
Real Time Visibility, oder auch Echtzeitüberwachung, wird für Lieferketten zum entscheidenden Erfolgskriterium. Wie lässt die sich erreichen? (Bild: PNG City - stock.adobe.com)
Es ist eine inflationär gebrauchte und weichgespülte Floskel: "Herausforderung entlang der Lieferkette". Dabei trifft es "Bedrohungen von innen und außen" besser. So zählen beispielsweise Cyberattacken und Naturkatastrophen zu den Top 3 Bedrohungen von Lieferketten, laut Allianz Risk Barometer 2024. Viele Unternehmer, Logistiker und Einkäufer meinen, Trends noch immer beobachten zu wollen. Dabei sind sogenannte First Mover längst vorbeigezogen. Sie haben sich einen Erfahrungsschatz gesichert, Fehler hoffentlich bereits korrigiert und Zeitvorteile ausgespielt. Das gilt auch für Projekte in Sachen Echtzeitüberwachung.
Blockiert ein Lkw länger die Rampe, weil Lagermitarbeiter, aus welchen Gründen auch immer, das Werkstor nicht öffnen, ist unter Umständen die Produktion bedroht – kein Einzelfall in der sensiblen Automobilbranche. Lieferkettenbedrohungen machen sich aber nicht nur an öffentlich wahrnehmbaren Ereignissen wie Havarien, Bränden, Vulkanausbrüchen oder Streiks fest. Sehr viele negative Ereignisse finden in (Auslands-)Medien nicht statt, sorgen aber vor Ort ad hoc für Stillstand mit kaskadenartigen Auswirkungen über Landesgrenzen hinweg.
Transporte und Logistikhubs sind kritische Faktoren, die es konsequent zu überwachen gilt. Unternehmen brauchen Transparenz, Echtzeitinformationen und ein angepasstes proaktives Maßnahmenmanagement, um die Versorgung zu sichern, Compliance einzuhalten und letztlich die Marke zu schützen.
Anbieter von Real-Time-Visibility-Lösungen (Auswahl)
- Shippeo
- Supplyon
- GoComet
- FourKites
- Transporeon
- Overhaul
- FarEye
- FreightVerify
- Timocom (Kooperation mit dem Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung, BGL)
Hinweis: Was brauchen Sie heute und was morgen? Checken Sie die unterschiedlichen Funktionen der Anbieter und deren jeweilige Kundenreferenzen. Fragen Sie bei Nutzerunternehmen auch direkt nach: Wie lief die Integration? Wie laufen Service und Kommunikation? Wie reagiert der Anbieter bei nötigen Anpassungen an Geschäftsmodelle? Weitere Infos gibt es zum Beispiel bei Best Real-Time Transportation Visibility Platforms Reviews 2024 | Gartner Peer Insights-
Rasch Durchblick schaffen
Eine Supply-Chain-Risk-Software beispielsweise muss das Monitoring der Sublieferanten einbeziehen. KI hilft dabei, Signale aus Millionen an Daten- und Informationsquellen zu ziehen – in Echtzeit und im 24/7-Modus. Nutzer sollten dabei auch Risikoprofile und Handlungsoptionen von ihrem Software-Dienstleister erhalten.
Eine fortgeschrittene Real-Time Transportation Visibility Platform (RTTVP) sollte die Customer-Experience von Anfang bis Ende komplett abbilden können. Als Teil des Marktes für Lieferkettentransparenz verschaffen die von den Anbietern verwalteten Lösungen in Echtzeit Einblicke in Standort und Status von Aufträgen, sobald diese das Lager verlassen haben. Die notwendigen Daten werden durch Integration gespeist, etwa über Anwendungsprogrammierschnittstellen (API) oder EDI mit Speditionssystemen, über direkte Einspeisungen von Telematikgeräten (in der Fahrerkabine oder im Anhänger) oder andere Anwendungen.
Beispiel: Plattform Shippeo
Die globale Plattform Shippeo (Paris, Düsseldorf) konzentriert sich auf die Bereitstellung von Echtzeittransparenz für multimodale Transporte. Merkmale: Lieferverfolgung in Echtzeit, automatisierte Kundenprozesse und ‚hochgenau geschätzte‘ Ankunftszeit, wie es heißt. Dabei hilft ein intern entwickelter Algorithmus. Das Multimodal Visibility Network verbindet Komplettladungen (FTL), Teilladungen (LTL), Paket- und Container-Transporte. Die Software integriert laut Shippeo über 875 Transportmanagementsysteme, Telematik- und elektronische Aufzeichnungsgerätesysteme über eine proprietäre API.
Krone – einer der größten Anhängerhersteller in Europa – ist nach eigenen Angaben der erste Trailer-Hersteller, der in einer eigenen Trailer-Management-Lösung (Krone Telematics) Echtzeit-Prognosen für die voraussichtliche Ankunftszeit (Estimated Time of Arrival, ETA) anbietet. Auf dem Weg zu einem Trailer-as-a-Service-(TaaS-)Geschäftsmodell haben Krone und Shippeo im Rahmen einer strategischen Partnerschaft datenintegrierte Echtzeitdienste für Kunden entwickelt, die Krone Telematics einsetzen. Der Algorithmus für maschinelles Lernen greift auf über 200 Datenparameter zurück. Beide Partner planen weitere TaaS-Lösungen für mehr Effizienz und besseren Service bei Be- und Entladung sowie Zustellung.
Warum Real Time Visbility bei Renault?
- Umfang und Komplexität (Regularien et cetera) verlangsamten zuvor Prozesse und Produktion
- Hoher manueller Arbeitsaufwand führte zu geringerer Gesamtproduktivität in der Lieferkette (manuelle Lokalisierung der Geoposition von Transporten, manuelle Erfassung von Verweilzeiten, Dockplanung ‚mithilfe‘ von Tabellenkalkulationen etc.)
- Man hatte zusätzliche Kosten durch Eillieferungen (verspätete oder verpasste Ladungen, Spotaufträge, nicht eingehalte Liefer-/Ladezeiten etc.)
- Der Umgang mit Rechtsstreitigkeiten und mit der Leistung der Spediteure war schwer; Renault hatte keine objektiven historischen Daten; man wusste nicht, ob Ausgaben gerechtfertigt und Zahlungen angemessen waren
Shippeo bei Renault
Der französische Automobilkonzern Renault hat mithilfe von Shippeo mehr Transparenz in Form von Echtzeitüberwachung bei Transporten eingeführt. Ziele waren Kostenreduzierung (vor allem bei Komponentenmangel, der zum Anlagenstillstand führt), mehr Effizienz, besserer Service für Werke und Lieferanten, höhere Sicherheit und bessere Zusammenarbeit mit Partnern. Ein von Google AI unterstützter Control Tower unterstützt die Renault-Gruppe heute bei der Verwaltung ihrer Inbound-Logistik in 34 Werken weltweit.
Dieser ermöglichet das Zusammenspiel von Echtzeitdaten, Risikovorhersage und -minderung auf der kollaborativen Plattform Shippeo. Das System gibt für alle zu transportierenden Teile Warnmeldungen, wenn deren voraussichtliche Ankunftszeit nach Datum und Uhrzeit im Werk liegt. Auf Basis fortschrittlicher KI und Orchestrierungsintelligenz werden angebrachte Maßnahmen (mit geschätzten Kostendaten) empfohlen. Dem Nutzer wird die Entscheidungsfindung erleichtert.
Das System basiert auf Sichtbarkeitsdaten von Shippeo. Die Lösung helfe Kunden dabei, „durch rechtzeitige Vorhersagen und Just-in-Time-Empfehlungen zur Abmilderung von Störungen ein konsistentes Serviceniveau zu bieten“, sagt Jean-François Salles, Global VP Supply Chain bei Renault. Seit der Einführung habe man die Zahl der Eillieferungen, Linienstopps und unfertigen Fahrzeuge um 50 Prozent reduziert, was Einsparungen bei den Lagerbeständen in Höhe von 260 Millionen Euro entspreche; auch der Posten für unvorhergesehene Kosten sei signifikant geringer. Weitere willkommene Aspekte der innovativen Transportation Process Automation laut Salles: keine Angst vor Fehlentscheidungen mehr und somit ein drastisch gesenktes Stressniveau der Mitarbeiter.
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