Schmidtsche Schack Prozessgaskühlungssystem

Das Kasseler Unternehmen Schmidtsche Schack stellt Anlagen für die Übertragung von Prozesswärme für die chemische Industrie her. (Bild: Schmidtsche Schack)

Was haben ein Schweißroboter und der indirekte Einkauf gemein? Sie stehen exemplarisch für diverse Digitalisierungsprogramme von Schmidtsche Schack, einem in Kassel ansässigen Hersteller von Prozesswärmeübertragungslösungen und Teil der Arvos-Group. In der Zentrale sind rund 280 Personen beschäftigt. Dort sitzt nicht nur die Verwaltung, sondern liegt auch die Werkhalle der Fertigung.

In beiden Bereichen kommt es pro Jahr zu einer Vielzahl an Bestellungen, ob nun von C-Teilen für die Fertigung oder von Materialien des indirekten Einkaufs. Das lief früher noch zeitintensiv und mit hohen Kosten über papierbasierte Bestellungen, die einen langen verwaltungstechnischen Aufwand durch Prüfungen und Freigaben nach sich zogen. Rauad Al-Sahwi, Director Supply Chain Management bei Schmidtsche Schack, brachte den Stein ins Rollen, die Prozesse durch eine digitale Lösung endlich zu optimieren.

Die richtige Anbindung

Hauptanliegen war die Verbindung von Simple System und dem etablierten ERP-System SAP, damit der gesamte Bestellvorgang zukünftig über eine Bedienoberfläche und ohne Wechsel der Systeme vollzogen werden konnte. Dies wird mit der Cockpit-Anbindung von Simple System ermöglicht. „Wir kaufen jetzt über Simple System nicht nur das Stück Papier, sondern auch die Stifte, den Stuhl und was der Mitarbeiter sonst alles braucht, bis hin zu der Schleifscheibe, dem Cuttermesser oder den Handschuhen in der Werkstatt“, so Al-Sahwi.

„Benötigt ein Mitarbeiter neue Schleifscheiben, dann loggt er sich einfach über die Bedienoberfläche der E-Procurement-Lösung ein“, erklärt Andre Vieth, Strategischer Einkäufer bei Schmidtsche Schack. Dort kann er auf die ihm zugewiesenen Kataloge zugreifen und via Suchbegriff die richtigen Schleifscheiben suchen. Das System zeigt ihm dann ein oder mehrere Artikel an, aus denen er wählen kann. Mit der benötigten Stückzahl geht es in den Warenkorb.

Dank vordefinierter Regeln kann der Besteller nun nur noch eine für ihn festgelegte Lieferadresse auswählen. Sobald der Warenkorb abgeschickt wird, erhält der Vorgesetzte eine Information, dass der Warenkorb zur Freigabe steht und kann diese per Mausklick erteilen oder ablehnen. Bei Genehmigung wird im Anschluss eine Übersicht der Bestellung mit allen notwendigen Informationen in das SAP-System übertragen.

Der nächste Schritt ist dann die Lieferung. Auch hier werden die Informationen wie die Rechnung direkt digital übertragen und automatisch mit der Bestellnummer abgeglichen und zugeordnet. Insgesamt geht Al-Sahwi von einer Zeitersparnis von 30 Minuten pro Bestellung aus.

Eigenverantwortlicher Einkauf statt Maverick Buying

Ein großer Vorteil für das Unternehmen ist auch die Definierung unterschiedlicher Benutzergruppen, für die jeweils zugeschnittene Warenkorblimits und Berechtigungen vorgegeben werden können. Das verhindert beispielsweise einzelne Papierbestellungen für ein paar Euro. Das schafft Vertrauen in die Prozesse und die Mitarbeiter. So werden auch andere Abteilungen als der Einkauf ermächtigt, bei Bedarf innerhalb ihres gesetzten Rahmens direkt Bestellungen auszuführen.

Schmidtsche Schack optimiert diese Berechtigungen stetig, damit die Abläufe weiter automatisiert werden können. So werden nicht nur Prozesskosten gesenkt, sondern es wird auch Transparenz geschaffen.

Mit intuitiven Oberflächen die Anwender überzeugen

Aber auch die Einbindung und das Feedback der Mitarbeiter war zu Beginn entscheidend. Daher wurde das System zunächst im kleineren Rahmen direkt in der Einkaufsabteilung ausgerollt und später auf die Fachbereiche ausgeweitet. Diese honorierten, dass jetzt eine Lösung geboten wurde, mit der die Bestellprozesse schlank und schnell durchgeführt werden konnten – ein echter Mehrwert im Berufsalltag und keine sinnlose Digitalisierung.

Viel spannender war der nächste Schritt, den Bereich anzubinden, der von den Kosten und vom Volumen her dominiert: die Fertigung. Die anfängliche Skepsis, ob das System von den sogenannten „Blue Collar“-Arbeitern ebenso gut aufgenommen werden würde, erwies sich als unbegründet. Denn die nutzerfreundliche Oberfläche der E-Procurement-Lösung, die man im Alltag aus dem Online-Shopping-Bereich kennt, kam den Werkarbeitern zugute, die sonst weniger in digitale Abläufe involviert waren.

„Die Art und Weise, etwas in den Warenkorb zu legen, ist ja nicht revolutionär, sondern eine bekannte, bewährte Lösung. In dem Sinne stieg dann auch die Akzeptanz“, so Vieth. Da der Ablauf kein Hexenwerk sei, konnte die Belegschaft schnell auf das neue System umgestellt werden. Zusätzlich wurde sie mit den Dokumentationen, wie das System zu bedienen ist, geschult. Als nächster Schritt soll der Standort Düsseldorf an die E-Procurement-Plattform angebunden werden.

Von Schweißrobotern und Digital Natives

Doch die Digitalisierung des Einkaufs ist nicht das einzige Digitalisierungsprojekt bei Schmidtsche Schack. So will das Unternehmen in Zukunft papierlos werden. Einen ersten Schritt dahin haben die Kasseler durch die Umstellung der früher teilweise noch papierbasierten Bestellanforderungen (BANF) auf einen vollständig elektronischen Prozess bereits erreicht. Ein weiteres Anliegen ist, Ausschreibungen zu digitalisieren, also in den Bereich der E-Auktionen einzusteigen. Damit diese Projekte aktiv vorangetrieben werden, hat das Unternehmen die Position des Digital Officers innerhalb der IT geschaffen.

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Auch in Hinblick auf die Zukunft und den Nachwuchs profitieren Unternehmen davon, sich digital und modern aufzustellen. Denn die nachfolgenden Generationen, oft auch als Digital Natives bezeichnet, weil sie bereits mit digitalen Tools aufwachsen, werden durch moderne Ausstattung und digitale Lösungen angezogen.

Dazu gehört auch neueste Technik in den Werkhallen. Denn die Fertigung leidet wie viele Handwerksberufe unter dem Fachkräftemangel und einer geringen Zahl von Nachwuchstalenten, die sich für eine Ausbildungsstelle interessieren. Bei Schmidtsche Schack schaut man mit fünf besetzten Ausbildungsstellen im gewerblichen Bereich pro Jahr den Herausforderungen des Fachkräftemangels etwas gelassener entgegen. Wie ist das möglich?

Ein Grund könnten die Digitalisierungsbestrebungen sein, die sich auf die Attraktivität des Unternehmens gegenüber dem Nachwuchs auswirken. Zwar werden nach wie vor Leute benötigt, die Spaß am klassischen Handwerk haben, mit Elektroden in der Hand und einer Schweißer-Laufbahn vor sich, aber Al-Sahwi sieht eine interessante Entwicklung in Richtung Digitalisierung. So wurde bereits ein Schweißroboter eingeführt, der Arbeiten übernehmen kann, aber von Mitarbeitern programmiert werden muss. Dies erfordert eine entsprechende zusätzliche Ausbildung der Schweißer. „Für Mitarbeiter ist es ein positives Argument, dass das klassische Handwerk mit digitalen Tools verbunden wird“, so Al-Sahwi. Zudem profitieren die Auszubildenden für ihren zukünftigen Werdegang, wenn sie möglichst früh an digitale Tools herangeführt werden.

Al-Sahwi gibt den Ausblick: „Der Digital Footprint treibt uns an. Da haben wir ein Riesenpotenzial und da sind wir noch lange nicht da, wo wir hinwollen“.

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