Dienstleistung statt Kauf

Wie werden große Batteriespeicher wirtschaftlich?

TECHNIK+EINKAUF spricht mit Philipp Jebens von Return über neue Technologien, Wirtschaftlichkeit und die Zukunft von Batteriegroßspeichern in Deutschland.

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Batteriegroßspeicher haben sowohl für Energieversorger, Industrieunternehmen als auch die Gesellschaft große Vorteile.

TECHNIK+EINKAUF: Welche Speichertechnologien kommen derzeit bei Batteriegroßspeicher-Projekten zum Einsatz? Und welche alternativen Technologien – etwa Redox-Flow-Systeme – könnten Ihrer Einschätzung nach künftig industriell relevant werden?

Philipp Jebens: Derzeit dominieren Lithium-Ionen-Systeme. Ihre Lade- und Entladezeiten liegen typischerweise zwischen einer und vier Stunden, sodass sie sich besonders gut eignen, um kurzfristige Schwankungen im Stromnetz abzufangen. Andere Technologien wie Redox-Flow-Batterien besitzen zwar großes Potenzial, sind für großskalige und netzrelevante Anwendungen bislang jedoch noch nicht wirtschaftlich attraktiv.

Wie hat sich die Rentabilität von Batteriespeichern in den vergangenen Jahren entwickelt? Und welche Faktoren sind heute ausschlaggebend für den wirtschaftlichen Erfolg?

Batteriegroßspeicher sind dank sinkender Zellkosten und zunehmend optimierter Betriebsprozesse lukrativer geworden. Für die Rentabilität eines Projekts spielt jedoch auch der Zeitraum bis zur Inbetriebnahme eine zentrale Rolle. Die Umsetzung ist eng an den Fortschritt des Netzausbaus gekoppelt, der von den Netzbetreibern konsequent vorangetrieben werden muss. Insbesondere verfügbare Kapazitäten an Umspannwerken sind dabei ein entscheidender Erfolgsfaktor. Ebenso wichtig ist die Vermarktung: Die Erlöse entstehen vor allem auf dem Day-Ahead- und Intraday-Markt, wo Strom bei hoher Produktion und niedrigen Preisen eingekauft und bei geringer Verfügbarkeit wieder verkauft wird.

Wie ist das Geschäftsmodell von Return aufgebaut – insbesondere in Bezug auf Finanzierung, Betrieb und Risikoübernahme für Partnerunternehmen?

Unser Modell ermöglicht es Unternehmen, aktiv an der Energiewende teilzunehmen, ohne selbst technische oder infrastrukturelle Risiken tragen zu müssen. Return übernimmt für Unternehmen wie Vattenfall den Betrieb großer Batteriespeicheranlagen und stellt sicher, dass diese technisch zuverlässig funktionieren und optimal am Markt eingesetzt werden. Wir verantworten die Integration, die Leistungssteuerung und die Betriebssicherheit der Systeme. Unsere Partner profitieren dadurch von zusätzlichen Flexibilitätsdiensten und effizienteren Energieflüssen. 

Vita Philipp Jebens

Philip Jebens

Philipp Jebens ist Head of Germany bei Return. Seit rund 15 Jahren ist er in der Energiebranche tätig – zunächst als M&A-Berater, später als Investment Manager für einen Schweizer Infrastrukturfonds und zuletzt bei einem auf erneuerbare Energien spezialisierten Investmenthaus. 2022 gründete er als Co-Founder die J&P Batterie Projekte GmbH, die später Teil von Return wurde. In seiner Rolle bei Return treibt er die Flexibilisierung der europäischen Energieversorgung durch Batteriegroßspeicherlösungen voran und fördert damit den Aufbau einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Energielandschaft.

Welche Faktoren bremsen derzeit den Ausbau von Energiespeicherlösungen in Deutschland und Europa?

Trotz des zunehmenden Ausbaus von Batteriespeichern bestehen weiterhin strukturelle und regulatorische Hürden. Genehmigungsverfahren, die Abstimmung mit Kommunen sowie uneinheitliche lokale Vorgehensweisen können Projekte verlangsamen. Unsere Erfahrungen – zum Beispiel in Niedersachsen und Baden-Württemberg – zeigen jedoch, dass eine frühzeitige, enge Zusammenarbeit und eine offene Kommunikation mit Kommunen und Netzbetreibern den Projektfortschritt deutlich beschleunigen.

Wie beeinflussen regulatorische Vorgaben und volatile Energiepreise die Planungssicherheit, und wie reagiert Return darauf?

Regulatorische Veränderungen und schwankende Märkte spielen in der Energieplanung eine große Rolle. Wir begegnen diesen Unsicherheiten, indem wir ein breit diversifiziertes, gesamteuropäisches Portfolio koordinieren. Durch unterschiedliche Projekte und langfristige Partnerschaften entstehen stabile und verlässliche Erlösstrukturen. So bleiben Energiedienstleistungen auch in volatilen Marktphasen verlässlich, während das Energiesystem zugleich von einer konstanten Bereitstellung an Netzflexibilität profitiert. 

Welche Rolle spielen Batteriespeicher heute für die Netzstabilität, und wie profitieren Energieversorger und Industrieunternehmen von Anwendungen wie dem Peak Shaving?

Batteriespeicher spielen eine zentrale Rolle dabei, Angebot und Nachfrage im Stromsystem auszugleichen, Netzengpässe zu reduzieren und die Stabilität des Gesamtsystems zu sichern. Konkret bedeutet das, Lastspitzen zu glätten – also das sogenannte Peak Shaving – und Flexibilitätsleistungen bereitzustellen, die früher überwiegend von konventionellen Kraftwerken erbracht wurden. Für Energieversorger und Industriepartner führt dies zu höherer Versorgungsqualität, mehr Versorgungssicherheit und der Möglichkeit, Stromkosten gezielt zu optimieren.

Welche Speicherprojekte setzt Return aktuell in Deutschland um? 

In Deutschland entsteht derzeit ein Großspeicher im baden-württembergischen Rickenbach mit einer Leistung von 500 MW. Die Inbetriebnahme ist in rund fünf Jahren geplant. Ein weiteres Projekt im niedersächsischen Brietlingen mit 12 MW hat kürzlich den Vertragsabschluss erreicht. Außerdem haben wir in Ostdeutschland Flächen für weitere 310 MW gesichert.

Was ist Peak Shaving?

Peak Shaving (Lastspitzenkappung) ist ein Konzept in der Energieversorgung, insbesondere für Industrie- und Gewerbebetriebe. Es bezeichnet Maßnahmen, mit denen kurzzeitige Leistungsspitzen im Stromverbrauch reduziert oder „gekappt“ werden. Diese Spitzen sind oft teuer, denn jede einzelne Spitze kann die jährlichen Netzkosten massiv erhöhen.

 Ziel ist es daher, die maximale abgenommene Leistung (kW) zu verringern und so Lastschwankungen zu reduzieren, denn diese Netzstabilität reduziert letztendlich die Kosten. Peak Shaving kann durch Batteriespeicher, ein geeignetes Lastenmanagement sowie Prozessoptimierung und Eigenerzeugung auf Verbraucherseite gelingen – am besten in Kombination dieser Methoden.

Peak Shaving ist besonders relevant für energieintensive Branchen wie den Maschinen- und Anlagenbau, die Chemie- und Pharmaindustrie sowie die Automobilhersteller und natürlich Gießereien und Stahlwerke.

Schaffen Sie das aus eigener Kraft?

Ein wichtiger Meilenstein für unser Wachstum ist unsere Zusammenarbeit mit APG, einem der größten institutionellen Investoren. APG investiert 300 Millionen Euro Wachstumskapital in Return und hält nun eine Minderheitsbeteiligung. Diese Zusammenarbeit stärkt unsere finanzielle Basis und ermöglicht es uns, den Ausbau unserer europäischen Speicherprojekte weiter voranzutreiben und die Energiewende mitzugestalten.

Welche Erfahrungen machen Sie in der Projektpraxis bei Themen wie Flächensicherung und Genehmigungsverfahren? 

Die Umsetzung von Batteriegroßspeicherprojekten erfordert eine enge und frühzeitige Abstimmung mit Behörden und Kommunen. Ein transparenter Dialog ist entscheidend, um Akzeptanz zu sichern und lokale Anliegen in die Planung einzubinden. So entstehen Projekte, die auf breite Unterstützung treffen. Batteriespeicher gelten nach §11c EnWG als Anlagen von übergeordnetem öffentlichen Interesse. Erst seit Kurzem sind sie zudem ausdrücklich nach §35 BauGB privilegiert, nachdem der Bundestag die Privilegierung von Großbatteriespeichern im Außenbereich beschlossen hat. Bis dahin sorgte die unklare Rechtslage häufig für zusätzlichen Abstimmungsbedarf. Der Beschluss schafft nun: deutlich vereinfachte Genehmigungsverfahren für Speicherprojekte, mehr Planungssicherheit für Investoren und Projektentwickler und einen wichtigen Impuls für Netzstabilität und die Integration erneuerbarer Energien.

Welche Entwicklungen werden den Batteriespeichermarkt im Hinblick auf Effizienz und Nachhaltigkeit prägen?

Steigende Effizienz durch höhere Energiedichte sowie Fortschritte im Recycling prägen die Entwicklung moderner Speichertechnologien. Wir verfolgen diese Trends aufmerksam, damit unsere Partner von neuen Technologien profitieren können, ohne sich selbst mit deren technischen Details auseinandersetzen zu müssen.

Wie wird sich der Markt für Großspeicher in Europa in den kommenden fünf bis zehn Jahren entwickeln?

Der wachsende Anteil von Wind- und Solarenergie ist der zentrale Treiber für die zunehmende Nachfrage nach Batteriespeichern in ganz Europa. Flexible Speicherlösungen sind unerlässlich, um die volatile Einspeisung auszugleichen und die Netzstabilität zu sichern.

Welche Bedeutung wird grüner Wasserstoff künftig im Zusammenspiel mit Batteriespeichern haben?

Grüner Wasserstoff kann künftig eine wichtige Ergänzung zu Batteriespeichern sein. Während Batterien kurzfristige Schwankungen ausgleichen und zur Stabilisierung des Netzes beitragen, kann Wasserstoff überschüssige erneuerbare Energie über längere Zeit speichern und später wieder nutzbar machen.

FAQ: Batteriegroßspeicher in Deutschland

Was versteht man unter einem Batteriegroßspeicher?

Unter einem Batteriegroßspeicher versteht man ein stationäres Energiespeichersystem mit einer Leistung von mehreren hundert Kilowatt bis zu mehreren Megawatt und einer Kapazität von mehreren Megawattstunden, das elektrische Energie zwischenspeichern und gezielt wieder abgeben kann. Ein solcher Speicher wird überwiegend aus modular aufgebauten Lithium-Ionen-Batterien zusammengesetzt und ermöglicht es, Lastspitzen zu glätten, erneuerbare Energien besser zu nutzen oder Netzdienstleistungen zu erbringen.

Welche Einsatzbereiche sind in Deutschland besonders relevant?

In Deutschland werden Batteriegroßspeicher vor allem für Anwendungen wie Peak Shaving, die Erbringung von Netzdienstleistungen, die Integration von Photovoltaik- und Windenergieanlagen, die Stabilisierung von Verteilnetzen, die Optimierung des Eigenverbrauchs sowie das Management von Ladeinfrastrukturen eingesetzt. Diese Einsatzfelder gewinnen stetig an Bedeutung, da Speicher mehrere dieser Aufgaben parallel übernehmen können und dadurch wirtschaftlich besonders attraktiv sind.

Wie wirtschaftlich sind Batteriespeicher aktuell?

Batteriegroßspeicher sind heute deutlich wirtschaftlicher als noch vor einigen Jahren, da die Kosten für Lithium-Ionen-Technologie stark gesunken sind und gleichzeitig die Netzentgelte sowie die Anforderungen an Flexibilität gestiegen sind. In vielen Fällen amortisieren sich Speicherlösungen bereits nach drei bis sieben Jahren, insbesondere wenn sie mehrere Erlösquellen wie Peak Shaving und Regelleistung gleichzeitig erschließen.

Welche Technologien kommen zum Einsatz?

In deutschen Großspeicherprojekten kommen überwiegend Lithium-Ionen-Batterien zum Einsatz, insbesondere in der Form von Lithium-Eisenphosphat (LFP), da diese Technologie als sicher, langlebig und kosteneffizient gilt. Alternative Technologien wie Redox-Flow-Batterien, Natrium-Ionen-Systeme oder Hochtemperaturbatterien spielen derzeit nur eine untergeordnete Rolle, könnten jedoch langfristig einzelne Nischen besetzen.

Wie sicher sind Batteriegroßspeicher?

Moderne Batteriegroßspeicher gelten als sehr sicher, da sie mit umfassenden Sicherheitsmechanismen wie mehrstufigen Batteriemanagementsystemen, Temperaturüberwachung, Brandschutzwänden, Löschsystemen sowie Fernüberwachung ausgestattet sind. Insbesondere LFP-Batterien verfügen über ein geringes Risiko eines thermal runaway und erfüllen in Deutschland strenge technische Normen sowie Prüfanforderungen durch unabhängige Stellen wie den TÜV.

Wie groß sind typische Batteriespeicher für Industrie und Energieversorgung?

Batteriespeicher in Industrie und Gewerbe verfügen typischerweise über Leistungen zwischen 250 Kilowatt und mehreren Megawatt sowie Kapazitäten zwischen 0,5 und 10 Megawattstunden, während Netzdienstleistungs- oder Energieversorgerspeicher häufig deutlich größer dimensioniert sind und Leistungen von 10 bis 200 Megawatt erreichen. Je nach Anwendung und Standort variieren die Dimensionen erheblich, da Speicher passgenau auf Lastprofile und Einsatzstrategien zugeschnitten werden.

Welche Rolle spielen Großspeicher für die Energiewende?

Batteriegroßspeicher spielen eine zentrale Rolle für die Energiewende in Deutschland, weil sie die volatile Einspeisung von Wind- und Solarstrom ausgleichen, Netze stabilisieren und Industrieunternehmen sowie Energieversorgern mehr Flexibilität bieten. Sie ermöglichen es, erneuerbare Energien effizienter zu nutzen, die Elektrifizierung von Prozessen abzusichern und gleichzeitig die Versorgungssicherheit in einem zunehmend dezentralen Energiesystem zu gewährleisten.