TECHNIK+EINKAUF spricht mit Philipp Jebens von Return über neue Technologien, Wirtschaftlichkeit und die Zukunft von Batteriegroßspeichern in Deutschland.
Batteriegroßspeicher haben sowohl für Energieversorger, Industrieunternehmen als auch die Gesellschaft große Vorteile.Mike Mareen - stock.adobe.com
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TECHNIK+EINKAUF: Welche Speichertechnologien kommen
derzeit bei Batteriegroßspeicher-Projekten zum Einsatz? Und welche alternativen
Technologien – etwa Redox-Flow-Systeme – könnten Ihrer Einschätzung nach
künftig industriell relevant werden?
Philipp Jebens: Derzeit dominieren
Lithium-Ionen-Systeme. Ihre Lade- und Entladezeiten liegen typischerweise
zwischen einer und vier Stunden, sodass sie sich besonders gut eignen, um
kurzfristige Schwankungen im Stromnetz abzufangen. Andere Technologien wie
Redox-Flow-Batterien besitzen zwar großes Potenzial, sind für großskalige und
netzrelevante Anwendungen bislang jedoch noch nicht wirtschaftlich attraktiv.
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Wie hat sich die Rentabilität von Batteriespeichern in
den vergangenen Jahren entwickelt? Und welche Faktoren sind heute
ausschlaggebend für den wirtschaftlichen Erfolg?
Batteriegroßspeicher sind dank sinkender Zellkosten und
zunehmend optimierter Betriebsprozesse lukrativer geworden. Für die
Rentabilität eines Projekts spielt jedoch auch der Zeitraum bis zur
Inbetriebnahme eine zentrale Rolle. Die Umsetzung ist eng an den Fortschritt
des Netzausbaus gekoppelt, der von den Netzbetreibern konsequent vorangetrieben
werden muss. Insbesondere verfügbare Kapazitäten an Umspannwerken sind dabei
ein entscheidender Erfolgsfaktor. Ebenso wichtig ist die Vermarktung: Die Erlöse entstehen vor
allem auf dem Day-Ahead- und Intraday-Markt, wo Strom bei hoher Produktion und
niedrigen Preisen eingekauft und bei geringer Verfügbarkeit wieder verkauft
wird.
Wie ist das Geschäftsmodell von Return aufgebaut –
insbesondere in Bezug auf Finanzierung, Betrieb und Risikoübernahme für
Partnerunternehmen?
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Unser Modell ermöglicht es Unternehmen, aktiv an der
Energiewende teilzunehmen, ohne selbst technische oder infrastrukturelle
Risiken tragen zu müssen. Return übernimmt für Unternehmen wie Vattenfall den
Betrieb großer Batteriespeicheranlagen und stellt sicher, dass diese technisch
zuverlässig funktionieren und optimal am Markt eingesetzt werden. Wir
verantworten die Integration, die Leistungssteuerung und die Betriebssicherheit
der Systeme. Unsere Partner profitieren dadurch von zusätzlichen Flexibilitätsdiensten
und effizienteren Energieflüssen.
Vita Philipp Jebens
Philipp Jebens ist Head of Germany bei Return. Seit rund 15 Jahren ist er in der Energiebranche tätig – zunächst als M&A-Berater, später als Investment Manager für einen Schweizer Infrastrukturfonds und zuletzt bei einem auf erneuerbare Energien spezialisierten Investmenthaus. 2022 gründete er als Co-Founder die J&P Batterie Projekte GmbH, die später Teil von Return wurde. In seiner Rolle bei Return treibt er die Flexibilisierung der europäischen Energieversorgung durch Batteriegroßspeicherlösungen voran und fördert damit den Aufbau einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Energielandschaft.
Welche Faktoren bremsen derzeit den Ausbau von
Energiespeicherlösungen in Deutschland und Europa?
Trotz des zunehmenden Ausbaus von Batteriespeichern bestehen
weiterhin strukturelle und regulatorische Hürden. Genehmigungsverfahren, die
Abstimmung mit Kommunen sowie uneinheitliche lokale Vorgehensweisen können
Projekte verlangsamen. Unsere Erfahrungen – zum Beispiel in Niedersachsen und
Baden-Württemberg – zeigen jedoch, dass eine frühzeitige, enge Zusammenarbeit
und eine offene Kommunikation mit Kommunen und Netzbetreibern den
Projektfortschritt deutlich beschleunigen.
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Wie beeinflussen regulatorische Vorgaben und volatile
Energiepreise die Planungssicherheit, und wie reagiert Return darauf?
Regulatorische Veränderungen und schwankende Märkte spielen
in der Energieplanung eine große Rolle. Wir begegnen diesen Unsicherheiten,
indem wir ein breit diversifiziertes, gesamteuropäisches Portfolio
koordinieren. Durch unterschiedliche Projekte und langfristige Partnerschaften
entstehen stabile und verlässliche Erlösstrukturen. So bleiben
Energiedienstleistungen auch in volatilen Marktphasen verlässlich, während das
Energiesystem zugleich von einer konstanten Bereitstellung an Netzflexibilität
profitiert.
Welche Rolle spielen Batteriespeicher heute für die
Netzstabilität, und wie profitieren Energieversorger und Industrieunternehmen
von Anwendungen wie dem Peak Shaving?
Batteriespeicher spielen eine zentrale Rolle dabei, Angebot
und Nachfrage im Stromsystem auszugleichen, Netzengpässe zu reduzieren und die
Stabilität des Gesamtsystems zu sichern. Konkret bedeutet das, Lastspitzen zu
glätten – also das sogenannte Peak Shaving – und Flexibilitätsleistungen
bereitzustellen, die früher überwiegend von konventionellen Kraftwerken
erbracht wurden. Für Energieversorger und Industriepartner führt dies zu
höherer Versorgungsqualität, mehr Versorgungssicherheit und der Möglichkeit, Stromkosten
gezielt zu optimieren.
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Welche Speicherprojekte setzt Return aktuell in
Deutschland um?
In Deutschland entsteht derzeit ein Großspeicher im
baden-württembergischen Rickenbach mit einer Leistung von 500 MW. Die
Inbetriebnahme ist in rund fünf Jahren geplant. Ein weiteres Projekt im
niedersächsischen Brietlingen mit 12 MW hat kürzlich den Vertragsabschluss
erreicht. Außerdem haben wir in Ostdeutschland Flächen für weitere 310 MW
gesichert.
Was ist Peak Shaving?
Peak Shaving (Lastspitzenkappung) ist ein Konzept in der
Energieversorgung, insbesondere für Industrie- und Gewerbebetriebe. Es
bezeichnet Maßnahmen, mit denen kurzzeitige Leistungsspitzen im Stromverbrauch
reduziert oder „gekappt“ werden. Diese Spitzen sind oft teuer, denn jede
einzelne Spitze kann die jährlichen Netzkosten massiv erhöhen.
Ziel ist es daher,
die maximale abgenommene Leistung (kW) zu verringern und so Lastschwankungen zu
reduzieren, denn diese Netzstabilität reduziert letztendlich die Kosten. Peak
Shaving kann durch Batteriespeicher, ein geeignetes Lastenmanagement sowie
Prozessoptimierung und Eigenerzeugung auf Verbraucherseite gelingen – am besten
in Kombination dieser Methoden.
Peak Shaving ist besonders relevant für energieintensive
Branchen wie den Maschinen- und Anlagenbau, die Chemie- und Pharmaindustrie
sowie die Automobilhersteller und natürlich Gießereien und Stahlwerke.
Schaffen Sie das aus eigener Kraft?
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Ein wichtiger Meilenstein für unser Wachstum ist unsere
Zusammenarbeit mit APG, einem der größten institutionellen Investoren. APG
investiert 300 Millionen Euro Wachstumskapital in Return und hält nun eine
Minderheitsbeteiligung. Diese Zusammenarbeit stärkt unsere finanzielle Basis
und ermöglicht es uns, den Ausbau unserer europäischen Speicherprojekte weiter
voranzutreiben und die Energiewende mitzugestalten.
Welche
Erfahrungen machen Sie in der Projektpraxis bei Themen wie Flächensicherung und
Genehmigungsverfahren?
Die
Umsetzung von Batteriegroßspeicherprojekten erfordert eine enge und frühzeitige
Abstimmung mit Behörden und Kommunen. Ein transparenter Dialog ist
entscheidend, um Akzeptanz zu sichern und lokale Anliegen in die Planung
einzubinden. So entstehen Projekte, die auf breite Unterstützung treffen. Batteriespeicher
gelten nach §11c EnWG als Anlagen von übergeordnetem öffentlichen Interesse.
Erst seit Kurzem sind sie zudem ausdrücklich nach §35 BauGB privilegiert,
nachdem der Bundestag die Privilegierung von Großbatteriespeichern im
Außenbereich beschlossen hat. Bis dahin sorgte die unklare Rechtslage häufig
für zusätzlichen Abstimmungsbedarf. Der
Beschluss schafft nun: deutlich vereinfachte Genehmigungsverfahren für Speicherprojekte, mehr Planungssicherheit für Investoren und Projektentwickler und einen wichtigen Impuls für Netzstabilität und die Integration erneuerbarer Energien.
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Welche Entwicklungen werden den Batteriespeichermarkt im
Hinblick auf Effizienz und Nachhaltigkeit prägen?
Steigende Effizienz durch höhere Energiedichte sowie
Fortschritte im Recycling prägen die Entwicklung moderner Speichertechnologien.
Wir verfolgen diese Trends aufmerksam, damit unsere Partner von neuen
Technologien profitieren können, ohne sich selbst mit deren technischen Details
auseinandersetzen zu müssen.
Wie wird sich der Markt für Großspeicher in Europa in den
kommenden fünf bis zehn Jahren entwickeln?
Der wachsende Anteil von Wind- und Solarenergie ist der
zentrale Treiber für die zunehmende Nachfrage nach Batteriespeichern in ganz
Europa. Flexible Speicherlösungen sind unerlässlich, um die volatile
Einspeisung auszugleichen und die Netzstabilität zu sichern.
Welche Bedeutung wird grüner Wasserstoff künftig im
Zusammenspiel mit Batteriespeichern haben?
Grüner Wasserstoff kann künftig eine wichtige Ergänzung zu
Batteriespeichern sein. Während Batterien kurzfristige Schwankungen ausgleichen
und zur Stabilisierung des Netzes beitragen, kann Wasserstoff überschüssige
erneuerbare Energie über längere Zeit speichern und später wieder nutzbar
machen.
FAQ: Batteriegroßspeicher in Deutschland
Was versteht man unter einem Batteriegroßspeicher?
Unter einem Batteriegroßspeicher versteht man ein stationäres Energiespeichersystem mit einer Leistung von mehreren hundert Kilowatt bis zu mehreren Megawatt und einer Kapazität von mehreren Megawattstunden, das elektrische Energie zwischenspeichern und gezielt wieder abgeben kann. Ein solcher Speicher wird überwiegend aus modular aufgebauten Lithium-Ionen-Batterien zusammengesetzt und ermöglicht es, Lastspitzen zu glätten, erneuerbare Energien besser zu nutzen oder Netzdienstleistungen zu erbringen.
Welche Einsatzbereiche sind in Deutschland besonders relevant?
In Deutschland werden Batteriegroßspeicher vor allem für Anwendungen wie Peak Shaving, die Erbringung von Netzdienstleistungen, die Integration von Photovoltaik- und Windenergieanlagen, die Stabilisierung von Verteilnetzen, die Optimierung des Eigenverbrauchs sowie das Management von Ladeinfrastrukturen eingesetzt. Diese Einsatzfelder gewinnen stetig an Bedeutung, da Speicher mehrere dieser Aufgaben parallel übernehmen können und dadurch wirtschaftlich besonders attraktiv sind.
Wie wirtschaftlich sind Batteriespeicher aktuell?
Batteriegroßspeicher sind heute deutlich wirtschaftlicher als noch vor einigen Jahren, da die Kosten für Lithium-Ionen-Technologie stark gesunken sind und gleichzeitig die Netzentgelte sowie die Anforderungen an Flexibilität gestiegen sind. In vielen Fällen amortisieren sich Speicherlösungen bereits nach drei bis sieben Jahren, insbesondere wenn sie mehrere Erlösquellen wie Peak Shaving und Regelleistung gleichzeitig erschließen.
Welche Technologien kommen zum Einsatz?
In deutschen Großspeicherprojekten kommen überwiegend Lithium-Ionen-Batterien zum Einsatz, insbesondere in der Form von Lithium-Eisenphosphat (LFP), da diese Technologie als sicher, langlebig und kosteneffizient gilt. Alternative Technologien wie Redox-Flow-Batterien, Natrium-Ionen-Systeme oder Hochtemperaturbatterien spielen derzeit nur eine untergeordnete Rolle, könnten jedoch langfristig einzelne Nischen besetzen.
Wie sicher sind Batteriegroßspeicher?
Moderne Batteriegroßspeicher gelten als sehr sicher, da sie mit umfassenden Sicherheitsmechanismen wie mehrstufigen Batteriemanagementsystemen, Temperaturüberwachung, Brandschutzwänden, Löschsystemen sowie Fernüberwachung ausgestattet sind. Insbesondere LFP-Batterien verfügen über ein geringes Risiko eines thermal runaway und erfüllen in Deutschland strenge technische Normen sowie Prüfanforderungen durch unabhängige Stellen wie den TÜV.
Wie groß sind typische Batteriespeicher für Industrie und Energieversorgung?
Batteriespeicher in Industrie und Gewerbe verfügen typischerweise über Leistungen zwischen 250 Kilowatt und mehreren Megawatt sowie Kapazitäten zwischen 0,5 und 10 Megawattstunden, während Netzdienstleistungs- oder Energieversorgerspeicher häufig deutlich größer dimensioniert sind und Leistungen von 10 bis 200 Megawatt erreichen. Je nach Anwendung und Standort variieren die Dimensionen erheblich, da Speicher passgenau auf Lastprofile und Einsatzstrategien zugeschnitten werden.
Welche Rolle spielen Großspeicher für die Energiewende?
Batteriegroßspeicher spielen eine zentrale Rolle für die Energiewende in Deutschland, weil sie die volatile Einspeisung von Wind- und Solarstrom ausgleichen, Netze stabilisieren und Industrieunternehmen sowie Energieversorgern mehr Flexibilität bieten. Sie ermöglichen es, erneuerbare Energien effizienter zu nutzen, die Elektrifizierung von Prozessen abzusichern und gleichzeitig die Versorgungssicherheit in einem zunehmend dezentralen Energiesystem zu gewährleisten.