeständigkeit zu erhöhen.
- Farbstoff- und Pigmentherstellung: Chromverbindungen werden in der Herstellung von Pigmenten für Farben, Tinten und Kunststoffe eingesetzt.
- Holzschutzmittel: Chromverbindungen werden in einigen Holzschutzmitteln verwendet, um Holz vor Fäulnis und Schädlingen zu schützen.
- Katalysatoren: In der chemischen Industrie werden Chromverbindungen als Katalysatoren in verschiedenen chemischen Reaktionen eingesetzt.
- Glas- und Keramikindustrie: Chrom wird zur Färbung von Glas und Keramik verwendet, insbesondere um grüne und gelbe Töne zu erzeugen.
- Reflektierende Beschichtungen: Aufgrund seiner reflektierenden Eigenschaften wird Chrom in der Herstellung von Spiegeln und anderen reflektierenden Oberflächen verwendet.
- Elektronik und Elektrotechnik: Chrom wird in einigen elektronischen und elektrotechnischen Anwendungen verwendet, beispielsweise in Beschichtungen und Leitern.
- Luft- und Raumfahrtindustrie: Aufgrund seiner Festigkeit und Hitzebeständigkeit wird Chrom in der Luft- und Raumfahrtindustrie für verschiedene Komponenten verwendet.
Kann Chrom recycelt werden?
Chromrecycling findet fast ausschließlich durch das Recycling des durch Chrom legierten Stahls statt. Anders als Baustahl ist Chromstahl in der Regel dort verbaut, wo er sich recht einfach wieder austrennen lässt, etwa in Haushaltsgeräten, Bauteilen, Spülen oder Werkzeugen. Die gereinigten Stähle werden im Elektro-Ofen geschmolzen und anschließend kupelliert, das heißt, die Legierungen werden getrennt, um möglichst hohe Reinheitsgrade zu erzielen. Am Ende des Recyclingprozesses stehen Rohblöcke, die beispielsweise zu Blechen weiterverarbeitet werden können. Derzeit werden nur rund 13 Prozent des weltweit verarbeiteten Chroms durch Recycling von Eisen- und Stahlschrott gewonnen.
Wie teuer ist Chrom?
Knapp 9.734 US-Dollar kostete im Jahr 2023 eine Tonne Chrom. Damit bewegt sich der Preis für Chrom wieder auf dem Niveau von 2019, dem Jahr vor der Coronapandemie. In den Boom-Jahren zuvor (und 2022) schoss der Chrompreis aufgrund der steigenden Nachfrage auf über 10.800 US-Dollar pro Tonne.
Die Autorin: Dörte Neitzel
Dörte Neitzel ist Wissens- und Infografik-Junkie vom Dienst. Dinge und Zusammenhänge zu erklären ist ihr Ding, daher beschreibt sie sich selbst auch gern als Erklärbärin mit Hang zur Wirtschaft – was einem lange zurückliegenden VWL-Studium geschuldet ist. Nach einigen Stationen im Fachjournalismus lebt sie dieses Faible bevorzugt auf der Webseite der TECHNIK+EINKAUF aus und taucht besonders gern ab in die Themen Rohstoffe und erneuerbare Energien.
Privat ist Südfrankreich für sie zur zweiten Heimat geworden, alternativ ist sie in der heimischen Werkstatt beim Schleifen, Ölen und Malern alter Möbel zu finden oder in südbayerischen Berg-und-See-Gefilden mit Hund im Gepäck unterwegs.
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