Exklusiv-Interview mit Amazon Business

Shelley Salomon über Meilensteine und neue Spielregeln im B2B-Einkauf

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Amazon war 2015 eines der ersten Unternehmen, die auf einen plattformbasierten B2B-Einkauf setzten. Die Amerikaner feiern jetzt ihren zehnten Geburtstag.

Shelley Salomon spricht mit TECHNIK+EINKAUF über Digitalisierung und Transparenz der B2B-Beschaffung und wie die Zukunft des digitalen Einkaufs aussieht.

Vor zehn Jahren startete Amazon seinen Dienst Amazon Business. Das Ziel: Der B2B-Einkauf sollte so einfach, transparent und effizient werden wie der für private Kunden über die Amazon-Plattform. Das hatte einen Grund, denn 2015 waren die Einkaufsabteilungen noch geprägt von papierlastigen Prozessen, Excel-Tabellen und Faxgeräten.

Heute zählt Amazon Business weltweit mehr als acht Millionen Kunden, darunter 38 der 40 DAX-Unternehmen, und bietet Zugang zu Millionen Produkten von zehntausenden Lieferanten. Mittlerweile hat der Service nicht nur über 200 E-Procurement-Systeme integriert, sondern auch Funktionen wie Ausgaben-Monitoring, Spend-Analytics und vereinfachte Rechnungsprozesse integriert. Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Automatisierung sind die Treiber der letzten Jahre, die Beschaffungsprozesse verbessern sollen und sie so effizienter und transparenter machen.

Zugleich setzen Nachhaltigkeitsinitiativen wie das „Climate Pledge Friendly“-Label neue Standards für verantwortungsvollen Einkauf. Digitalisierung versteht das Unternehmen nicht als Trend, sondern als kontinuierlichen Transformationsprozess. Gemeinsam mit Shelley Salomon, Vice President Amazon Business, blicken wir zurück auf Meilensteine, aktuelle Herausforderungen und die Zukunft des B2B-Beschaffung.

TECHNIK+EINKAUF: Amazon Business feiert sein 10. Jubiläum – mit acht Millionen Kunden weltweit. Was waren in der Vergangenheit aus Ihrer Sicht die wichtigsten Faktoren für diesen Erfolg? Und welche Rolle spielte dabei die Digitalisierung des B2B-Einkaufs?

Shelley Salomon: Aus meiner Sicht gibt es mehrere Schlüsselfaktoren, die zu diesem Wachstum beigetragen haben. Einer der wichtigsten ist der Fokus auf unsere Kunden. Wir sind darauf konzentriert, ein tiefgreifendes Verständnis für ihre Bedürfnisse bei Einkauf und Beschaffung zu entwickeln. Und Lösungen anzubieten, die ihren spezifischen Bedürfnissen gerecht werden – unabhängig von der Unternehmensgröße. So haben wir mit der Zeit ein maßgeschneidertes Angebot entwickelt – für kleine Unternehmen bis hin zu internationalen Konzernen. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Digitalisierung des B2B-Einkaufs.

Amazon Business hat sein erfolgreiches Privatkunden-Erlebnis, also eine vertraute Shopping-Umgebung, eine breite Produktauswahl und ein robustes Logistiknetzwerk auf die Bedürfnisse von Geschäftskunden übertragen. Durch die Nutzung fortschrittlicher Technologien wie Cloud-Computing, Künstlicher Intelligenz und Machine Learning können wir unseren Kunden helfen, ihre Geschäftsprozesse zu optimieren. Unsere Plattform bietet Funktionen wie Spend Visibility und Spend Anomaly Monitoring, mit denen Unternehmen datengesteuerte Entscheidungen treffen und ihre Ausgaben effizient verwalten können. Darüber hinaus haben wir durch die Integration von über 200 E-Procurement-Systemen weltweit die Einkaufsprozesse unserer Kunden erheblich vereinfacht.

Dadurch können Unternehmen ihre Beschaffung direkt mit ihren bestehenden Geschäftssystemen verbinden. Die Digitalisierung des B2B-Einkaufs verbessert zudem Transparenz und Kostenkontrolle. Das steigert die Effizienz und vereinfacht die Verwaltung. Es ist wichtig, sich den ständig ändernden Bedürfnissen unserer Kunden anzupassen.

Der Amazon Business State of Procurement-Report 2025 veranschaulicht die zunehmende Komplexität im Einkauf. Welche konkreten Herausforderungen sehen Sie als die größten für Einkaufsverantwortliche in deutschen Unternehmen?

Eine der größten Herausforderungen ist die wachsende Komplexität der Lieferketten. Unternehmen müssen sich mit einer stark fragmentierten Lieferantenstruktur auseinandersetzen, was die Verwaltung und Koordination der Beschaffung erheblich erschwert. Diese Komplexität wird durch immer strengere Compliance-Vorschriften verschärft. Ein weiteres Problem ist der Kostendruck, der durch wirtschaftliche Unsicherheiten und steigende Preise, insbesondere in der Produktionsbranche, verursacht wird. Viele Einkaufsabteilungen sehen sich gezwungen, mit einem geringeren Budget auszukommen, während sie gleichzeitig effizientere Prozesse implementieren müssen.

Dazu ist die Einhaltung von ESG-Zielen (Environmental, Social und Governance) eine wachsende Herausforderung. Viele Unternehmen investieren in digitale Lösungen und KI-Tools, um ihre Einkaufsprozesse dahingehend zu optimieren.

Vita Shelley Salomon

Shelley Salomon

Shelley Salomon ist Vice President von Amazon Business Worldwide und leitet Teams in zehn Ländern. Mit über 20 Jahren bei Amazon spezialisiert sie sich auf die Verbesserung der Geschäftsbeschaffung, hilft Unternehmen, Kosten zu senken und die Produktivität mit fortschrittlicher Analytik zu steigern. Shelley hat eine Vielzahl von Amazon-Teams geleitet, darunter Consumer Electronics und Softlines, und Technologien wie Augmented Reality und KI integriert, um das Kundenerlebnis zu verbessern.

Sie gründete zudem Amazon Shipping, einen Logistikdienst für Drittanbieter im E-Commerce. Zuvor war Shelley Teil des Finanzteams von Intel Corporation. Sie hat einen MBA von der University of California, Berkeley, und einen B.A. in Psychologie und Wirtschaft von der Universität Tel Aviv.

Mit „Rechnung durch Amazon“ (Invoice by Amazon) konsolidieren Sie Millionen von Produkten in einem Lieferantenrahmen. Wie wirkt sich diese Vereinfachung konkret auf die Effizienz und Kostenstruktur Ihrer Kunden aus?

„Rechnung durch Amazon“ vereinfacht das Lieferantenmanagement unserer Kunden erheblich. Durch die Konsolidierung von Millionen Produkten unter einem einzigen Lieferantenrahmen gestalten sie den gesamten Einkaufsprozess deutlich zielgerichteter. Durch den reduzierten Verwaltungsaufwand müssen die Einkäufer nicht mehr mit einer Vielzahl von Lieferanten interagieren oder individuelle Lieferantendaten verwalten. Stattdessen können sie auf tausende Verkäufer zugreifen – und das auf einer Plattform. Hinzu kommt die Zeitersparnis durch schlanke Rechnungsprozesse: Einheitliche Steuerdaten und USt-Sätze sorgen dafür, dass Bestellungen nicht mehr manuell an Rechnungen angepasst werden müssen. Dies reduziert den Aufwand in der Buchhaltung enorm. Die 1-Kreditoren-Lösung erleichtert insbesondere im C-Teile-Bereich die Rechnungsprozesse und reduziert den Aufwand im Lieferantenmanagement. Unternehmen können somit zahlreiche unterschiedliche Produkte einkaufen und erhalten automatisch eine einheitliche Rechnung nach dem Steuerrecht ihres Landes. Amazon Business kann diesen Herausforderungen mithilfe seiner globalen Infrastruktur, seiner breiten Auswahl und seiner fortschrittlichen Technologie entgegnen und bietet eine Lösung, die die betriebliche Effizienz und Kostenstruktur unserer Kunden erheblich verbessern kann.

Das intelligente Monitoring-System warnt in Echtzeit vor ungewöhnlichen Einkaufsaktivitäten. Können Sie Beispiele nennen, welche Art von Anomalien das System erkennt und wie es Unternehmen vor Fehlkäufen schützt?

Ein Beispiel sind übermäßige Ausgaben: Wenn die tägliche Aktivität eines Käufers sein übliches Kaufverhalten deutlich übersteigt, wird dies erkannt. Ein weiteres Beispiel sind ungewöhnliche Käufe in einer bestimmten Kategorie. Das System erkennt, wenn ein Unternehmen selten in bestimmten Produktkategorien einkauft, und hilft so bei der Erkennung potenziell nicht autorisierter Käufe. Das Monitoring-System identifiziert auch, wenn derselbe Artikel früher als erwartet erneut gekauft wird. Dadurch werden potenzielle Doppelkäufe oder unnötige Nachbestellungen erkannt, gängige Verbrauchsartikel aber ausgeschlossen. Das System schlägt auch Alarm, wenn mehrere Käufe innerhalb eines Zeitraums von 48 Stunden für dieselbe Lieferadresse getätigt und die durch die Amazon Business-Einkaufsrichtlinien konfigurierten Ausgabenlimits überschritten werden.

Soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit werden immer wichtiger im B2B-Einkauf. Wie unterstützen Ihre erweiterten Nachhaltigkeitsberichte Unternehmen dabei, ihre ESG-Ziele zu erreichen?

Wir verfolgen das Ziel, bis 2040 in all unseren Geschäftsbereichen CO2-neutral zu arbeiten. Zudem wurde der Climate Pledge Fund in Höhe von 2 Milliarden US-Dollar ins Leben gerufen, um visionäre Unternehmen zu unterstützen, deren Produkte und Dienstleistungen den Übergang zu einer CO2-neutralen Wirtschaft erleichtern. Im Rahmen dieses Engagements bieten wir unseren Kunden die Möglichkeit, Produkte mit Nachhaltigkeitszertifikaten einfach zu finden und zu kaufen. Wir kennzeichnen solche Produkte mit dem Label „Climate Pledge Friendly“, das über 40 Zertifizierungsstellen wie Blauer Engel und The Forest Stewardship Council umfasst. Mithilfe von Amazon Business Analytics können Kunden außerdem automatisiert Berichte über Unternehmens- oder Teamziele erstellen. Ein Beispiel für die praktische Anwendung unserer Tools: Administratoren eines Amazon-Business-Kontos erstellen eine Richtlinie, die Produkte mit Nachhaltigkeitszertifikaten bevorzugt. Diese Funktion erleichtert es Unternehmen, ihren Einkauf mit ihren Nachhaltigkeitszielen in Einklang zu bringen. Zusätzlich zur Förderung des Kaufs nachhaltiger Produkte unterstützen wir Unternehmen auch bei der Optimierung ihrer Lieferketten. Durch die Konsolidierung von Bestellungen und Lieferungen auf einen festgelegten Tag pro Woche können Unternehmen die Zuverlässigkeit ihrer Lieferkette erhöhen und gleichzeitig ihre CO2-Emissionen reduzieren.

Viele Ihrer Kunden sind DAX-Unternehmen mit strengen Compliance-Anforderungen, die sich ständig ändern. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Plattform immer regulatorikkonform ist?

Dafür ist es entscheidend, flexibel und vorausschauend zu agieren. Wir setzen deshalb auf eine Kombination aus fortschrittlicher Technologie, enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden und proaktiver Anpassung an regulatorische Veränderungen. Ein wesentlicher Aspekt unserer Compliance-Strategie ist die Integration von robusten Compliance-Tools und -Funktionen. Diese Tools überwachen die Einkaufsprozesse unserer Kunden und stellen sicher, dass alle Transaktionen den geltenden Vorschriften entsprechen. Unsere Lösungen bieten umfassende Berichterstattungs- und Analysefunktionen. Durch die Zusammenarbeit mit Drittanbietern und Zertifizierungsstellen stellen wir sicher, dass unsere Plattform die höchsten Standards in Bezug auf Produktsicherheit, Nachhaltigkeit und menschenrechtskonforme Beschaffung erfüllt. Außerdem reagieren wir schnell auf regulatorische Änderungen: Unser Team überwacht kontinuierlich das Umfeld Regulatorik und passt unser Angebot entsprechend an.

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38 der 40 DAX-Unternehmen nutzen Amazon Business. Was unterscheidet Ihr Angebot von traditionellen B2B-Beschaffungsplattformen und anderen digitalen Konkurrenten?

Erstens bietet Amazon Business eine schnelle Lieferung und flexiblen Einkauf bei zehntausenden Lieferanten. Zudem wird die breite Produktauswahl durch unser globales Netzwerk von Lieferanten und Verkäufern unterstützt. Es stellt sicher, dass Kunden Zugang zu einer Vielzahl von Produkten haben, einschließlich spezieller und schwer zu findender Artikel, wie beispielsweise hochwertige, medizinische Produkte. Zweitens legen wir großen Wert auf Innovation und Digitalisierung. Unsere Plattform nutzt zukunftsorientierte Technologien wie künstliche Intelligenz und Machine Learning, um den Einkauf zu optimieren. Funktionen wie das Erkennen von Ausgabenanomalien und die Integration von über 200 E-Procurement-Systemen weltweit bieten Unternehmen leistungsstarke Werkzeuge zur Effizienzsteigerung und Kostenkontrolle.

Bei der Amazon Business Exchange 2025 stellten Sie Weichen für zukünftige Innovationen. Welche Technologien werden den B2B-Einkauf in den nächsten Jahren am stärksten verändern?

Künstliche Intelligenz und Machine Learning revolutionieren bereits jetzt die Einkaufsprozesse der Wirtschaft. Diese Technologien ermöglichen es, Einkaufsdaten in Echtzeit zu analysieren und Optimierungspotenziale zu identifizieren. Solche intelligenten Systeme reduzieren den manuellen Aufwand erheblich. Automatisierung spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Neugestaltung des B2B-Einkaufs. Durch die Automatisierung von Routineaufgaben wie der Rechnungsbearbeitung

oder der Bestellabwicklung können Unternehmen ihre Prozesse straffen. Das spart Zeit, Manpower und bares Geld. Darüber hinaus wird die Integration von KI und die Automatisierung in bestehende E-Procurement-Systeme, die Interoperabilität und den Datenaustausch zwischen verschiedenen Plattformen verbessern. Dies schafft in der Zukunft eine nahtlose Einkaufserfahrung, die sowohl die Benutzerfreundlichkeit als auch die Transparenz erhöht. Ein weiterer spannender Bereich ist die Personalisierung des Einkaufserlebnisses durch Machine Learning. Unternehmen erhalten maßgeschneiderte Produktempfehlungen, die auf ihrem spezifischen Kaufverhalten basieren. Dies verbessert die Benutzererfahrung. Insgesamt werden KI, Machine Learning und Automatisierung den B2B-Einkauf in den nächsten Jahren auch weiterhin tiefgreifend verändern, indem sie die Effizienz steigern, die Kosten senken und eine intelligentere, datengesteuerte Entscheidungsfindung ermöglichen. Diese Technologien sind Schlüsselkomponenten unserer Strategie für einen zukunftsfähigen Einkauf.

Blick in die Zukunft: Wie sehen Sie Amazon Business in zehn Jahren? Welche Vision haben Sie für die Entwicklung des digitalen B2B-Handels bis 2035?

Unsere Vision basiert im Wesentlichen auf Vertrauen und Transformation. In nur einem Jahrzehnt haben wir uns zu einem vertrauenswürdigen Partner für Unternehmen jeder Größe weltweit entwickelt – von Start-ups bis hin zu globalen Konzernen. Mit Blick auf die Zukunft werden wir uns weiterhin darauf konzentrieren, globale Unternehmenskompetenzen aufzubauen, darunter Dienstleistungen und Supply-Chain-Angebote wie Lieferkonsolidierung und Paletten-Lieferungen. Wir gehen auch davon aus, dass Amazon Business in weitere Länder weltweit expandieren wird, in denen Amazon bereits im B2C-Geschäft vertreten ist.

FAQs

Welche Faktoren haben den Erfolg von Amazon Business in den letzten 10 Jahren maßgeblich beeinflusst?
Ein zentraler Erfolgsfaktor ist der konsequente Fokus auf die Bedürfnisse der Kunden – vom kleinen Unternehmen bis zum internationalen Konzern. Zudem hat Amazon Business das erfolgreiche Privatkunden-Erlebnis in den B2B-Bereich übertragen und mit moderner Technologie wie KI und Cloud-Computing erweitert.

Vor welchen aktuellen Herausforderungen stehen Einkaufsabteilungen in Deutschland?
Lieferketten werden komplexer, Compliance-Anforderungen strenger und Budgets knapper. Gleichzeitig steigt der Druck, ESG-Ziele zu erfüllen und digitale Tools einzusetzen, um Prozesse effizienter zu gestalten.

Wie steigert „Rechnung durch Amazon“ die Effizienz im Einkauf?
Die Lösung fasst Millionen Produkte in einem einzigen Lieferantenrahmen zusammen, was den Verwaltungsaufwand drastisch reduziert. Einheitliche Rechnungen und automatisierte Prozesse sparen Zeit in Einkauf und Buchhaltung.

Wie unterstützt Amazon Business Unternehmen bei Nachhaltigkeit und ESG-Zielen?
Produkte mit anerkannten Nachhaltigkeitszertifikaten sind klar gekennzeichnet und können bevorzugt eingekauft werden. Zudem helfen Analysen, Berichte und gebündelte Lieferungen dabei, CO₂-Emissionen und Kosten zu senken.

Welche Technologien werden den B2B-Einkauf in den nächsten Jahren prägen?
Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Automatisierung werden Einkaufsprozesse weiter optimieren und personalisieren. Dadurch sinken Kosten, Abläufe werden effizienter und Entscheidungen datengestützter getroffen.