Ein Mann unterschreibt einen Vertrag

Welche Vorteile bieten Rahmenverträge und Abrufkontrakte, dass sie bei Einkäufern und Lieferanten gleichermaßen beliebt sind? (Bild: DragonImages - stock.adobe.com)

Das sollten Sie über Rahmenverträge und Abrufkontrakte wissen:

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Wenn Unternehmen und ihre Kunden eine langfristige Geschäftsbeziehung eingehen wollen, regeln sie mit einem Rahmenvertrag die grundlegenden Bedingungen ihrer Zusammenarbeit. Das können etwa Rabatte für genau definierte Waren, Haftungs-, Gewährleistungs- und Verzugsfragen sein, oder auch wann und wie die Partner von dem Vertrag zurücktreten oder diesen kündigen können.

Auch ein Abrufkontrakt spricht für eine längerfristige Lieferbeziehung. Allerdings gibt es gravierende Unterschiede zwischen den beiden Einkaufsstrategien. Wann sich welche empfiehlt, erklären wir im Folgenden.

Rahmenverträge sind beliebte Einkaufsstrategie

Der Rahmenvertrag wird nicht im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt, sondern leitet sich aus der allgemeinen Vertragsfreiheit des Schuldrechts ab. Ein Rahmenvertrag regelt die Zusammenarbeit zwischen - meist juristischen - Personen im Voraus, selbst wenn noch keine Waren oder Geld geflossen sind.

Mit einem Rahmenvertrag handelt der Einkauf Konditionen für eine Vielzahl von Rechtsgeschäften mit einem Lieferanten aus. Das spart Zeit. Während der Laufzeit des Rahmenvertrags gelten die Bedingungen dann für alle Bestellungen, die der Einkäufer bei diesem Lieferanten tätigt.

Jede einzelne Order begründet dabei einen eigenen Vertrag. Dieser regelt jedoch nur noch, welche Menge eines Produkts der Zulieferer zu welchem Zeitpunkt wohin liefern muss. Grundsätzlich können Rahmenverträge auch als Kontingente ausgestaltet sein.

Das heißt aber auch: Ein Rahmenvertrag verpflichtet ein Unternehmen nicht zur Abnahme einer bestimmten Menge oder eines Kontingents. Er bestimmt lediglich die Bedingungen für die folgenden Einzelverträge, jedoch nicht, ob diese dann tatsächlich stattfinden oder nicht.

Energie-Einkauf: Beschaffungsstrategien, Photovoltaik, Industriewärmepumpen

Precision Industrial Flow Meter: Advanced Liquid Measurement Technology for Accurate Control and Engineering Efficiency
(Bild: aicandy - stock.adobe.com)

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Definition: Was ist ein Rahmenvertrag?

Rahmenverträge sind das komplette Gegenteil von Einzelbestellungen, die je nach Bedarf ausgelöst werden. Es handelt sich dabei um langfristig festgelegte Vereinbarungen. Diese können je nach Lieferant unterschiedlich ausfallen.

Es gibt zwei Arten von Rahmenverträgen:

  1. Lieferplan: Beim Lieferplan werden Materialien innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu festgelegten Terminen beschafft. So kann etwa ein Sukzessivlieferungsvertrag als Rahmenvertrag ausgestaltet werden.
  2. Kontakt oder Abrufauftrag: Beim Kontakt werden Materialien oder Dienstleistungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums bei Bedarf abgerufen. Ein Beispiel dafür ist ein Wartungsvertrag oder ein Service-Level-Agreement. Auch ein Wiederkehrschuldverhältnis gehört dazu (typischerweise in Form von Gas-, Wasser- oder Stromlieferungen).

Die Vereinbarungen umfassen zum Beispiel

  • den Preis,
  • die Lieferung,
  • Zahlung,
  • Qualitätsanforderungen,
  • mögliche Boni und
  • sonstige Vertragsbestandteile.

Ein "großer" Vertrag ersetzt also viele "kleine" Verträge bei einem Lieferanten.

Vorteile von Rahmenverträgen

  • Sinkender Verhandlungsaufwand: Die Konditionen für eine Vielzahl von Einzelverträgen mit dem Lieferanten müssen nur ein Mal ausgehandelt werden. Alle späteren Bestellungen erfolgen auf ihrer Basis.
  • Weniger Bestellaufwand: Der Einkauf muss nur noch die benötigte Menge eines Produkts sowie den Liefertermin und eventuell den Ort telefonisch, per Mail oder im Idealfall automatisch durch das ERP-System an den Lieferanten durchgeben.
  • Einfachere Produktionsplanung: Der Lieferant steht bereits fest, die Produktion muss nur noch den Liefertermin festlegen. Auch der Lieferant kann seine Fertigung besser planen.
  • Kostentransparenz: Durch die größeren Einkaufsmengen sind für den Einkauf günstigere Preise erzielbar.
  • Sinkende Prozesskosten: Rahmenverträge senken den Verwaltungsaufwand im Einkauf, aber auch beim Lieferanten.

Nachteile von Rahmenverträgen

Rahmenverträge sichern Konditionen langfristig, das ist für den Einkauf besonders bei steigenden Preisen von Vorteil. Sollten sich die Preise des zu lieferndes Gutes jedoch drastisch senken und die Konditionen trotz gut ausgehandelter Boni und Rabatte im Rahmenvertrag plötzlich nicht mehr attraktiv sein, ist ein solches Vertragskonstrukt wertlos. Es eignet sich daher am besten für Materialien, Waren oder Dienstleistungen, deren Preise tendenziell stetig steigen.

Um diesen Punkt zu klären, vereinbaren die Parteien häufig eine Klausel, nach der steigende Preise ab einem bestimmten Prozentsatz weitergegeben werden dürfen. Üblicherweise sind das fünf Prozent. Steigen die Einkaufspreise des Zulieferers um fünf Prozent oder mehr, darf er also diese Preissteigerung weitergeben.

Der Einkauf muss zudem immer im Auge behalten, wann abgeschlossene Rahmenverträge auslaufen und neu verhandelt oder verlängert werden müssen.

Standardisiert eingesetzte Rahmenverträge haben einen ähnlichen Charakter wie Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Sie müssen daher inhaltlich einer AGB-Kontrolle standhalten. Im Gegensatz zu einer reinen Absichtserklärung ist ein Rahmenvertrag eine rechtsverbindliche Verpflichtung. Aus ihr folgen Einzelverträge. Daher handelt es sich bei einem Rahmenvertrag auch nicht um ein Dauerschuldverhältnis, denn die Lieferungen und damit auch die Zahlungen werden erst durch diese Einzelverträge ausgelöst.

Wie können Sie einen Rahmenvertrag gestalten?

1. Klassischer Rahmenvertrag

Ein klassischer Rahmenvertrag regelt eine konkrete Einkaufsmenge zu einem konkreten Preis innerhalb einer vereinbarten Vertragslaufzeit. Diese beträgt meist ein Jahr. Per Abrufauftrag bestellt das Unternehmen immer nur die Menge, die es aktuell benötigt.

Das hat den Vorteil, dass keine großen Lagerkapazitäten vorgehalten werden müssen.

2. Durchschnittlicher Jahresstückpreis

Der vereinbarte Preis einer Produktgruppe bestimmt sich hier auf der Basis des Einkaufsvolumens des letzten Jahres. Setzen Sie die Gesamtkosten in Relation zur beschafften Menge. Dieser Durchschnittspreis bildet die Grundlage für Preisverhandlungen. Hier steht vor allem die Ersparnis von Prozesskosten im Vordergrund, wenn nicht jede Bestellung einzeln ausgelöst werden muss.

Beispiel: Ihr Unternehmen hat im vergangenen Jahr für 55.045 Euro insgesamt 1.357.086 Schrauben in unterschiedlichen Ausführungen beschafft. Der durchschnittliche Preis pro Mengeneinheit (zum Beispiel 1.000 Stück) lag bei 40,56 Euro. Dieser Betrag könnte der neue Einkaufspreis für 1.000 Schrauben im Rahmenvertrag sein.

3. Staffelumsatz mit Jahresbonus

Diese Ausgestaltung beruht auf einem sehr einfachen Prinzip: Je mehr Umsätze die Beschaffung generiert, desto höher ist der aufs Jahr bezogene Bonus. Hier lohnt es sich jeweils zu prüfen, ob Bedarfe von Zeit zu Zeit nicht vorgezogen werden können, um in die nächsthöhere Staffel mit dem entsprechend höheren Bonus zu kommen.

4. Bündelungspreise

In dieser Form bündelt Ihr Unternehmen gewisse Einkäufe bei einem Lieferanten. Je nach Auftragsvolumen erreichen Unternehmen auf diese Weise ein relevantes Marktpotenzial. Typischerweise ist das beispielsweise die Bündelung aller mobilen und festnetzbasierten Telefonate bei einem Netzbetreiber. Oder der Einkauf aller Leasing-Fahrzeuge der Firmenflotte und deren Service von nur einem Anbieter oder Hersteller. Noch weiter können Sie das Ganze drehen, wenn Sie sich mit anderen Unternehmen zusammentun und den Einkauf von bestimmten Produktgruppen noch stärker bündeln.

Download: Musterverträge

Hier können Sie einen Muster-Rahmenvertrag mit Abrufvereinbarung herunterladen (externer Link).

Hier geht es zum Download des Mustervertrags für einen Rahmenvertrag für Lieferungen und Dienstleistungen (externer Link)

Unterschiedliche Bezeichnungen

Ein Rahmenvertrag muss übrigens nicht immer so heißen. Wichtig ist nicht, wie die Vereinbarung heißt, sondern was in ihr zu finden ist. Andere Begriffe dafür sind zum Beispiel:

  • Jahresvertrag
  • Lieferrahmenvertrag
  • Kontingentvertrag
  • Long Term Supply Agreement

Auch im Arbeitsrecht gibt es Rahmenverträge. Allerdings begründen diese noch keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung so ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Az: AZR 181/01 vom 31.07.2002). Hier wird noch ein Einzelvertrag nötig.

Was ist ein Abrufkontrakt?

Ein Rahmenvertrag im engeren Sinne verpflichtet den Lieferanten nicht dazu, eine bestimmte Menge eines Produkts zu liefern. Auch der Kunde ist nicht dazu verpflichtet, seinem Zulieferer bestimmte Kontingente abzunehmen. Anders sieht es bei einem Abrufkontrakt aus. Dieser definiert sowohl Liefer- als auch Abnahmeverpflichtungen.

Beim Abrufkontrakt, auch Sukzessivliefervertrag genannt, sieht die Lage ein wenig anders aus. In einem solchen Vertrag vereinbaren die Partner detailliert,

  • welche Menge
  • welchen Produkts
  • wann genau

zu liefern ist. Sowohl die Menge als auch der Zeitraum sind also vordefiniert. Der Einkäufer muss die vereinbarte Menge abnehmen. Anders als Rahmenverträge begründen Abrufkontrakte also Liefer- und Abnahmeverpflichungen.

Auch der Sukzessivliefervertrag kann ein Abrufkontrakt sein. Er ist nicht gesetzlich geregelt, sondern ergibt sich aus dem Schuldrecht. Wichtig ist also auch hier der Inhalt, nicht die Bezeichnung.

Dies zeigt auch ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 22. April 1994 (Az: 19 U 145/93). Die Richter mussten einen Rahmenvertrag beurteilen. Dieser enthielt eine detaillierte Auflistung von Liefergegenständen und sah zudem eine bestimmte Mindestbestellung für einen bestimmten Zeitraum vor.

Dem Urteil zufolge handelte es sich bei dem Vertrag jedoch nicht um einen Rahmenvertrag, sondern um eine verbindliche Liefervereinbarung. Auch die Tatsache, dass der Vertrag Abrufe durch den Besteller vorsah - die dieser nie vorgenommen hatte - änderte nichts daran.

Vorsicht bei der Zusicherung großer Abnahmemengen

Bei einem wirtschaftlichen Abschwung oder einer plötzlichen Nachfragekrise, wie etwa der Corona-Pandemie, sind Abrufkontrakte von Nachteil. Wer bei Lieferanten besonders günstige Preise rausgeschlagen hat, weil er ihnen große Abnahmemengen zugesichert hat, kann diese oft nicht mehr gebrauchen, wenn die Nachfrage nach seinen eigenen Produkten nachlässt.

Ist absehbar, dass die Krise schnell wieder vorbei geht, lohnt sich in dem Fall vielleicht noch eine vorübergehende Lagerhaltung. Ist das jedoch nicht der Fall, können Abrufkontrakte mit einer hohen verpflichtenden Abnehmemenge einem Unternehmen schnell das Genick brechen.

Abrufkontrakt: Vorteile und Nachteile

Vorteile von Abrufkontrakten: Da Abrufkontrakte ihren Lieferanten dazu verpflichten, Unternehmen in einem bestimmten Zeitraum zu einem definierten Preis mit einer festgelegten Menge eines Produkts zu versorgen, gewinnen Sie Preisstabilität und langfristige Planungssicherheit.

Da Einkäufer mit Abrufkontrakten auch Versorgungssicherheit gewinnen, können Sie Ihre Lagerbestände und damit das gebundene Kapital reduzieren.

Nachteile von Abrufkontrakten: Allerdings müssen Unternehmen sehr genau kalkulieren, welche Mengen eines Produkts sie während der Laufzeit des Vertrags wirklich benötigen. Denn sie sind verpflichtet, die vereinbarten Kontingente abzunehmen. Im Falle eines plötzlichen Nachfrageschocks oder drastischen Preissenkungen ist ein Abrufkontrakt für die Beschaffung von Nachteil.

Just-in-Time-Verträge zwingen Zulieferer zu äußerster Termintreue

In der Automobilindustrie werden Abrufkontrakte in der Regel als Just-in-Time-Verträge ausgestaltet. In ihnen vereinbaren Einkäufer und Zulieferer, welche Mengen eines Produkts zu welchem Zeitpunkt direkt in die Produktion des Autobauers zu liefern sind. Der Lieferzeitpunkt ist hier das entscheidende Kriterium.

Da Lieferverspätungen bei der Just-in-Time-Produktion zum Stillstand ganzer Fertigungsanlagen führen können, sehen die entsprechenden Verträge im Falle eines Verzugs oft hohe Konventionalstrafen vor.

Während der Corona-Pandemie und den daraus folgenden Produktionsstillständen bei Zulieferern und Belieferten geriet diese Art der Beschaffung an äußerste Grenzen. Da weltweite Lieferketten zu unterschiedlichen Zeitpunkten rissen (etwa durch die Lockdowns in chinesischen Häfen) und Fehlentscheidungen (Halbleiterbeschaffung im ersten Corona-Jahr), fand die Just-in-time-Belieferung häufig nur noch auf dem Papier statt. Produktionsausfälle waren und sind immer noch (Stand: Mai 2022) an der Tagesordnung.

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Darauf müssen Sie beim Abschluss von Rahmen- und Abrufverträgen achten

Definieren Sie in Ihren Rahmenverträgen präzise, für welche Waren die Vereinbarung gilt. Wenn Sie Begriffe wie „Schrauben“ oder „Schmierstoffe“ verwenden, steht es dem Lieferanten frei, welche Schrauben oder Fette er liefert. Er wird dadurch nicht vertragsbrüchig.

Stimmen Sie die Inhalte Ihres Rahmenvertrags mit Ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ab. Vermeiden Sie Widersprüche. Regeln Sie in Ihrem Rahmenvertrag dezidiert, dass dieser Vorrang vor den AGB hat.

Vereinbaren Sie genau, wer auf welchem Weg Bestellungen auslösen darf, für die die Bedingungen des Rahmenvertrags gelten sollen. Definieren Sie also, ob ein Anruf, eine Mail oder eine Meldung ihres Warenwirtschaftssystems genügen, oder es einer Order mit handschriftlicher Unterschrift bedarf.

Checken Sie, ob Sie wirklich alle wichtigen Fragen ausreichend geregelt haben. Das sind in der Regel Liefer-, Zahlungs- und Kündigungsfristen, die Folgen im Falle eines Lieferverzugs, das Abnahmekontingent, die Haftung für Transportschäden und auch Bedingungen für eine Force Majeure.

Vereinbaren Sie Preisanpassungsklauseln. Davon profitieren Sie als Einkäufer, wenn die Preise während der Laufzeit des Vertrags sinken. Achten Sie dabei jedoch darauf, dass sie Klauseln fair formulieren. Bevorzugen diese eine Vertragspartei unangemessen, sind sie nach § 307 Absatz I BGB nicht wirksam.

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