Inhaltsverzeichnis
- Kriterien für die Wahl einer Einkaufsstrategie
- Rahmenverträge
- Abrufkontrakte
- Warengruppenstrategie
- Part Sourcing
- Preferential Sourcing
- Dual Sourcing
- Multiple Sourcing
- Local Sourcing
- Global Sourcing
- Lead Buyer / Category Manager
- Reshoring
Sie haben wenig Zeit? Dann springen Sie doch direkt zur Erklärung der jeweiligen Einkaufsstrategie.
Energie-Einkauf: Beschaffungsstrategien, Photovoltaik, Industriewärmepumpen
Energiebeschaffung ist zur Herausforderung für Einkäufer geworden. Welche Strategien für den Einkauf von Strom und Gas gibt es und welche ist für welches Unternehmen geeignet? Welche Vor- und Nachteile die Eigenerzeugung von Strom mit Photovoltaik hat, und warum Wärmepumpen auch für die Industrie eine echte Alternative sind, erfahren Sie in unserem Schwerpunkt zur Energiebeschaffung.
Außerdem finden Sie Informationen zu Erdgas, dem nach wie vor wichtigsten Energieträger und Rohstoff der Industrie. Mindestens ebenso wichtig bei der Dekarbonisierung ist ein Energiemanagement, das den Verbrauch der beschafften Energie effizient gestaltet.
Der Einkauf ist eine der Abteilungen, die Unternehmensziele am stärksten unterstützen - oder im schlimmsten Fall auch sabotieren - kann. Eine Strategie bestimmt explizit und implizit zahlreiche Faktoren:
- welche Ziele im Vordergrund stehen,
- wie Einkaufsprozesse wie ablaufen,
- mit welchen anderen Abteilungen der Einkauf zusammenarbeitet,
- welche Aufgaben der Einkauf übernimmt.
Den hohen Stellenwert und den hohen Beitrag der Beschaffungsabteilung sehen auch die Einkäufer selbst, so die 2019er-Umfrage von Entero und BME "Einkaufscontrolling in Deutschland 2019".
Dabei legen die meisten Unternehmen drei Kriterien in ihrer Einkaufsstrategie fest - über alle Branchen hinweg. Am höchsten im Kurs stehen:
- Qualität,
- Total Cost of Ownership (TCO),
- Preis.
Diese drei Ziele vereinen 92 Prozent der Antworten auf sich. Die restlichen acht Prozent teilen sich:
- Effizienz,
- Risiko und
- Innovation.
Um diese Kriterien gezielt steuern zu können, die Lieferanten und die Einkaufsorganisation weiterzuentwickeln, ist es wichtig die richtigen Kennzahlen (KPI, Key Performance Indicator) zu erheben. An ihnen können dann gezielte Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet werden.
Welche Einkaufsstrategien sind am wichtigsten?
In der Befragung wurden insgesamt 23 Strategien zur Auswahl gestellt. Im Vergleich zur Studie 2017 haben die Strategien "Rahmenvertrag" und "Abrufkontrakt" weiter an Bedeutung gewonnen.
1. Rahmenverträge
Die Nutzung von Rahmenverträgen wurde über die Branchen hinweg am häufigsten als sehr wichtig eingestuft. Dies zeigt deutlich das Interesse der Unternehmen an einer langfristigen Beziehung zu ihren Lieferanten mit Sicherheit sowohl beim Preis als auch in der (Produktions-)Planung. Eine wichtige Kennzahl dabei ist zum Beispiel die Rahmenvertragsnutzung. Sie zeigt, inwieweit durch Rahmenverträge abgedeckte Beschafffungsvolumina in der Praxis durch Rahmenverträge bestellt werden.
2. Abrufkontrakte
Ein Abrufkontrakt ist eigentlich ein spezieller Rahmenvertrag. Dieser legt Regelungen für einen bedarfsorientierten Abruf von Materialien beim Lieferanten fest. Vereinbart ist, welche Güter in welchen Mengen abgenommen werden. Vielfach wird jedoch kein konkreter Liefertermin festgeklopft.
3. Warengruppen
Der Einkauf nach Warengruppen (Warengruppenstrategie) liegt weiterhin auf Rang 3 bei den befragten Unternehmen. Sie fasst unterschiedliche Waren zu Gruppen zusammen, etwa Standardmaterialien und strategische Materialien. Die Warengruppenstrategie trägt unter anderem dazu bei, die Anzahl von Schnittstellen zu Lieferanten zu reduzieren.
Erfahren Sie hier alles zur Einkaufsstrategie nach Warengruppen.
4. Part Sourcing
Part Sourcing oder auch Unit Sourcing besagt, das Objekte als Einzelteile oder als Rohstoffe beschafft werden. Die Teile werden erst im Unternehmen weiterverarbeitet oder gehen sofort ins Endprodukt ein. Der Vorteil hier: Das Know-how bleibt beim Unternehmen, es muss aber viele unterschiedliche Zulieferer koordinieren. Der Stellenwert von Part Sourcing ist im Vergleich zur Studie 2017 gleich geblieben.
5. Preferential Sourcing
Viele Unternehmen versuchen, durch Preferential Sourcing (Vorzugslieferanten-Strategie) die Anzahl ihrer Zulieferer möglichst niedrig zu halten. Die am höchsten qualifizierten Lieferanten, etwa bezüglich ihrer Qualität oder ihres Preises, werden vorzugsweise behandelt. Sie werden gern für Engpassteile (bei A-Materialien) genutzt oder erhalten bestimmte Beschaffungsquoten.
6. Dual Sourcing
Beim Dual Sourcing werden Waren von zwei voneinander unabhängigen Zulieferern bezogen. Meist geschieht das in Quoten, etwa 60 Prozent zu 40 Prozent. Das kombiniert die positiven Seiten des Single Sourcing mit den Vorteilen von Multiple Sourcing zu kombinieren. Die Vorteile hierbei sind einerseits hohe Rabatte durch die Bündelung von Bestellungen, andererseits auch ein geringeres Risiko des Ausfalls und weniger Abhängigkeit.
7. Multiple Sourcing
Mit Multiple Sourcing, auch Multi Sourcing genannt, setzen Unternehmen auf eine Vielzahl von Lieferanten für Güter. Das ist meistens begründet in einem großen Bedarf an Rohstoffen bzw. Einzelteilen im produzierenden Gewerbe. Der Vorteil: Versorgungssicherheit. Der Nachteil: die Koordination vieler Zulieferer.
8. Local Sourcing / Domestic Sourcing
Das Local oder Domestic Sourcing legt besonderen Wert auf die geografische Nähe zum Lieferanten. Streng genommen, wird noch zwischen lokaler und regionaler Beschaffung unterschieden. Gegebenenfalls höhere Warenpreise werden durch eine bessere Qualität, niedrigere Transportkosten und ein geringeres Versorgungsrisiko kompensiert. Es entfällt zudem das Risiko langer Transportwege.
9. Global Sourcing
Global Sourcing schafft den weltweiten Zugang zu Ressourcen und Produkten, die günstiger und/oder auf dem lokalen Markt nicht zu finden sind. Bei der Anwendung von Global Sourcing ist ein Mehraufwand an Koordination, Planung und Information über die Märkte nötig. Oft wird auch eine Zone, etwa Europa, unter die globale Beschaffung gezählt. Für andere läuft das bereits unter regionaler Beschaffung.
Erfahren Sie hier alles zur Einkaufsstrategie Global Sourcing.
10. Lead Buyer / Category Manager
Ein Lead-Buyer-Konzept bezeichnet einen "federführenden Einkauf" für ein Produkt oder eine im Vorfeld festgelegte Warengruppe. Dabei kann es sein, dass der Lead Buyer innerhalb eines (großen und weltweit agierenden) Unternehmens eingesetzt wird oder sogar über Unternehmensgrenzen hinweg in Einkaufskooperationen. Daher gilt Lead Buying auch als Kompromiss zwischen zentralem und dezentralem Einkauf. Die Nachteile: Es entstehen "Einkaufs-Königreiche, Fehleinschätzungen des Lead Buyers können schwere Folgen haben und auch die Transparenz ist nicht immer optimal.
11. Reshoring
Reshoring, die Rückverlagerung von Produktionsstätten zurück in die Heimat, ist angesagt. Seit Corona sind die Lieferketten bis zum Zerreißen gespannt - erst kamen die Lockdowns weltweit - wobei besonders China mit seiner Null-Covid-Strategie immer wieder Häfen und Produktionsstätten blockiert hat - und dann der Ukraine-Krieg. Die Frage liegt also nah: Ist die Produktion in Europa, oder zumindest in Ländern mit nicht-autokratischen Systemen, besser aufgehoben?
Wo ist es sinnvoll? Wo liegen die Chancen und wo die Risiken? Den ausführlichen Artikel dazu lesen Sie hier.
Es gibt noch weitere Einkaufsstrategien, die jedoch in der Entero/BME-Umfrage keine oder keine größere Rolle spielen. Das sind beispielsweise:
Modular oder System Sourcing
Bei diesen Strategien setzt ein Unternehmen auf nur wenige Lieferanten. Diese liefern komplette Module oder Baugruppen. Diese wurden entweder gemeinsam entwickelt (System Sourcing) oder vom Lieferanten (Modular Sourcing). Die Begriffe Modular und System grenzen sich also durch die Enge der Zusammenarbeit ab. Diese Verlagerung der Entwicklung und Produktion bedeutet eine hohe Abhängigkeit zum Lieferanten. Oft ist das auch verbunden mit einem Verlust an Know-how an den Zulieferer.
E-Procurement / E-Sourcing
Die Umfrage listet auch E-Procurement als Strategie. Hier setzt der Einkauf auf die Digitalisierung der Beschaffung durch entsprechende Prozesse und Tools, etwa Robotic Process Automation.