„Glänzend scharf und ausdauernd“ war die Spektrallinie, die Hieronymus Theodor Richter und Ferdinand Reich, Wissenschaftler an der sächsischen Bergakademie Freiberg, 1863 auf ein bis dahin unbekanntes Element aufmerksam machte – Indium. Richter und Reich benannten ihre Entdeckung nach der indigoblauen Farbe, die die elektromagnetischen Wellen auf dem Schirm des Spektrometers der beiden Forscher hinterließen, nachdem sie durch die Atome des Schwermetalls gegangen waren. Dass die beiden Chemiker damit auf einen der seltensten Rohstoffe der Welt gestoßen waren, wussten sie nicht.
In einer Tonne Festgestein der Erdkruste finden sich im Schnitt gerade einmal 0,24 Gramm Indium. Das Schwermetall kommt lediglich als Spurenelement in Zink- und Bleierzen vor. Da es Minenbetreiber deshalb nur als Nebenprodukt beim Zink- und Kupferabbau gewinnen, lässt sich nur hochrechnen, wie groß die vorhandenen Reserven und Ressourcen des Elements sein könnten. Eine zuverlässige Datengrundlage gibt es nicht.
Indium-Reserven gehen in 13 Jahren zu Ende
Derzeit gehen Mineralogen von Zinkreserven in Höhe von weltweit 200 Millionen Tonnen aus. Die Ressourcen geben sie mit 1.900 Millionen Tonnen an. Bei einem durchschnittlichen Indiumgehalt von 50ppm (Parts per Million/ 1 Millionstel) in diesen Lagerstätten betrügen die Reserven des Metalls etwa 10.000 Tonnen. Die weltweit vorhandenen Ressourcen des Elements beliefen sich auf rund 95.000 Tonnen. Bei den derzeitigen jährlichen Abbaumengen von Indium wären die Reserven in 13 Jahren erschöpft. Die Ressourcen gingen in etwas mehr als 126 Jahren zur Neige. Nach Angaben der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) gewannen Bergwerksbetreiber im vergangenen Jahr 755 Tonnen Indium.
Die Vorkommen konzentrieren sich dabei in einigen wenigen Ländern. Allein die Volksrepublik China soll über gut 80 Prozent der weltweiten Reserven verfügen. Weitere Lagerstätten finden sich in Australien, Kasachstan, Russland, Portugal, Kanada, Peru und Bolivien. Auch gut 80 Prozent der Raffination des Elements aus Zink- und Bleierzen konzentrieren sich Zahlen der DERA zufolge in lediglich drei Staaten. Dabei führt China die Liste mit einem Anteil von 55,2 Prozent an der globalen Jahresproduktion mit weitem Abstand vor Südkorea mit 18 Prozent und Japan mit 8,6 Prozent an.
Indium: Unverzichtbarer Rohstoff des Informationszeitalters
Nach Ansicht der Geologen der DERA ist es daher mehr als fraglich, ob sich Unternehmen künftig noch mit ausreichend Indium versorgen können. Gerade Hersteller von Flachbildschirmen, Touchscreens, Tablet-PCs, Smartphones, Dünnschichtsolarzellen, LEDS und OLEDs sowie Laserdioden können auf das silberweiße, extrem weiche, form- und schneidbare sowie elektrisch leitfähige Element jedoch nicht verzichten. Denn kaum ein anderer Werkstoff lässt sich in so dünnen Schichten einsetzen, dass er durchsichtig und dennoch elektrisch leitfähig ist.
Genau diese Eigenschaft bietet jedoch Indiumzinnoxid. Deshalb beschichten Produzenten von Displays, Flachbildschirmen und Touchscreens damit Flüssigkristallzellen und können so mit einem transparenten Stromleiter die Anzeige auf den Bildschirmen steuern. Die gleiche Eigenschaft nutzen auch die Hersteller von Dünnschichtphotovoltaikzellen. Da die Nachfrage nach beiden Technologien in den kommenden Jahren massiv zunehmen wird, erwartet die Technische Universität Freiberg, dass auch der weltweite Bedarf an Indium von 234 Tonnen im Jahr 2006 auf über 1900 Tonnen im Jahr 2030 steigen wird.
Urban Mining ist profitabler als die Bergwerksförderung von Indium
Da sich Indium bislang kaum durch andere Rohstoffe ersetzen lässt, wird der künftige Bedarf ohne Recycling nicht zu decken sein. Genau dies aber ist aufgrund der geringen in den Altgeräten enthaltenen Mengen des Elements teuer und nur mit technologisch sehr aufwändigen Prozessen möglich. Ein gängiges Smartphone enthält lediglich drei Milligramm Indium. Eine Studie Schweizer Wissenschaftler zeigt jedoch, dass sich in dem Berg an Elektro- und Elektronikgeräten, den allein die Eidgenossenschaft jedes Jahr entsorgt, größere Menge an seltenen Metallen wie Indium finden lassen als in einer Bergbaumine.
Zusammenfassung Rohstoff Indium | |
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Beschreibung: | · chemisches Element ‚In‘ mit der Ordnungszahl 49 · Das silberweiße Schwermetall ist extrem weich, elektrisch leitfähig und kann mit den meisten anderen Metallen Legierungen bilden · Als Indiumzinnoxid funktioniert das Element als durchsichtiger elektrischer Leiter |
Verwendung (einzelne Anteile unbekannt): | · Herstellung von Flüssigkristallanzeigen, Touchscreens und Flachbildschirmen · Dünnschichtphotovoltaikzellen · LED und Laserdioden · Herstellung karbidhaltiger Werkzeug und Schneidstähle · Verwendung in Niedrigtemperaturlegierungen sowie als Weichlot |
Größte Förderländer von Indium: | · China (55,2%) · Südkorea (18%) · Japan (8,6%) |
Größte indiumfördernde Unternehmen : | k.A. |
Vorhandene Reserven (in Zinklagerstätten, Hochrechnung):*: | 10.000 Tonnen |
Vorhandene Ressourcen**: | 95.000 Tonnen |
Statistische Reichweite der Reserven: | 13 Jahre |
Statistische Reichweite der Ressourcen: | 126 Jahre |
Recyclingquote: | k.A. Indium ließe sich vor allem aus Elektro- und elektronischen Altgeräten wiedergewinnen. Dies ist aufgrund der geringen darin enthaltenen Mengen des Elements jedoch sehr aufwändig und teuer. |
Substituierbarkeit: | Als transparenter Stromleiter in Flüssigkristallanzeigen ist Indium bislang kaum zu ersetzen. |
Jahresproduktion von Indium 2016: | 755 Tonnen. |
Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, US Geological Survey
*Reserven = aktuell bekannte, mit der vorhandenen Technologie rentabel ausbeutbare Vorkommen
**Ressourcen = aktuell bekannte, aber noch nicht rentabel ausbeutbare Vorkommen
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