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Business-Knigge Russland: Verhandeln wie ein Bär

Auch in Russland gelten unausgesprochene Regeln für Verhandlungen. Welche das sind, erfahren Sie in unserem Business-Knigge Russland. Wir haben sieben Tipps für Sie zusammengestellt.

Status, Status, Status – Klotzen Sie was das Zeug hält

Russen sind statusbewusst und konservativ. Kleiden Sie sich daher dementsprechend. Signalisieren Sie mit ausgewählten Markenanzügen, einer teuren Uhr, dem neuesten Smartphone und einem prestigeträchtigen Dienstwagen, was sie im Leben und in Ihrem Unternehmen erreicht haben. In Moskau brauchen Sie zwar aufgrund des nie endenden Staus mit der Limousine oder dem Taxi länger brauchen, um ans Ziel zu gelangen. Dennoch sollten Sie nie mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu Verhandlungen fahren. Wenn Sie es doch tun, erwähnen Sie es auf keinen Fall und lassen Ihren Fahrer im Wagen vor dem Firmensitz ihrer Gesprächspartner warten.

Kontakte aufbauen: Bereiten Sie sich auf eine lange Reise vor

Russen sind grundsätzlich herzlich und gastfreundlich – allerdings nur gegenüber Menschen, die sie kennen. Unter Fremden zeigen sich die Bewohner des größten Landes der Erde gerne die kalte Schulter. Schließlich lachen nur Dummköpfe ohne Grund, besagt ein russisches Sprichwort. Bringen Sie deshalb ausreichend Zeit mit, um zu russischen Geschäftsleuten die Beziehung aufzubauen, die Verhandlungen überhaupt erst möglich macht. Die ersten Gespräche werden dabei nie mehr sein, als eine reine Formalität.

Geben Sie sich dabei nicht zu locker und humorvoll. Russen schreckt dies entweder ab, weil sie derartiges Verhalten für „amerikanisch“ halten, oder sie legen es Ihnen als Schwäche aus. Erst wenn Sie Ihre russischen Partner längere Zeit kennen, wird der Umgangston freundlicher. Seien Sie außerdem vorsichtig, wenn Ihnen russische Zulieferer einen besonders herzlichen Empfang bereiten. Die vermeintliche offene Freundlichkeit kann strategisch motiviert sein.

Offene Zurückhaltung: Small Talk im Land des Bären

„Die Zunge hat keine Knochen, aber sie bricht welche“, besagt eine russische Redensart. Will sagen: Nur wer mit den Leuten redet, kann Beziehungen zu ihnen aufbauen und Geschäfte mit ihnen machen. Denn, wer sich öffnet, signalisiert, dass er ehrlich und zuverlässig ist. Deshalb wollen Russen ihre Geschäftspartner kennenlernen. Ein jederzeit geeignetes Gesprächsthema ist in Russland die Politik.

Doch Vorsicht! Beziehen Sie keinerlei Stellung zu strittigen Fragen und halten Sie sich mit Kritik an Missständen im Land zurück. Genauso wenig sollten Sie über Ihr Einkommen und Ihre Karriere sprechen, oder über das russische Wetter. Geeignete Themen sind dagegen Sport, Literatur – vorzugsweise russische – die Geschichte Russlands, oder Ihre Kinder und Ihre Familie. Insgesamt drücken sich Russen gerne vorsichtig und indirekt aus. Achten Sie deshalb auch auf den gesamten Kontext des Gesprächs sowie auf die Körpersprache und Mimik Ihres Gegenüber.

Geschäftsessen: Wer gut arbeitet, muss auch gut essen

Russen besiegeln Geschäfte gerne bei einem üppigen Abendessen. Diese beginnen meist schon gegen 18 Uhr, bestehen oft aus zahlreichen Gängen und sind erst beendet, wenn der Gastgeber mit dem Essen fertig ist. Bringen Sie deshalb ausreichend Appetit zu Ihrer Verabredung mit und setzen Sie sich am Tisch Ihrem wichtigsten russischen Gesprächspartner gegenüber. Das gebietet die Höflichkeit.

Na sdorowje: So bestehen Sie gegen trinkfeste Verhandlungspartner

Wodka ist aus dem russischen Alltag und Geschäftsleben nicht wegzudenken. Sein Konsum folgt allerdings festen Regeln. So wird vor jedem Glas des Hochprozenters ein Trinkspruch ausgebracht. Alles andere gilt als Trinksucht. Auch Sie werden in einer Runde unter Russen dazu aufgefordert werden, einen Toast auszubringen. Zeigen Sie sich dabei als Landeskenner und bringen Sie kein „na sdorowje“ aus. Damit prosten Sie Ihren Geschäftspartnern nicht zu, sondern bedanken sich für die Einladung. „Sa sdorowje“ hingegen heißt „Auf die Gesundheit“ und ist als Toast erlaubt.

Außerdem trinken Russen Wodka nie vor oder nach dem Essen, sondern immer nur währendessen. Sobald Sie ein Glas geleert haben müssen Sie außerdem in etwas Salziges, Scharfes oder Deftiges beißen. Wird Ihnen Wodka angeboten, können Sie diesen nur ablehnen, wenn Sie dies mit gesundheitlichen Problemen, der Einnahme von Medikamenten, Ihrer Religion, oder damit begründen, dass Sie noch Auto fahren müssen. Alles andere wäre unhöflich und respektlos. Wenn Sie das erste Glas angenommen haben, helfen Ihnen jedoch auch Ihre Gesundheit oder Religion nicht mehr. Dann müssen Sie so lange mithalten, bis Ihre russischen Geschäftsfreunde das letzte Glas ausrufen. Jede geöffnete Wodkaflasche wird dabei übrigens bis zur Gänze geleert.

Unerbittlich und hart: Verhandeln Sie wie ein Bär

Stellen Sie sich auf harte Verhandlungen ein – auch bei Geschäftspartnern, zu denen sie eine gute persönliche Beziehung haben. Denn Kompromisse gelten im Land des Bären als ein Zeichen von Schwäche. Russen beginnen Verhandlungen daher oft mit einem hohen Einstandspreis und sind kaum bereit, von diesem abzuweichen. Außerdem haben Sie oft hohe Erwartungen an ihre Geschäftspartner und verlangen von diesen mehr Opfer, als sie selbst zu bringen bereit sind.

Forderungen der Gegenseite sitzen sie gerne aus oder begegnen ihnen, indem sie Fragen unablässig wiederholen. Bereiten Sie deshalb genau vor, welche Zugeständnisse Sie machen können und bleiben Sie dabei. Verlangen Sie für jedes Zugeständnis eine Gegenleistung. Russen verhandeln außerdem sehr emotional, verlieren schon mal die Fassung, hauen mit der Faust auf den Tisch oder verlassen wütend den Raum. Das ist alles Taktik. Lassen Sie sich dadurch also nicht aus der Ruhe bringen. Weichen Sie nicht von ihrem eigenen Standpunkt ab. Sonst hat Ihr russischer Gesprächspartner Sie genau dorthin gebracht, wo er Sie haben wollte.

In solchen Situationen nicht zurückzuweichen, erfordert jedoch viel Selbstbewusstsein. Zumal Russen gerne in großen Gruppen zu einer Verhandlung kommen, um Gesprächspartner durch die Macht der Masse einzuschüchtern. Reisen Sie daher selbst mit einem entsprechend großen Verhandlungsteam an. Oft nutzen russische Geschäftsleute auch den Faktor Zeit geschickt aus. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sie kurz vor Ihrer Abreise noch Druck machen, um einen bereits erreichten Abschluss zu ihren Gunsten zu ändern.

Übrigens: Verhandeln Sie möglichst nur mit Entscheidungsträgern. Da in russischen Unternehmen strenge Hierarchien gelten, haben Mitarbeiter bereits auf mittleren Ebenen meist keine großen Kompetenzen mehr.

Zusammenarbeit mit Russen: Da werden Sie staunen

In Russland folgt vieles eigenen Gesetzen. Dass Verträge keine reibungslose Zusammenarbeit garantieren, kennen Sie sicher auch aus anderen Lieferländern. Auch dass Telefonate und regelmäßige Besuche das notwendige Schmiermittel für langfristige Lieferbeziehungen sind, kennen. Dass Russen die Ursache für Misserfolge nicht bei sich selbst sondern in den äußeren Umständen suchen, ist dagegen einzigartig.

Auch der Umgang mit der Zeit ist gewöhnungsbedürftig. So neigen Russen dazu, Fristen zu vergessen. Sie warten gerne ab, bis die Rahmenbedingungen für ein Projekt günstig sind, bevor sie mit der Arbeit anfangen. Dann arbeiten sie sich oft erst langwierig ein, ohne Ergebnisse zu produzieren. Genauso können sie jedoch in sehr hohem Tempo, sehr viel Arbeit in hervorragender Qualität erledigen – besonders, wenn Ihnen die Arbeit Spaß macht.

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