Immer noch eine der beliebtesten Zusatzleistung für Angestellte: Der Dienstwagen.(Bild: Wellnhofer Designs - stock.adobe.com)
Eine klare und professionell umgesetzte Car Policy vermeidet Konflikte und sorgt zugleich für eine optimale Budget-Ausnutzung. Der Einkauf spielt dabei eine zentrale Rolle.
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Immer mehr Unternehmen werben mit einem Dienstwagen zur privaten Nutzung um neue Mitarbeitende. Inzwischen genießen laut der Marktforscher von Dataforce etwa die Hälfte der Fahrzeugnutzer im relevanten Flottenmarkt das Privileg als ‚User Chooser‘. Sie können Marke, Modell und Ausstattung selbst aussuchen. Welcher Mitarbeitende entsprechend seiner Stellung welches Fahrzeug zu welchen Bedingungen fahren darf, regelt die Car Policy. Ist diese lückenhaft oder eröffnet Interpretationsspielräume, sind Konflikte vorprogrammiert. „Es handelt sich ja nicht um eine Warengruppe wie jede andere. Durch seine Sichtbarkeit und das Hineinwirken in das private Umfeld wie Familie, Nachbar und Freunde hinsichtlich Komfort und Status ist die Emotionalisierung hoch“, betont der Essener Management Coach Frank Bönning.
Mal geht es um die Farbe des Fahrzeugs, mal um Motorisierung, um Ausstattungsdetails oder um Fahrzeugwechsel bei Positionsveränderungen. Vermeintliche Kleinigkeiten bringen zuweilen selbst gestandene Manager aus der Fassung. Dem Fuhrparkmanager wird die Hölle heiß gemacht. Der steht sozusagen ‚zwischen den Fronten‘, denn auf der anderen Seite pocht das Controlling auf die strikte Einhaltung von Budget-Vorgaben. Hier kommt der Einkauf ins Spiel. Besser gesagt: Er sollte von Anfang an beteiligt sein. Der Einkauf kann dafür sorgen, dass es mehr Spielraum bei der Fahrzeugkonfiguration gibt – vereinfacht gesagt: mehr Auto für das gleiche Geld. Oder das gleiche Auto für weniger Geld. „Strategisches Ziel ist ein Ausgleich von Kostenoptimierung und Nutzerzufriedenheit“, so Majk Strika, Geschäftsführer des Fuhrparkmanagers und Leasinggebers Holman. Konflikte in puncto Dienstwagenauswahl entstehen gehäuft dort, wo der Einkauf nicht im Fuhrpark involviert ist, sagt Dataforce-Analyst Benjamin Kibies.
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Von der Theorie zur Praxis. Eine Car Policy gestattet zum Beispiel die Auswahl unter vier und sechs Fahrzeugen. Dabei gibt es verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten. Marken und Modelle sowie mögliche Sonderausstattungen können verbindlich vorgeschrieben oder innerhalb eines vorgegebenen Rahmens frei wählbar sein. Oder es sind für bestimmte Mitarbeitergruppen Fahrzeugkategorien und Referenzfahrzeuge definiert. In allen Fällen kommt es auf die Gesamtkosten, die TCO eines Fahrzeugs an. In ihr sind nicht nur Anschaffungs- oder Finanzierungskosten berücksichtigt, sondern auch sämtliche weitere Kosten über den Lebenszyklus eines Fahrzeugs einschließlich Verschleiß, Reparaturhäufigkeit und -kosten – bezogen auf das konkrete Einsatzprofil, etwa im Vertrieb oder im technischen Außendienst.
Der Einkauf erweitert mit seinem Marktwissen und der professionellen Beschaffung von Fahrzeugen und Services den finanziellen Spielraum eines Fuhrparks erheblich. Er hat die extrem dynamischen Fahrzeugmärkte im Blick und kann im richtigen Moment mit der passenden Strategie agieren. „Bei einer Zusammenarbeit mit einzelnen Herstellern winken zum Beispiel Großkundenrabatte. Aber auch ein Multi-Bidding kann Einsparungen von bis zu zehn Prozent pro Fahrzeug bringen“, so Experte Strika.
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Marktbreite Daten über die tatsächlichen Vollkosten beziehungsweise die TCO eines bestimmten Fahrzeugmodells lassen auch erkennen, ob ein angebotenes Full-Service-Leasing mit Kilometervertrag womöglich zu teuer ist. „Idealerweise verfügt das Fuhrparkmanagement selbst über valide Daten, um sich nicht auf Herstellerangaben verlassen zu müssen. Nur die eigene, nach individuellen Kriterien ermittelte TCO ergibt ein objektives Bild der Kosten und der Handlungsoptionen“, so Majk Strika. Immer häufiger fällt deshalb die Wahl auf ein offenes, nach tatsächlichen Kosten bepreistes Vertragsmodell, auch weil es praktikabler ist. Beispielsweise kann nach dem Ausscheiden eines Mitarbeitenden dessen Fahrzeug kurzfristig aus dem Bestand genommen und wirtschaftlich vermarktet werden, statt auf ihm sitzen zu bleiben, und es entfällt die Abrechnung von Mehr- oder Minderkilometern.
Eine Car Policy ist allerdings nur so gut wie der Bestellprozess. In vielen Fuhrparks erfolgt die Abwicklung händisch, wobei Fehler passieren. Womöglich liegt die Fahrzeug-TCO am Ende doch über dem definierten Richtwert. Oder es wird versehentlich eine falsche Ausstattung bestellt, mit Ärger und Dauerfrust beim Fahrer statt Motivation. Leistungsfähige Fahrzeugkonfigurations- und Bestellsysteme vereinfachen das Prozedere und machen es sicherer. Experte Strika: „Mit einem elektronischen Car-Konfigurator, idealerweise als Bestandteil eines integrierten Fuhrparkmanagement-Programms, kann der Mitarbeiter sein Wunschfahrzeug entsprechend der voreingestellten Car Policy via PC oder Tablet konfigurieren.“ Liegen dessen Kosten beispielsweise unter denen eines Referenzfahrzeugs, kann er Zusatzausstattungen hinzubuchen, liegen sie darüber, muss er die Mehrkosten tragen. Es ist sogar möglich, dass über spezielle Schnittstellen Autohäuser ihre Konditionen eingeben, sodass am Ende ein verhandelbares Angebot ‚auf dem Papier‘ steht.
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Eine Car Policy entsteht am besten in Zusammenarbeit von Fuhrparkmanagement, Einkauf und Controlling. Die Einbindung der Nutzerinnen und Nutzer, etwa über betriebsinterne Workshops oder Umfragen, kann die ihre Akzeptanz stärken. Diesbezüglich kommt der Führungsebene eine besondere Verantwortung zu. Coach Bönning: „Mit der Dimensionierung ihres Dienstwagens setzt die Geschäftsführung immer ein Signal ins Unternehmen. Übertrieben protzig ist dabei ebenso wenig hilfreich wie bewusst asketisch.“ Für die Faustregel, je höher die Führungsebene, desto größer der Dienstwagen, gebe es allerdings keine sachlichen Argumente. „In fast jedem Unternehmen sind Vertriebs- und technische Servicemitarbeiter mit Sicherheit mehr Kilometer unterwegs als Vorstand oder Geschäftsführer. Fahren sie deswegen die bequemsten Fahrzeuge? Sicherlich nicht.“
Car Policy: Wo es oft hakt
Fehlende oder unklare Regelungen: z. B. Mehrkilometer, Reinigungskosten, Schäden, Kraftstoff- oder Stromabrechnungen, Zubehör.
Unvollständige Regelungen: z. B. Elternzeit, Sabbaticals oder Auslandsaufenthalte, Fahrzeugwechsel bei Positionsveränderungen, Nutzung durch Dritte, Nutzung nach Kündigung.
Unpräzise Vorgaben: z. B. CO2-Grenzwerte, E-Auto-Quoten, Lademöglichkeiten.
Unklare Zuständigkeiten: z. B. Schulungen, Führerscheinkontrollen, Überwachung von Halterpflichten, Sanktionen bei Verstößen gegen die Car Policy.
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