Hans Robert Koch und Steffen Maltzan, RittalHans Robert Koch und Steffen Maltzan,Rittal
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Offene Plattformsysteme wie Rittals RiLineX bieten deutliche Vorteile für die noch effizientere Planung und den schnelleren Aufbau von 60-Millimeter-Sammelschienensystemen.(Bild: Rittal)
Offene Plattformsysteme bieten deutliche Vorteile für die noch effizientere Planung und den schnelleren Aufbau von 60-mm-Sammelschienensystemen. Das sollten Einkäufer beachten.
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Der Zeit- und Kostendruck steigt, die Fachkräfte fehlen: Der Steuerungs- und Schaltanlagenbau steht weiterhin unter hohem Druck. Benötigt werden Tempomacher im Anlagenbau – etwa bei der Stromverteilungstechnik. Aktuell bieten offene Plattformsysteme deutliche Vorteile für die noch effizientere Planung und den schnelleren Aufbau von 60-Millimeter-Sammelschienensystemen. Mit einem Effizienzgewinn bis zu 75Prozent, wie eine aktuelle Feldstudie belegt. Das bringt selbst alte Hasen zum Staunen.
Der Aufbau der Stromverteilungstechnik in Schaltschränken ist ein echter Zeitfresser. Planung und Montage sind für Anlagenbauer oft komplex, nicht selten fehlen entsprechende Fachkräfte. Auch die seit Anfang der 2000er-Jahre etablierte 60-Millimeter-Stromschienentechnik lässt in der Praxis noch manche Wünsche offen. Obwohl sie sich aufgrund zahlreicher Vorteile gegenüber der 1:1-Verkabelung im Schaltschrank vor allem in Europa etabliert hat, gibt es mittlerweile einen deutlichen Bedarf zur Weiterentwicklung – zum Beispiel bei der Dimensionierung der Sammelschienen.
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Denn bislang müssen die im Abstand von 60Millimeter angeordneten Flachkupferschienen mit entsprechenden Haltern je nach notwendiger Kurzschlussfestigkeit im projektspezifischen Abstand montiert werden. An diesen Stellen können allerdings keine Aufbau-Komponenten montiert werden. Der Platzverlust muss bereits bei der Planung berücksichtigt werden. Zudem stellen offen liegende Kontakte eine Gefahr dar. Um Mensch und Technik zu schützen, müssen vor Inbetriebnahme Kunststoffabdeckungen zeitaufwendig zurechtgeschnitten werden. Ausschuss und Kunststoffabfall sind die Folge: Im Schnitt fallen pro System 1,9Kilogramm Abfall an überschüssigem Kunststoff durch Zusägen der Berührungsschutz-Abdeckungen an.
Checkliste für den Einkauf
Werden die technischen Anforderungen erfüllt?
Einhaltung relevanter Normen/Zulassungen für den Zielmarkt?
UL-CSA Zulassung, wenn Export nach Nordamerika geplant ist
Nachweise zur Kurzschlussfestigkeit
Ist das System kompatibel?
60-mm-Standard für Basissystem und Gerätewelt erfüllt?
Ist das Systemzubehör zur geplanten Anwendung kompatibel (z.B. Adapter, Sicherungshalter et cetera)?
Handelt es sich um eine einheitliche Systemfamilie, damit später Erweiterungen möglich sind?
Liegen Voraussetzung für richtige Dimensionierung und Systemauslegung vor?
Passen die Querschnitte und Stromtragfähigkeit?
Thermisches Verhalten, in Abhängigkeit vom Umgebungstemperaturen wird aktive Klimatisierung z.B. Filterlüfter notwendig?
Stimmen Kurzschlussfestigkeit, Spannungsangaben und Stromtragfähigkeit mit der Vorgabe überein?
Ist das System montage- und wartungsfreundlich?
Einfacher Aufbau für Basissystem und Aufbaugeräte
Werkzeuglose Montage nach einfachen, schnell zu erlernenden Standardprozessen
Ist ein Berührungsschutz und Fingersicherheit bei den Systemabdeckungen gegeben?
Wie wirtschaftlich ist das System?
Nicht nur einzelne Artikelpreise, sondern das Gesamtsystem inkl. Montagezeiten und Logistikkosten bewerten
Montagefreundlichkeit spart Arbeitszeit
Breite Verfügbarkeit in vielen Märkten gewährleistet?
Mit der neuen Stromverteilungs-Plattform RiLineX von Rittal gehören die aufwendige Planung der Auslegung, der Platzverlust beim Aufbau der Komponenten und das Zusägen der Schutzabdeckungen der Vergangenheit an. Da im neuen Sammelschienensystem die Kupferschienen ohne spezielle Halterungen direkt im Board verbaut sind, lassen sich die Aufbau-Komponenten einfach durchgängig planen und montieren. Auch das komplizierte Sägen ist nicht mehr notwendig. Die Abdeckung bleibt von vornherein durchgängig im System über den Schienen und schützt vor versehentlichen Berührungen.
Zertifiziert ist der Berührungsschutz nach der Schutzart IP2XB. Damit wird das Eindringen von Fremdkörpern mit einem Durchmesser von 12mm oder mehr verhindert. Frontseitig ist der Berührungsschutz zudem erweiterbar auf die Schutzart IP3X. Dadurch schützt Rittal das System vor Fremdkörpern mit einem Durchmesser von 2,5mm oder mehr. Eine Berührung mit den Fingern ist in jedem Fall ausgeschlossen. Durch die Bauform kann Rittal das gesamte System schon auf eine Kurzschlussfestigkeit bis 65 kA vorprüfen, sodass sich sowohl die Planer wie auch die Anwender auf eine rundum sichere Lösung verlassen können. Geeignet ist RiLineX für Anwendungen im Bereich bis 1.000V AC als auch für Gleichstrom bis ±1500V DC.
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Die Schienen sitzen ohne Halterplanung sicher im Board – mit Berührungsschutz bis IP 2XB oder IP 3X.(Bild: Rittal)
Feldstudie belegt Effizienzgewinn
Neue Studienergebnisse lassen aufhorchen. In einer Feldstudie unter der unabhängigen Leitung des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik bei der Gefeba Elektro GmbH erreicht die neue Sammelschienen-Plattform RiLineX von Rittal beeindruckende Spitzenzeiten bei der Montage. Unter unabhängiger Beobachtung wurde untersucht, wie schnell sich die neue Plattform im Vergleich zu einem herkömmlichen Schienensystem montieren lässt. Die Ergebnisse hatte selbst der erfahrene Fertigungsleiter Marcel Birkenberger, Fertigungsleiter bei Gefeba, nicht erwartet. Die erste Überraschung: „Wir waren erstaunt, dass bei der Sammelschienentechnik überhaupt noch so ein Quantensprung möglich ist“, sagt der Schaltanlagenspezialist. „Wir haben alle Komponenten auf einen Tisch gelegt und einfach ausprobiert. Schnell hat sich gezeigt, wie einfach alles funktioniert.“
Marcel Birkenberger sieht einen klaren Design-Vorteil, denn das werkzeuglose ‚Click-and-Work‘-System lässt sich nur auf eine einzige Weise zusammenstecken und gibt exakt vor, wie Geräte eingehängt werden müssen. Montagefehler sind praktisch unmöglich. „Wir können jetzt sogar angelerntes Personal damit arbeiten lassen“, sagt der Experte. „Angesichts des Fachkräftemangels ist das natürlich ein erheblicher Gewinn.“ Für Auszubildende fördere es zudem den Spaß an der Arbeit, wenn sie schnell und einfach zu Ergebnissen kommen. Junge Leute langfristig motiviert zu halten, sei heute eine viel größere Arbeitgeber-Aufgabe als noch vor wenigen Jahren.
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Im Praxis-Check: links das neue RiLineX-System, rechts die Vorgängerlösung RiLine60.(Bild: Rittal)
Wissenschaftlich validierte Schnellmontage
Wirtschaftlich besonders interessant für den Schaltanlagenbauer wird es, wenn Montagezeiten verkürzt werden. Dieser entscheidende Mehrwert wurde nun wissenschaftlich bestätigt. Unter der unabhängigen Leitung des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik (IML) wurde mit Gefeba akribisch ermittelt, wie viel Zeit für die Ausführung verschiedener Montageschritte benötigt wird mit dem neuen RiLineX sowie dem herkömmlichen RiLine60.
Verglichen wurden dabei auch verschiedene Einbauvarianten: Neben der Unterscheidung in eine rein manuelle sowie eine maschinenassistierte Montage, bei der eine automatisierte CNC-Fräse die Bohrungen an der Montageplatte übernimmt, standen sich auch der bei RiLineX mögliche Einbau eines vorgefertigten Komplettboards sowie die Einzelmontage von Modulbauteilen vergleichend gegenüber. „Für die Studie haben wir bewusst Arbeitsschritte identifiziert, die so fast bei all unseren Projekten notwendig sind“, sagt Marcel Birkenberger.
Volker Schmidt, Rittal.(Bild: Rittal)
Vier Fragen an... Volker Schmidt, Leiter Product Management RiLine
Herr Schmidt, was müssen Einkäufer generell beim Einkauf von Stromschienensystemen beachten?
Grundsätzlich sollten die entsprechenden globalen Normen und Approbationen des Stromverteilungssystems vorhanden sein. Neben dem Preis spielt auch eine Langzeitverfügbarkeit der Artikel eine wichtige Rolle, da Energieverteilungen eine Lebensdauer von 20 Jahren und mehr haben. In dieser Zeit können Erweiterungen, Umbauten oder Reparaturen anfallen. Bei global agierenden Unternehmen ist wichtig, dass die Produkte kurzfristig und regional verfügbar sind.
Wer profitiert von RiLineX…?
Von RiLineX profitieren alle, die auf eine schnelle und zuverlässige Stromverteilungslösung angewiesen sind. Das reicht vom Steuerungs- und Schaltanlagenbauer bis hin zur Energiespeicherindustrie, dem Photovoltaikanlagen-Errichter oder der IT-Branche. Über die Einsatzfähigkeit brauchen sich unsere Kunden keine Gedanken zu machen. Das System bietet eine breite Kompatibilität mit den Betriebsmitteln aller gängigen Hersteller.
… und was ändert sich konkret? Was sollte jeder besonders auf dem Plan haben?
Die Komplexität bei Planung und Systemaufbau von Stromverteilungssystemen wird durch weniger Komponenten deutlich reduziert. Mit 30 Prozent Zeiteinsparung beim Engineering und 75 Prozent bei der Montage (bei Komplettboards) ist RiLineX effizienter als herkömmliche Sammelschienensysteme. Alle Artikel erfüllen die für die Märkte notwendigen Zulassungen sowie durchgängige Approbationen für UL/IEC und sind somit weltweit einsatzfähig. Dank der Bauform ist das System schon auf eine Kurzschlussfestigkeit bis 65kA vorgeprüft.
Welchen Beitrag leistet RiLine-X zum Thema Nachhaltigkeit? Wird bei der Auswahl der Kunststoffe auf ein Kreislaufsystem wert gelegt?
Bei der Auswahl der Kunststoffe wurde beachtet, dass nur eine Kunststoffklasse verwendet wird, damit die Produkte am Ende ihrer Lebenszeit einem sortenreinem Recycling zugeführt werden können. Durch den Modulbaukasten wird auch die notwendige Artikelanzahl reduziert, was sich positiv bei der Transport-Logistik und Lagerhaltung sowohl bei Rittal, dem Großhandel und dem Schaltanlagenbauer auswirkt. Durch das offene Modulsystem muss auch kein Spezialkupfer mehr aufwendig um die Welt verschifft werden. Die standardmäßig eingesetzte Flachkupferschienen sind global verfügbar.
Ergebnisse der Studie
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Die Ergebnisse jedenfalls hätten eindeutiger nicht ausfallen können. Die ermittelten Geschwindigkeitsvorteile sind so hoch, dass sie sogar die Schätzungen von Rittal deutlich übersteigen. Für das vorgefertigte Komplettboard etwa benötigten die Gefeba-Profis bei rein manueller Montage durchschnittlich 75Prozent weniger Zeit. Bei CNC-unterstützter Montage waren es sogar ganze 80Prozent Zeitersparnis.
Das liegt vor allem daran, dass bei RiLineX nicht mit Haltern gearbeitet wird, die individuell auf Kurzschlussfestigkeit ausgelegt werden müssen. Die Schienen liegen sicher und vollständig überbaubar im Board. Beim Komplettboard müssen auch Sammelschienen und Berührungsschutz nicht zugeschnitten werden. Die fertig gelieferten Boards werden nur ausgepackt und verschraubt. Das war’s.
Bei den modularen Boards steigt mit der gewonnenen Flexibilität auch der Arbeitsaufwand etwas, aber die Zeitersparnis im Vergleich zu RiLine60 bleibt signifikant. Bei manueller Montage sind es 60Prozent und bei maschinell unterstützter Montage immer noch 55Prozent .
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Unabhängig von der jeweiligen Bauweise macht sich das Design von RiLineX zudem sehr deutlich bei der Anreihung weiterer Schaltschränke bemerkbar. Für die nachträgliche Verbindung von zwei getrennten Schienensystemen benötigten die Experten von gefeba im Fall von RiLine60 mehr als 21, im Fall von RiLineX weniger als dreieinhalb Minuten. „Für uns ist das einer der entscheidenden Mehrwerte von RiLineX“, ordnet Marcel Birkenberger den entstandenen Zeitvorteil ein. „Wenn es zum Beispiel um die Erweiterung der Stromverteilung in einem Fertigungsunternehmen geht, haben wir weniger Arbeit und, was noch wichtiger ist, die Produktion unseres Kunden muss deutlich weniger lange ruhen. Je nach Fertigungsumfeld ist damit für den Fabrikbetreiber die Kosteneinsparung durch kürze Produktionsunterbrechung immens.“
Ähnlich positiv wirkt sich auch der bei RiLineX massiv vereinfachte Einbau von Geräten aus. Im Zuge der Studie – gemessen wurde das Anbringen von Anschlussadapter mit und ohne Durchleitung, Sicherungslasttrenner, Leistungsschalter sowie OM-Adapter – ließen sich für die neue Sammelschienenlösung zum Teil sehr große Geschwindigkeitsvorteile verzeichnen. Beim OM-Adapter etwa waren es 85Prozent im Vergleich zu RiLine60.
„Es ist schon mehr als erstaunlich, dass sich allein mit dem richtigen Schienensystem so viel Zeit einsparen lässt“, resümiert Marcel Birkenberger die Ergebnisse der Studie. „Wenn ich die Prozentwerte in Arbeitszeit umrechne, dann heißt das, dass ich praktisch eine halbe Arbeitsschicht pro Schaltschrank einsparen kann. Der Effizienzgewinn ist also enorm.“ Mindestens ebenso wichtig ist dem gestandenen Schaltanlagenprofi aber auch, dass seine Kunden von der neuen Rittal-Lösung profitieren.
Schneller zur Spannung: Die Einspeisung ist flexibel und platzsparend gestaltet.(Bild: Rittal)
Das Unternehmen: Rittal
Rittal ist ein weltweit führender Systemanbieter für Hardware, Software und Automation. Die Lösungen für Industrie, IT, Energie, Power und Cooling kommen in über 90Prozent der Branchen weltweit zum Einsatz. Die Unternehmensgruppe ist Vorreiter bei AI-driven Industrial Automation, treibt KI in der Industriesoftware voran und ermöglicht die erforderlichen IT-Infrastrukturen. Rittal wurde 1961 gegründet und ist das größte Unternehmen der inhabergeführten Friedhelm Loh Group. Die Gruppe ist weltweit tätig, verfügt über 95 internationale Tochtergesellschaften, beschäftigt 12.600 Mitarbeitende und erzielte im Geschäftsjahr 2024 einen Umsatz von 3,1 Milliarden Euro.
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