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(Bild: ipopba/AdobeStock)

Da schaut der Mann im Mond. Mehr als 9.000 Bücherstapel könnte die Menschheit zwischen der Erde und ihrem silbernen Trabanten aufschlichten, wenn sie die 4,4 Zettabyte Daten niederschriebe, die sie jedes Jahr im Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) austauscht.

Ein Zettabyte sind 1021 Byte. Vernetzte Geräte übermitteln derzeit also 4.400.000.000.000.000.000.000 Byte pro Jahr. Das hat das Internetportal Digital Universe errechnet.

Insgesamt werden durch die Digitalisierung 2020 weltweit mehr als 20 Milliarden Sensoren und Geräte Informationen erheben und über den neuen Mobilfunkstandard 5G fast in Echtzeit miteinander austauschen, erwartet das Marktforschungsunternehmen Gartner.

Industrie 4.0: Zusammenspiel von Anlagen und Lagersystemen

Vernetzt mit der Entreprise-Ressource-Planning-Software (ERP) steuern etwa smarte Maschinen ihre Arbeit selbst. Sie berechnen, wie lange sie brauchen, um einen Auftrag zu erledigen, wann sie einen neuen bearbeiten können und wie bald sie dafür welche Teile und Werkstoffe in welcher Menge benötigen.

Digitalisierung bzw. Industrie 4.0 heißt dann auch: Intelligente Lagersysteme erfassen, wie hoch der Bestand an diesen Materialien ist. Werden Grenzwerte unterschritten, ordern sie Teile und Komponenten automatisch nach.

Sind auch die Produktionsanlagen des Lieferanten in das IoT integriert, melden sie Einkäufern, welchen Bearbeitungsstand eine Bestellung erreicht hat. Nach deren Auslieferung übermitteln RFID-Tags an den produzierten Teilen, wo sich diese gerade befinden.

Sensoren in Containern schlagen zudem Alarm, wenn Komponenten und Teile beim Transport durch Hitze, Kälte oder Erschütterungen unbrauchbar werden.

IoT und Big Data fordern Unternehmen heraus

Das IoT gibt dem Einkauf jederzeit Einblick in die gesamte Lieferkette. Vier von zehn Beschaffern halten IoT im Einkauf daher für eine der fünf wichtigsten Technologien der Zukunft für ihr Unternehmen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt.

Noch wichtiger ist nach Ansicht von 72 Prozent der befragten Sourcing-Profis nur die Analyse der über das Internet der Dinge übermittelten Daten – etwa mithilfe von neuen Technologien wie künstlicher Intelligenz.

Mehr als jeder zweite Teilnehmer einer Umfrage des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) ist  davon überzeugt, dass Unternehmen, die in Zukunft nicht auf Big-Data-Analytics setzen, ab 2025 vom Markt verschwinden.

Nur strukturierte Daten bringen Nutzen

Die Sorge kommt nicht von ungefähr. Denn richtig strukturiert und ausgewertet lassen die gewaltigen Datenmengen Einkäufer Muster in der Informationsflut erkennen. Diese geben Auskunft über die Leistungsfähigkeit ihrer Liefer- und Wertschöpfungskette sowie Produktivität ihres Unternehmens.

So wird sichtbar, zu welchen Jahreszeiten regelmäßig zu große Lagerbestände Kapital binden, ohne dass entsprechende Aufträge vorliegen oder welche Lieferanten besonders zuverlässig sind, welche Lieferwege dagegen nicht.

Redundanzen in komplexen Lieferketten vermeiden

Bislang fehlt Einkäufern diese Transparenz häufig. Vor allem, wenn sie Teile und Komponenten in unterschiedlichen Ländern bei einer Vielzahl von Lieferanten sourcen.

Um Betriebsunterbrechungen aufgrund von Engpässen im Materialfluss zu vermeiden, bauen sie daher meist Zwischenlager und Bestände für den Notfall auf. Oder sie entwickeln mehr alternative Bezugsquellen als nötig.

Diese Lieferanten müssen Einkäufer ausfindig machen, auf ihre Zuverlässigkeit, technologische Eignung sowie Leistungsfähigkeit überprüfen. Das kostet Zeit und Geld, das sich mituntern nicht amortisiert. Denn oft greifen Beschaffer auf die gelisteten Partner dann gar nicht zu.

IoT-Plattformen befreien Einkäufer von operativen Aufgaben
Eine über das Internet der Dinge vernetzte Lieferkette befreit Einkäufer von derartigen Aufgaben. Melden alle für einen Auftrag in Frage kommenden Lieferanten ihre Auslastung und Lieferfähigkeit sowie die Spezifikationen ihrer Produkte und deren Preise an zentrale Plattformen, verwandeln sich Lieferketten zu Liefernetzwerken.

In diesen bedienen sich Anlagen bei Bedarf bei dem Zulieferer, der zum jeweiligen Zeitpunkt am schnellsten, die am besten geeigneten Teile zum attraktivsten Preis liefert. Das eröffnet Einkäufern neue Möglichkeiten und erspart operative Tätigkeiten. Ihren Bedarf müssen sie nicht mehr manuell mit Excelsheets planen.

Auch Ausschreibungen vor einem Auftrag brauchen sie nicht mehr zu erstellen. Die Bezahlung der Rechnung erfolgt ebenso digital, sobald eine Lieferung eingetroffen ist und Sensoren des Lagersystems dies bestätigten haben.

Das IoT im Einkauf führt zu Stellenabbau
Smarte Systeme nehmen Beschaffern künftig so viele administrative Aufgaben ab, dass Unternehmen weniger operative Einkäufer benötigen werden. Das erwarten vier von zehn der vom BME befragten Sourcing-Profis.

Jeder vierte Studienteilnehmer rechnet zudem damit, dass auch Stellen im strategischen Einkauf und Supply-Chain-Management verschwinden.

Einkäufer werden zu Datenmanagern

Zugleich wandelt sich das Stellenprofil der verbleibenden Einkäufer. Um die Potenziale des IoT und von Big Data für ihre Unternehmen heben zu können, brauchen sie fundierte Kenntnisse darüber, wie sich Daten gewinnen und verarbeiten lassen.

Einkäufer werden zunehmend zu Datenmanagern. Sie müssen in ihren Unternehmen verhindern, dass Produktion und Logistik die für sie relevanten Daten in Silos horten. Denn digital vernetzte Supply Chains funktionieren nur, wenn die Softwaresysteme aller Abteilungen mit den gleichen Daten arbeiten.

Zulieferer müssen ins IoT-Boot geholt werden
Über die Cloud müssen Einkäufer außerdem ihre Zulieferer an ihre Supply-Chain-Management-Plattform anbinden. Sind Schlüssellieferanten für den Einsatz intelligenter Sensorik und die Anbindung ihrer Produktion an das IoT noch nicht bereit, müssen Beschaffer sie dabei in Zusammenarbeit mit den Kollegen aus der IT-Abteilung unterstützen.

Gelingt dies, lassen sich bald noch mehr Bücherstapel zwischen der Erde und dem Mond mit Daten aus dem Internet of Things füllen.

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