Die britische Wirtschaft ist laut IMF (Weltwährungsfonds) noch die fünftgrößte der Welt - ganz knapp vor Indien. Ganze drei Prozent der globalen Wirtschaftsleistung gehen auf das Konto britischer Arbeitnehmer und Unternehmen. Seit dem Austritt des Landes aus der Europäischen Union am 29. März 2019 hat sich die wirtschaftliche Situation jedoch nicht zu ihrem Vorteil entwickelt. Hinzu kamen die Coronapandemie sowie die aktuelle Energiekrise.
Das durchschnittliche Pro-Kopf-BIP hat seit 2007 die 50.000-Dollar-Grenze nicht mehr überschritten. Der IMF rechnet zwar mit einer Steigerung ab 2023, ob die aktuelle Politik das möglich macht, ist jedoch noch offen.
Allerdings verlor das Pfund gegenüber dem Euro seit dem Brexit-Votum stark an Wert. Der Pfund-Kurs pendelt zwischen 1,06 und 1,20 Euro. Aktuell liegt er durch die Inflation bei 1,14 Euro (Stand: 15.11.22). Der Konsum ist neben dem Finanzsektor eine der wichtigsten Triebkräfte des britischen Wirtschaftswachstums. Die Industrie trägt nämlich nur rund 14 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei.
Wirtschaftliche Fakten zur Beschaffung in Großbritannien
Offizieller Name | United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland / Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland |
Hauptstadt | London |
Amtssprache | Englisch |
Bevölkerung 2021 | 67,33 Millionen |
Bruttoinlandsprodukt 2021 | 3,187 Milliarden US-Dollar |
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf 2021 | 47.328 US-Dollar |
Wirtschaftswachstum 2020/2021/2022* | -9,2% / +7,44% / 3,61% |
Inflationsrate 2020/2021/2022* | 0,85% / 2,59%/ 9,12% |
Importe 2021 | 694,94 Mrd. US-Dollar |
Exporte 2021 | 468,06 Mrd. US-Dollar |
Deutsche Importe aus Großbritannien 2021 | 32,25 Mrd. Euro |
Deutsche Exporte nach Großbritannien 2021 | 65 Mrd. Euro |
Freihandelsabkommen | EU-Mitglied (bis 29.3.2019) |
* geschätzt
Beschaffung in Großbritannien: Die wichtigsten Ausfuhrgüter
Der mit Abstand wichtigste Handelspartner Großbritanniens ist die USA, dahinter kommt Deutschland. 8,66 Prozent der britischen Exporte gingen 2021 nach Deutschland.
Besonders eng sind die Beziehungen zwischen britischen Zulieferern und deutschen Automobilbauern. Nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie hatten deutsche Kfz-Zulieferer rund 100 Fertigungsstätten im Vereinigten Königreich - vor dem Brexit. Britische Maschinenbauer lieferten 2016 Produkte im Wert von 2,4 Milliarden Euro nach Deutschland. Bei britischen Elektronikherstellern beschafften deutsche Einkäufer sogar Waren im Wert von 4,3 Milliarden Euro. Seit dem Brexit sind das jedoch deutlich weniger geworden.
Ausfuhrgüter | Prozentualer Anteil an den britischen Exporten weltweit |
---|---|
Gold | 9,22% |
Straßenfahrzeuge | 8,59% |
Kraftmaschinen und - ausrüstungen | 7,12% |
Erdöl | 6,44% |
Arzneimittel | 6,11% |
NE-Metalle | 4,68% |
Die wichtigsten Rohstoffe bei der Beschaffung in Großbritannien
Die Erdöl- und Erdgasreserven Großbritanniens sind seit dem Ende der neunziger Jahre weitgehend aufgebraucht, neue Felder wurden nur spärlich erschlossen. Das Gleiche gilt für Rohstoffe wie Eisenerz, Kohle und Zinn, die einst die industrielle Revolution im Vereinigten Königreich befeuerten.
Diese Rohstoffe exportiert Großbritannien:
Produktivität, Qualität und Kosten im Beschaffungsland Großbritannien
Die Löhne britischer Arbeitnehmer steigen derzeit zwar langsamer als die Inflation. Die mittelmäßige Produktivität der Unternehmen im Vereinigten Königreich wird dadurch jedoch nicht besser. Diese leidet neben den niedrigen Forschungs- und Entwicklungsausgaben Großbritanniens an dem außerhalb der Eliteschulen und
-universitäten schlechten Schulwesen und der rückständigen Berufsausbildung.
Die Abwertung des Pfunds im Zuge des Brexit verhindert darüber hinaus dringend erforderliche Investitionen. Das IW Köln prognostizierte daher, dass Neuanschaffungen britischer Firmen bis 2020 um 30 Prozent gegenüber der Zeit vor dem Brexit-Votum zurückgehen werden. Zudem erwartet jeder dritte britische Unternehmer, dass er nach dem EU-Austritt Schwierigkeiten haben wird, ausreichend Mitarbeiter zu finden. Denn: Großbritannien werde dann den Zuzug von Arbeitskräften aus EU-Staaten behindern, so eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Ipsos Mori.
Dieser Mangel an Fach- ebenso wie niedrigqualifizierten Kräften wird der Wettbewerbsfähigkeit der britischen Wirtschaft genauso schaden, wie die ab 2019 einzuhaltenden Zollverfahren. Denn diese stören die komplexen Lieferketten zwischen Unternehmen in der EU und britischen Zulieferern, denn viele Komponenten überqueren heute drei- oder viermal den Ärmelkanal, bevor sie endgültig verbaut werden.
Durchschnittlicher Monatslohn im verarbeitenden Gewerbe | 3.000 US-Dollar |
Analphabetenquote | keine Angabe |
Durchschnittliche Dauer des Schulbesuchs | 13,3 Jahre |
Anteil der Bevölkerung mit sekundärer Schulbildung | 82,9% |
Anteil der Bevölkerung mit Universitätsabschluss |
47,8% |
Human Development Index 2021 | Platz 11 von 188 |
Global Competitiveness Index 2021 |
81,2 von 100 |
Offizielle Arbeitslosenquote 2021 | 4,5% |
Arbeitsproduktivität im EU-Vergleich (Durchschnitt der EU-28 = 100; Deutschland = 105,1) |
100,6% |
Beschaffung in Großbritannien: Infrastruktur und Logistik
Londons wichtigster Flughafen in Heathrow ist mittlerweile aber nicht mehr unter den größten Cargo-Airports der Welt zu finden. Auch der größte Seehafen des Landes, Felixtowe, rangiertim europäischen Vergleich nicht mehr in den Top Ten. Einige der britischen Häfen sind zudem in chinesischer Hand.
Das Autobahnnetz des Vereinigten Königreiches kann da nicht mithalten. Mit nur 3.500 Kilometern müssen sich die Motorways der zweitgrößten Volkswirtschaft der EU dem deutschen Autobahnnetz um knapp gut tausend Kilometer geschlagen geben. Auch das Schienennetz auf der britischen Hauptinsel ist mit gut 16.500 Kilometern erheblich kürzer als das deutsche mit gut 43.000 Kilometern. Außerdem sind wichtige Strecken wie die Great Western Main Line zwischen Bristol und London nicht elektrifiziert.
Wichtigste Seehäfen | Felixtowe, Tilbury/London, Southampton, Teesport/Middlesborough |
Wichtigste Flughäfen | London Heathrow, London Gatwick, Manchester |
Autobahnnetz | 3.500 Kilometer |
Eisenbahnnetz | 16.536 Kilometer |
Risiken bei der Beschaffung in Großbritannien
Das größte Risiko auf dem Beschaffungsmarkt Großbritannien war der EU-Austritt am 1. Februar 2020. Die Übergangsphase endete am 31. Dezember 2020. Ein Handels- und Kooperationsabkommen wurde seit Anfang Januar 2021 vorläufig angewandt und am 28. April 2021 durch die EU-27 ratifiziert.
Seit dem 1. Januar 2021 gilt es trotz des Freihandelsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich jedoch etliches zu beachten. Immerhin: Mit dem Abkommen wird abgewendet, dass für EU-Waren die Zollsätze der Welthandelsorganisation angewendet werden müssen. Für Waren, die in der EU hergestellt werden, besteht Zollfreiheit. Auf der anderen Seite werden auch Ursprungswaren des Vereinigten Königreichs zollfrei in die EU importiert werden können.
Für Waren, die nicht in der EU oder im Vereinigten Königreich hergestellt werden, gelten allerdings andere Regeln. Wird also eine Ware aus Ländern wie China oder den Vereinigten Arabischen Emiraten bezogen und von Deutschland nach Großbritannien verschickt, so ist hier mit Zollabgaben zu rechnen. Den dann geltenden Zolltarif hat das Vereinigte Königreich am 19. Mai 2020 veröffentlicht. Er entspricht weitgehend dem EU-Zolltarif, sieht jedoch in einigen Bereichen Änderungen vor.
Quellen: gtai, Auswärtiges Amt, UNESCO, UNDP, WEF, IMF
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