Der Goldpreis nähert sich nach seinen Rekordhochs im Sommer 2020 und Frühjahr 2022 mit über 2.000 US-Dollar einem dritten Hoch in drei Jahren an: Erneut liegt der Preis für das Edelmetall über 2.000 US-Dollar (Stand: 14. April 2023). Auch die Preise anderer Edel- und Industriemetalle haben sich in steile Höhen geschraubt. Die Rede ist von Kupfer, Zinn und Platin.
So hat sich der Kupferpreis zwischen Frühjahr 2020 (Beginn der Coronakrise) und Frühsommer 2022 mehr als verdoppelt. Lag er Mitte März 2020 noch bei knapp 4.700 US-Dollar, notiert er im Frühsommer 2021 bereits bei mehr als 10.000 US-Dollar. Mit einigen Rückschlägen blieb der Preis in ähnlichen Höhen bis zum Frühsommer 2022. Mitte des Jahres fiel er dann erstmals auf unter 7.500 US-Dollar, klettert seitdem aber wieder aufwärts. Kupfer gilt aufgrund seiner vielseitigen Verwendung als Konjunkturbarometer.
Preisentwicklung von Zinn
Auch die Preiskurve von Zinn zeigte zwischen März 2020 und Februar 2022 steil nach oben. Von knapp 13.800 US-Dollar schoss der Rohstoff binnen elf Monaten auf ein Rekordniveau von 50.000 US-Dollar vor dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine. Ab dem Frühjahr 2022 rutschte der Preis kontinuierlich ab, bis auf ein Tief von knapp 17.700 US-Dollar Ende Oktober 2022.
Seitdem berappelt sich der Preis wieder und stieg zwischenzeitlich sogar über 30.000 US-Dollar pro Tonne. Aktuell (Stand: 14. April 2023) liegt der Zinnpreis bei 23.900 US-Dollar. Verwendet wird Zinn vor allem zum Löten. Daher stieg die Nachfrage auch mit dem Halbleiter-Boom rasant an. Laut der International Tin Association nimmt die Nachfrage nach Zinn auch wegen der hohen Inflation ab.
Preis pro Tonne Kupfer
Auch Platin hat zwischenzeitlich eine Rallye hingelegt. War das Edelmetall lange Zeit die kleine Schwester des beliebten und sehr teuren Palladium, wird die Nachfrage danach immer größer. Das liegt auch daran, dass viele Hersteller Palladium durch Platin ersetzt haben - zumindest, wo es möglich war.
Seinen Preis-Peak hatte Platin im Jahr 2011 mit 1.700 US-Dollar. So hoch kletterte der Preis seitdem nie wieder. Zu Beginn der Coronakrise im März 2020 kostete Platin zeitweise gerade noch 600 US-Dollar pro Unze. Binnen Jahresfrist verdoppelte sich der Preis dann wieder auf 1.200 US-Dollar. Seit Jahresbeginn 2023 pendelt der Platin preis zwischen 1.100 und 900 US-Dollar - traditionell ist das Edelmetall sehr volatil.
Preisentwicklung Platin seit 1960
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Gründe für den Boom bei Industriemetallen
Wie so viele Preis-Rallyes haben auch diese mit einem Missverhältnis von Angebot und Nachfrage zu tun. Während der ersten Phase der Corona-Pandemie fuhren viele Minenbetreiber ihre Förderung zurück. Zeitgleich kam die Nachfrage nach Rohstoffen durch die weltweiten Lockdowns fast zum Erliegen. Das führte jedoch zum Abbau von Lagerbeständen bei den Unternehmen.
Während die Nachfrage im ersten Pandemieschock also sank, erholte sich die größte Volkswirtschaft, China, jedoch relativ schnell durch die zunächst restriktiven Maßnahmen. Doch genau diese Maßnahmen ließen China während des Jahres 2021 und auch 2022 sehr viel langsamer wachsen als andere Volkswirtschaften, die sich durch den Abbau von Corona-Maßnahmen schneller erholten. China warf diese erst Ende 2022 über Bord.
Laut Eugen Weinberg, Rohstoff-Chefanalyst der Commerzbank war aber noch ein anderer Grund wichtig: "Hinzu kommt die immense Geldschwemme durch viele Staaten und Zentralbanken in der Coronakrise". Das habe viel Geld in die Rohstoffmärkte gespült und die Preise zusätzlich befeuert.
Einen zweiten Schock erhielten die Rohstoffpreise mit Beginn der russischen Invasion in die Ukraine. Nach anfänglichen Abwärtsbewegungen gehen die Kurven jetzt wieder nach oben - je nach Rohstoff in unterschiedlicher Dynamik.
Superzyklus oder normale Preisschwankungen?
Die Analysten großer amerikanischer Banken wie Citigroup oder JP Morgan sprechen bereits von einem neuen „Superzyklus“ am Rohstoffmarkt, einem anhaltenden Preisauftrieb. Einen solchen Superzyklus hatte es zuletzt nach dem Jahrtausendwechsel gegeben. Chinas Wirtschaft wuchs rasant und die Nachfrage war entsprechend hoch.
Heute komme die Nachfrage Chinas, aber auch die von aufstrebenden Ländern wie Indien, hinzu. Auch die USA erwacht aus dem Corona-Tief. Zudem benötige die Umstellung der Wirtschaft auf grüne Technologien viele Rohstoffe. Preistreiber können Sanktionen sein: Sowohl Russland (Nickel und Palladium-Lieferant) wurde mit Sanktionen belegt, ebenso sind die USA und China im Clinch über Hightech-Ausrüstung für die Chipindustrie.
Und der nächste Schock könnte bereits am Horizont lauern. Dann nämlich, wenn China sich entschließt, Taiwan an die Volksrepublik anzuschließen. Das hätte sowohl kriegerische als auch wirtschaftliche Folgen in Form von Sanktionen und einem noch stärkeren Decoupling, also dem Zerfall in unterschiedliche Wirtschaftsräume, die sich weitgehend selbst versorgen.
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Batterie-Metalle stark gefragt
Besonders die Elektromobilität befeuert die Nachfrage nach Industriemetallen und anderen Rohstoffen. Besonders Lithium und Graphit sind hier zu nennen. Aber auch der Preis von Nickel kennt einen klaren Trend: aufwärts. von knapp 11.000 US-Dollar im März 2020 stieg der Preis auf zwischenzeitlich über 50.000 US-Dollar. Das war zwar spekulationsgetrieben, jedoch liegt Nickel aktuell bei knapp 23.000 US-Dollar pro Tonne - das ist weitaus mehr als zu Zeiten vor Corona.
Die Autorin: Dörte Neitzel
Dörte Neitzel ist Wissens- und Infografik-Junkie vom Dienst. Dinge und Zusammenhänge zu erklären ist ihr Ding, daher beschreibt sie sich selbst auch gern als Erklärbärin mit Hang zur Wirtschaft – was einem lange zurückliegenden VWL-Studium geschuldet ist. Nach einigen Stationen im Fachjournalismus lebt sie dieses Faible bevorzugt auf der Webseite der TECHNIK+EINKAUF aus und taucht besonders gern ab in die Themen Rohstoffe und erneuerbare Energien.
Privat ist Südfrankreich für sie zur zweiten Heimat geworden, alternativ ist sie in der heimischen Werkstatt beim Schleifen, Ölen und Malern alter Möbel zu finden oder in südbayerischen Berg-und-See-Gefilden mit Hund im Gepäck unterwegs.