Wie KI den Einkauf transformiert
Vom Kostenblock zum strategischen Hebel
Globale Krisen, neue Zölle und fragile Lieferketten setzen den industriellen Mittelstand unter Druck. Das Münchener Unternehmen Meiller Aufzugtüren zeigt, wie sich der Einkauf mithilfe von KI und intelligenter Digitalisierung von einer reinen Verwaltungsstelle zum strategischen Hebel entwickeln lässt.
Mit einem zentralen Lieferantenportal und KI-gestützter Kostenoptimierung hat Meiller seinen Prozessaufwand um 75 Prozent reduziert und neue Spielräume für Verhandlungen und Risikosteuerung geschaffen.
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Die Zeichen stehen auf Sturm: Globale Krisen, neue Zölle und Abhängigkeiten von Märkten wie China setzen Lieferketten massiv unter Druck. Für den Einkauf im industriellen Mittelstand bedeutet das einen permanenten Balanceakt zwischen steigendem Einspardruck und wachsenden Prozesskosten. Ohne digitale Unterstützung ist diese Herausforderung kaum noch zu bewältigen.
Doch viele Einkaufsorganisationen sind darauf strukturell nicht vorbereitet. Laut BME-Einkaufsbarometer Mittelstand 2024 verfügen 33 Prozent der befragten Unternehmen über keine digitalen Prozesse zur Lieferantenqualifizierung, zehn Prozent sind noch gar nicht digital aktiv. Lieferantendaten liegen verstreut in E-Mails, Excel-Listen oder in SAP. Transparenz fehlt, Entscheidungen basieren oft auf Bauchgefühl statt auf belastbaren Daten.
Ein Vorreiter aus München
Das Münchener Unternehmen Meiller Aufzugtüren steht exemplarisch für den deutschen Mittelstand: Mit 190 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 73 Millionen Euro fertigt das Tochterunternehmen der F. X. Meiller GmbH & Co. KG jährlich 27.000 Aufzugstüren für anspruchsvolle Anlagen. Eine Fertigung dieser Größenordnung funktioniert nur mit einem starken Einkauf – das hat Einkaufsleiter Manfred Strohmair früh erkannt. Sein Ziel: den Einkauf von einer reinen Verwaltungsstelle zu einem strategischen Hebel für Kostenoptimierung, Risikosteuerung, Lieferantenentwicklung und Innovation zu machen.
Die Ausgangslage vor Projektstart war typisch für viele mittelständische Einkaufsabteilungen: Fünf Mitarbeitende betreuten 200 aktive Lieferanten. Stammdaten waren verteilt auf SAP, OneNote, Outlook-Kontakte und Visitenkarten. Lieferantenselbstauskünfte lagen als nicht weiterverarbeitbare PDFs vor. Für ISO 9001 und EMAS mussten aufwendige manuelle Auswertungen erstellt werden. Eine Excel-Datei bot zwar eine Übersicht, jedoch keine dynamische Analytik. Der Einkauf blieb so in erster Linie eine administrative Einheit ohne echte Steuerungsmöglichkeiten.
Schrittweise zur Transformation
Im September 2023 startete Meiller Aufzugtüren gemeinsam mit dem SRM-Anbieter Tacto den Aufbau eines zentralen Lieferantenportals. Die Einführung erfolgte schrittweise: Zunächst wurden alle Lieferantendaten intelligent zentralisiert, anschließend ein Lieferanten-Clustering aufgebaut und Abfragen sowie Onboarding-Prozesse automatisiert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: 75 Prozent weniger Prozessaufwand. Stammdaten, Zertifikate, Dokumente und Bewertungen sind heute gebündelt, Reports entstehen per Knopfdruck.
„Mit Tacto sparen wir nicht nur jede Menge manuellen Aufwand, sondern bringen auch unsere Prozesse auf ein neues Level. Aufgaben wie das Versenden von Lieferantenselbstauskünften erledigen wir jetzt per Knopfdruck – was früher Stunden gedauert hat, geht heute in Sekunden", erklärt Manfred Strohmair.
Das Cockpit als Steuerzentrale
Heute steuert Meiller Aufzugtüren sein Lieferantennetzwerk über ein zentrales, intelligentes Einkaufscockpit. Lieferanten lassen sich nach Status, Umsatzanteilen, Fähigkeiten oder Risiken clustern. Diese Transparenz ermöglicht erstmals eine echte strategische Steuerung des Einkaufs. Maximilian Gries, Key User Tacto bei Meiller Aufzugtüren, bringt es auf den Punkt: „Mit der gewonnenen Transparenz kann ich Lieferantenbeziehungen aktiv steuern, anstatt nur zu reagieren – das verschafft uns völlig neue Spielräume im Einkauf."
Die digitale Basis schafft nun Raum für systematische Kostenoptimierung. Mithilfe von Tacto setzt Meiller Aufzugtüren KI ein, die hinweisbasiert Einsparpotenziale identifiziert – etwa bei Mengen- und Preisabweichungen, innerhalb von Warengruppen oder bei ineffizientem Bestellverhalten. Besonders in den B- und C-Teilen eröffnen sich erhebliche Spielräume.
Über Tacto
Tacto ist das intelligente Supplier Relationship Management System (SRM) für den strategischen Einkauf in der Industrie. Mithilfe moderner KI-Technologie schafft Tacto Transparenz über Lieferketten, Risiken und Einsparpotenziale und unterstützt Einkaufsverantwortliche dabei, bessere Entscheidungen zu treffen. Mehr als 250 führende Industrieunternehmen nutzen Tacto bereits, um ihren Einkauf zur strategischen Steuerzentrale zu entwickeln – gerade in von Unsicherheit geprägten Zeiten.
Darüber hinaus erstellt die Tacto KI automatisch Verhandlungsdossiers, die den Einkauf mit faktenbasierten Argumenten in Preisgesprächen unterstützen. Anhand von Marktbenchmarks, historischen Preisverläufen und internen Bedarfsanalysen lassen sich Lieferantengespräche gezielt vorbereiten. So gewinnt der Einkauf nicht nur an Schlagkraft, sondern auch an Geschwindigkeit.
Vision: Intelligente Agenten für Routineaufgaben
Über die reinen Kostensenkungen hinaus eröffnet KI für Meiller Aufzugtüren zusätzliche Perspektiven. In Zukunft sollen ganze Workflow-Ketten von intelligenten Agenten übernommen werden – etwa die vollständige Vorbereitung und Abwicklung von Verhandlungen, inklusive Analyse, Benchmarking und Dokumentation. Gemeinsam mit Tacto arbeitet Meiller daran, diese Prozesse schrittweise zu automatisieren, damit Einkäufer sich stärker auf die wirklich strategischen Entscheidungen konzentrieren können.
„Unsere Vision ist, dass künftig alle manuellen Routinethemen von intelligenten Agenten übernommen werden – vom Datenabgleich bis zur Risikoanalyse. Der Einkäufer bleibt aber immer der kritische Entscheider. KI soll uns die volle Transparenz geben und sämtliche Optimierungspotenziale sichtbar machen, damit wir bessere und fundiertere Entscheidungen treffen können", erklärt Manfred Strohmair.
Damit wird KI für Meiller Aufzugtüren zu weit mehr als einem Automatisierungstool: Sie entwickelt sich zum strategischen Partner im Einkauf, der hilft, Chancen zu erkennen, Risiken zu minimieren und Entscheidungen auf einer objektiven, datenbasierten Grundlage zu treffen. Ein Weg, den weitere mittelständische Unternehmen in Zeiten globaler Unsicherheit gehen werden müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.