
Die Globalisierung sorgt für einen florierenden Warenverkehr weltweit. Diese Funfacts sollten Sie kennen. (Bild: Naypong Studio - stock.adobe.com)
Die Globalisierung tritt in eine neue Phase ein. Nachdem im Frühjahr 2020 die weltweite Logistik aufgrund der Corona-Pandemie zusammengebrochen war, ist gut neun Monate später das Pendel in die andere Richtung ausgeschlagen. Container-Kapazitäten werden knapp, die Frachtkosten zu See schießen in die Höhe.
Nachdem Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten Fertigungsstätten an den günstigsten Standorten aufgebaut und weltweit neue Absatzmärkte erschlossen haben, kommt es für ihren Erfolg künftig vor allem darauf an, dass sie Güter und Vorprodukte möglichst schnell und günstig zwischen Produktionsstätten und Absatzmärkten in aller Welt transportieren können.
Dabei gibt es allerhand Kurioses und Wissenswertes rund um den internationalen Warenverkehr. Wir haben 15 Fakten zusammengesammelt.
2.000 Tonnen in acht Stunden entladen
Am 5. Mai 1966 legte die „Fairland“ der US-amerikanischen Reederei Sea-Land im Bremer Überseehafen an. An Bord hatte sie 110 Container – die ersten der revolutionären Stahlkisten, die jemals in einem deutschen Hafen verladen wurden. An allen anderen Kais lagen zu diesem Zeitpunkt noch Stückgutfrachter, die bei im Durchschnitt 160 Meter Länge maximal 85.000 Tonnen Ladung im Jahr zwischen Europa und Asien transportieren konnten.
Ein Standardcontainerschiff mit Platz für 14.000 Zwanzig-Fuß-Container schafft heute jedes Jahr 1,3 Millionen Tonnen Ladung auf der gleichen Strecke. Die standardisierten Stahlkisten haben auch die Umschlagzeiten in den Häfen revolutioniert. In den sechziger Jahren benötigte eine 18-köpfige Mannschaft acht Stunden, um 80 Tonnen Ladung zu bewegen. In der gleichen Zeit ver- und entlädt eine nur halb so große Brückenmannschaft heute 2.000 Tonnen.
Derzeit sind nach Angaben der Welthandelsorganisation WTO rund 250 Millionen Stück der revolutionären Stahlkisten im Einsatz. Bis zum kommenden Jahr sollen weitere 40 Millionen Container hinzukommen.
Junge, komm bald wieder! – Spitzenreiter Seeschiffahrt
Gemessen am Wert der transportierten Waren wickelt die Europäische Union mehr als die Hälfte ihrer Exporte und 53 Prozent ihrer Einfuhren auf dem Seeweg ab, so das statistische Amt der Europäischen Union, Eurostat.
Beim Warenaustausch mit Asien liegt dieser Anteil noch deutlich höher: 95 Prozent des Güterverkehrs zwischen Europa und Asien – der wichtigsten Handelsroute der Welt – werden über See abgewickelt.
In 28 Tagen um die halbe Welt
Die klassische Route führt dabei von Hamburg, Rotterdam oder Antwerpen durch die Straße von Gibraltar in das Mittelmeer. Von dort geht es durch den Suezkanal, das Rote Meer und den Indischen Ozean nach Singapur, Hongkong oder Shanghai.
Für die 11.000 Seemeilen lange Reise braucht ein Containerschiff bei besten Bedingungen 28 Tage.
Zum Vergleich: Luftfracht benötigt zwischen Europa und Asien einschließlich der Vor- und Nachläufe der Flugzeuge zwar nur drei bis vier Tage, kostet dafür aber zehnmal mehr als eine Schiffspassage. Einen Mittelweg bietet der kombinierte Sea-Air-Verkehr, bei dem Waren meist bis Dubai verschifft und ab dort nach Europa geflogen werden.
160 Kilometer für 465.000 Dollar – der Suezkanal
Vierzehn Prozent des Welthandels fließen durch den Suezkanal. Jedes Jahr nehmen rund 20.000 Schiffe die Abkürzung zwischen dem Mittelmeer und dem Indischen Ozean durch die ägyptische Wüste.
Sie transportieren über 400 Millionen Tonnen Fracht. Damit ist der 160 Kilometer lange Kanal die wichtigste Wasserstraße der Welt. Die Passage eines durchschnittlichen Containerschiffes schlägt nach der offiziellen Preisliste mit Gebühren in Höhe von 465.000 Dollar zu Buche.
Mit dem Schiff im Konvoi durch die Wüste
Die Durchfahrt durch den Suezkanal erfolgt zu fest terminierten Uhrzeiten im Konvoi. Da das Kanalbett nur auf einer Breite von 205 Metern tief genug für die Passage der Containerriesen ist, füllt ein einziges Schiff den Kanal komplett aus. Lediglich an zwei insgesamt 72 Kilometer langen Teilstücken können die entgegenkommenden Konvois aneinander vorbeifahren.
Weiterer großer Nachteil des Kanals: Haben Schiffe den Suezkanal und das Rote Meer durchquert, müssen sie auf ihrem Weg nach Asien die piratenverseuchten Gewässer am Horn von Afrika passieren.
Lukrative Umwege bringen Reeder Einsparungen in Millionenhöhe
Rund 150 Dollar kostete eine Tonne Schiffsdiesel im Jahr 2016. Das waren fast zwei Drittel weniger als noch 2015. Für Reeder lohnte es sich deshalb, ihre Schiffe auf dem Weg nach Asien rund um Südafrika fahren zu lassen. Von Rotterdam nach Singapur sind es über das Kap der Guten Hoffnung zwar 6.500 Kilometer mehr, als auf der Strecke durch den Suezkanal.
Doch sparen sich die Schiffe auf der Südafrika-Route nicht nur die Durchquerung der gefährlichen Seegebiete vor Somalia, sondern auch die Durchfahrtsgebühren durch den Suezkanal. Das brachte Reedern trotz des Mehrverbrauchs an Diesel auf der längeren Strecke eine Ersparnis von 19 Millionen Dollar im Jahr – pro Schiff wohlgemerkt.
Nordostpassage – 18 Tage Frost
Dänische Klimaforscher rechnen damit, dass sich das Seeeis in der Arktis bis zum Jahr 2035 so weit zurückzieht, dass ein jahrhundertealter Traum vieler Kapitäne Wirklichkeit werden könnt: der Seeweg zwischen Asien und Europa durch die Nordostpassage.
Sie ist mit 6.500 Seemeilen rund 4.000 Seemeilen kürzer als die Route durch den Suezkanal und ließe sich unter idealen Bedingungen in 18 Tagen zurücklegen. Passagen entlang der sibirischen Küste wären damit rund ein Drittel schneller als Fahrten durch das Mittelmeer und den Indischen Ozean.
Derzeit lässt sich die Nordostpassage allerdings nur mit Hilfe russischer Atomeisbrecher ganzjährig befahren. Diese Unterstützung lässt sich Russland gut bezahlen.
See-Lkw-Kombi könnte wichtiger werden
Europas wichtigste Seehäfen könnten künftig nicht mehr in Nordeuropa liegen, sondern am Mittelmeer. Verschiffen Reeder Waren aus Asien nicht bis Rotterdam oder Hamburg, sondern nach La Spezia oder Genua in Italien und transportieren sie dann per Lkw oder Bahn weiter nach Mitteleuropa verkürzt das die Transportzeiten um rund fünf Tage.
Zwei Entwicklungen machen den modalen Verkehr zwischen Europa und Asien besonders attraktiv: Zum einen erleichtert und beschleunigt der im Juni 2016 eröffnete Gotthard-Basis-Tunnel den Güteraustausch zwischen dem Mittelmeer und Mitteleuropa.
Zum anderen können Megafrachter mit einer Ladekapazität von bis zu 22.000 Zwanzig-Fuß-Containern Häfen wie Hamburg oder Bremerhaven wegen ihres Tiefgangs nicht mehr anlaufen.
Lokomotiven statt Lotsen
1.000-PS-starke Motoren heulen auf, wenn die Lokomotiven im Karibikhafen Colon Frachter über 45-Grad-steile Rampen in die Gatun-Schleusen ziehen. Die Schleusen heben täglich 35 bis 40 Schiffe auf eine Höhe von 26 Metern über dem Wasserstand der Karibik, damit sie über den Gatun-Staussee, das größte künstliche Wasserreservoir der Welt, den eigentlichen Panamakanal am Gaillard-Durchstich bei Gamboa erreichen.
Nach dessen Durchquerung gelangen die Schiffe durch drei Schleusenanlagen am Miraflores-See nach 82 Kilometern wieder auf das Niveau des Pazifik. Insgesamt transportieren jedes Jahr gut 14.000 Schiffe etwa 300 Millionen Tonnen Güter durch den zweitwichtigsten Kanal der Welt. Damit fließen etwa sechs Prozent des maritimen Welthandels durch den Panamakanal.
Bis 2016 war die Durchfahrt dabei nur Schiffen mit einer Kapazität von maximal 5.100 Zwanzig-Fuß-Containern möglich. Seit der Eröffnung des inzwischen erweiterten Kanals können nun jedoch, ähnlich wie im Suezkanal, auch Frachter passieren, die bis zu 14.000 Container aufnehmen können. Damit passen seit 2016 rund 96 Prozent der weltweit fahrenden Schiffe durch die Schleusenanlagen am Gatun- und Miraflores-See.
So teuer ist der Panamakanal
Der Panamakanal war mit 13.800 Passagen im Jahr 2019 zwar nur der zweitwichtigste Durchgang zwischen zwei Weltmeeren nach dem Suezkanal mit knapp 19.000 Schiffen. Die Durchfahrt durch den mittelamerikanischen Dschungel ist allerdings erheblich teurer als die Passage durch die ägyptische Wüste.
Schon für den Transit eines kleineren Containerschiffs rechnet die Kanalbehörde ACP bis zu 450.000 Dollar ab. Die Gebühren legt sie dabei auf Grundlage der Größe und Beladung des Schiffes ebenso fest wie auf Grund der Dringlichkeit der Durchfahrt, der Zahl der benötigten Lotsen, Schlepper sowie Lokomotiven und Festmacher in den Schleusen.
Die Regierung des mittelamerikanischen Zwergstaates ist auf die Einnahmen aus dem Kanalgeschäft dringend angewiesen. Mit gut einer Milliarde Dollar im Jahr steuert der Kanal fast 40 Prozent zum Staatshaushalt bei. Außerdem verschlang sein Ausbau in den vergangenen Jahren gut 5,6 Milliarden Dollar.
Panamas Preispolitik vergrault US-Reeder
Für Frachter zwischen der US-amerikanischen Ostküste und Asien ist die Route durch den Suezkanal fast ebenso attraktiv wie jene durch den Panamakanal. Denn auf die teuren Durchfahrtsgebühren Panamas reagiert die Kanalbehörde des Suezkanals derzeit mit drastischen Rabatten von bis zu 65 Prozent.
Der Weg Richtung Osten lohnt sich für Reeder in Zeiten niedriger Dieselpreise. Zumal die wichtige Strecke zwischen Savannah an der Ostküste der Vereinigten Staaten und Hongkong durch die Wüste am Sinai nur wenige hundert Seemeilen länger ist als die Route durch den Panamakanal.
Asien auf dem Landweg
Die Idee ist nicht neu: Schon 1973 transportierte die Transsibirische Eisenbahn den ersten Container aus Westeuropa nach Fernost. Da der Transport der Sowjetunion harte Devisen brachte, lief der Verkehr bis zum Ende des Kalten Kriegs weiter.
Zwanzig Jahre nach dessen Ende schickte BMW dann den ersten Güterzug mit Bausätzen seiner Pkw-Modelle von Wackersdorf in der Oberpfalz nach Shenyang in China. Dort werden die Bausätze zu fertigen Autos montiert. Seit hat sich der Eisenbahnverkehr zwischen Westeuropa und Ostasien zu einer festen Größe in der internationalen Logistik entwickelt.
2017 waren etwa 40 Güterzugverbindungen fahrplanmäßig zwischen Bahnhöfen wie Leipzig, Hamburg, München, Wien, Bologna, Barcelona, Bayonne, London oder Rotterdam und Antwerpen und den chinesischen Städten Chongqing, Shenyang und Shanghai unterwegs.
Im Jahr zuvor transportierten die Züge in 40.000 Zwanzig-Fuß-Containern Waren im Wert von acht Milliarden US-Dollar. Bis zum Jahr 2020 soll die Zahl der transportierten Stahlkisten auf über 100.000 Container steigen - so war der Plan vor Corona. Das wären dreimal mehr Frachtboxen als 2014.
In den Containern befinden sich neben Kfz-Teilen und –Bausätzen von BMW oder PSA Peugeot Citroën unter anderem Küchengeräte von Elektrolux, Produkte für den Maschinenbau oder Saisonware für die Textilbranche. Modeunternehmen schätzen besonders, dass Züge Waren zwischen Europa und Asien um die Hälfte schneller transportieren können als Containerschiffe.
Die Züge verkehren dabei auf zwei Routen: Entweder geht die Fracht über 12.000 Kilometer auf der Strecke der Transsibirischen Eisenbahn zum chinesisch-russischen Grenzübergang Manzhouli und weiter nach Peking oder Shanghai, oder über die nur 10.300 Kilometer lange Südroute durch Kasachstan und den Westen Chinas nach Chongqing am Yangtse-Fluss. Für die Strecken brauchen die Züge zwischen zwölf und 16 Tagen.
Dabei müssen Eisenbahner die Wagons an der polnisch-russischen und russisch-chinesischen Grenze von Regel- auf die in Russland gebräuchlichen Breitspurwagen umsetzen.
Rheinschiffe: Besser als 90 Lkw
Lägen Europas größte Seehäfen Rotterdam und Antwerpen nicht an den Mündungsarmen des Rhein in die Nordsee, wären sie als Containerumschlagplätze nur halb so erfolgreich. Denn die Rheinschifffahrt verlängert die in Rotterdam und Antwerpen endenden Überseerouten der Redereien bis zu den Alpen.
Zwischen der Schweiz und der deutsch-niederländischen Grenze transportierten die Schubverbände nach Angaben der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt allein im dritten Quartal 2016 über 47 Millionen Tonnen Güter – 8,8 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Die Rheinschifffahrt ist nicht nur eine unverzichtbare Kapillare der weltweiten Handelsrouten. Sie entlastet auch die Umwelt. Immerhin kann ein modernes Binnenschiff mit erheblich weniger Emissionen die gleiche Ladung transportieren wie 90 Lkw.
Duisburg – Größter Binnenhafen der Welt
Wichtigste Umschlagplätze für die Fracht sind dabei die Häfen in Düsseldorf/Neuss, Köln und der größte Binnenhafen der Welt – Duisburg. Dort wurden 2019 rund 4 Millionen Tonnen Fracht verladen. Das war ein Rückgang von 4,1 Millionen Tonnen in den Jahren 2017 und 2018.
Der Brenner: Doppelt so viel Lkw-Verkehr wie an allen Schweizer Alpenübergängen
Keinen Punkt der Alpen passieren täglich mehr Lkw als den Brenner. Im Schnitt überquerten 2019 jeden Tag ganze 2,56 Millionen Lkw die auf 1.370 Metern Meereshöhe gelegene Grenze zwischen Österreich und Italien. Das sind fast dreimal so viele Lkw-Überfahrten wie an den vier wichtigsten Alpenübergängen der Schweiz zusammengenommen – den Pässen San Bernardino (131.400), Gotthard (642.900), Simplon (89.400) und Großer Sankt Bernhard (34.400).
Die „rollende Lagerhalle“ auf der Brennerautobahn ist aber auch dafür verantwortlich, dass Tirol unter der höchsten Stickstoffdioxid-Belastung in ganz Österreich leidet. Außerdem verursacht der Transitverkehr horrende Kosten für den Straßenunterhalt. Ein einziger 40-Tonnen-Laster nutzt die Brennerautobahn so stark ab wie 50.000 Pkw.
Die Regierung in Wien hat versucht, die Belastungen durch den Lkw-Verkehr in Grenzen zu halten, und wollte den Transport von Müll, Holz oder Gestein auf der Straße verbieten. Der Europäische Gerichtshof jedoch hat der Alpenrepublik die Einführung dieses „sektoralen Fahrverbots“ untersagt.
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