Das Jahr 2019 wirft bereits seine Schatten voraus: In vielen Unternehmen werden jetzt die Weichen für die kommenden 12 Monate gestellt. Für keinen Unternehmensbereich wird es „business as usual“ geben, schon gar nicht für den Einkauf. Denn sowohl die strategische Ausrichtung als auch das operative Tagesgeschäft werden sich deutlich verändern. Einkaufsmanager sollten für das kommende Jahr diese 10 Entwicklungen in ihren Planungen berücksichtigen:
1. Künstliche Intelligenz (KI) ist auf dem Vormarsch
Bisher war die Diskussion um die Potenziale der KI eher hypothetisch. 2019 werden Unternehmen verstärkt in die Umsetzung gehen. Einer Studie von Forrester Research vom Frühjahr 2018 zufolge planen mehr als die Hälfte aller Beschaffungsabteilungen, in den kommenden 24 Monaten KI einzusetzen. Sie wird das Benutzererlebnis vieler Anwendungen vereinfachen, zum Beispiel durch Self-Service-Funktionalitäten, geführtes Einkaufen und Chatbot-Unterstützung. Unternehmen, die sich zu lange Zeit lassen, laufen Gefahr, vom Wettbewerb abgehängt zu werden.
2. Datenqualität: das Fundament für Advanced Analytics, Big Data und KI
Sei es Industrie 4.0 oder Künstliche Intelligenz: Der Return on Investment dieser Initiativen steht und fällt mit der Qualität der Daten, insbesondere der Stammdaten. Ein funktionierendes Master Data Management, integriert in alle Backend-Systeme, ist hierfür essenziell. Entsprechend hat sich das Thema Datenqualitätsmanagement im BARC BI Trend Monitor 2018 zum ersten Mal an der „Data Discovery“ vorbei den ersten Platz erobert.
3. Advanced Analytics für fundiertere Entscheidungen
Auch die Dauerbrenner Analytics und Big Data dürfen 2019 nicht fehlen. Denn die Datenmengen sowie die Anforderungen an Analytics und Reporting steigen weiter. Laut einer Studie des Beratungshauses Oliver Wyman betrachten inzwischen 73 Prozent der befragten Großkonzerne mit mehr als einer Milliarde Euro Umsatz Big Data als absolut erfolgsentscheidend. 9 von 10 Unternehmen wollen daher ihr Reporting und ihre Analytics weiter verbessern und dies mit Priorität angehen, so eines der Ergebnis der Forrester-Studie vom Frühjahr. Die Vorteile liegen auf der Hand: Einkäufer gewinnen so neue Erkenntnisse über ihr Ausgabeverhalten, einen vollständigen Überblick über den Projekterfolg und über die Performance von Prozessen, Transaktionen und Lieferanten.
4. Risiken in der Supply Chain nehmen zu
Je komplexer die Supply Chain, umso vielfältiger und größer die Risiken. Dazu gehören natürlich rechtliche Verstöße gegen regulatorische Vorgaben, der Diebstahl geistigen Eigentums oder die Verletzung von Geheimhaltungsvereinbarungen. Andere Gefahren haben zwar keine juristischen Konsequenzen, sie beeinflussen jedoch das Geschäftsergebnis oder das Kundenvertrauen negativ. Typische Beispiele dafür sind Lieferschwierigkeiten und unethische Produktionsbedingungen. Um Risiken schnell zu erkennen, sind eigene Erkenntnisse, zum Beispiel aus Lieferantenbefragungen, nicht ausreichend. Eingebundene externe Spezial-Datenbanken helfen, Probleme zu erkennen und gegenzusteuern, noch bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Unternehmen müssen und werden die Bekämpfung der Supply-Chain-Risiken 2019 aktiver angehen.
5. Wirklich agil werden
Kunden erwarten immer kürzere Lieferzeiten und schnelleren Service. Geopolitische Ereignisse beeinflussen heute langjährige Geschäftsbeziehungen quasi über Nacht. Unternehmen werden heute an ihrer Geschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit gemessen. Das ist auch bereits erkannt: 64 Prozent der Einkaufsmanager wissen, dass sie ihre Agilität dringend verbessern müssten. Verhindert werde dies insbesondere von zu starren Systemen und Prozessen, so ein weiteres Ergebnis der bereits erwähnten Forrester Studie. Unternehmen benötigen daher nicht nur Systeme, die bereits Best Practices abbilden. Die Lösungen müssen auch so flexibel sein, dass sie inividuelle oder sich neu entwickelnde Anforderungen laufend abdecken.
6. Innovationspotenziale voll nutzen
Innovationskraft gehört zu den großen Stärken der deutschen Wirtschaft. Neben der internen, abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit binden immer mehr Unternehmen auch externe Partner ein. Dies bestätigte bereits 2016 eine Studie der Staufen AG. 70 Prozent der Befragten arbeiten danach enger mit Zulieferern zusammen als in der Vergangenheit.
Jedoch werden Abteilungen wie der Einkauf oder Marketing in den meisten Unternehmen nicht in Innovationprojekte eingebunden. Die Unternehmen vergeben sich damit die Chance, Innovationen schneller an den Markt zu bringen, so die Studie. Eine intensivere, systemgestützte und damit strukturierte Zusammenarbeit mit Zulieferern hilft, zusätzliche Potenziale zu heben.
7. Automatisieren, Automatisieren, Automatisieren
Die meisten Unternehmen haben inzwischen erkannt, dass der Einkauf zur Optimierung seiner Prozesse am Einsatz von Software nicht vorbeikommt. Wie die BME-Studie „Barometer Elektronische Beschaffung 2018“ zeigt, lassen die Nutzungsquoten der Systeme derzeit noch zu wünschen übrig. Hier gelte es zunächst, die Basis – sprich die Procure-to-Pay-Prozesse – zu digitalisieren, mahnt der BME.
8. Losgröße 1 ist keine Utopie
Der Trend zu möglichst kundenindividuellen Produkten lässt die Variantenvielfalt steigen und Losgrößen sinken, bis hin zu Einzelanfertigungen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Menge und die Auswahl an Zulieferern. Für die Autoren der CAMELOT-Studie „Quantum Leap in Supply Chain Performance“ gehört die „Segmentierung & Differenzierung bis zur Losgröße 1“zu einem der sechs wesentlichen Stellhebel, um die digitale Transformation der Supply Chains voranzutreiben. Einkaufsorganisationen, die ihr Sourcing noch manuell machen, werden dies nicht bewerkstelligen können. Denn, so eine aktuelle Forrester Studie, manuelle Aufgaben binden immer noch viele Kapazitäten. Dies steht einem strategischeren Arbeiten im Weg. Gleichzeitig wird vom Einkauf 2019 erwartet, mit einem gleichen oder sogar geringeren Personalstand immer mehr zu leisten. Die Automatisierung des ganzen Source-to-Pay-Prozesses spielt hier eine zunehmend wichtigere Rolle, um Kapazitäten für strategischere Aufgaben freizusetzen.
9. Alle Warengruppen im Blick behalten
Um seinen umfangreichen Aufgaben gerecht zu werden, benötigt der Einkauf eine vollständige Sicht über die Ausgabenvolumina in allen Warengruppen, auch bei den indirekten Kosten. Einsparungen in diesem Bereich gehören zu den beiden Topprioritäten für Verantwortliche im Einkauf. Darüber hinaus gilt es, auch im direkten Einkauf 2019 sämtliche Source-to-Pay-Aufgaben digital abzuwickeln und damit die Produktivität zu steigern. Einkaufsorganisationen, die sowohl den indirekten als auch den direkten Einkauf über eine Plattform abwickeln, sind hier klar im Vorteil.
10. Wechsel von Silo-Lösungen zu vollintegrierten Suites schreitet voran
Die Managementberatung Roland Berger konstatiert in ihrer Studie „Procurement Endgame“, dass neue Technologien zu einer vollständigen Digitalisierung des Einkaufs führen werden. Es werde eine durchgängige Transparenz in Echtzeit über alle Wertschöpfungsketten, von den Rohmateriallieferanten bis zum Konsumenten entstehen, so das Beratungshaus. Der hohe Reifegrad moderner Source-to-Pay-Plattformen macht dies möglich. Immer mehr Unternehmen erkennen inzwischen das damit verbundene Produktivitätspotenzial. Laut einer BME-Umfrage setzen bereits 17 Prozent der Unternehmen durchgängig auf einen Anbieter, weitere 33 Prozent treiben den Wechsel von bisherigen Einzellösungen auf ein integriertes System voran.
Die meisten der in letzter Zeit vorgestellten Studien ähneln sich im Grundtenor: Noch nie waren die Chancen größer, noch nie stand so viel auf dem Spiel. Zwar wird die Automatisierung eine ganze Reihe von Aufgaben ersetzen, aber durch die neu gewonnene, strategische Bedeutung wird der Einkauf 2019 zusätzliche wichtige Aufgaben übernehmen. Die Digitalisierung und die Nähe zu den Lieferanten sind sein größtes Pfund.