
Die Importe aus China gehen in allen US-Häfen stark zurück, das zeigen die fallenden Frachtraten. (Bild: Tada Images - stock.adobe.com)
Die Berichte häufen sich: "US-Häfen leer" oder "Die letzten Schiffe aus China erreichen die USA". Und tatsächlich: In diesen Tagen erreichen die letzten Schiffe aus China die US-Häfen, die keine Einfuhrzölle zahlen müssen. Konkret gilt:
Schiffe aus China, die nach dem 9. April 2025 beladen werden, unterliegen den 145%-igen Zöllen die Donald Trump auf chinesische Waren verhängt hat. Zwar sind noch einige Containerschiffe unterwegs, doch diese werden merklich weniger und die, die sich auf den Weg gemacht haben, transportieren deutlich weniger Fracht. Für viele Importeure ist es schlichtweg zu teuer geworden, mit China Geschäfte zu machen.
Die erratischen Zoll-Entscheidungen Donald Trumps sowie andere Regeln zum Frachtverkehr auf See haben drastische Auswirkungen. Welche Maßnahmen wirken sich wie aus?
Importzölle für chinesische Waren
145 Prozent auf nahezu alle Waren chinesischen Ursprungs. Dieser hohe Satz setzt sich aus mehreren, zuletzt im März und April 2025 eingeführten und schrittweise erhöhten Zusatzzöllen zusammen.
- Seit dem 4. Februar 2025 wurde ein zusätzlicher Zoll von 10 Prozent auf alle chinesischen Waren erhoben.
- Ab dem 4. März 2025 wurde dieser auf 20 Prozent erhöht.
- Am 9. April 2025 trat ein „reziproker“ Zusatzzoll von 125 Prozent speziell für Importe aus China in Kraft, der zusätzlich zu allen bestehenden Zöllen gilt.
Zusammengerechnet ergibt sich damit ein effektiver Zollsatz von 145 Prozent. Für bestimmte Warengruppen wie Stahl, Aluminium, Fahrzeuge, Pharmazeutika, Halbleiter und kritische Mineralien gelten teilweise Sonderregelungen oder Ausnahmen.
Hohe Kosten für chinesische Frachter
Die US-Regierung unter Donald Trump belegt chinesische Schiffe seit dem 24. März 2025 mit einer neuen Hafengebühr. Bis zu einer Million US-Dollar sollen sie pro Anlauf in einen US-Hafen zahlen.
Jedes Schiff, das in den USA einen Hafen anläuft und von chinesischen Unternehmen betrieben wird, soll künftig mit einer pauschalen Gebühr von einer Million US-Dollar (ca. 920.000 Euro) belegt werden – unabhängig von der Schiffsgröße. Alternativ gibt es eine zweite Berechnungsoption, die eine Gebühr von 1.000 US-Dollar (ca. 920 Euro) pro Tonne Ladegewicht vorsieht. Diese Maßnahme gilt zusätzlich zu den bereits verhängten US-Zöllen auf chinesische Waren.
Aber auch Schiffe, die zwar in China gebaut, aber von nicht-chinesischen Unternehmen betrieben werden, unterliegen einer Sonderabgabe. Die Höhe dieser Gebühr variiert je nach Anteil chinesischer Neubauten in der Flotte des jeweiligen Betreibers, kann aber ebenfalls bis zu einer Million US-Dollar pro Hafenaufenthalt in den USA betragen. Unternehmen, die derzeit Neubauten in China bestellt haben, werden zusätzlich belastet.
Eine Ausnahme von dieser Regelung gibt es jedoch: Betreiber, die auf US-Werften gebaute Schiffe einsetzen, erhalten Rückerstattungen. Pro Hafenbesuch eines solchen Schiffs ist eine Gutschrift von bis zu einer Million US-Dollar vorgesehen.
Was will die USA damit erreichen?
Ziel dieser Maßnahme ist es, Chinas Dominanz in der globalen Schifffahrt und im Schiffbau einzuschränken, die nach Einschätzung der US-Handelsvertretung (USTR) den amerikanischen Handel unzumutbar belastet. Gleichzeitig soll die Maßnahme Anreize für den Bau und Betrieb von US-Flaggenschiffen schaffen.
Welche Folgen haben die Maßnahmen?
Insgesamt verteuern die Maßnehmen die Frachtkosten nicht nur für Waren aus China. Die Importzölle der US-Regierung gehen voll zulasten der amerikanischen Verbraucher bzw. Unternehmen.
Die zusätzlichen Hafengebühren für Waren, die über chinesische Logistiknetzwerke (Betreiber und Schiffe) transportiert werden kommen noch obendrauf. Pro Container, der in einem US-Hafen anlandet, könnten 100 bis 300 US-Dollar an Zusatzkosten entstehen. Aktuell (Stand 30. April 2005) betragen die Frachtraten von China an die Westküste Nordamerikas rund 2.330 US-Dollar. Im Vergleich zu Raten von mehr als 5.000 US-Dollar bis zu Beginn des Jahres 2025, ist das für Importeure jedoch noch verschmerzbar.
Als Folge dessen gehen die US-Einfuhren aus China aktuell drastisch zurück. Laut dem April-Update des Logistikdienstleisters C.H. Robinson ist das Frachtaufkommen auf den Routen Asien-USA und Asien-Europa derzeit rückläufig. Die Nachfrage im asiatischen Outbound-Kerngeschäft ist schwach, und die Spotpreise für den transpazifischen Handel sinken weiter. Es wird mit mehr Leerfahrten (Blank Sailings) auf den wichtigsten Ost-West-Handelsrouten gerechnet, um dem Preisverfall entgegenzuwirken.
Auch große Reedereien wie Hapag-Lloyd berichten von einem deutlichen Nachfrageeinbruch im China-USA-Verkehr. Container aus China machen nach wie vor den größten Anteil am Umschlag der US-Westküstenhäfen aus, aber die aktuellen Zahlen zeigen einen klaren Rückgang.
Folgen für die US-Wirtschaft und die Verbraucher
China ist nach wie vor einer der wichtigsten Handelspartner der USA. Von dort bezieht das Land den größten Teil seiner Kleidung, Schuhe, Elektronik und Mikrochips, Geräte, Thermostate und alles andere, was piept, berichtet der Fernsehsender CNN.
„Ab nächster Woche werden wir die Auswirkungen der am 2. April angekündigten Zölle zu spüren bekommen“, sagte Gene Seroka, Geschäftsführer des Hafens von Los Angeles, wo fast die Hälfte des Geschäfts aus China stammt. "Das Frachtaufkommen in Los Angeles wird im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozent zurückgehen. Nach Angaben der National Retail Federation werden die Importe in die Vereinigten Staaten in der zweiten Jahreshälfte 2025 im Vergleich zum Vorjahr um mindestens 20 Prozent zurückgehen.
Lieferketten erheblich gestört - Vorräte für sechs bis acht Wochen
Der Rückgang aus China wird noch drastischer ausfallen: JP Morgan rechnet mit einem Rückgang der Einfuhren aus China um 75 bis 80 Prozent. „Ein Einbruch dieses Ausmaßes würde, wenn er nicht leicht durch Importe aus anderen Ländern ersetzt werden kann, nicht nur die Preise in die Höhe treiben, sondern auch die Lieferketten erheblich stören“, so JP Morgan in seinem Bericht. Das bedeutet weniger Arbeit, höhere Preise in den Regalen und weniger Auswahl für die Verbraucher. Laut Gene Seroka habe der Countdown bereits begonnen.
„Viele große Einzelhändler haben uns mitgeteilt, dass sie derzeit über einen Vorrat von sechs bis acht Wochen verfügen“, so Gene Seroka. „Sowohl die amerikanischen Hersteller als auch die Verbraucher werden in den kommenden Wochen und Monaten schwierige Entscheidungen treffen müssen, wenn sich die Politik nicht ändert.“
Leere Schiffe, leere Häfen
Im Hafen von Shanghai in China liegen die größten Frachtschiffe brach. Die Reedereien sind dazu übergegangen, die Fracht mit kleineren Schiffen zu transportieren, da die Nachfrage nachlässt. Dennoch gingen die Fahrten von China in die USA im April um 60 Prozent zurück, wie Flexport, ein Logistik- und Speditionsmakler, berichtet.
"Die Unternehmen, die die Schiffe betreiben, haben eine Menge Fahrten gestrichen. Sie sagten: 'Wir werden dieses Schiff nicht halb voll beladen fahren. Wir lassen es hier liegen", sagte Ryan Petersen, der Geschäftsführer von Flexport. "Es gibt eine Menge Schiffe, die vor der chinesischen Küste liegen und auf die nächste Fahrt warten.
Im März 2025 war der Hafen von New York und New Jersey der verkehrsreichste Hafen der USA, da die Importeure ihre Waren noch vor der Einführung der Zölle umlagerten. In diesem Mai werde jedoch ein Rückgang des Volumens erwartet, so der Hafen. 25 Prozent der Fracht, die in den Hafen an der Ostküste gelangt, kommt aus China.
Dem Hafen zufolge steige jedoch der Anteil der Waren aus Vietnam, Malaysia und Südostasien. Die Importeure versuchen, ihren Einkauf zu verlagern, um Zölle aus China zu vermeiden.
Höhere Preise in den nächsten Wochen erwartet
Sobald eine Ladung die US-Häfen erreicht, dauert es einige Wochen, bis die Waren ihre Ziele erreichen. Nach dem FIFO-Prinzip bedeutet das: Erst wenn die aktuellen Bestände aufgebraucht sind, werden die teureren, mit Zöllen belegten Waren in die Regale kommen. "Es gibt eine Menge Sorgen. Im Moment versuchen die Einzelhändler herauszufinden, wie und wann sie ihre Bestellungen für die Schulzeit und Weihnachten aufgeben werden", sagt Jonathan Gold, Vizepräsident für Lieferketten- und Zollpolitik bei der National Retail Federation.
45 Prozent der Lieferkettenverantwortlichen gehen davon aus, dass sie die höheren Kosten der Zölle an ihre Kunden weitergeben werden, so eine neue Umfrage des Marktforschungsunternehmens Gartner.
Gene Seroka vom Hafen sieht keine leeren Regale Los Angeles kommen, wohl aber eine geringere Auswahl. Das sieht Flexport-CEO Ryan Petersen anders, er ist weniger optimistisch: „Wenn das noch ein paar Wochen so weitergeht, werden die Einzelhändler ihre Bestände abverkaufen, und im Sommer wird es zu Engpässen und leeren Regalen kommen." Größere Importeure hätten den Vorteil, dass sie einen größeren Lagerbestand vorhalten könnten - einen Luxus, den kleinere Unternehmen nicht hätten.

Die Autorin: Dörte Neitzel
Dörte Neitzel ist Wissens- und Infografik-Junkie vom Dienst. Dinge und Zusammenhänge zu erklären ist ihr Ding, daher beschreibt sie sich selbst auch gern als Erklärbärin mit Hang zur Wirtschaft – was einem lange zurückliegenden VWL-Studium geschuldet ist. Nach einigen Stationen im Fachjournalismus lebt sie dieses Faible bevorzugt auf der Webseite der TECHNIK+EINKAUF aus und taucht besonders gern ab in die Themen Rohstoffe und erneuerbare Energien.
Privat ist Südfrankreich für sie zur zweiten Heimat geworden, alternativ ist sie in der heimischen Werkstatt beim Schleifen, Ölen und Malern alter Möbel zu finden oder in südbayerischen Berg-und-See-Gefilden mit Hund im Gepäck unterwegs.
Weniger Fracht bedeutet weniger Arbeit
Wenn weniger Frachtschiffe in den US-Häfen anlaufen, werde die regionale Wirtschaft unmittelbar darunter leiden, so Seroka. Das Geschäft mit China macht 45 Prozent des Umschlags des Hafens von Los Angeles aus, was der größte Anteil aller US-Häfen ist. Ohne dieses Volumen werde es weniger Nachfrage nach Arbeitskräften geben.
„Ich sehe zwar keine Massenentlassungen im Hafen, aber ich sehe, dass ein Lkw-Fahrer, der heute vier oder fünf Container transportiert, ab nächster Woche wahrscheinlich nur noch zwei oder drei transportiert“, sagte Seroka. "Und der Hafenarbeiter, der Überstunden und Doppelschichten gemacht hat, arbeitet wahrscheinlich weniger als eine volle Arbeitswoche, weil weniger Container ankommen. Dasselbe gilt für die Lagerarbeiter."
Trucker verstehen jetzt, wie die Zölle funktionieren und fordern Verhandlungen
Auch die Trucker, die die Waren von den Häfen zu den Abnehmern transportieren, sehen langsam, wie die Zölle ihres Präsidenten wirken. So haben die American Trucking Associations Donald Trump aufgefordert, mit wichtigen Handelspartnern wie Kanada, Mexiko und China entprechende Vereinbarungen zu treffen, um die Arbeitsplätze im Trucking zu schützen.
„Je länger die Zölle andauern, desto größer ist der Schmerz für die Lkw-Fahrer sowie die Familien und Unternehmen, denen wir dienen“, zitiert CNN Chris Spear, Präsident und CEO der American Trucking Associations. "Die Zölle werden nicht nur den grenzüberschreitenden Frachtverkehr verringern, sondern auch die Betriebskosten erhöhen. Der Preis für einen neuen Lkw könnte um bis zu 35.000 Dollar steigen, was einer jährlichen Steuer von zwei Milliarden Dollar entspricht und die Anschaffung neuer Ausrüstung für kleine Transportunternehmen unerschwinglich macht."
Alternative Lieferländer aus Asien können Lücke nicht schließen
Seit der Krise in der Lieferkette während der Pandemie haben sich die Einzelhändler bemüht, die Produktion von China nach Vietnam und in andere asiatische Länder mit Produktionskapazitäten zu verlagern. Laut Jonathan Gold, dem Chef des Nationalen Einzelhandelsverbands, reichen die Importe aus diesen Ländern jedoch nicht aus, um den Rückgang der Waren aus China zu ersetzen.
"Es braucht Zeit, Monate, wenn nicht Jahre, um diese neuen Beziehungen aufzubauen. Wir müssen sicherstellen, dass die neuen Zulieferer über die nötigen Kapazitäten, qualifizierte Arbeitskräfte und die richtige Infrastruktur verfügen. All die Testanforderungen, die für Produkte, die in die USA kommen, erfüllt werden müssen, insbesondere für Kinderprodukte", so Gold. "So etwas kann nicht über Nacht geschehen.
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